Test Euro PC: Klein, kompakt, komplett


Der Euro PC setzt neue Maßstäbe bei den preiswerten PCs. Kompakt aber komplett präsentiert er sich.

Jahrelang war bei den PCs alles klar. Jeder wußte, wie sie aus-sehen, was sie kosten und was sie können. Das große, etwas sperrige Gehäuse und die abgesetzte Tastatur waren ihr Markenzeichen. Doch das war vor dem Schneider Euro PC, denn bei ihm ist alles anders. Er ist nicht nur einfach ein preiswerter PC, sondern er sieht anders aus, arbeitet schneller, ist mit guter Software ausgestattet und besitzt ein 3‘A-Zoll-Laufwerk. Was ist dran, am Euro PC?

Rein äußerlich betrachtet, macht der Euro PC einen guten Eindruck. Das flache Gehäuse mit den schrägen Kühlrippen besitzt ein schönes Design und ist in angenehmen, dezenten Farben gehalten. Auffällig ist das 3,5-Zoll-Laufwerk an der rechten Seite. Es erinnert an den CPC 664, bei dem die Disketten auch von vorne eingeschoben wurden.

Die Tastatur ist eine Mischung aus PC- und AT-Tastatur. Der Euro PC besitzt wie ein AT zwölf statt zehn Funktionstasten, die über dem Schreibfeld liegen, und nicht wie bei PCs üblich, links daneben. Die zwei zusätzlichen Tasten werden allerdings nur von wenigen Programmen unterstützt.

Ein typisches Merkmal des Euro PC ist sein externes Netzteil. Es steht wie bei vielen Heimcomputern neben dem Computer oder unter dem Tisch. Der Netzschalter ist am Computer-Gehäuse untergebracht, so daß das Netzteil nicht weiter stört, wenn es einmal verstaut ist.

Auf der Rückseite des PCs drängeln sich die Anschlüsse. Der Euro PC besitzt serienmäßig eine parallele (Centronics-)Schnittstelle zum Anschluß eines Druckers und einen seriellen (RS232C-Anschluß für Akustikkoppler oder Modem. Für den Monitor ist ein RGB-Ausgang vorhanden. Der Euro PC erkennt, welcher Monitor (Farbe oder Monochrom) angeschlossen ist. Die neunpolige Joystickbuchse eignet sich sowohl für digitale Joysticks als auch für eine Maus.


Die Anschlüsse des Euro PC im Überblick. Rechts die Öffnung für die Erweiterungskarte

Auswahl gibt es auch bei den Diskettenlaufwerken. Wem das eingebaute 3,5-Zoll-Laufwerk nicht genügt, kann ein externes Laufwerk im 3,5- oder 5,25-Zoll-Format ergänzen. Der nötige 25polige (Sub-D-)Anschluß ist genauso vorhanden wie die Schnittstelle für eine Festplatte.

Diese besitzt eine Besonderheit. Der notwendige Festplatten-Controller befindet sich nämlich nicht auf der Computerplatine, sondern ist im Gehäuse der Festplatte untergebracht. Die 8-Bit-Schnittstelle dient nur als Verbindung zwischen dieser speziellen Schneider-Fest-platte und dem Euro PC. Der Vorteil ist, daß der Anschluß wie der User-Port des C 64 auch für andere Zwecke offen steht und Bastlern ein weites Betätigungsfeld offenläßt.

# Zum Spielen geeignet

Praktisch jeder Heimcomputer wird ab und zu zum Spielen benutzt. Und so wird für manchen Computer-Käufer die Frage »kann man damit auch spielen?« zu einem mitentscheidenden Verkaufs-Argument. Wir haben den Euro PC mit einer Palette von MS-DOS-Programmen auf Spiele-Tauglichkeit getestet.

Mit seinen 9,5 MHz ist der Euro PC für das eine oder andere Spiel fast schon zu schnell. Glücklicherweise erkennen viele Spiel-Programme die hohe Geschwindigkeit und passen sich automatisch an.

Der eingebaute Joystick-Port verleitet dazu, einen Joystick zu kaufen und gleich mit den tollen Action-Spielen loszulegen — doch Vorsicht! Die meisten MS-DOS-Spiele unterstützen den Schneider-Joystickport nicht. So bleibt oft nur die Tastatur als Spielepartner übrig, sofern man nicht das Geld für eine Joystickkarte und den dazugehörigen analogen Joystick ausgibt.

Wer sich den Euro PC nur mit monochromem Monitor kauft, darf sich nicht wundern, wenn viele Spiele ihre Funktion verweigern. Die CGA-Grafik, die viele Spiele benötigen, wird nur mit einem Farbmonitor angezeigt. Wer nur monochrom in die Röhre guckt, kann sich nur solche Spiele kaufen, die auch für Hercules-Karten geeignet sind.

Ein letztes Problem ist das eingebaute Laufwerk. Viele Spiele werden nur im 5,25-Zoll-, nicht aber im 3,5-Zoll-Format angeboten. Ein zweites Laufwerk ist für viele Spiele also unerläßlich. (bs)

Die für PCs üblichen Steckplätze sind dem flachen Gehäuse zum Opfer gefallen. An der linken Seite befindet sich nur ein Steckplatz, für eine kurze Karte. Man kann dort eine Netzwerk-Karte einstecken, eine RAM-Erweiterung oder eine EGA-Grafikkarte in passender Größe.

Ungewöhnliches findet sich im Inneren. Das ROM — es wird bei PCs »BIOS« genannt — ist viermal so groß wie üblich. Das liegt am eingebauten Setup-Programm. Mit ihm stellt man zum Beispiel den gewünschten Zeichensatz ein. Um die Tastaturbelegung auf deutsche Sonderzeichen zu stellen, braucht man bei anderen PCs das Zusatzprogramm »KEY-BGR«. Das erweiterte ROM des Euro PC spart so Speicherplatz. Durch das Einstellungsprogramm kann man auch das externe Laufwerk zum Hauptlaufwerk machen. Das ist zum Beispiel nötig, wenn ein Programm mit Kopierschutz nur vom 5,25-Zoll-Laufwerk aus bootet.

Über das Setup-Programm wird auch die Bildschirmdarstellung und die Taktgeschwindigkeit gewählt. Der Euro PC beherrscht die Grafik-Modi Hercules (monochrom) und CGA (4 aus 16 Farben). Auf den EGA-Modus hat Schneider leider verzichtet. Drei verschiedene Taktgeschwindigkeiten stehen zur Auswahl: 4,77, 7,15 oder 9,56 MHz. Nach unserem Geschwindigkeitstest ist der Euro PC rund 2,2mal schneller als ein Original-IBM-PC. Die Umschaltung auf 4,77 MHz kann bei einigen älteren Programmen notwendig sein, die nur mit der Geschwindigkeit des Original-IBM-PC funktionieren. Die Geschwindigkeit läßt sich durch eine Tastenkombination verändern, während ein Programm läuft. Man kann zwar auch das Setup-Programm jederzeit aufrufen, doch das birgt zwei Nachteile. Erstens löst es nach dem Ändern der Taktgeschwindigkeit einen Reset aus und zweitens löscht es zumindest den Bildschirm, wenn man es verläßt.

Diese Nachteile wiegen nicht schwer, da man das Setup-Programm nur selten braucht. Es dient vor allem dazu, die Grundeinstellung festzulegen, die man nach dem Einschalten des Computers möchte. Alle Parameter werden dauerhaft gespeichert.

Der Euro PC verfügt über 512 KByte RAM. Das ist zwar nicht das Maximum, es langt aber ohne weiteres. Wer möchte, kann den Euro PC durch seinen Steckplatz mit mehr Speicher ausrüsten.

Die Hardware kann man ohne weiteres, als komplett bezeichnen. Der Euro PC besitzt alles, was man zum täglichen Arbeiten braucht. Wer mit dem Computer-Hobby beginnt, wird den fehlenden EGA-Modus kaum vermissen, zumal die entsprechenden EGA-Monitore noch sehr teuer sind. Sie kosten leicht zwei Drittel des Computers. Schwerer wiegen die fehlenden Steckplätze, da die Zusatzkarten ein fester Bestandteil des PC-Konzepts sind. Wer sich einen Euro PC kauft, muß sich darüber im klaren sein, daß er die meisten Erweiterungen nicht verwenden kann. Die vorhandene Hardware genügt aber, um die meisten Programme zu nutzen.

Die Hardware eines Computers ist aber bekanntlich nur so gut wie die vorhandene Software. Doch daran mangelt es, wenn man sich einen neuen Computer kauft. Dem Euro PC liegt daher das Programmpaket Microsoft »Works« bei. Works — das sind vier Programme in einem: Textverarbeitung, Datenbank, Tabellenkalkulation und DFÜ-Programm. Sechs der sieben mitgelieferten Disketten sind für Works reserviert. Auf der siebten, der System-Diskette, befindet sich neben dem MS-DOS 3.3 auch das GW-Basic.


Bilder von links nach rechts: 1. Auf der kleinen Hauptplatine sind alle Bauteile kompakt zusammengefaßt
3. Vier Handbücher und sieben Disketten liegen dem Euro PC bei

Bevor man mit Works zum ersten Mal arbeitet, muß man sich eine Arbeitsdiskette zusammenstellen. Auf ihr sind alle wichtigen Dateien enthalten. Man muß also nicht ständig die Disketten wechseln. Da das Programm vollständig im Speicher steht, gibt es keine Probleme, wenn man nur ein Laufwerk besitzt. Die Disketten sind übrigens nicht kopiergeschützt, so daß man sich eine Sicherheitskopie der kostbaren Originale anlegen kann.

Obwohl Works ein sehr komplexes Programm ist, läßt es sich leicht bedienen. Es arbeitet mit Dialog-Fenstern und Pull-Down-Menüs, so daß man sich Schritt für Schritt einarbeiten kann. Bei den meisten Befehlen steht am unteren Bildschirmrand eine kurze Erläuterung. Damit erspart man sich viel Blättern im umfangreichen Handbuch. Gelungen ist die Hilfsfunktion, die entweder zu einem Kommando die genaue Erklärung gibt oder eine Liste von Themen anbietet, die man wie den Anhang des Handbuchs durchblättern kann, bis man das Richtige gefunden hat. Das ist sehr praktisch, wenn man den entsprechenden Befehl nicht kennt.


Die Ähnlichkeit des Euro PC mit dem ehemaligen Schneider CPC ist unübersehbar

Um den Einstieg noch leichter zu machen, besitzt Works ein eigenes Lernprogramm. Es zeigt, wie man ein bestimmtes Problem löst und bietet am Ende noch Übungen an. Menüs helfen, die Erklärungen für einen Befehl schnell zu finden und direkt aufzurufen. So bestimmt jeder sein Lerntempo selbst.

Das Arbeiten mit Works ist anfangs etwas ungewöhnlich. Man muß sich daran gewöhnen, daß man nicht mit einem, sondern mit vier Programmen arbeitet, die an einigen Punkten miteinander verbunden sind. So können Informationen aus der Datenbank auch in der Tabellenkalkulation auftauchen oder Teile einer solchen Tabelle in den Text übernommen werden. Wenn man das Konzept und die Steuerung verstanden hat, wird das Arbeiten sehr angenehm. Mit Works kann man zum Beispiel ein Physik-Referat schreiben, die Versuche mathematisch auswerten und die Ergebnisse als Zahlen oder als Diagramme in den Text übernehmen, ohne das Programm zu wechseln.

Bei so vielen Vorzügen fragt man sich, wo beim Euro PC der Haken ist. Nach unserem Eindruck gibt es keinen. Anlaß zur Kritik gibt nur die Tastatur. Sie besitzt keinen eindeutigen Druckpunkt und hat ein schwammiges Schreibgefühl, als wären die Tasten auf Schaumgummi gelagert. Daran kann man sich aber gewöhnen. Unangenehmer ist die relativ hohe Lage der Tasten. Wenn man die Handballen auf den Schreibtisch legt, wird das Schreiben auf die Dauer sehr ermüdend. Wie der C 64 beweist, kann das die echten Computer-Freaks nicht ab-schrecken. Wer aber seinen PC in erster Linie für Textverarbeitung einsetzen will, sollte sich lieber einen Computer mit flacher, abgesetzter Tastatur suchen.

Als preiswerter PC für den Heimbedarf ist der Euro PC aber bestens geeignet. Er ist ein Alleskönner, der zu einem starken Preis viel Leistung bietet. Er ist komplett ausgestattet und empfiehlt sich dadurch vor allem als Einstiegscomputer. (gn)

Für diesen Test stand uns ein Euro PC mit Monochrom-Monitor sowie die original Handbücher und Software zur Verfügung Zusätzlich arbeiteten wir mit der Schneider-Maus und einem externen 5^-Zoll-Laufwerk

# Saubere Lösung

Endlich ein Computer, der für den Einstieg in die PC-Weit wie geschaffen ist. Einen wirklich kompletten Personal Computer für unter 1300 Mark, das ist der Euro PC mit Sicherheit. Seine Ausstattung (720-KByte-Laufwerk, Schnittstellen und Programme) reicht zum vernünftigen Arbeiten. Der Euro PC ist gut verarbeitet, sein Aufbau hält Heim- und Hobbyanforderung stand.

Das Arbeiten am Euro PC ist sehr angenehm, durch seine hohe Taktgeschwindigkeit bringt er die meisten Programme auf Trab. Auch die Programmverträglichkeit ist als sehr gut einzustufen. Für mich ist das Super-ROM-BIOS der Knüller. Das Setup ist eines der besten, das ich je bei PCs gesehen habe. Insgesamt schneidet der Euro PC so gut bei mir ab, daß er in Zukunft mein Arbeitsgerät für daheim sein wird.

(Udo Reetz)

# PC mit Charakter

Der Euro PC ist ein interessanter Computer, denn er ist nicht billiger als vergleichbare HeimPCs, trotzdem scheint er auf den ersten Blick für den Heimanwender geeigneter. Er ist klein, leise und enthält ein Programmpaket, das man so gerne als »professionelles« Programm bezeichnet.

Mir ist es eigentlich egal, wie »professionell« Works ist. Während ich damit arbeitete, fand ich es einfach praktisch, die Funktionen der Tsxtverarbeitung mit den Diagrammen der Tabellenkalkulation zu verbinden.

Noch ein Wort zur Tastatur: Ich habe lange mit dem C 64 gearbeitet, und im Vergleich dazu ist diese Tastatur schon eine Erholung. Sie hält natürlich nicht dem Vergleich mit einer abgesetzten Tastatur stand, doch wer einen Computer für sein Hobby sucht, wird sich davon nicht ab-schrecken lassen. Der Euro PC hat eine Menge Eigenheiten. Sie sind sicher nicht immer positiv, doch insgesamt ist er ein Computer, dessen Charme gerade darin liegt, daß er kein gewöhnlicher PC ist. (Gregor Neumann)

Steckbrief
Name:Euro PC
Prozessor:8088
Taktgeschwindigkeit:4,77/ 7,15/ 9,56
Speicherkapazität:512 KByte
Laufwerk:3,5-Zoll (720 KByte)
Grafik: Text (80 x 25 Zeichen), Hercules (720 x 348, 2 Farben), CGA (320 x 200, 4 Farben)
Monitor-Ausgang:RGB
Schnittstellen:Parallel (Centronics), Seriell (RS232C), Diskettenlaufwerk, Festplatte, Joystick/Maus
Platz für Erweiterungskarten:ein halber Steckplatz
Preis:1298 Mark
Lieferumfang:Zentraleinheit, Monitor, Programmpaket »Works«, MS-DOS 3.3, GW-Basic, vier deutsche Handbücher, Works-Referenzkarte
Zusatz-Hardware:Farbmonitor, Maus, 3,5- und 5,25-Zoll-Laufwerk, 20-MByte-Festplatte, Monitorständer


Aus: Happy Computer 08 / 1988, Seite 20

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