DigiDrum: Hexerei mit Klang und Rhythmus


**Mit dem Programm »Digi-Drum« machen Sie Ihren Atari ST zur hochwertigen Rhythmusmaschine. Ausgezeichnete Klangqualität und ein variationsreicher Editor nehmen es auch mit professionellen Synthesizern auf.**

Das schwarze Schaf in den elektronischen Eingeweiden des Atari ST ist bekanntlich der Soundchip. Dessen Fähigkeiten nehmen sich im Vergleich zur Gesamtleistung des Computers eher bescheiden aus. Der gleiche Musik-Baustein findet sich beispielsweise auch im Schneider CPC und in MSX-Computern.

Um dem ST dennoch virtuose Töne zu entlocken, wird bevorzugt auf Digitalisierung zurückgegriffen. Dieses Verfahren wird auch »Sampling« genannt. Es bietet den großen Vorteil, daß Klänge jeder Art im Computer codiert und nahezu naturgetreu wiedergegeben werden. Wesentlichste Voraussetzung für qualitativ hochwertiges Sampling ist allerdings ein ausreichend großer Arbeitsspeicher und ein schneller Prozessor. Eine Bedingung, die der ST mehr als ausreichend erfüllt.

Digi-Drum, der Name sagt es bereits, arbeitet mit digitalisierten Klängen der unterschiedlichsten Rhythmus- und Schlaginstrumente. Die verfügbaren Instrumente, Klänge und Geräusche, es werden insgesamt 16 mitgeliefert, lassen sich zu Begleitungen und beliebigen Sequenzen zusammenfügen. Die einzelnen Instrumente, auch »Samples« genannt, besitzen jeweils eine Spieldauer von 0,82 Sekunden bei einer Samplefrequenz von 20 kHz und entsprechend die doppelte Länge bei 10 kHz. Diese Abspieldauer erscheint sehr kurz, ist aber für Rhythmusinstrumente mehr als ausreichend.

Um nun die Instrumente zu einem kompletten Musikstück oder einer Begleitung aneinanderzureihen, stehen Ihnen zwei Editoren zur Verfügung. Den ersten, den Pattern-Editor, erreichen Sie in der Menüleiste unter »Edit Pattern«.

An dieser Stelle muß bemängelt werden, daß die Auswahl der Menüpunkte und auch die gesamte Bedienung des Programms leider ausschließlich über die Cursortasten erfolgt. Die Bedienung mit der Maus drängt sich bei dieser Art Programm nämlich geradezu auf. Auch das Fehlen einer automatischen Wiederholfunktion der Tasten wird oft zum Ärgernis.

Rhythmus selbst gestrickt

Im Pattern-Editor stehen Ihnen jederzeit 16 Instrumente zur Verfügung, die Sie im rechten Fenster von Bild 1 erkennen. Diese 16 Samples lassen sich jederzeit einzeln oder komplett durch andere ersetzen. Hierzu finden Sie 41 weitere Instrumente auf der »Sample-Disk«, die für zirka 45 Mark erhältlich ist (Tabelle). Auf diese Weise stellen Sie sich Ihr ganz individuelles Arrangement selbst zusammen. Natürlich können Sie auch beliebig viele dieser Instrumenten-Kombinationen auf Diskette speichern und später wieder abrufen.


Bild 1. Einzelne Patterns lassen sich Anschlag für Anschlag editieren oder in Echtzeit eingeben...

Die Zusammenstellung der Rythmen findet im mittleren Fenster statt. In diesem Fenster wird jeweils eines von maximal 99 Patterns editiert. Die Anzahl der Takte bzw. Anschläge in jedem Pattern läßt sich beliebig zwischen 4 und 32 festlegen. Die Umschaltung erfolgt jeweils über die Funktionstasten. In Bild 1 ist das Fenster auf 16 Anschläge eingestellt.

Pro Takt lassen sich maximal zwei Instrumente gleichzeitig abspielen. Um ein Pattern zu »komponieren« müssen Sie lediglich in den senkrechten Reihen <1> oder <2> in Höhe des entsprechenden Instruments eintippen. Außerdem lassen sich Patterns auch in Echtzeit editieren. Das heißt, daß die Trommelwirbel, die Sie über die Tastatur eingeben, wie mit einem Tonbandgerät aufgenommen werden. Hierbei wird das Pattem ständig wie ein Endlosband abgespielt. Währenddessen bestimmen Sie über die Funktionstasten, welches Instrument zu welchem Zeitpunkt einsetzt. Das Verändern der Geschwindigkeit in einem sehr weiten Bereich ist selbstverständlich vorgesehen. Natürlich lassen sich auch fertige Patterns einzeln oder gemeinsam laden und speichern.

Nach der Fertigstellung der Patterns werden diese im »Song-Editor« zusammengefügt (Bild 2). Dabei wird nacheinander festgelegt, welches Pattem wie oft abgespielt wird. Es ist allerdings unverständlich, warum sich nur maximal 70 Patterns zusammenfügen lassen, wenn sich doch immerhin 99 editieren lassen.

Beachtlich ist die Tonqualität der Instrumente. Diese entspricht zwar nicht dem HiFi-Standard, jedoch muß man schon ganz genau hinhören, um die Instrumente von den echten Vorbildern zu unterscheiden.

Modul für den Hörgenuß

Die Tonausgabe über einen der Monitore zum ST kann nur als kläglich bezeichnet werden. Sie ist zum Editieren gerade noch ausreichend. Auf den vollen Hörgenuß kommen Sie, wenn Sie das Modul des Soundsamplers »ST-Replay«, ebenfalls von Microdeal, an den ROM-Port des Atari ST anschließen. Das Modul besitzt zwei Cinch-Buchsen für Ein- und Ausgabe und ist damit an jeden gängigen Verstärker anschließbar. Die Ausgabe hat sich im Test als extrem rauscharm erwiesen und auch in den Höhen traten keine nennenswerten Verzerrungen auf. Über die Eingangsbuchse des Samplers stellen Sie eigene Samples bequem zusammen. Beispielsweise über Mikrofon, vom Tonband oder aus dem Radio. Die Weiterbearbeitung mit Digi-Drum ist unkompliziert. Die Variationen sind damit unbegrenzt. Leider läßt sich die maximale Qualität des ST-Replay nicht nutzen, da Digi-Drum ausschließlich Samples mit einer Abtastrate von 10 oder 20 kHz verarbeitet. Mit ST-Replay sind immerhin Samples bis zu 30 kHz vorgesehen. ST-Replay umfaßt das Ein-/Ausgabe-modul und eine umfangreiche Software für Klangmanipulationen jeder Art, wie Echo, Invertieren, Loopen, Kopieren und vieles mehr. Der Preis beträgt 250 Mark.


Bild 2. ...tun anschließend zur kompletten Rhythmen-Serie zusammengefaßt zu werden

Eine nicht ganz so hohe Klangqualität erreichen Sie ohne zusätzlichen Aufwand an Hardware, wenn Sie Ihren Atari ST an einem Farbfernsehgerät mit Scart-Buchse betreiben. Besitzt Ihr Fernsehgerät keinen hochwertigen Lautsprecher, so empfiehlt es sich, das Tonsignal auf eine Stereoanlage umzuleiten.

Vor der Lektüre des Handbuches kann nur gewarnt werden. Da der englische Anleitungs-Text eins zu eins übersetzt wurde, provozieren viele Passagen zwar einiges Schmunzeln, Mißverständnisse sind aber insbesondere für Einsteiger vorprogrammiert. Der englischsprachige Teil des Handbuches ist hingegen als ausreichend zu bezeichnen.

Beim ersten und flüchtigen Eindruck schreckt Digi-Drum den Anwender zunächst ab. Fehlende Mausbedienung und andere obskure Eigenheiten bei der Bedienung machen eine längere Gewöhnungsphase, insbesondere für GEM-Artisten, erforderlich. Bleibt zu hoffen, daß den allgemein auf dem ST üblichen Vorstellungen von Bedienungskomfort in einem zukünftigen Update entsprochen wird.

Buash Cowz E-Hihat Hiconga Orchl Stick
Cellos Cuiro E-Hitom Hsnare Orch2 Tambour
Choir Dogyap Elephant Indian Saxl Timpani
Clave E-Bass E-Lotom Loconga Sax2 Transpor
Coconut E-Clap E-Peow Machgun Sax3 Trunk
Computer E-Claps E-Snare Majorgan Sax4 Whistle
Cork E-Cymbal Glass Monster Softbass
**41 weitere Instrumente, Geräusche und Klänge bietet die Sample-Disk**

Liebe auf den zweiten Blick

Dennoch ist das Gesamtkonzept als wohl durchdacht zu bezeichnen. Die vielfältigen Funktionen sind gut aufeinander abgestimmt. Insbesondere die hohe Klangqualität, der angemessene Preis (zirka 75 Mark) und die vielfältigen Variationen machen Digi-Drum nicht nur für den ambitionierten Hobbymusiker zur ausgezeichneten Rhythmusmaschine. (mr)

# Auf einen Blick

Programm: Digi-Drum
Hersteller: 2-Bit-Systems, Microdeal
Preis: zirka 75 Mark
Sample-Disk: zirka 45 Mark

Vorteile
Hohe Klangqualität
Kompatibel zu ST-Replay
Übersichtliche Editoren
Echtzeiteingabe

Nachteile
Geringer Bedienungskomfort
Mangelhaftes Handbuch
Keine Einbindung in eigene Programme



Aus: Happy Computer 08 / 1987, Seite 165

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite