Repro Studio ST: Die Bildwerkstatt

Das Hauptarbeitsfenster von Repro Studio ST mit der Icon-Leiste “Bildbearbeitung” (links)

Grafikprogramme gibt es wie Sand am Meer. Ob es nur darum geht, mal kurz eine kleine Zeichnung zu erstellen, oder (ungleich komplizierter und umfangreicher) eine Trickfilmsequenz zu programmieren - Grafikprogramme gibt es für alle (möglichen und unmöglichen) Fälle.

Seit einiger Zeit wird das Angebot an Scannern, jener ‘Bildeinlesegeräte’, etwas reichhaltiger, und oft sind dort auch schon kleinere Bildbearbeitungsprogramme beigelegt. Lohnt es sich dann noch, ein separates Bildmanipulationsprogramm zu kaufen? Um die Antwort vorwegzunehmen (laut Radio Eriwan): Im Prinzip JA!

Gemäß der eigenen Aussage der Entwickler ist Repro Studio ST hauptsächlich dafür gedacht, die Bearbeitung digitalisierter Bilder zu erleichtern. Jene digitalisierten Bilder erhält der Anwender entweder über Scanner oder über Videodigitizer, und genau in diese Zielgruppe paßt sich Repro Studio ST ein.

Allerlei Eingabegerät

Die Digitalisierer, welche bislang für den ATARI ST auf dem Markt erhältlich waren, orientierten sich immer an der Bildschirmgröße. Will heißen: Es konnten immer nur Bilder eingelesen werden, die in der Größe der Bildschirmauflösung entsprachen (bei dem SM 124 Schwarzweißbildschirm sind das 640 x 400 Punkte - genannt Pixel). Digitalisierer neuerer Bauart bieten da schon höhere Auflösung, etwa: 1024 x 512 Pixel.

Bei den Scannern sieht es noch schlimmer aus. Eine DIN-A4-Seite bei 200 DPI (engl. Abk. f.: Dots per Inch, Punkte pro Zoll) beansprucht 1700 x 2200 = 3.740.000 Pixel. Der ATARI Schwarzweißmonitor realisiert aber nur 640 x 400 = 256.000 Pixel, das sind nicht einmal 15% der Vorlagenfläche (DIN-A4).

Repro Studio ST löst dieses Problem durch einen ‘virtuellen Bildspeicher’, in dem die komplette Vorlage festgehalten wird. So sind alle Zeichen-, Verschiebeoder Veränderungsfunktionen nicht auf den sichtbaren Bereich beschränkt. Dieser Trick macht das Arbeitsfeld nur noch von der RAM-Speicherkapazität abhängig, damit funktioniert Repro Studio ST (logischerweise) auch mit einem Groß-/ Ganzseitenbildschirm.

In dem L.U.T.-Diagramm ist der Helligkeitsverlauf jeder Graustufe einstellbar.

Lasset uns beginnen

Mit einem Doppelklick auf REPRO.PRG starten wir und harren der Dinge, die da kommen: AHA! Eine Warnbox meldet, daß der Druckertreiber fehlt - und den

Scanner-Treiber habe ich auch vergessen. Aber das ist nicht weiter schlimm, denn alle Treiber sind jederzeit im Programm nach- bzw. umladbar (besonders interessant für “fliegenden Wechsel’’, während das Programm noch arbeitet).

Es erscheint anschließend die Arbeitsoberfläche, die oben eine Desktop-Menüleiste und links eine Icon-Leiste zeigt, der große Rest des Bildschirms bleibt (noch) leer.

Über eine eigene Fileselektorbox Bild laden soll nun ein schon fertig vorhandenes Bild auf die Arbeitsoberfläche geholt werden. Es sind dabei zwei Alternativen zu beachten: Entweder ist 1. schon ein (leeres) Arbeitsfenster geöffnet, dann legt sich das zu ladende Bild in die Größeneinstellung dieses Fensters (Pauschalvorgabe - mit der Gefahr, daß das Fenster zu klein ist), oder 2. wird das Bild ohne vorher offenes Fenster gerufen. Dabei bestimmt das Bild mit seinen Abmessungen die Größe des Fensters (Individualvorgabe).

Apropos: Es sind bis maximal 4 geöffnete Fenster möglich, was sehr stark von deren Größe im Verhältnis zum freien RAM-Arbeitsspeicher abhängig ist. Die Auswahl an lad- und speicherbaren Bildformaten ist groß.

Repro Studio ST versteht folgende Normen: DEGAS (auch gepackt), STAD, Paintworks, IMG, TIF, MPK und Art Director; in Vorbereitung: IFF (AMIGA) und PCX (MS-DOS).

Neben einem bearbeiteten Bild zeigt das Hauptarbeitsfenster links die Icon-Leiste “Zeichen-funktionen”.

Farblos oder bunt

Repro Studio ST unterscheidet nicht nur alleine für die Darstellung auf einem entsprechenden Monitor zwischen schwarzweiß und farbig. Viele Funktionen in der Bildbearbeitung sind sinnvollerweise nur in der passenden “Colorierung” der Vorlage anwählbar.

1. Schwarzweiß oder Rasterbilder (Grauton)

Als sehr interessant muß (last but not least) die Wandlung von Schwarzweißbildern (Raster) in Halbtonbilder (pseudofarbig) erwähnt werden. Was sich damit alles “colorieren” läßt... Auch sind stufenlose Helligkeits- und Kontraständerungen mit den dadurch erzielbaren Effekten als zusätzliche Features ansteuerbar.

Die Pull-Down-Menüs von Repro Studio ST; fast alle Funktionen sind auch per Control-Sequenz ansteuerbar.

2. Farb- bzw. Halbtonbilder

Neben zahlreichen ähnlichen Funktionen aus dem Schwarzweißbereich, wären noch folgende erwähnenswert:

Alle Funktionen können zusätzlich in ihrer Wirkung auf nur eine oder mehrere von 256 RGB-Farbstufen beschränkt werden.

Zeichenfunktionen

Die Werkzeuge im Zeichenteil von Repro Studio ST sind nun nicht mehr abhängig davon, ob ein Schwarzweiß- oder Farbbild vorliegt. Weil auch hier die Palette sehr reichhaltig ist, wollen wir uns auf die Betrachtung einiger wesentlicher Funktionen beschränken:

Ein Mustereditor erlaubt die Erzeugung eigener Hintergrundraster.

Bei den reinen Zeichenoperationen darf man feststellen, daß kaum noch Wünsche offenbleiben.

Mit vielerlei Format

Derzeit sind folgende Scanner- und Digitizer-Ansteuerungen verwirklicht: Hawk CP-14, Print Technik Professional, A-MAG1C Turbo Dizer, Geniscan: in Vorbereitung sind: Siemens, Epson, Sharp. SPAT, Panasonic.

Wenn es Nutzer des Programms gibt, die einen Treiber für etwas unübliche oder seltene Scanner-/Digitizer-Typen gerne in Repro Studio ST eingebunden wünschen, möge man sich gerne mit der Firma Hofmann in Verbindung setzen. Die Entwickler sind gerne bereit, spezielle Ansteuerungen sofort in Arbeit zu nehmen. Druckertreiber gibt es für: fast alle 24-Nadler, ATARI Laser SLM 804, HP-Laserjet-Kompatible.

Was bringt die Zukunft?

Selbst bei dieser Fülle an Möglichkeiten bleibt die Entwicklung nicht stehen. So sind noch zahlreiche Erweiterungen geplant:

Viele Einstellungen lassen die freie Plazierung der Vorlage im Ausdruck zu.

Der Versuch eines Überblicks

Es war überraschend, wieviele Funktionen in Repro Studio ST zu finden sind. Und ich bitte gleich um Entschuldigung, daß es mir nicht möglich ist, hier alle erschöpfend zu beschreiben. Ich glaube sogar, daß vielleicht einige Spielarten des Programms von mir erst gar nicht entdeckt wurden. Die Auswahl ist riesengroß! Sehr angenehm ist die Tatsache, daß wirklich nur sehr selten benutzte Menüpunkte in den Pull-Downs untergebracht und (im Gegensatz dazu) die häufig gebrauchten in den zwei Icon-Leisten zu finden sind.

Repro Studio ST, speziell für die Manipulation digitalisierter Bilder entwickelt, läßt dem Benutzer, ob Hobby- oder Profianwender, sicherlich kaum noch Wünsche offen - mir jedenfalls sind nach mehr als 8 Stunden (ehrlich!) intensiver Beschäftigung mit dem Programm keine mehr eingefallen. Außerdem kann sich die Geschwindigkeit im Bildbearbeitungsteil sehen lassen. Mangels Vergleich mit Konkurrenzprodukten ist diese Einschätzung natürlich subjektiv.

Als sehr schön ist auch das Handbuch zu werten, in dem alle Programmteile ausführlich und mit genügend Bildmaterial erläutert sind. Der Anhang erklärt außerdem an reichlich bebilderten Beispielen verschiedene Tricks der Bildmanipulation.

Bild 7: Die zwei Iconleisten “Zeichnen ” (links) und “Bildbearbeitung” (rechts)

Als Kundendienst bietet die Firma Hofmann Software engineering selbstverständlich Update- und Hotline-Betreuung an. Im Preis von 498,- DM sind alle Scanner- und Druckeransteuerungen enthalten. Mögliche neue oder geänderte Treiber (wenn sich die Gerätekonfiguration des Kunden ändert) werden kostenlos nachgeliefert.

Bezugsadresse: Bernd Hofmann Software engineering Lilienweg 12 6834 Ketsch


DK
Aus: ST-Computer 03 / 1990, Seite 12

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