Wolf im Schafspelz - die neue Floppy 1541

Überraschung von Commodore. Nach der Vorstellung des C64 II wird in aller Stille eine neue Version der Diskettenstation VC 1541 eingeführt. Fortschritt mit kleinen Fehlern?

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Passendes Design zum neuen C 64 II

Im Gegensatz zum neuen C 64 II wurde die neue VC 1541 dem Markt mehr oder weniger klammheimlich »untergejubelt«. Selbst Fachhändler waren über die Neuheit nicht informiert und stellten erstaunt fest, daß die gelieferten Modelle Unterschiede zur alten VC 1541 aufweisen. Durch sie steht der Käufer nach dem Kauf der neuen Diskettenstation vor großen Problemen. Eine nicht gerade anwenderfreundliche Informationspolitik bei Commodore Deutschland, bei der das neue Modell seit Mai dieses Jahres zur Verfügung stand. Allerdings zeigte sich auch die Pressestelle bei Commodore über das neue Laufwerkmodell uninformiert. Das Design der neuen Diskettenstation ist dem C 64 II angepaßt und besitzt dieselbe hellbeige Farbe. Eine weitere äußerlich sichtbare Veränderung ist der Knebel-Verschluß (siehe Bild 1). In der Vorserie haben allerdings auch ältere (dunkelgraue) Chassis Verwendung gefunden, die noch einen normalen Laufwerk-Verschluß besitzen.

Auffälligstes Kennzeichen der neuen Modelle ist das sofortige Anlaufen des Motors beim Einschub einer Diskette. An dieser Besonderheit kann auch der Käufer erkennen, ob er eine neue oder alte VC 1541 vor sich stehen hat. Öffnet man das Gehäuse, sieht man, daß die Platine nur noch etwa halb so groß ist wie die des alten Modells. Die bisherige Schreib-/Lese-Elek- tronik des verschwundenen Platinen-Teils wurde in einem Hybrid-Baustein zusammengefaßt, der deutlich an der Vorderseite der Platine zu erkennen ist. Einen ähnlichen Custom-Chip besitzt auch die Platine der Diskettenstation VC 1571.

Auch das übrige Layout der Platine hat sich wesentlich geändert (siehe Bild 2); dadurch besitzen die Chips eine andere Anordnung, lias beiliegende Handbuch ist allerdings gleich geblieben. Wer also Veränderungen vornimmt - beispielsweise eine hardwaremäßige Umstellung des Laufwerks auf eine andere Adresse - kann sich nicht auf die Angaben im Handbuch verlassen, da besonders die Zeichnungen Fehlinformationen über die Lage von Bauteilen enthalten. Weiterhin vermuten wir, daß einige neue DOS-Befehle (wie bei der VC 1551) hinzugekommen sind, die ebenfalls nicht dokumentiert sind.

Im Zeichen der zunehmenden Integrationsdichte der Chips ist das Betriebsystem mittlerweile in einem 16-KByte-ROM enthalten (im Gegensatz zu den beiden 8-KByte-ROMs in der älteren Diskettenstation). Angenehme Überraschung: Der Schreib-/Lesekopf rattert nicht mehr. Die neue 1541 besitzt nämlich eine Lichtschranke für die Spurtegrenzung statt dem mechanischen Anschlag und arbeitet damit fast geräuschlos. Diese geräteschonende Verbesserung benötigt jedoch den im alten Modell noch freien Pin des 6522 CHIP, der bisher insbesondere von verschiedenen FLOPPY-Hardware-Erweiterungen benutzt wurde.

Natürlich haben diese Modifikationen auch im Floppy-Betriebssystem ihre Spuren hinterlassen, Es meldet sich zwar nach wie vor mit »DOS-Version 2.6«, hat aber doch einige Veränderungen über sich ergehen lassen müssen, um den technischen Neuerungen gerecht zu werden. So wurde die Kopfsteuerung verändert: ein auf Spur 41 gestellter Kopf bereitet keine Schwierigkeiten mehr und fährt bei einem Reset immer auf Spur Null zurück. Gerade die Spur-Null-Positionierung kann bei manchen Programmen mit ausgeklügeltem Kopierschutz zu Schwierigkeiten führen. Einige Programme positionieren nämlich den Kopf auf eine bestimmte Spur, führen dann einen Reset aus und überprüfen die Stellung des Schreib- /Lesekopfes.

Die neue Platine ist also teilweise inkompatibel zur Vorgängerplatine. Bisherige Hardware Erweiterungen wie Hardware-Floppy-Speeder arbeiten mit dieser Platine nicht mehr zusammen. Allerdings wollen verschiedene Hersteller ihre Produkte in absehbarer Zeit auch für die neue Platinenausführung anbieten.

Viel Kummer wird diesen die Tatsache bereiten, daß eine bisher nicht benutzte Leitung des seriellen Ausgangs jetzt für die Spur-Null-Kennung eingesetzt wird. Lösung laut Commodore: Die zugehörige Leitung durchtrennen und das alte DOS verwenden. Erfreulicherweise ist das neue Betriebssystem gesockelt und das 16- KByte-ROM Pin-kompatibel zu einem 27128PROM. So macht der Einbau des alten DOS kein Problem. Das neue 1541-Laufwerk bietet eine Menge technischer Neuerungen, die allesamt sehr anwenderfreundlich sind und das Laufwerk schonen. Da sich sicherlich auch bald die Hardware-Hersteller auf das qualitativ höherwertige neue Modell einstellen werden, kann man grundsätzlich zum Kauf der neuen VC 1541 raten. Zumal der Preis bei gestiegener Qualität der gleiche geblieben ist (zirka 600 Mark).

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Neuer Hybrid-Chip und zusätzliche Lichtschranke: VC 1541 II

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Aus: Happy Computer 09 / 1986, Seite 14

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