Janus 020

In der römischen Mythologie war Janus der Gott der Tordurchgänge, dargestellt mit zwei Köpfen. Was war naheliegender, als diesen Namen auch für den ATARI-Hardwareemulator, der auf allen PCs eingesetzt werden kann, zu wählen. Schließlich bedeutet das Janus-Board für viele ATARIaner das Tor zu einer anderen Welt, wobei beide "Gesichter", sowohl die ATARI- als auch die PC-Seite, Beachtung existent sind.

Der Umstieg: Das ursprüngliche Janus-Board gibt es seit mehr als einem Jahr, doch seit der Veröffentlichung von MagiCMac rückte dieser Hardwareemulator für PCs zunehmend in den Hintergrund. Der vermeintlich hohe Anschaffungspreis, sowie der Hardwareumstand sorgten für eine Fokussierung auf die Apple-Softwareemulation. Schaut man sich jedoch einmal in seiner Umgebung um, egal ob am Arbeitsplatz oder im Freundeskreis, so findet man fast ausschließlich IBM-kompatible Personal Computer. Der Apple gehört hierzulande eben noch immer zu den seltenen Vertretern dieser Branche. Hat man sich als ATARIaner einmal dazu durchgerungen, auf eine neue Hardwareplattform umzusteigen, so erscheint es den meisten Anwendern naheliegend, das gleiche System einzusetzen, wie am Arbeitsplatz. Die Sicherheit, dass von nahezu jedem Bekannten oder Angestellten einer Computerabteilung Hilfestellung erwartet werden kann, ist für den größten Teil der Anwender ein schwerwiegendes Auswahlkriterium.

Warum ein Emulator?

Diese Frage dürfte relativ leicht zu beantworten sein! Wenngleich jedes Programmgenre mit PC-Software abgedeckt wird, so gibt es doch sehr viele Softwareprodukte für ATARls, die der Anwender im Laufe der Zeit liebgewonnen hat. Hinzu kommt, dass die übersichtliche und bedienerfreundliche Programmführung (z.B. unter GEM) fast immer gewährleistet ist. Aus eben diesem Gunde ist es wohl auch ein Fakt, dass die meisten Umsteiger den ATARI parallel zum PC laufen lassen. Wie nun aber hinlänglich bekannt ist, sind die meisten ATARlaner auch Anwender der ersten Stunde, was zur Folge hat, dass die Software nicht selten auf einem SM124, also in SW betrieben wird. Das Janus-Board hat nun den Vorteil, dass man die heute gegebenen Farbfähigkeiten der ATARI- Software mit Hilfe der Nutzung der Grafikkarte und des Farbmonitors des PCs verwenden kann.

Der Janus 020

Ein Kritikpunkt, dem sich das "alte" Janusboard in der Vergangenheit stellen musste, war die Tatsache, dass auch mit einem 486 DX66, dem heutigen Standard-PC, nur etwa 50% der Rechnerleistung eines TTs erreicht werden konnten. In Anbetracht der Tatsache dass man mit einem Umstieg gleichzeitig auch Performancesteigerung erreichen möchte, wirkte sich dieser Punkt nachteilhaft auf die Überzeugungskraft des Janus-Boardes aus. Seit dem Frühsommer 1995 bietet VHF-Computersysteme den lang ersehnten Janus020 an. Den Kennern fällt sicherlich auf, dass es sich hierbei um das traditionelle Board handelt. Allerdings findet man anstatt des gesockelten 68000-Chips eine kleine aufgesetzte Platine, die eine modernere 68020- PU trägt. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die Besitzer des 68000-Boardes einen Umrüstsatz bei VHF-Computersysteme erwerben können. Der Umbau ist erdenklich einfach: Die alte CPU wird herausgenommen, die neue Platine stattdessen aufgesetzt. Das Upgrade-Kit kostet DM 248.-. Für alle diejenigen, die das Janus-Board noch gar nicht kennen, erläutern wir in den folgenden Zeilen in Grundzügen die Funktionsweise:

Das Janus-Board ist eigentlich ein "kleiner ATARI", der über den ISA-Bus in einen PC eingesteckt werden kann. "Kleiner ATARI" deshalb, weil das Board sämtliche wichtigen Komponenten wie z.B. CPU, TOS-Bausteine und die Speicherelemente beinhaltet. Hinzu kommt eine Emulatorsoftware, die für die Koordinierung der vom PC- und ATARI genutzten Bauteile wie z.B. Monitor, Tastatur usw. zuständig ist. Nach Inbetriebnahme hat der PC nun Zugriff auf maximal 14MB Ram-Speicher sowie die ROMs mit dem ATARI-Betriebssystem TOS 2.06. Das neue 68020-Board wird serienmäßig mit einer Taktfrequenz von 25 MHz ausgeliefert, was sich sehr zum Vorteil der Gesamtperformance auswirkt (Bild 1-3).

Die Installation

Die Installation erfolgt wesentlich leichter, als der verwöhnte ATARIaner es im ersten Augenblick vermuten mag. Glücklicherweise hat der Produzent diesem Produkt eine ausführliche Anleitung beigelegt, so dass auch weniger bewanderte Bastler mit dem Einbau klar kommen sollten. Grundvoraussetzungen für den Betrieb des Janus 68020-Boardes sind eine PC 386-SX mit mindestens 1 MB RAM-Speicher. Nachdem die Karte mit den ansprechenden Betriebssystem- und RAM-Speicherbausteinen bestückt worden ist, kann es in den ISA-Bus eingesteckt werden ' Die Karte belegt den Adreßraum D0000 bis DFFFF, womit 64 KB im hohen Speicherbereich des PC belegt werden. Außerdem werden die Portadressen 300 und 301 benötigt, was bedeutet, dass es zu Problemen mit bereits vorhandenen Elementen führen kann. Anschließend muss das kleine Emulationsprogramm (100 KB) auf eine beliebige Partition der Festlatte kopiert werden.

Der Anwender kann auswählen welche der PC-Festplatten (oder Partitionen) auch dem Emulator zur Verfügung stehen sollen. Die entsprechenden Laufwerke stehen dann sowohl dem ATARI- als auch dem PC-Teil zur Verfügung. D.h., dass CPX-Module, Accessories usw. parallel zu den PC-Komponenten auf dem Laufwerk C abgelegt werden. Zur Freude der ATARI-Anwender sind ab sofort auch CD-ROM-, Wechsel- und AT-BUS-Laufwerke problemlos ansprechbar.

Der Betrieb

Grundsätzlich kann der Anwender entscheiden, ob er im Dual- oder Local-Module arbeiten möchte. Der Dual-Mode ermöglicht die parallele Nutzung der PC-Komponenten wie z.B. Grafikkarte. Hierbei können z.B. auch Auflösungen von 1280 x 1024 Pixel bei 16 Farben verwendet werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die jeweils verwendete ATARI-Software auch Grafikkarten-Modi unterstützt, so dass es zu keinen Kompatibilitätsproblemen kommt. Sollte dies doch der Fall sein, so hat man die Möglichkeit, auch in einen Local-Mode umzuschalten. Bei diesem Modus bleibt der ST-Bildschirmspeicher kompatibel im ST-RAM, das Screen wird mit 640 x 400 Bildpunkten im S/W-Modus dargestellt. Dieser Modus ist immer dann nützlich, wenn die alte ATARI-Software partout nicht funktionieren möchte. Da durch den ständigen Datentransfer der Bildschirmdaten zur Grafikkarte jedoch eine erhebliche Beeinträchtigung der Geschwindigkeit entsteht, sollte man diesen Modus nur in dringenden Fällen einsetzen. Welche Geschwindigkeiten man mit einem Janus020-Board erreichen kann, entnehmen Sie bitte den Balkendiagrammen und Tabellen. Aber auch der subjektive Eindruck ist sehr zufriedenstellend. Besonders in Puncto Bildschirmaufbau ist das Janus020-Board durch die Nutzung der Fähigkeiten einer PC-Grafikkarte nahezu unschlagbar. Auch im Mehrfarbenmodus, der z.B. einen Falcon stark bremst, kann der Anwender einen flüssigen Bildschirmaufbau genießen. Auch kleine, irrelevante Darstellungsfehler vergangener Revisionen sind inzwischen weitestgehend behoben worden. Ein weiterer Pluspunkt, der dem Janus020-Emulator zugesprochen werden muss, ist die hervorragende Zugriffszeit auf Festplatten etc. Lästige Wartereien beim Einladen oder Abspeichern größerer Dateien werden spürbar kurzweilig.

Fazit

Dies war mit Sicherheit nur ein kurzer Abriß der Möglichkeiten des neuen Janus-Boardes. In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Veränderungen gegenüber der ersten Version "lediglich" auf die Performance sowie die Beseitigung einiger Bugs beschränkt, sollte dies nicht weiter störend sein. Es sollte nur festgehalten werden, dass es nunmehr möglich ist, mit Hilfe eines PCs und des Janus 020-Boardes eine ATARI-Performance zu erreichen, die teilweise weit über der eines ATARI TT liegt. Zudem garantiert diese Hardwarelösung inklusive CPU und RAM- Speicher einen höchstmöglichen Grad an Kompatibilität. Doch diese hat auch ihren Preis, denn das Board kostet ohne TOS 2.06 und ohne RAM 898,- DM. Wer jedoch schon einen PC besitzt oder aus beruflichen Gründen gezwungen ist, auf einen umzusteigen, der sollte mit dem Kauf der Janus-Karte zumindest liebäugeln.



Aus: Atari Inside 05 / 1995, Seite 11

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