Timeworks Desktop Publisher: GST auf neuen Pfaden

GST ist wohl jedem Atari-Benutzer bekannt, das englische Softwarehaus ist schließlich für das Textprogramm Ist Word verantwortlich, unter dem wir alle zu leiden haben. Aber trotz seiner Macken gibt es immer noch keine vernünftige Alternative zu 1st Word plus. Viele haben sich gewundert, warum von GST schon so lange nichts mehr über Updates und Fehlerkorrekturen zu hören war. Gerüchte behaupteten, GST arbeite jetzt an einem DTP-Programm und das habe eben Priorität. Die Gerüchte hatten Recht - der Timeworks Desktop Publisher wurde von GST für Timeworks Inc. entwickelt. So gut wie der Ventura Publisher oder PageMaker will der Timeworks Desktop Publisher sein. Wirklich?

Für 398.- DM erhalten Sie einen weißen Plastikschuber, in dem sich ein ebenfalls weißer Ringordner, der die Anleitung samt zwei Programmdisketten enthält, verbirgt.

Die Anforderungen, die Timeworks an die Gerätekonfiguration des künftigen Benutzers stellt, sind an sich gering; sogar auf einem 520 ST läuft der Publisher, allerdings muß wegen der Größe des Programmes eine Festplatte unbedingt empfohlen werden, schon allein deshalb, weil sehr viele Dateien geladen werden müssen, was doch immer einige Zeit beansprucht. Außerdem werden ständig Dateien von Diskette nachgeladen. Mit einem Disklaufwerk zu arbeiten, ist so gut wie unmöglich.

Anleitung und Programm liegen in deutscher Übersetzung vor, die im allgemeinen gut gelungen ist, und nur an manchen Stellen ist ihre Abkunft von einem englischen Original nicht zu übersehen. Die Qualität des Handbuchs ist, den Inhalt mitberücksichtigt, mittelprächtig, oft sind die Erklärungen, trotz großer Ausführlichkeit, nicht so klar und eindeutig wie es wünschenswert wäre.

Bitte Platz nehmen zum zweiten Frühstück

Bevor man sich den Publisher auch nur ansehen kann, muß das Programm an die vorhandenen Geräte (Computertyp, Drucker usw.) angepaßt werden. Dazu dient ein Installationsprogramm. Wenn man mit Diskettenlaufwerken arbeitet, sind zwei Disketten Ergebnis der Installation. eine davon dient zum Booten und Laden des Programms, während die andere Zeichensätze und Daten enthält. Die Boot-Diskette sollte auch nach dem Laden immer im Laufwerk A des Rechners bleiben, da, wie bereits erwähnt, immer wieder Programmteile nachgeladen werden müssen. Wenn Ihre Festplatte auto-boot-fähig ist, können Sie das ganze Programm auch so auf der Festplatte installieren lassen, daß es komplett von dort gestartet werden kann.

Die Installation selbst auf Festplatte dauert, vorsichtig ausgedrückt, ewig, vielleicht auch etwas länger. Stellen Sie sich ein paar Brötchen bereit und die Morgenzeitung, Sie haben jetzt viel, viel Zeit, nur alle paar Sekunden müssen Disketten gewechselt werden, aber das sollte Sie nicht beim zweiten Frühstück stören.

Trotz der quälenden Länge der Prozedur ist die Anpassung aber sehr komfortabel und das Programm tut alles selbstständig (außer Disketten zu wechseln), so daß gerade Computerneulinge nicht mit Problemen wie “Erzeugen Sie jetzt auf Ihrer Startup-Disk einen neuen Ordner mit dem Namen Xy. In diesen Ordner kopieren Sie die und die Dateien und schreiben dann in die Info-Datei Yz den (vollständigen!) Pfadnamen, über den die Systemfonts zu finden sind" konfrontiert werden, sondern nur, bequem im Sessel zurückgelegt, in einer Dialogbox ein paar Prägen aus der Intimsphäre ihres Rechners zu beantworten brauchen. Bei dieser Prozedur entsteht automatisch auch gleich ein Backup der Original-Disketten, da die Dateien, aus denen das Programm besteht, bei der Installation auf frische (natürlich nicht mitgelieferte) Disketten kopiert werden.

Weniger bequem sind Änderungswünsche. Wenn Sie öfter einmal mit verschiedenen Druckern arbeiten wollen, müssen Sie schon zwei Installationen anlegen, was zumindest auf einer Festplatte, je nach Autoboot-Programm, nicht ganz unproblematisch sein wird. Ohne die gesamte Installation zu wiederholen, kann nämlich nicht einmal die Druckeranpassung geändert werden. In diesem Punkt kann man nur flehende Briefe an GST schreiben, mit der freundlichen Bitte um etwas mehr Flexibilität.

In Sachen Anpassung des Druckers ist es dagegen eine gute Idee, eine fertig produzierte DTP-Seite (auf Diskette) beizulegen, die ein Testmuster enthält, mit dem man sehr einfach den Drucker so einstellen kann, das der Ausdruck auch richtig auf der Seite zentriert ist.

Bild 1: Das Installationsprogramm: Sie brauchen jetzt viel Zeit

Ran an den Speck

Der Timeworks Publisher ist ein rahmenorientiertes DTP-Programm. Das bedeutet, daß um jedes Layout-Element, ob es nun eine Textspalte oder eine Grafik ist, ein viereckiger Rahmen gezeichnet wird, in dem sich dann das weitere Geschehen (z.B. das Edieren von Texten) abspielt. Dabei können sich Rahmen auch überlappen. Im Prinzip geben die Rahmen die Aufteilung der Seite wieder. Im Grunde entspricht das der ‘alten’ Arbeitsweise mit Papier und Klebstoff. Früher ließ man sich den Text in Spaltenform ausdrucken, genauso die Überschriften und Grafiken, schnitt die Teile dann zurecht und klebte sie auf die Seite. Das Zer- und Zurechtschneiden der einzelnen Teile erledigt man mit einem rahmenorientierten DTP mit der Maus, genauso wie das Einkleben, entsprechend dem Plazieren der Teile auf der Seite. Mit der elektronischen Schere/ Klebstoffflasche hat man natürlich ein paar Möglichkeiten mehr: Man kann Rahmen zum Beispiel einfach kopieren.

Im Timeworks Publisher sind Rahmen nicht immer ausschließlich ‘Platzhalter’ für irgendwelchen Inhalt, sie können auch einen gezeichneten Rahmen in verschiedenen Linienstärken haben oder den Rahmen mit Füllmustern ausfüllen, sozusagen als Rahmenhintergrund für den Inhalt. Nur dann werden die Rahmen gedruckt, normalerweise erscheinen sie aber nicht auf dem Papier, sondern dienen nur der Edierung. Man kann die Darstellung dieser Hilfsrahmen auch abschalten, um das Layout der Seiten ‘so richtig’ zu sehen. Der Timeworks Publisher arbeitet außerdem nach dem vielbeschworenen ‘What You See Is What You Get’-Prinzip, übersetzt: Sie bekommen das, was Sie sehen. Gemeint ist natürlich nicht, daß Ihnen ab sofort jeder Wunsch, der beim Betrachten eines Gegenstandes in der belebten oder unbelebten Natur aufkommt, erfüllt wird, sondern, etwas kleinkarierter, daß Sie auf dem Papier, das aus Ihrem Drucker kommt, genau das sehen, was Sie vorher am Bildschirm zusammenmontiert haben. Wie genau das Layout am Bildschirm mit dem Papier-Ergebnis übereinstimmt, ist unter anderem ein Qualitätsmaßstab für ein DTP-Programm.

Bild 2: Das Layout-Fenster

Ein kleiner Editor

Sie können auf eine Seite, die Sie mit dem Programm bearbeiten, wild irgendwelche Rahmen zeichnen und Sie nach Belieben mit Text, Bildern, die Sie mit den meisten Malprogrammen bzw. dem Snapshot-Utility, das zu 1st Word gehört, erzeugen können, oder mit Zeichnungen aus objektorientierten Zeichenprogrammen wie GEM Draw oder Easy Draw füllen. Texte können Sie sowohl im Publisher selbst eingeben, was natürlich im allgemeinen nicht so schnell geht, wie mit einem einfachen Textprogramm, oder auch mit einer Textverarbeitung schreiben und dann in das Layout-Programm einladen.Dabei werden die Formate der Programme 1 st Word plus, Word Writer PC, Word Writer ST, Wordstar und Word Perfect sowie ASCII-Dateien problemlos verstanden.

Bilder können im Format von GEM Paint, GEM Scan, Degas, Neochrome, PC Paintbrush oder Publishers Paintbrush geladen werden. Primitive Nachbearbeitungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung (Lupe und Skalieren / Ausschnitt bestimmen).

Auch Zeichnungen können in verschiedenen Formaten gelesen werden: GEM Draw und GEM Graph, Easy Draw und das Lotus 123-Format sind dem Publisher verständlich. Diverse Vektorgrafik-Funktionen sind zusätzlich eingebaut, so daß man einfache Illustrationen, Tabellen und Grafiken auch direkt im Timeworks-Programm zurechtzimmern kann. Nach dem Laden erscheint ein Desktop, der aus einer reichlich vollen Menüleiste, einem Layout-Fenster und einigen Bedienungselementen am linken Bildrand besteht. Mit diesen Bedienungselementen werden die wichtigsten Funktionen und Arbeitsmodi des Programms ausgewählt. Trotzdem kann das Layout-Fenster sie überdecken, wenn Sie einmal mehr von Ihrem Dokument sehen wollen.

Vier Arbeitsmodi gibt es im Programm: Im Rahmenmodus können Sie Rahmen zeichnen. Die anderen Modi dienen zur Bearbeitung des Rahmeninhalts: Textmodus und Grafikmodus dienen dazu, Texte bzw. Grafiken in einem Rahmen zu erstellen bzw. zu bearbeiten, der Absatzmodus dient dazu, das Absatzformat eines Textabsatzes zu verändern, oder die Absatzformate selbst zu edieren.

Unterhalb der vier Symbole für die Arbeitsmodi gibt es ein fensterähnliches Feld in dem, je nach Modus, entweder die Namen von eingeladenen Texten oder Bildern, die möglichen Textstile, die Grafikwerkzeuge oder die Namen der Absatzformate angezeigt werden. Durch Mausklick kann man die entsprechenden Felder anwählen. Am unteren Rand wird angezeigt, welche Seite sich gerade in der Bearbeitung befindet. Mit zwei Pfeilen kann im Dokument vor- oder zurückgeblättert werden.

Bild 3: Der Text kann linksbündig mit oder ohne automatische Trennung einfließen

Seitenlayout

Ein Dokument kann aus beliebig vielen Seiten bestehen, die Anzahl ist also nur vom Speicherplatz des Rechners abhängig. Zusätzlich gibt es sogenannte ‘Master'-Seiten, auf denen man Layout-Elemente definieren kann, die auf mehreren Seiten des Dokuments Vorkommen sollen. Man kann Layouts definieren und dann abspeichern, so daß man mühelos mehrere Dokumente im gleichen Layout erstellen kann.

Leider stehen nur vier verschiedene Seitenformate zur Verfügung: Das deutsche DIN A4 Format und die amerikanischen ‘Letter’,- ‘Legal’- und ‘Note’- Formate.

Dabei kann man das Format, wenn es einmal festgelegt ist, auch nicht mehr ändern. Eine Möglichkeit, freie Formate zu bestimmen, fehlt hier doch unbedingt. Ein Dokument kann ein- oder doppelseitig sein. Doppelseitige Dokumente erlauben es, für gegenüberliegende linke und rechte Seiten jeweils ein eigenes Layout zu definieren, weil ja z.B. bei Büchern die gegenüberliegenden Seiten meistens nicht ganz gleich gestaltet werden. Rahmen können entweder auf den Master-Seiten definiert und dann automatisch auf jede neu erzeugte Seite übernommen, oder auch auf jeder Seite per Hand erzeugt werden. Um Rahmen genau positionieren zu können, gibt es sogenannte Spaltenleitern. Das sind sozusagen Pseudorahmen, eine Art Schablone für Rahmen. Man kann definieren, wieviele Spalten-leitem pro Seite es geben soll, wie groß der Abstand der Spaltenleitem von den vier Seitenrändem sowie der Abstand der Spaltenleitem untereinander sein darf. Mit einer Einrast-Funktion, ist es dann sehr einfach, Spalten exakt über den Spaltenleitern zu positionieren. Für Überschriften oder ausgefallene Positionen gibt es auch ein Hilfsmittel: Man kann sich exakte Größe und Position jedes Rahmens in einer Dialogbox anzeigen lassen und die Werte dort auch verändern.

Selbstverständlich gehören zu einem Seitenlayout auch Kopf- und Fußzeilen, die hier für rechte und linke Seiten getrennt definiert werden können.

Bild 4: Absatzdimensionen beim Timeworks Publisher

Textbearbeitung

Die wohl häufigste Tätigkeit in einem DTP-Programm hat mit dem Layout von Texten zu tun. Die wichtigsten Funktionen des Programms haben also mit den Design-Möglichkeiten für Texte zu tun. Hierbei wiederum das Wichtigste sind die Zeichensätze. Im Moment stehen 5 Zeichensätze zur Verfügung. Davon sind 2, Swiss und Dutch (Times-ähnlich), in Größen zwischen 7 und 72 Punkt vorhanden, Rockface nur in 20 und 40 Punkten, ein weiterer Schrifttyp, der nur aus gestylten Großbuchstaben besteht, in 20 bis 40 Punkten, sowie ein Sonderzeichensatz mit ungefähr 20 Symbolen in Größen zwischen 7 und 70 Punkten. Jeder der Fonts enthält auch die internationalen Sonderzeichen. Diese Schriften können jeweils in einer ganzen Reihe von Textstilen dargestellt werden: fett, kursiv, unterstrichen, hell, invers, umrandet und hoch-und tiefgestellt.

Bei der Übernahme von Texten aus Textverarbeitungen bleiben die dort definierten Textattribute übrigens im allgemeinen erhalten. Selbst Fußnoten aus Ist Word bleiben erhalten, müssen allerdings oft neu formatiert werden. Jeder Textabsatz kann mit einem eigenen Textformat ausgestattet werden. Dieses Absatzformat beinhaltet Informationen über die Textformatierung (Blocksatz, Zentriert, Rechts- oder Linksbündig), Einrückungen, Zeilenabstand, Abstände vom Rahmenrand oder dem letzten Abstand usw. Selbst Schrifttyp und Größe lassen sich vorprogrammieren, obwohl diese Parameter auch innerhalb eines Absatzes beliebig ändern lassen.

Für Einrückungen läßt sich ein spezielles Sonderzeichen definieren, das immer am Anfang des Absatzes gedruckt wird, z.B. ein dicker Punkt. Dies ist sehr hübsch, um beispielsweise in einem Katalog einzelne Punkte aufzulisten und dabei deutlich voneinander abzuheben, ohne aber jedesmal ‘per Hand’ ein Zeichen aus einem Spezialfont einsetzen zu müssen.

Ebenfalls zum Absatzformat gehören Informationen über die automatische Trennung. Damit wäre bereits verraten, daß eine Trennhilfe im Programm eingebaut ist, die auch recht gut funktioniert. Selbstverständlich kann man die Vorschläge der automatischen Trennung auch jederzeit nachträglich per Hand verändern oder die Trennung ganz zurücknehmen.

Schließlich kann man auch Tabulatoren setzen, wobei mehrere Tabulatorentypen wie Dezimal- oder zentrierter Tabulator zur Verfügung stehen.

Absatzformate lassen sich auf Funktionstasten legen, so daß man für den Aufruf nur eine Funktionstaste zu drücken braucht.Die Textformatierung ist mit verschiedenen Parametern steuerbar: Man kann den maximalen und minimalen Abstand zwischen zwei Worten, der bei der Blockformatierung entstehen darf, setzen, sowie eine Zone am Zeilenende definieren. in der die Trennung aktiv ist. Bei der Blockformatierung kann man wählen, ob Leerräume außer zwischen Worten auch zwischen den Buchstaben einzelner Worte eingefügt werden sollen, wodurch die Leerzeichen zwischen den Wörtern kleiner werden, dafür aber die Schrift leicht gesperrt wirkt. Dieses automatische ‘Keming’ kann jederzeit durch eine manuelle Kerning-Funktion verändert werden: Der Abstand zwischen beliebigen Buchstaben läßt sich in einer Dialogbox verändert werden.

Bild 5: Absatzformate sind bei der Arbeit an einem Layout hilfreich

Die Absatzformate helfen bei der Arbeit an einem Layout sehr, besonders, wenn viele Seiten in einem durchgängigen Stil gestaltet werden müssen. Man kann sich dann zum Beispiel ein Absatzformat für Überschriften, eines für Unterüberschriften, eines für den eigentlichen Text, eines für Registerseiten usw. konstruieren. Bevor man dann beginnt, den Rahmen mit dem dafür vorgesehenen Text zu füllen, braucht man nur das gewünschte Absatzformat zu wählen und schon erhält der Text das entsprechende Styling. Damit muß man nicht jedesmal alle Parameter neu einstellen. Vorbereitete Parameter anwählen, schon fertig. Auch wenn Sie öfter ähnliche Druckschriften erstellen müssen, hilft diese Möglichkeit: Sie können die Absatzformate abspeichern und dann für weitere Dokumente verwenden. Ansonsten stellt der Timeworks Publisher noch die üblichen Text-Funktionen Suchen und Ersetzen zur Verfügung. Beliebige Textblöcke können ausgeschnitten oder kopiert und wieder eingeklebt werden.

Bild 6: Absatzformate lassen sich auf Funktionstasten legen

Edieren

Wie bereits erwähnt, kann Text direkt im Publisher eingetippt werden. Da die gesamte Formatierung aber sofort bei der Eingabe erfolgt, ist die Arbeit damit etwas langsam. Mir erscheint es allemal effizienter, Text mit einer Textverarbeitung einzugeben und nur kleine Änderungen im Layout-Programm vorzunehmen.

Text kann übrigens nur in der normalen Leserichtung von links nach rechts verwendet werden. Vertikaler oder schräger Text ist leider nicht möglich. Längere Texte werden im allgemeinen nicht in einen Rahmen passen. Daher ist es möglich, einen Text nacheinander in mehrere Rahmen fließen zu lassen. Diese Rahmen hängen dann in einer Kette aneinander, so daß sie sich bei jeder Textarbeit wie ein Rahmen verhalten. Wenn man also zum Beispiel die Rahmengröße verändert oder zusätzlichen Text einfügt, wirkt sich das automatisch auf alle verbundenen Rahmen aus; man muß nicht den ganzen Text per Fland neu auf die Rahmen verteilen.

Rahmen können auch über andere Rahmen gezeichnet werden. Dabei kann man wählen, ob der obere Rahmen Text im unteren Rahmen überdecken soll, oder ob der Text um diesen überdeckenden Rahmen herumfließen soll. Leider kann Text auf diese Weise nur um eckige Rahmen fließen, nicht um beliebig geformte Objekte. Überdeckende Rahmen können auch durchsichtig sein. Außerdem kann man einen verdeckten Rahmen jederzeit mit einem besonderen Kommando nach vorne holen.

Zeichenkünstler?

Aus eingeladenen Pixelgrafiken können beliebige Ausschnitte herausgeschnitten werden. Auch ist es möglich, diese Ausschnitte frei zu skalieren, wobei die Proportionen total verfremdet oder auch automatisch erhalten bleiben können. Eine Lupen-Funktion erlaubt es, jeden einzelnen Bildpunkt einzeln zu bearbeiten.

Mehr Möglichkeiten gibt es im Bereich Vektorgrafik. Importierte Vektorgrafiken können mit diesen Funktionen allerdings leider nicht nachbearbeitet werden. Sieben Zeichenfunktionen stehen zur Verfügung: Linien, Rechtecke mit eckigen oder runden Ecken, Kreise, Ellipsen, Freihandzeichnungen und Polygone. Jede Figur kann in verschiedenen Strichstärken gezeichnet werden, auch das Aussehen des Linienendes kann verändert werden (z.B. Pfeilspitzen). Als Edierhilfe gibt es ein einstellbares Punktraster. Auch Füllmuster gibt es; auf insgesamt 36 verschiedene Arten kann eine Fläche gefüllt werden. Da es sich um Vektorgrafik handelt, kann jedes Element der Zeichnung nachträglich beliebig manipuliert werden. Selbstverständlich kann man Grafikobjekte genauso ausschneiden, kopieren und einfügen wie Texte.

Bild 7: Texte können direkt eingetippt werden

Bedienung

Das Programm, selbstverständlich voll mausgesteuert, ist leicht zu bedienen. Für viele wichtige Funktionen gibt es Tastaturkommandos. Der Timeworks Publisher ist auch schnell genug, damit man nicht bei der Arbeit pausenlos darauf warten muß, daß irgendetwas endlich auf dem Bildschirm erscheint.

Anfänger können sich durch eine umfangreiche Hilfe-Funktion unterstützen lassen. In der Menüleiste wählt man das Thema, über das man informiert werden will, aus. Es erscheint eine Dialogbox, in der man im Hilfstext vor- und zurückblättern kann, bis man die heiß ersehnte Hilfestellung gefunden hat.

Für das Layout gibt es ebenfalls einige Hilfen: Die Bemaßung des Dokuments kann in Picas und Punkten, Zentimetern oder Zoll (l/8tel oder l/10tel Teilung) dargestellt werden, ein Lineal kann man sich auch einblenden lassen, damit man immer die richtigen Stellen im Dokument trifft. Da der Atari-Bildschirm leider zu klein ist, um eine ganze Seite gleichzeitig auf den Bildschirm zu bekommen, gibt es verschiedene Verkleinerungsmöglichkeiten. So kann man sich bis zu zwei Seiten in Ganzseitendarstellung auf dem Bildschirm zeigen lassen. Auch halbe oder doppelte Originalgröße ist möglich. Mir persönlich fehlt eine Funktion, die das Dokument genau soweit verkleinert, daß eine Dokumentbreite auf den Bildschirm paßt.

Bild 8: Die grafischen Möglichkeiten beschränken sich auf 7 Funktionen

Druck

Es gibt eine ganze Menge Druckertreiber, für 9- und 24-Nadeldrucker sowie verschiedene Laserdrucker, von Atari bis Hewlett Packard. Auch ein PostScript-Treiber ist vorhanden. Die Druckqualität auf 24-Nadel- und Laserdruckem ist gut, allerdings wird das gleiche Dokument je nach Druckeranpassung mit unterschiedlichen Schriftgrößen gedruckt! Dies sollte sich dringend ändern. Eine 12-Punkt-Times sieht mit einem 24-Nadler eher nach 9-Punkt aus, während sie auf einem 9-Nadel- oder Laserdrucker in etwa die gleiche Größe aufweist. An unseren Textproben sehen Sie, daß in den beiden Ausdrucken (von 24-Nadel- und Laserdrucker) kaum mehr Punkte bei der Schrift in Normalgröße zu sehen sind, lediglich die Überschriften weisen noch Eckchen auf.

Die 9-Nadel-Qualität entspricht ungefähr dem, was man auch von Malprogrammen, die mit GDOS-Fonts arbeiten, gewöhnt ist. Dafür geht der Ausdruck auf diese Weise ziemlich flott vonstatten, mit einem 24-Nadel-Drucker dauert es nämlich ewig, bis eine Seite gedruckt ist. Mit dem Atari-Laser geht es sehr schnell, allerdings mußten wir in unserem Test das Programm manchmal sehr häufig auffordern, bevor es sich dazu herabließ, eine Seite an den Drucker zu übergeben.

Fazit

Ich möchte den Timeworks Desktop Publisher mit dem Publishing Partner vergleichen, der ja nun schon seit längerem auf dem Markt ist. In diesem Vergleich stellt sich heraus, daß keines der beiden Programme herausragend besser ist. Mir persönlich gefällt die Bedienerführung des Publishing Partners besser, auch ist er in manchen Punkten (z.B. mehrere Druckertreiber gleichzeitig, Dokumentformate) einfach flexibler. Dafür ist die Druckqualität mit Matrixdruckern recht bescheiden.

Besonders schön beim Timeworks Publisher ist die Idee des Absatzformates. Damit kann man Texte wirklich schnell ‘in Form’ bringen. Auch die Trennhilfe funktioniert sauber und gut, was man von der des Publishing Partners nicht unbedingt behaupten kann. Übrigens verwendet die Trennhilfe ein ASCII-Lexikon, das den Eindruck macht, als könnte man es leicht selbst ergänzen. Die Grafikmöglichkeiten sind gut und leicht zu handhaben. Gerade Geschäftsgrafiken oder andere ‘einfache’ Illustrationen und Diagramme lassen sich schnell und leicht erstellen, ohne daß erst ein spezielles Grafikprogramm benötigt wird. Gegenüber Grafiken aus Malprogrammen hat die Vektorgrafik den Vorteil, daß sie auf Druckern mit höherer Auflösung auch in besserer Qualität wiedergegeben werden kann.

Ein paar mehr Fonts sollte Timeworks zur Verfügung stellen. Zwei vollständige Schriftsätze sind für einen professionellen Einsatz eines derartigen Programmes einfach nicht genug. Zumindest die weitverbreitetsten Standardschriften müssen einfach vorhanden sein.

Bild 9: Ein fertiger Ausdruck mit einem 24-Nadel-Drucker

Störend finde ich am Timeworks Publisher: Die mangelnde Flexibilität bei der Formatwahl und die Tatsache, daß das Programm bei einem Druckerwechsel komplett neu installiert werden muß. Die Betriebssicherheit ist brauchbar. Abstürze gibt es sehr selten, auch skurrile Ergebnisse kommen nicht oft vor. Lediglich Texteingaben auf der Masterseite führen manchmal zu ungewollten Resultaten.

Ein paar Dinge, die mir fehlen: Auch (oder besser gerade) ein DTP-Programm sollte Fußnoten beherrschen, ebenso automatische Inhalts- und Stichwortverzeichnisse unterstützen. Auch etwas mehr Flexibilität bei der Schreibrichtung (vertikal, schräg) würde mich nicht stören.

Alles in allem ist der Timeworks Desktop Publisher ein Programm, das vernünftige Ergebnisse mit verhältnismäßig kleinem Aufwand erlaubt. Allzu ausgeflippte Möglichkeiten bietet das Programm nicht, aber das muß für die meisten Anwendungen ja auch wirklich nicht sein. Die Druckqualität ist gut. Im Vergleich mit dem direkten Konkurrenten Publishing Partner fällt allerdings der höhere Preis ins Gewicht: Der Timeworks Desktop Publisher kostet 398.- DM, der Publishing Partner nur 249.- DM. Dafür bietet der Publishing Partner bei vergleichbarer Qualität des Laserausdrucks mehr Schrifttypen sowie (rein subjektiv aus meiner Sicht) eine angenehmere Bedienung, was nicht heißen soll, daß der Timeworks Publisher schlecht zu bedienen wäre. Es ist eher ein Unterschied zwischen ‘gut’ und ‘besser’. Andererseits ist bei Timeworks die Idee mit den Absatzformaten wirklich bestechend einfach und nützlich in der Anwendung, die Trennhilfe des Timeworks Publishers funktioniert sauberer. Auf jeden Fall eine schwere Entscheidung. Vielleicht entschließt man sich bei Timeworks ja noch, die ein oder andere Schwäche (vor allem, bitte, mehr Fonts und größere Ausdruck-Flexibilität !) zu beheben. Eine schlechte Wahl ist der Timeworks Publisher auf keinen Fall. Wie für alle momentan erhältlichen DTP-Programme, egal für welchen Rechnertyp, gilt auch hier: Erwarten Sie keine Wunderdinge. Eine ganze Zeitung z.B. professionell mit einem DTP-Programm zu layouten ist immer noch unbefriedigend. Wenn Ihre Projekte aber nicht ganz so groß sind, kann Ihnen der Timeworks Publisher eine große Hilfe sein.

CS

Vertrieb:
Computer Technik Kieckbusch GmbH
Baumstammhaus
5419 Vielbach

Bild 10: Der gleiche Ausdruck mit dem ATARI Laserdrucker


Aus: ST-Computer 08 / 1988, Seite 42

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