MS-DOS auf dem ATARI ST

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Seit kurzer Zeit werden zwei MS-DOS-Emulatoren für den Atari ST angeboten. Die Auswahl besteht indes nur zum Schein: Schon beim Einladen stellte es sich heraus, daß beide Produkte identisch waren. Das Original ist der "MS.EM" der amerikanischen Firma PARADOX, als "MS-DOZ-Emulator" wird er unter Lizenz von der britischen Firma ROBTEK vertrieben, die ja schon durch ihren Macintosh-Emulator MagicSac bekannt wurde.

Verständlicherweise fehlt im Lieferumfang (ähnlich wie bei den beiden Macintosh-Emulatoren) das Betriebssystem. Ein MS-DOS-Betriebssystem muß also hinzugekauft werden; wir empfehlen ein DOS der Version 3.2, da mit ihr die besten Ergebnisse erzielt wurden. Andere DOS-Versionen (wir testeten zusätzlich die Version 2.11) lassen sich zwar auch benutzen, sind jedoch in der Abarbeitung wesentlich langsamer.

Natürlich läuft der Emulator, der ja rein softwaremäßig funktioniert, deutlich langsamer als ein originaler MS-DOS-Rechner. Zudem ist es schwierig, Software auf das richtige Diskettenformat zu bringen. Für "Freaks" oder Programmierer mag das kein Problem sein; ein programmtechnisch weniger versierter Anwender könnte jedoch ratlos sein, wenn er vertraute Programme von seinem IBM- oder kompatiblen Rechner übertragen möchte. Lösungsmöglichkeiten bietet entweder ein passendes 5 1/4-Zoll-Laufwerk, das das richtige Format lesen und an den ST angeschlossen werden kann, oder ein Datenübertragungsprogramm wie "Crosstalk" auf der MS-DOS-Seite, mit dem die Programme über die serielle Schnittstelle übertragen werden können. Natürlich kann man die gewünschte Software auch neu im richtigen Format kaufen.

Soweit die negativen Aspekte. Denjenigen, die genügend Zeit haben und die nicht auf ausgereifte Programme der MS-DOS-Welt verzichten möchten, kann der Emulator eine Hilfe sein.

Da wir natürlich nicht alle Programme testen konnten, haben wir uns auf eine Auswahl beschränkt. Als lauffähig haben sich unter anderen folgende Programme erwiesen: Turbo Pascal, GW Basic, dBase II, Sidekick, Norton Utilities, Print Master, Word Perfect und Supercalc III.

Unterstützt werden die CGA- und Monochromkarte. Programme, die eine Hercules- oder EGA-Karte benötigen, bereiteten also Schwierigkeiten. Freilich war es auch nicht zu erwarten, daß man diese hochauflösende Grafikkarten softwaremäßig so leicht emulieren könnte.

Sowohl die parallele als auch die serielle Schnittstelle des ST werden vom Emulator unterstützt, so daß man Drucker, Plotter oder Modem betreiben kann. Außerdem benötigt man die serielle Schnittstelle ja eventuell zur Datenübertragung zwischen dem ATARI und einem MS-DOS-Rechner, um überhaupt erst lauffähige Software zu bekommen.

Beim Emulator wurde versucht, möglichst die IBM-Tastaturbelegung nachzuempfinden. So haben die Funktionstasten die Original-DOS-Funktionen; auch der Softwareset funktioniert über Control/Alternate/Delete. Schwierigkeiten gibt es dort, wo dem ATARI die benötigten Tasten fehlen, man denke etwa an die Tasten 'Print Screen' oder 'Scroll Lock'.
Alles in allem bleibt abermals zu sagen, daß man für die ernsthafte Arbeit unter MS-DOS nicht darum herumkommt, sich einen MS-DOS-kompatiblen Rechner oder zumindest einen Hardware-Emulator zu kaufen. Die Preise für Kompatible fallen ja immer weiter, man denke da nur an den ATARI oder Schneider PC im XT-Bereich. Allerdings kann man, wenn man sich ein bißchen in den Anzeigen der Computerzeitungen umsieht, ab ca. 3500 DM auch schon einen AT-Kompatiblen erwerben.

Bezugsquellen:

MS-DOZ-Emulator DM 238,-
Ohst Software
Stadtwaldstr. 286
4050 Mönchengladbach 5

MS.EM DM 298,-
Softline
Schwarzwaldstr. 8a
7602 Oberkirch


Harald Egel
Aus: ST-Computer 05 / 1987, Seite 131

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