Mehr als nur Computer

Mit dem VC 20 begann der Durchbruch von Commodore auf dem Heimcomputermarkt. Das zweite Gerät, der C 64, hat sich zum erfolgreichsten Computer aller Zeiten entwickelt. Doch Commodore baut auch Peripheriegeräte für fast jeden Zweck.

Bei Computern gilt oft: gestern noch Zukunftsvision, heute der letzte Schrei der Technik und morgen schon wieder vergessen — Computerschrott. Um so beachtlicher sind die anhaltenden Erfolge von Commodore. Der VC 20 kam 1981 auf den Markt und die Reihe läuft erst jetzt aus. Der C 64, der ein Jahr jünger ist, ist noch immer der Renner. Jetzt sind die neuen Commodore-Computer am Markt, von denen freilich noch nicht sicher ist, ob sie ebenso erfolgreich werden.

Wer auf ein neues Modell umsteigen will, für den ist natürlich wichtig, was er von seinen alten Geräten weiterverwenden kann. Bei Software ist leider fast immer gar nichts (außer Basic-Dreizeilern) ohne Änderungen übertragbar.


Etwas langsam: Die Floppy VC 1541

Diese Zusammenstellung soll daher helfen, sich wenigstens bei den Original-Commodore-Geräten zurechtzufinden — vor allem bei den Peripheriegeräten.

Der VC 20, einst als Volkscomputer angekündigt, ist immer noch sehr populär. Er bietet in der Grundausführung zwar nur 5 KByte RAM, davon maximal 3,8 KByte für Basic nutzbar. Vorteil dieses Computers sind aber die zahllosen Erweiterungen, mit denen der Arbeitsspeicher problemlos bis auf 32 KByte RAM aufgerüstet werden kann. Das Basic (Version 2.0) ist spartanisch, aber auch hier gibt es viele Erweiterungen zu kaufen. Besonders interessant an diesem Computer ist der programmierbare User-Port. Dadurch kann der VC 20 zu einem billigen Steuercomputer für alle möglichen Anwendungen umfunktioniert werden — von der Modelleisenbahn bis zur Alarmanlage.

Seit über einem Jahr immer ganz oben in der Home-Computer-Hitliste ist der C 64. Er ist, wie der VC 20, mit dem 6510-Prozessor und mit dem Basic 2.0 ausgerüstet. Sein Arbeitsspeicher ist jedoch 64 KByte groß, von dem 38 KByte für Basic-Programme nutzbar sind.

Hochauflösende Grafik, Sprites und 3 Tongeneratoren sorgen für sehr gute Hardware-Eigenschaften. Der Ton ist dabei so gut, daß sogar eine verständliche Sprachsimulation möglich ist. Das wird vor allem von Spielprogrammen genutzt. Von sprechenden Spielfiguren bis zum Befehl »Kill him, my robots« ist fast alles zu hören. Auch der amerikanische Fahneneid kann schon vom C 64 geleistet werden. Die erstaunlichen Fähigkeiten des C 64 kommen dabei vor allem davon, daß die 20 KByte ROM mit RAM unterlegt sind.

Dadurch ist es fast problemlos möglich, den Zeichensatz oder das ganze Betriebssystem im RAM zu verändern.

Zum Anschluß von Peripheriegeräten ist eine serielle Commodore-Schnittstelle vorhanden. Der Userport läßt sich mit geeigneten Treiberprogrammen zur Centronics-Schnittstelle umfunktionieren. Ferner gibt es einen Kassettenport, einen Expansionport für Module und zwei Steckplätze für Joysticks. Leider sind die Module des VC 20 nicht für den 64er verwendbar, da die Speicheraufteilung anders ist. Im Vergleich mit dem VC 20 ist interessant, daß der C 64 langsamer ist, da der Prozessor im C 64 mit einer etwas niedrigeren Taktfrequenz arbeitet.

Jetzt gibt es die neuen Commodore-Computer, die die Fehler der alten beheben sollen: den C 16/116 und den Plus 4.

Der C 16 ist fast bauartgleich zum C 116. Einziger Unterschied ist die Gummitastatur mit der der C 116 ausgerüstet ist. Für 50 Mark mehr bekommt man den C 16, der mit der guten, schreibmaschinenähnlichen Tastatur ausgerüstet ist. Diese Mehrinvestition macht sich schnell bezahlt.

Die beiden Computer sind als Ersatz für den VC 20 geplant, aber sie bieten wesentlich mehr: 16 KByte RAM in der Grundausführung, mit der Option bis auf 64 KByte aufzustocken. Das Basic (jetzt Version 3.5) ist wesentlich besser. Endlich sind Grafikbefehle vorhanden, die die nervtötende POKErei der alten Commodore-Geräte überflüssig macht. Statt Sprites kann man jetzt sogenannte Shapes mit einfachen Befehlen vom Grafikbildschirm in Stringvariablen abspeichern. Und auch bei normalen Basic-Programmen gibt es jetzt Befehle, um strukturiert zu programmieren, zum Beispiel »IF...THEN...ELSE« oder »DO...LOOP«. Jetzt kann der unübersichtliche Spaghetticode vermieden werden — ein Schritt, der den C 16/116 vielleicht auch in Schulen populär machen wird.


Zwei Drucker und einen Plotter baut Commodore für seine Computer. Der MPS 801, MPS 802 und VC 1520 (von links oben) passen an alle Heimgeräte.

Doch auch an den Maschinen-sprachen-Programmierer wurde gedacht: Ein eingebauter Monitor, der gleichzeitig auch als Assem-bler/Disassembler verwendet werden kann, erleichtert das Erstellen von Maschinencode-Routinen. Der Basic-Programmierer wird wiederum von der Help-Funktion profitieren. Der C 16 hat acht Funktionstasten in derselben Anordnung wie der VC 20/C 64. Drückt man nach einem Fehler auf die unterste, so wird die Zeile, in der der Fehler aufgetreten ist, geLISTet, und die Fehlerstelle angezeigt.

Doch ganz ungetrübt bleibt die Freude über den C 16 nicht. Es ist schon eine seltsame Taktik, plötzlich die Anschlüsse für die Joysticks so zu ändern, daß wirklich nur noch die Original-Commodore-Joysticks passen. Genauso ärgerlich ist es, daß der Datasettenanschluß geändert wurde — und der Userport ganz weggefallen ist. Trotzdem, für den Preis von zirka 400 Mark ist dieser Computer sicher ein attraktives Angebot.

Die Chancen, die der Plus/4 am Markt hat, sind da schon zweifelhafter: Schon aus dem Preis von 1300 bis 1400 Mark geht hervor, daß mit diesem Rechner eine neue Zielgruppe angesprochen werden soll. Die DIN-Tastatur wird hauptsächlich für Büros interessant sein. Anwendungen, für die die weggefallenen Tofähigkeiten des C 64 nicht fehlen. Für solche Anwender sind die 64 KByte RAM (davon 60 KByte für Programme) interessant. Ob die vier eingebauten Programme, denen der Plus/4 seinen Namen verdankt, auch wirklich für professionelle Benutzer geeignet sind, muß jedoch bezweifelt werden. Schließlich sind die Ansprüche, die an Textverarbeitungs-, Dateiverwaltungs-, Tabellenkalkulationsprogramme und Balkendiagramme gestellt werden, inzwischen sehr hoch. Und für seinen Preis muß sich der neue Computer auch am Standard der besten Programme für den C 64 messen lassen.

Basic und Betriebssystem sind die gleichen wie beim C 16/116, und auch in bezug auf die Schnittstellen gilt gleiches.


Die neue Generation: C 16. C 116 und Plus 4

Nur das Diskettenlaufwerk und den Drucker (sofern er ein serielles Interfaces hat) vom C 64 kann man weiterverwenden. Die Floppy für den C 64 heißt VC 1541. Sie benutzt öü-Zoll-Disketten, und »frißt« auch von dem großen Commodore-Floppy-Disk-Laufwerk 4040 beschriebene Disketten. Der Speicherplatz ist deshalb auch auf 170 KByte beschränkt. Das ist für viele zu wenig, und deshalb wird inzwischen das Laufwerk SFD 1002 für den C 64 an-geboten. In Anlehnung an das 8050-Floppy-Laufwerk haben hier 1 MByte Daten auf der Diskette Platz. Dieses Laufwerk muß über den parallelen Bus, das heißt den Userport, betrieben werden. Das löst zwar das Problem des viel zu langsamen seriellen Busses, aber was macht der Plus/4-Besitzer ohne Userport?

Als alternatives Speichergerät gibt es die Datasette. Sie kann in zwei Ausführungen gekauft werden: Für den VC 20/C 64 und den C 16/Plus/4. Die Nachteile sind bekannt: Langsame Ladezeiten, viele Lesefehler und keine Chance für die Dateiverwaltung.

Will man gespeicherte Daten, Texte oder Listings zu Papier bringen, so braucht man einen Drucker. Doch hier herrscht etwas Verwirrung, weil es verschiedene Versionen des Betriebssystems gibt. Der Drucker 1526 ist bauartgleich mit dem MPS 802, falls dieser Drucker mit dem ROM 7C ausgerüstet ist. Beide Drucker haben Einzelblatteinzug und Traktorführung. Sie drucken mit 80 Zeichen pro Sekunde (cps). Das Drucken geht somit recht flott, und nur die deutschen Umlaute fehlen — doch gibt es dafür Nachrüstsätze.

Der MPS 801 hat eine kleinere Matrix (7x6 statt 8x8) und arbeitet wesentlich langsamer, da er nur in einer Richtung druckt. Dafür kann man aber Nadeln einzeln ansteuern.

Wer viel zeichnen möchte, für den kommt der VC 1520 in Frage. Das ist ein Printer/Plotter mit vier Farben.


Altbewährt und gut: der C 64 und sein kleiner Bruder VC 20

Es können 480 Plotpositionen angesteuert werden. Außerdem kann mit einer Geschwindigkeit von 12 cps gedruckt — oder vielmehr geschrieben — werden. Interessant ist das Gerät zum Beispiel für Tortengrafiken. Ungeeignet sind die Kugelschreiberminen sicher für Listings oder Briefe.

Zum Schluß noch zur wichtigsten Peripherie für viele Käufer: den Joysticks. Hier gibt es, wie bei der Datasette, zwei Versionen: Einen für den C 64/VC 20 und einen für den C 16/ 116/Plus/4. Leider haben beide Modelle einen Nachteil: Sie sind sehr zerbrechlich, und werden nach einigen »Olympischen Spielen« schnell ihren Geist aufgeben.

Trotzdem, das Hardware-Angebot von Commodore ist vielfältig — und die Palette wird sicher bald noch erweitert werden.

Auf der Consumers Electronics Show (CES) in den USA wurde der neue PC 128 angekündigt. Und zwar gleich in zwei Versionen: Einmal als PC-ähnliches Gerät mit Diskettenstation, zum andern als reiner Computer ohne Peripherie. Er hat 128 KByte RAM und 2 Prozessoren. Ein 6510-kompatibler mit dem Namen 8510 wird den Betrieb als C 64 erlauben. Es heißt, daß der PC 128 voll kompatibel zum C 64 sein soll. Somit läuft wirklich jede Software. Damit nicht genug: Der PC 128 kann auf einen anderen Modus umgeschaltet werden, der den Betrieb mit 128 KByte RAM und einer neuen Basic-Version 7.0 erlaubt.


Nicht besonders kundenfreundlich: Die neue Generation hat eigene Joysticks und neue Datasetten, die hier zu sehen sind

Der eingebaute Z 80-Prozessor erlaubt den Betrieb mit CP/M, dem meistverbreiteten Betriebssystem für 8-Bit-Computer. Ein neues Floppy-Disk-Laufwerk soll nicht nur 1541-Format, sondern auch IBM-Format lesen können — und zwar fünf bis zehn Mal so schnell wie das 1541-Laufwerk.

Das neue Jahr bringt also viel Neues für die Commodore-Fans. Und doch ist anzunehmen, daß der C 64 noch lange ein Verkaufsrenner bleiben wird. (Klaus Freese/hg)

				VC 20	C 64	C 16/116	Plus 4
Datasette 1530	X		X		
Datasette 1531					X			X
Floppy 1541		X		X		X			X
Floppy 1002		X		X		
Drucker 1526	X		X		X			X
Drucker MPS 801	X		X		X			X
Drucker MPS 802	X		X		X			X
Plotter VC 1520	X		X		X			X
Joystick VC1311	X		X		
Joystick						X			X
Monitor			X		X		X			X

Welches Peripheriegerät für welchen Computer

Die Commodore-Story

Es war einmal... — so könnte eine Geschichte über Commodore beginnen, klingt der Aufstieg des Gründers Jack Tramiel doch fast wie ein Märchen.

In seiner Jugend mußte der heute 56jährige Jude Tramiel die deutschen Konzentrationslager überleben. Später ging er nach Amerika und verdiente sich sein Geld erst als Reparaturtechniker und dann als Büromaschinenfabrikant. Vor über 25 Jahren gründete er Commodore International, kurz CMB (Commodore Business Machines) in Anlehnung an den Namen von IBM.

Bald wurden Schreibmaschinen produziert, doch der Durchbruch kam erst, als der finanzkräftige Rechtsanwalt Irving Gould bei CBM einstieg. Vier Jahre später, 1969, konnte die Produktion des ersten richtigen Taschenrechners — des C 108 — anlaufen. Das Geschäft florierte, bis der Chiphersteller Texas Instruments mit eigenen Taschenrechnern auf den Markt kam.

Der Selfmademan Tramiel löste das Problem auf die ihm eigene Weise: Er kaufte zwei Chiphersteller — MOS Technology und Frontier. Und er hatte Glück: Der Ingenieur Charles Peddle konstruierte den ersten Kleincomputer. Der PET (Personal Electronic Transactor) war für seine Zeit (1977) revolutionär, und verkaufte sich hervorragend. Schnell folgten die Serien 3000, 4000 und 8000, die teilweise auch heute noch auf dem Bürocomputermarkt sehr populär sind.

1981 blies Tramiel dann zum Angriff auf die Wohnzimmer: der Volkscomputer VC 20 kam auf den Markt. Mit ausgeweitetem RAM (64 KByte) folgte 1982 der C 64. Er ist der bis heute ungeschlagene Renner auf dem Heimcomputermarkt. 1983 wurde die Portableversion des 64er, der SX 64, vorgestellt. Der Erfolg des C 64 war noch ungebrochen, aber als sich der VC 20 nicht mehr so gut verkaufte, kamen 1984 die Nachfolgemodelle: der C16/116 und wenn auch nicht direkt als C 64-Nachfolger — der Pius/4.

Jack Tramiel schied aus Commodore aus, als er sich mit Irving Gould zerstritt. Tramiel wollte wie ein Fürst seine Söhne zu seinen Nachfolgern machen, Gould dagegen wollte erfahrene Manager. Inzwischen ist Tramiel bei der Konkurrenz: Er hat Atari gekauft, und versucht dort, das leckgeschlagene Schiff flott zu machen. Aber auch Commodore schläft nicht: Zur CES wurde der C 128 vorgestellt. Er läßt vermuten, daß die Erfolgsstory von Commodore noch nicht zu Ende ist. (Klaus Friese/hg)



Aus: Happy Computer 04 / 1985, Seite 49

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