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22.01.2001

Die 2. Deutsche DTP-Meisterschaft

Bericht eines Besuchers

Von Frank Esselbach

So Mitte September tauchte in der Newsgroup de.text.dtp ein Posting auf, in dem eine Kölner Werbeagentur zur Teilnahme an der 2. Deutschen DTP-Meisterschaft aufrief.

Ich fand das sehr interessant - es klang irgendwie nach Deutsche Friseurmeisterschaft oder Goldener Kochlöffel - mit dieser Vermutung lag ich gar nicht so weit ab, wie sich später herausstellen sollte.

Inhalt:

Vorbereitungen für die Reise

Ich klickte mich zu der genannten Webseite mit dem Anmeldeformular - mal sehen, was es da so gab. Soweit ich das erkennen konnte, ging es dabei um eine Art Wettsetzen, das am 22. Oktober in der Kölnermedienfabrik (tatsächlich ein Wort!) stattfinden sollte. Als Software standen Freehand, Pagemaker und Quark zur Auswahl. Und das war der Punkt, der mich erst ärgerte und dann reizte. Also meldete ich mich per Online-Formular an und in das zum Glück vorhandene Kommentarfeld schrieb ich, dass ich aber lieber mit Calamus arbeiten möchte. Ich war gespannt, ob ich jemals eine Antwort erhalten sollte ...

In der Calamus-Newsgroup (de.atari.dtp) versuchte ich, auf diese Veranstaltung aufmerksam zu machen - die Gelegenheit, Calamus in die Schlagzeilen zu bringen oder doch wenigstens in der Layout-Szene bekannter zu machen, schien mir geradezu ideal. Aber der Thread verreckte elendig; ich hatte förmlich das Gefühl, das Gähnen der User zu hören. Von Enthusiasmus keine Spur.

Bis Anfang Oktober tat sich nichts, ich dachte schon, meine Mail wäre wegen des Wunsches, mit Calamus zu arbeiten, gleich im Papierkorb gelandet. Aber, welche Überraschung - etwa 10 Tage vor dem Termin kam eine Teilnahmebestätigung und wenige Tage später sogar ein Telefonanruf. Selbstverständlich könne ich teilnehmen, auch mit Calamus. Ich war begeistert.

Da stand als erstes das Problem mit dem Hotel. Zu der Zeit war in Köln Messe, Ogratec, alle Hotels voll und doppelt so teuer wie sonst. Ein Blick in den alten Schulatlas zeigte mir aber, das da noch Leverkusen ist, nicht weit von Köln. Und tatsächlich fand ich im Web nach kurzer Zeit ein kleines und bezahlbares Vorstadthotel. Mit der S-Bahn kommt man in 20 Minuten in das Zentrum von Köln.

Ich stellte mir eine CD zusammen, mit MagicMac, Calamus 2000 und verschiedenen kleinen Hilfstools, und wähnte mich wohl gewappnet. Natürlich nahm ich auch mein Powerbook mit, denn die ICE-Fahrt von Berlin nach Köln dauert immerhin vier Stunden.

Die Anreise

Ich fuhr bereits am Vortag nach Leverkusen, um am nächsten Morgen halbwegs ausgeruht zu sein. Am Samstag machte ich mich dann ziemlich früh, so gegen 7 Uhr, in Leverkusen auf den Weg, ich sollte spätestens neun Uhr am Wettkampfort sein.

Die Kölnermedienfabrik ist ein Gewerbepark mit Layout- und Internet-Firmen, einem Verlag und einer Druckerei am südlichen Stadtrand von Köln, die von der Stadt und vom Land als Multimedia-Standort gefördert wird.

In Köln fand ich die Untergrund-Straßenbahn ziemlich putzig, als Berliner hat man von einer U-Bahn etwas andere Vorstellungen. Aber ok - das Ding brachte mich in kurzer Zeit zum Clodwigplatz. Dort stand ich erst mal ziemlich dumm rum - Stadtplan vergessen. Und nach dem Weg befragte Passanten hatten allesamt keine Ahnung. Zum Glück hatte ich als Technik-Freak mein Hitech-Spielzeug, ein GPS-Handy von Garmin dabei, und aus Langeweile hatte ich am Vortag im Zug auch die Koordinaten des Bischofweges eingegeben. Mit starrem Blick auf das Display folgte ich dem Richtungspfeil und freute mich an der abnehmenden Entfernungsangabe. 700 ... 500 ... 300 Meter - in der Nähe eines Stadions fand ich dann die kleine Seitenstraße - kein Wunder, dass die niemand kannte.

Die Vorbereitungen zum Wettkampf

Am Veranstaltungsort angekommen, trug ich mich in die Anmeldeliste ein. Ich wurde offenbar schon erwartet, denn sobald einer der Mitarbeiter meinen Namen gelesen hatte, wurde ich begrüßt und zu meinem späteren Wettkampf-Rechner gebracht.

Für die gewöhnliche DTP-Software hatte natürlich der Veranstalter die Computer vorbereitet, bei MagicMac und Calamus mussten sie passen - deshalb durfte ich mir vorher einen der G3-Powermacs selber einrichten. Also flugs die CD ins Laufwerk, den Ordner kopiert, ein Alias von MagicMac auf den Desktop gezogen und fertig! In der festen Überzeugung, nur noch einen Doppelklick von der Bereitschaft zum Wettbewerb entfernt zu sein, klickte ich doppelt...

Probleme

MagicMac startete, um sich sofort wieder mit einer Fehler-3-Meldung zu verabschieden Buff - dieser Schock saß tief. Nach Sekunden der Lähmung begann ich vorsichtig nach den Ursachen zu forschen. Virtueller Speicher? Genug RAM? Kopierfehler? Nichts half und die Zeit verrann. Ziemlich fertig, versuchte ich per Handy jemanden bei ASH und bei Invers zu erreichen. Leider in beiden Fällen nur Anrufbeantworter, die etwas von ausserhalb der Bürozeiten laberten.

Die Eröffnung

Um zehn Uhr wurde zur offiziellen Eröffnung in ein extra aufgestelltes Festzelt gerufen.

Bild: Die Eröffnung im Festzelt
(Die Eröffnung im Festzelt)

Ich schlich ziemlich geknickt dahin. Mist, großes Maul gehabt, totale Pleite, Fahrt- und Hotelkosten in den Wind geschossen, peinlich, vielleicht mit Pagemaker ... - das waren so die Gedanken, die mir dabei im Hirn kreisten.

Bild: Auch der Bürgermeister von Köln fehlte auf der Veranstaltung nicht
(Auch der Bürgermeister von Köln fehlte auf der Veranstaltung nicht)

Nach der offiziellen Begrüßung durch ein Vorstandsmitglied der Kölnermedienfabrik folgte die namentliche Nennung der Teilnehmer.

Zu jedem wurde kurz gesagt, woher er kommt und mit welchem Programm er den Wettkampf bestreiten wolle. Als ich an der Reihe war, löste die Nennung von Calamus ein ziemliches Raunen aus - so wie ich mit bekam aber wohl eher deshalb, weil niemand jemals etwas davon gehört hatte. Der Moderator, der vorher im Wettkampfraum meine Schwierigkeiten mit der Software bemerkt hatte, fragte dann noch, ob die Probleme behoben wären. Mit leicht zitteriger Stimme rief ich ihm zu: Nein - Calamus braucht eine Systemerweiterung, die sich auf dem G3-Mac mit Fehler 3 verabschiedet.

Lösung des Problems

Ich muss ergänzend erklären, dass ausser der DTP-Meisterschaft gleichzeitig an diesem Tag eine Mac-Börse, sprich Mac-Flohmarkt, stattfinden sollte. Dazu hatten die Händler ihre Tische mit den Waren ringsum am Rand des Festzeltes aufgestellt. Einige Händler waren während der Eröffnung hinter ihren Tischen geblieben und hörten zu. Als nun die Rede auf mich und Calamus kam, rief plötzlich einer von ihnen, dass er das Problem kenne und mir helfen könnte. Obwohl der Moderator eigentlich noch mit mir und über mich sprach, vergaß ich alles ringsum und bahnte mir durch die Sitzreihen einen Weg zu dem Manne.

Nur wenige Sekunden Palaver mit Uwe Bartels, so hieß der Händler, waren nötig und es war klar: unter MacOS 9 braucht MagicMac ein Kontrollfeld zur Speicherreservierung, sonst geht gar nichts. Ich, der zu Hause in aller Ruhe mit MacOS 8.6 arbeitet, hatte davon noch nie gehört und war voll in die Falle getappt. Er griff sein Powerbook, ging mit mir in den Wettkampfraum und stöpselte sich ins Netz. Wenige Minuten später startete ich endlich MagicMac und Calamus. Ich richtete mir die nötigen Verzeichnisse ein und war plötzlich ganz entspannt - mir fiel ein ganzes Gebirge vom Herzen.

Der Wettkampf

Inzwischen trafen die restlichen Teilnehmer aus dem Festzelt im Wettkampfraum ein - wie sich später noch zeigen sollte, in der Hauptsache die High Society der DTP-Szene aus Köln und Umgebung.

Es waren zwei Räume für den Wettkampf hergerichtet worden, mit Tischen in u-förmiger Anordnung und jeweils ca. 20 G3- und G4-Macs mit 15-Zoll-Monitoren. Dann wurde die Aufgabe in einem Couvert ausgegeben: es sollte ein farbiges A3-Plakat in höchstens einer Stunde nachgesetzt werden, so präzise, aber auch so schnell wie möglich. Zusätzlich erhielten wir eine Aufgabenbeschreibung mit Farbangaben und ein Typometer.

Bild: Der Wettkampf
(Der Wettkampf)

Ich begann in aller Ruhe damit, die Vorlage auszumessen, legte mir ein neues Dokument an und setzte Hilfslinien ... dann die Texte, bereits erfasst, aber ohne Formatierung und mit Tippfehlern grob zu plazieren. Zweimal stürzte Calamus ab, jedesmal beim Zoomen. Ich hatte an einem Detail herumgefummelt, sah mir das Ganze in der Übersicht an und wollte wieder heranzoomen - und dann: freeze! Das daraufhin durch die gespannte Stille im Wettkampfraum scheppernde Dschong des Mac-Neustartes war mir sehr peinlich und ich versuchte, mich so weit wie möglich hinter dem Monitor zu verkriechen. Hoffentlich konnten die Anderen nicht so genau orten, woher das Geräusch kam.

Obwohl ich sehr darauf bedacht war, möglichst oft zu sichern, habe ich einmal einen aufwändig formatierten Textblock mit Tabulatoren und unterschiedlichen Schriften/Schriftgrößen verloren. Das und die (vermutlich wegen der Netzanbindung) sehr lange dauernden Neustarts haben mich mindestens 15 Minuten gekostet, so dass ich nicht innerhalb der gegebenen Stunde fertig wurde. Ich schätze, das es aber mindestens die Hälfte der anderen Teilnehmer auch nicht in dieser Zeit geschafft hat.

Mir fehlten am Schluss die zu platzierenden Bilder, wobei ich gar nicht glaube, dass dies mit Calamus überhaupt möglich gewesen wäre, handelte es sich doch dabei um EPSe mit Duplex-Pixelbildern, Pantone und Schwarz.

Die Aufgabe kann übrigens jeder auf der Webseite des Veranstalters http://www.openfile.de/ ansehen und herunterladen. Dort sind auch die Sieger zu sehen und Interviews mit ihnen zu lesen. Und, was ganz wichtig ist: man kann sich für den nächsten Wettkampf 2001 anmelden!!!

Am Ende fand eine Siegerehrung statt.

Bild: Die Siegerehrung
(Die Siegerehrung)

Ich habe zwar nicht gewonnen, aber ich fand es interessant und habe es sportlich genommen - Dabeisein ist alles!

Nach dem Wettkampf

Nach dem Wettkampf war ich in viele Gespräche und Interviews verwickelt - manchmal mehr als der Sieger - nur Veröffentlichungen darüber habe ich bis jetzt nicht gefunden.

Alle waren von Calamus fasziniert, schauten teilweise äusserst ungläubig und ... gingen ihrer Wege.

Ich fand es ziemlich traurig, dass das Calamus-Management diese Gelegenheit nicht wahr genommen hat, um mal richtig auf die Pauke zu hauen.

Frank Esselbach


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