ATARIs Aufstieg und seine Zukunftsperspektiven

Das Unternehmen - und die neue Mannschaft

Am 2. Juli 1984 übernahm Jack Tramiel (Gründer der Firma Commodore), eine Firma, die praktisch bankrott war. Dem alten Unternehmen war der Umstieg vom Spiel-Computer-Hersteller zum Computer-Anbieter nicht gelungen. Ohne die starke Mutter „Warner“ wäre der Markenname ATARI, angesichts von einigen 100 Millionen Dollar Verlust im Jahr, längst vom Markt verschwunden. Doch mit dem Besitzer-Wechsel begann auch der Neuaufbau, so daß nur der Name ATARI blieb. Alles andere ist neu, und die Produktion der neuen ST Personal Computer Generation ging rasend schnell vonstatten. Die Entwicklung hatte nur acht Monate gedauert. So hatte dann vor gut einem Jahr, auf der CeBIT ’85, das neue ATARI-Team die erste Bewährungsprobe zu bestehen. Doch der Zeitpunkt war günstig wie selten, denn im Computermarkt fehlten echte Erneuerungen. So schlug der 520 ST mit seinem ungewöhnlichen Preis-Leistungsverhältnis wie ein Blitz in die Fachwelt ein. Nachdem im Zeitraum von März bis Juli 1985 ein flächendeckendes Händlernetz aufgebaut worden war, konnte noch im Juli mit dem Verkauf in Deutschland begonnen werden. Daß mit ATARI’s Philosophie - Spitzentechnologie zum niedrigst möglichen Preis - Geld zu verdienen ist, hat das Unternehmen 1985 bewiesen. In einem halben Jahr (bis Anfang 1986) wurden in Deutschland fast 40000 Rechner der ST-Serie verkauft. Diese Zahl hätte durchaus noch höher liegen können, denn durch die Erschließung weiterer Märkte, wie Benelux, Skandinavien und Spanien, mußten die Liefermengen für Deutschland reduziert werden.

ATARIs jüngste Pläne

Hatte ATARI auf der CeBIT ’86 einiges an Überraschungen und Neuigkeiten zu bieten, so sind die Pläne für die nahe Zukunft nicht weniger interessant. Denn wer heute im Computergeschäft konkurrenzfähig sein bzw. bleiben will, darf sich nicht auf seinen Produkten ausruhen, sondern muß ständig Innovationen in den Markt bringen.

Da die Produktionsstätten von ATARI in Fernost angesiedelt sind kann es, bedingt durch die lange Transportzeit von sechs bis acht Wochen nach Europa, zu Lieferengpässen kommen. Aus diesem Grund ist, bei entsprechendem Marktvolumen, eine Produktionsstätte in Marktnähe geplant. Dabei genießt in Deutschland Berlin, aufgrund seiner Infrastruktur, eine Favoritenstellung.

Angekündigt wurden bereits ein CD-ROM und ein Laserdrucker, die allerdings noch etwas auf sich warten lassen. Denn ATARI will seinem Motto „...wir machen Spitzentechnologie preiswert“ treu bleiben und wartet deshalb solange, bis sich ein Hersteller gefunden hat. der diesem Grundsatz gerecht wird. Die Pläne für beide Geräte liegen fertig in der „Schublade“. Mit dem CD-ROM lassen sich riesige Datenmengen auf einer einzigen „optischen Platte“ (ähnlich den bekannten Compact Disk Spielern in der Audio-Technik) speichern. Diese Scheiben können allerdings nicht selbst bespielt werden, sondern man ist auf das Angebot der Hersteller angewiesen. Es wird aber möglich sein, mit dem CD-ROM normale Audio CD-Platten über einen angeschlossenen Verstärker abzuspielen.

Für die Mitte dieses Jahres ist ein neuer, sogenannter BLT-Chip geplant. Dieser BLock Transfer Chip ist grundsätzlich dafür vorgesehen, große Datenmengen sehr schnell im Speicher zu verschieben. Wird dieser Chip in den ST nachträglich eingebaut, so wird der Bildschirmaufbau stark beschleunigt (ca. 20 mal schneller). Für den Einbau ist das Auslöten des Prozessors notwendig, um dann eine Zwischenplatine einzusetzen.

Über den genauen Liefertermin sowie den Preis ist zur Zeit leider noch nichts bekannt. Um eventuellen Mißverständnissen vorzubeugen, teilen wir Ihnen noch mit, daß dieser neue Chip nichts mit einer höheren Grafikauflösung zu tun hat.

Ebenfalls für dieses Jahr wird ein neues ST-Modell mit der Bezeichnung 520 ST/FM erwartet. Das Modell entspricht dem 260 ST mit eingebauter Floppy und Netzteil sowie einem HF-Modulator, der es nun endlich ermöglicht, das Computerbild auf jedem gewöhnlichen Fernseher über den Antenneneingang darzustellen. Daß die Qualität des Bildes dann nicht dem eines Monitors entspricht, soll natürlich nicht verschwiegen werden.

Für 1987 hat ATARI einen vollkommen neuen Rechner angekündigt. Dieser neue Rechner ist aufwärts softwarekompatibel, d. h. Programme der derzeitigen ST-Modelle laufen ebenfalls auf dem neuen Modell. Die Hardware wird sich jedoch sehr von den derzeitigen Rechnern abheben. Als Prozessor wird der Nachfolgetyp des 68000, der 68020 ein echter 32 Bit Prozessor verwendet. Ferner wird die Maschine mit einem Floating-Point Coprozessor ausgestattet und zwei Megabyte RAM besitzen. Die Bildauflösung soll bei 16 Farben etwa viermal besser sein als die derzeitige hohe Auflösung. Damit lassen sich Grafiken erzeugen, die die doppelte Auflösung eines Fernsehers haben! Als Betriebssystem wird das multitaskingfähige UNIX diskutiert mit einer GEM ähnlichen Benutzeroberfläche. Diesen neuen Rechner wird es in zwei verschiedenen Versionen geben. Einmal als kompletten eigenständigen Rechner im PC-Gehäuse und als Erweiterungsplatine für die jetzigen ST-Rechner. Preise sind noch nicht bekannt, lediglich als Richtlinie wurde uns DM 2 500,- für die Zusatzplatine zum ST genannt (mit Vorbehalt).

(MM & UB)



Aus: ST-Computer 05 / 1986, Seite 16

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