CRP-Digitzer: Grafiktablett für den Atari ST

Unter dem Zeichen fortgeschrittener CAD-Anwendungen für den ST stehen nicht nur Neuerscheinungen auf dem Softwaresektor. auch Anbieter spezieller Peripheriegeräte passen sich dieser Entwicklung an. CRP-Koruk aus Konstanz hat bereits seit geraumer Zeit ein Digitalisiertablett für PCs im Angebot. Nun gibt es auch eine Version für den ST.

Die Maus - ein nicht ganz perfektes Tier

Zwar verfügt der Atari ST mit der Maus über ein Eingabemedium, das für Graphikanwendungen aller Art gut geeignet ist, doch gerade beim Arbeiten mit CAD-Software machen sich die Nachteile des flinken grauen Tierchens bemerkbar. Der Versuch, von einer Zeichnungsvorlage eine Kopie mit Hilfe der Maus zu erstellen, erfordert eiserne Nerven und unerschütterliche Geduld.

Mit einem Digitalisiertablett sind solche Probleme vergessen. Hier wird der Bildschirmcursor mit Hilfe eines Stiftes plaziert, wobei dieser über ein Tablett bewegt wird. Der Vorteil liegt darin, daß beim Tablett die Koordinaten absolut sind. Das heißt, klickt man beim Tablett in die untere linke Ecke, so ist der Cursor auch immer in der linken unteren Ecke des Monitors. Jeder wird bereits die Erfahrung gemacht haben, daß das bei der Maus nicht der Fall ist: Durch (meistens ungewolltes) Versetzen wird der Zusammenhang zwischen Mausunterlage und Cursor verändert.

Gestörte Felder

Woher aber weiß nun das Tablett, wo sich der Stift befindet? Das Prinzip ist einfach: Die Spitze des Stiftes, der über ein Kabel mit Strom versorgt wird, fungiert als Sonde. Unter dem ‘aktiven Teil’ des Tablettes liegt ein Gitter feiner Drähte, deren elektrisches Feld durch eben diese Sonde gestört wird. Die Elektronik im Tablett wertet diese Störungen aus und errechnet so die Lage des Stiftes.

Der CRP-Digitizer erreicht nach Herstellerangabe auf diese Weise eine Auflösung von 0,1 Millimetern, das heißt eine minimale Bewegung des Stiftes um 0,1 Millimeter wird von ihm erkannt. Die Genauigkeit beträgt dabei ±0,5 Millimeter. Diese Daten sendet der Digitizer mit einer Geschwindigkeit von 4600 Baud per serieller Schnittstelle (RS232C) an den Rechner. Die Auswertung dort übernimmt ein Treiberprogramm, das in Form eines Accessories mitgeliefert wird. Zum Lieferumfang gehör en neben dem Tablett, dem Stift (in dessen Spitze sich auch eine Kugelschreibermine einsetzen läßt) und der Treibersoftware auch Beispielprogramme zur Abfrage des Tabletts in C und GFA-Basic sowie ein Handbuch und - last not least natürlich ein Steckernetzteil zur Versorgung der Elektronik. Zusätzlich erhältlich sind eine Fadenkreuzlupe sowie Menüfolien für GFA Draftplus und Campus.

Fadenkreuz und Folie

Die Fadenkreuzlupe stellt eine zusätzliche Hilfe beim Abzeichnen dar: Sie wird wie der Stift übers Tablett geführt, verfügt jedoch über eine Lupe mit einkopiertem Fadenkreuz. So kann die Vorlage besonders genau abgefahren werden. Sie verfügt außerdem über vier Tasten. Davon erfüllt eine die gleiche Funktion wie das Drücken des Stiftes auf die Unterlage, nämlich die des Klicks auf die linke Maustaste. Eine zweite entspricht der rechten Maustaste. Die beiden verbleibenden Tasten werden von der ST- Software nicht genutzt.

Die optional erhältlichen Menüfolien reservieren einen Teil der Tablettfläche für die Einträge in den Drop-Down Menüs der genannten Programme. So ist es möglich, diese anzuwählen, indem farbig unterlegte Felder auf der Folie ‘angeklickt’ werden, anstatt mit dem Stift in die Menüs selbst hineinzufahren. Für diese Folien sind spezielle Treiber nötig, die jeweils mitgeliefert werden. Schließlich sollte noch erwähnt werden, daß der CRP-Digitizer auch in DIN A3-Größe zu haben ist. Die Testversion war DIN A4-groß, was vollkommen ausreicht, zumal man ohnehin durch das Platzangebot auf dem Schreibtisch eingeschränkt wird.

Die Maus auf dem Abstellgleis?

Muß man nun bei der Arbeit mit dem Digitizer die Maus an den berühmten Nagel hängen und sich allein auf Stift und Tastatur beschränken? Man muß und sollte nicht. Das Treiberprogramm ermöglicht, parallel mit Maus und Tablett zu arbeiten, wobei sich das Tablett mit Hilfe des Accessories abschalten läßt. Dieses Nebeneinander ist bei allen ‘Desktop-Arbeiten’ von Vorteil, denn hier ist das Arbeiten mit der Maus einfach bequemer.

Einen Nachteil hat das Arbeiten mit dem Stift bei vielen graphischen Programmen: Oft kann eine Funktion nur über die rechte Maustaste verlassen werden (z.B. bei GFA Draftplus). Da der Stift aber nur die linke Maustaste kennt, pendelt die Hand zwischen Maus und Tablett, was den Komfort erheblich schmälert. Auch das Führen des gedrückten Stiftes wie beim Aufziehen von Fenstern ist nicht jedermanns Sache. Abgesehen von diesen Wermutstropfen macht das Arbeiten mit dem Digitizer viel Spaß und schont gerade beim Abzeichnen die Nerven. Besonders bei dieser Einsatzweise heben sich die Malprogramme hervor, die über eine Glättungsfunktion für Freihandlinien verfügen. Ein solches Programm, gekoppelt mit dem Digitizer, erspart manchmal sogar den Scanner. Das Treiberprogramm erlaubt, die Größe des Teiles des Tabletts, der dem Monitor entspricht, einzustellen. Dabei können in waagerechter und senkrechter Richtung unterschiedliche Skalierungen gewählt werden. So sind beim Abzeichnen maßstäbliche Vergrößerungen genauso wie bewußte Verzerrungen möglich. Da der Treiber als Accessory vorliegt, sind diese Einstellungen eine bequeme Arbeit.

Unverträglichkeiten unbekannt

Beim Einsatz des CRP-Digitizers tauchten im Test keinerlei Probleme in Bezug auf Anwendersoftware auf. Alle Programme, die die Maus ‘regulär’ abfragen, liefen ohne Schwierigkeiten. Nur ‘Stad’, das offensichtlich auch hier eigene Wege geht, ignorierte hartnäckig die Existenz des Digitizers. Da das Gerät außer dem Stift keinerlei Bedienelemente besitzt, ist seine Handhabung ebenso einfach wie das Handbuch knapp. Letzteres beschreibt kurz das Treiberprogramm sowie die auf der Diskette enthaltenen Beispielprogramme und gibt dann ausführlich Auskunft über das vom Digitizer bei der Kommunikation mit dem Rechner benutzte Datenformat.

Fazit

Alles in allem läßt sich sagen, daß der CRP-Digitzer das Bild des Atari ST als graphik- und CAD-orientierter Rechner abrundet. Für viele Anwendungen ist er ein ideales Eingabegerät. Ob es sich nun um technische Zeichnungen, Röntgenbilder oder Schaltpläne handelt: wer viel abzeichnen muß, wird mit ihm gut beraten sein.

So manchen ST-Hobby-Graphiker allerdings wird der für ein solches Gerät zwar niedrige - verglichen mit dem ST selber aber hohe - Preis vom Kauf abschrecken.

Vertrieb: CRP-Koruk sowie Fachhändler
Preise:
Digitizer DIN A3 - 1990 DM Digitizer DIN A4 - 999 DM
Menüfolien - jeweils 190 DM
Fadenkreuzlupe - 185 DM


Ingo Brümmer
Aus: ST-Computer 02 / 1988, Seite 24

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite