Wissen ist Macht - Informationssuche in Datenbanken

Weltweit gibt es mehr als 4000 Online-Datenbanken, die schnelle und umfassende Information zu allen erdenklichen Themen versprechen — man muß nur wissen, wie man an die Daten herankommt.

Das Zeitalter der Industrialisierung ist passé, das der Information hat längst begonnen. Wir tauschen täglich ungeheure Datenmengen aus, immer mehr Menschen leben vom Handel mit den Informationen. Da wird es immer wichtiger zu wissen, wie man an die gesuchten Daten herankommt. Was kaum einer weiß: Schon heute stehen gigantische Informationsberge zur Verfügung, und jeder kann — gegen Bezahlung versteht sich — diesen Datenpool nutzen. Datenbanken werden von Gesellschaften betrieben, die mit der Information ihr Geld machen. Und kein schlechtes, eine Minute Suche kostet zwischen 50 Pfennig und sechs Mark.

Datenbanken sind nichts weiter als mehr oder weniger große Computer mit riesigen Massenspeichern — und einem Anschluß an das Talefon- oder an das weltweite Paketvermittlungsnetzwerk (in der BRD heißt es Datex P). Über diese Leitungen kommen die Daten auch zum Lesen und Auswerten in den eigenen Computer — wenn man weiß, wie.

Zusätzlich zum Anschluß an das Talefonnetz braucht man nämlich entweder einen Akustikkoppler (ab etwa 200 Mark) oder besser ein Modem (ab acht Mark monatlicher Gebühren an die Bundespost). Diese Geräte wandeln die akustischen Signale — in der Telefonleitung als Pfeiftöne vernehmlich — wieder in Daten um, die der Computer versteht.

Auch ein sogenanntes Terminalprogramm braucht man für die Informationssuche. Einige Datenbank-Betreiber bieten solche Programme, die oft für Ihr System maßgeschneidert sind, zum Kauf an, aber natürlich gibt es Terminal-Software auch im Handel zu kaufen, oder sie ist im Public-Domain-Fundus preiswert zu bekommen.


Telefon und Akustikkoppler sind die Voraussetzungen für den Einstieg in die Datenbank-Recherche

Jetzt geht es um das richtige Zusammenspiel zwischen der Datenbank und dem Computer des Kunden. Der Datenaustausch per Telefon funktioniert nämlich auf viele Arten und Weisen, Sender und Empfänger müssen sich auf eine davon einigen, also die gleiche Sprache sprechen. Auch wenn der Datensucher vielleicht nicht weiß, was Begriffe wie Baud, Parität, synchrone oder asynchrone Übertragung bedeuten, es reicht schon, daß er sein Terminalprogramm richtig einstellt (und zwar meistens auf die Parameter 8-N-l — für Interessierte: 8 Bit Wortbreite, keine "No” Parität, ein Stop-Bit). Jetzt haben sich beide Computer noch auf eine Geschwindigkeit zu einigen; weit verbreitet sind 1200 Baud, das sind ungefähr 120 Byte pro Sekunde.

Diese Werte stellt der Benutzer an seinem Terminalprogramm ein, wenn die Datenbank keine anderen vorschreibt (z. B. 300 Baud, Parameter 7-E-l oder ähnliches).

Die Werkzeuge sind endlich allesamt vorbereitet. Jetzt gilt es, die Datenbank anzurufen und zu fragen, was auch immer man wissen will — damit liegt man aber leider daneben, Datenbankrecherche ist kein Kinderspiel. So arbeitet fast jede Datenbank recht unkomfortabel mit einer eigenen Abfragesprache, oft auch Retrieval-Sprache genannt: Eine Norm gibt es nicht. So bedeutet in der einen Retrieval-Sprache das "s" (suchen) dasselbe wie in anderen Datenbanken ’T’ (finde) oder ”r” (retrie-val), und alle meinen doch ein und dasselbe — die Informationssuche.


Ohne Paßwort geht es nicht: Die Datenbänker wollen zuerst wissen, wer die Rechnung bezahlt.

So bleibt nur der mühselige Weg, Vokabeln zu pauken, es sei denn, man sucht in einer menügesteuerten Datenbank; die sind allerdings sehr selten. Am Beispiel einer vergleichsweise umgänglichen Datenbank versteht man die Prinzipien der elektronischen Recherche sofort: Die Media-Box in Köln (0221/493176, 2400 Baud, 8N1) bietet ungefähr 400 verschiedene Datenbanken an.

Nach der Anwahl — Hörer auf den Koppler klemmen, Terminalprogramm starten und Nummer wählen — taucht auf dem Bildschirm die Frage nach dem Benutzernamen auf. Beim ersten Mal hat man noch keinen Benutzernamen, deshalb gibt man hier "gast” ein. Das enttäuschende Ergebnis: "Die MediaBox ist nicht öffentlich. Informationen bei...”

So schnell geht das wohl doch nicht, Informationen gibt’s nicht kostenlos. Immerhin erfährt man so, wo man die Berechtigung zum Datenwühlen erhält.

Mit Berechtigung, also Benutzername und Paßwort (eine Art Losung, die man ganz altmodisch per Brief bekommt) kommt man aber endlich zum Ziel. Ein Menü baut sich auf, und man befindet sich in einer Mailbox. In solch einem elektronischen Treffpunkt schicken sich die Benutzer gegenseitig Post (engl. Mail) auf elektronischem Wege, veröffentlichen Nachrichten und Informationen auf einer elektronischen Variante der schwarzen Bretter, oder sie unterhalten sich über die Tastatur ihres Computers miteinander. Das hat noch nichts oder nur wenig mit einer Datenbank zu tun. Aber die Eingabe von "?” — das steht für Hü-fe — zeigt alle Befehle der Mailbox an. Und "11" ist einer davon, er steht für "intelligenter Informationsservice" und führt jetzt zum Datenbank-Angebot.

Hier kann die Suche losgehen, und die Suche läuft immer nach dem gleichen Schema ab. Zuerst gibt man die Suchbegriffe ein, die die gewünschte Zielinformation am besten beschreiben, egal ob "Gorbatschow", "Sophokles” oder "68000er". Die logischen Operatoren "und" und "oder" verknüpfen mehrere Suchbegriffe; so finden sich alle Texte, in denen beispielsweise Gorbatschow "und" Kohl etwas miteinander zu tun haben.


Jetzt muß noch eine Quelle, sprich Datenbank genauer angegeben werden, von denen die MediaBox knapp 400 verwaltet. Ist die Datenbank bekannt, kann man sie direkt, d. h. mit ihrem Namen ansprechen. Kennt man sie nicht namentlich, so gibt man ein Stichwort an, beispielsweise "Wirtschaft", "Politik" oder "Technologie". Prompt erscheint eine Liste von entsprechend bestückten Datenbanken.

Jetzt beginnt die eigentliche Recherche. Die Quellen sind zum großen Teil Zeitungen aus aller Welt.

Je nach Wahl landen die gefundenen Texte entweder in der eigenen elektronischen Postablage, wo man sie dann in Ruhe lesen und weiterverarbeiten kann; oder sie erscheinen nur kurz zur Information auf dem Bildschirm. Will man die Information nicht nur kurzfristig auf dem Monitor haben, kann sie der Datensuchende auf seinen Computer übertragen ("downloaden").,

In jedem Fall: Fertig, die Information ist da, und zwar 14 aktuelle Beiträge über Kohl und Gorbatschow.

Da aber die Benutzung der MediaBox nicht nur eine monatliche Gebühr von 20 Mark kostet, sondern jede Minute "online" (in der Box) zusätzlich zu Buche schlägt, sollte man schnell den teuren Boden wieder verlassen.

Die Mailbox verabschiedet sich nach einem freundlichen "end", mancherorts auch "logoff" oder "bye".

Was bleibt, sind die Texte mit den gesuchten Informationen auf der eigenen Diskette oder Festplatte, oft sind sie leider englisch. Trotzdem steht der Bearbeitung mit der eigenen Textverarbeitung nun nichts mehr im Wege: "Recherche komplett!" ap

Wissensmanager

Jürgen Christ, Geschäftsführer der Media-Box Jürgen Christ (30) ist Geschäftsführer der MediaBox Köln GmbH. HAPPY-COM-PUTER sprach mit ihm über den Wissensmarkt.

HAPPYCOMPUTER: Herr Christ, die MediaBox ist einer der größten Informationsvermittler der Bundesrepublik. Im Unterschied zu vielen anderen Datenbanken binden Sie Ihre Infos in ein Mailbox-System ein.

Christ: Wir sehen uns als Datenbankengroßhändler. Eine normale Datenbank hat meist nur einen Informationspool, wir bieten über 400 einzelne Datenbanken an. Da wir die Daten selber nicht haben, sondern den Benutzer zur eigentlichen Datenbank durchstellen, bieten wir ein viel umfassenderes Datenvolumen an; und eine Mailbox ist nun mal die passende Umgebung.

HAPPYCOMPUTER: Wie groß ist die Anzahl der Wissenssuchenden?

Christ: Unser System erhält zur Zeit monatlich ungefähr 5000 Anrufe.

HAPPYCOMPUTER: Welche Datenbanken frequentieren die Benutzer am häufigsten?

Christ: Im geschäftlichen Bereich natürlich die Firmeninformationssysteme. Geschäftskontakte, Wirtschaftsinformationen gehen gut weg. Im privaten Bereich sind es Gebrauchsinfos wie Flugpläne oder Zeitungsartikel.

HAPPYCOMPUTER: Wie schätzen Sie die Entwicklung des Datenmarktes ein?

Christ: Ein Wachstum des Marktes liegt auf der Hand und ist fast zwangsläufig. Interessanter ist das Verbraucherverhalten. Das Anbieten der Daten reicht auf Dauer nicht mehr aus, zusätzliche Dienstleistungen müssen her wie grafische Auswertung oder die richtige Zusammenfassung. Der Kunde will in Zukunft gleich das fertige Ergebnis haben. Das Datenbankgeschäft wird immer beratungsintensiver, je mehr Interessenten wir in Deutschland erreichen.

HAPPYCOMPUTER: Sehen Sie Folgen für die gesellschaftliche Entwicklung — Stichwörter sind hier Industrie- und Informationszeitalter?

Christ: An die 60 Prozent aller Arbeitnehmer sind im Dienstleistungsgewerbe tätig, das ist ein Hinweis auf ein Ende des industriellen Zeitalters. Das Zeitalter der Information sehe ich aber noch nicht, denn das würde eine Verdrahtung aller Haushalte und Arbeitnehmer verlangen — und das steht noch in weiter Zukunft, wenn dieses Thema überhaupt jemals aktuell wird.

Wichtige Datenbanken in Europa
Börse Realtime
Betreiber: Markt & Technik Verlag AG
Nummern: 300 Baud (8N1): 089/461515 1200 Baud: 089/461565 2400 Baud: 089/461506
Datex-NUA: 45890032200
Btx-Seite: *55102# (nur Anlagetips)
Inhalt: Börseninfos, "Der direkte Draht zum weltweiten Börsengeschehen''
Aufbau: Menügesteuert
Kosten: Abonnement der Zeitschrift Börse Online, Recherchekosten
Brokersguide
Betreiber: ECHO, Luxemburg
Datex-P-NUA: 02704481 12
Btx-Seite: *32323#
Inhalt: Referenzdatenbank, Verzeichnis von 600 Informationsbrokern (-beschaffern)
Aufbau: Abfragesprache "CCL"
Kosten: frei
Business
Betreiber: Online GmbH
Btx-Seite: *3071111#
Inhalt: Weltweite Geschäftsverbindungen
Aufbau: Menügesteuert
Kosten: 2 Mark pro Dokument
MediaBox Köln
Betreiber: MediaBox Köln GmbH
Nummern: 300 Baud (8N1) 0221/495067 1200, 2400 Baud 0221/4931 76-78 300, 1200, 2400 Baud 0221/495068-69
Datex-NUA 45221098130
Inhalt: 400 Datenbanken zu fast jedem Thema
Aufbau: Menügesteuert
Kosten: 20 Mark monatlich (inklusive 40 Freiminuten), Recherchekosten
Wer liefert was?
Betreiber: Btx-Südwest Datenbank GmbH
Btx-Seite: *3071134#
Inhalt: Produkte von ca. 55000 deutschen Unternehmen
Aufbau: Menügesteuert
Kosten: 2 Mark pro Dokument


Aus: Happy Computer 11 / 1989, Seite 60

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