600 dpi... zum Nulltarif? ATARI Laserdrucker SLM804

Vor 2 1/2 Jahren kaufte ich mir einen SLM 804 Laserdrucker, um damit Schreibarbeiten in guter Qualität unter SIGNUM!2 auszudrucken. Damit begann eine Odyssee, die viele Fehlversuche umfaßt, den Macken des SLM 804 beizukommen. Letztlich führte es aber auch hier zu einem guten "600 dpi"-Ende und vielen neuen "600 dpi"-Fonts - und zwar per Software.

Eines möchte ich vorwegnehmen: Die angezeigte Software-Lösung gilt nicht nur für SIGNUM!-Laser-Fonts, sondern für alle Atari-Programme, die für den SLM804 eigene Pixel-Fonts (im Gegensatz zu Vektor-Fonts) benutzen.

Bild 1: Times 8 in der alten Form Waagrechten 1 Pixel dick

Bestandsaufnahme

Zur Arbeit mit dem Atari Laser standen vorerst nur die alten Fonts der Professional Font-Disk zur Verfügung, die man auf einem Brother Laserdrucker getestet hatte. Auf dem SLM804 wurden damit aber "nur" Lochmuster produziert. Das hat seinen Ursprung darin, daß der SLM804 Schwierigkeiten hat, 1 Punkt dicke Strukturen zu drucken. Während längere waagerechte oder senkrechte Linien gerade noch akzeptabel gedruckt werden, erscheinen bei 1 Punkt dicken Kurven größere Löcher. Von einer Lektorin des Verlages deGruyter erhielt ich folglich für eine erste Druckprobe mit den alten Fonts das niederschmetternde Urteil, man habe schon Schlimmeres gesehen. Damit war mein Ehrgeiz massiv gereizt, Abhilfe zu schaffen. Bei der Betrachtung von Bild 1 dürfen Sie sich nicht täuschen lassen. Im Fonteditor haben Sie durchgehende Linien. Wichtig ist aber, was die jeweiligen Drucker - hier besonders der SLM804 daraus machen. Mit dem neuen, besseren Toner, den Atari seit Anfang 90 anbietet, verbesserte sich das Schriftbild, das grundsätzliche Problem blieb aber.

1. Therapieversuch

Wenn der SLM804 keine 1 Pixel dicken (1 Pixel = Punkt des Laserdruckers) Strukturen packt, müssen überall die Problemzonen auf 2 Pixel Stärke verdickt werden. Die von Application Systems stammenden Fonts wurden von mir nach Rücksprache übernommen und dieser grundsätzlichen Kur - nebst grundsätzlicher Neubearbeitung - unterzogen. Gerade bei den kleineren Font-Größen (10 Punkt abwärts) trat dabei aber ein großes Problem auf. Die Feinheiten, die z.B. eine Times hat, gehen verloren. Es gibt keine Haarlinien mehr (Bild 2: siehe die waagerechte Linie im kleinen e), die Buchstaben werden zu groben Klößen ...
Zumindest konnte jetzt schon ein halbwegs akzeptables, nicht mehr durchlöchertes Druckbild erzielt werden.

Zwischenüberlegung

300 dpi sind nicht 300 dpi (dpi = Punkte pro Zoll), da die Punkte von Druckerhersteller zu Druckerhersteller verschieden sind. Bei den meisten Lasern verschmelzen die relativ dicken Laserpunkte zu durchgehenden Strukturen. Zur Eigenheit des SLM804 gehört aber der dünne Druck. Das heißt, der SLM804 setzt so feine Pixel, daß in 1 Pixel dicken Linien "mal" Löcher entstehen. Das "mal" umschreibt einen mir unerklärlichen, scheinbaren Zufallsgenerator.

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Bild 2: Times 8 nach dem 1. Therapieversuch Die Waagrechten wurden eingedickt.

Um Löcher handelt es sich eigentlich nicht, sondern um Lücken. Hier erlangt unser Auge/Gehirn größere Bedeutung. Wir sind ständig optischen Täuschungen unterworfen. Damit verbunden ist die Kompensation optischer Eindrücke. Wenn Sie z.B. ein Bild aufhängen, registriert das Auge (Gehirn) relativ genau, ob das Bild gerade oder schief hängt. Dieses Entweder-oder resultiert aus der Kompensation der empfangenen Reize in Richtung gerade oder schief; d.h., in Richtung eindeutiger Resultate.

Diese Andeutungen mögen genügen. Von hier aus war die Lösung eigentlich ganz einfach. Wie mit allen Erfindungen war es aber sehr schwer, diese einfache Lösung zu finden.

2. Therapieversuch: Die Lösung

Wenn der SLM804 1 Pixel dicke Linien nicht ohne Löcher drucken kann und 2 Pixel dicke Strukturen in manchen Bereichen zu fett sind, liegt die Mitte mathematisch bei 1 1/2 Pixeln.
Die Hardware-Lösung versucht auf Ihre Art dem beizukommen. Meine Lösung liegt nun schon 1 Jahr zurück und wurde bereits in die Fonts meiner Font-Disketten Professional Times und Professional Swiss eingebaut. Das Gehirn kompensiert unsere optischen Sinneseindrücke. Wenn ich nun eine 1 Punkt dicke waagerechte Linie um eine weitere Pixel-Schicht verdicke, dabei aber in der zweiten Schicht die Pixel auf Lücke setze (siehe Bild 3: z.B. der waagerechte Mittelstrich im großen E), kompensiert das Gehirn diese Linie zu einer 1 1/2-fachen. Die "Lückenlinie" verschmilzt scheinbar zu einer nur 1/2 so dicken kontinuierlichen Linie.

Beim SLM804 kann man dies noch auf die Spitze treiben. Wenn Sie eine 2 Pixel dicke Linie auf beiden Seiten derart verstärken, kommt eine 3 Pixel dicke statt einer 4 Pixel dicken Linie heraus. Warum dann nicht gleich drei Pixel nebeneinander setzen? Da die gängigen Programme nur in 1/90 Zoll-Schritten die Proportionen einstellen können, behelfe ich mir mit obigem Trick, um z.B. die Buchstabenabstände feiner einzustellen.

Ergebnis

Wenn Sie diesen Trick in der rechten Weise anwenden, werden Sie erstaunt sein, was Ihre pixelorientierten Programme aus Ihrem SLM804 herauszaubern. Für die, die sich nicht selbst die Arbeit machen wollen, stehen als Fertiglösung z.B. meine Font-Disketten Professional Times (ehemals Professional Font-Disk/24-Nadel + Laser) und Professional Swiss (25 Swiss/ Helvetica-Fonts/9-, 24-Nadel + Laser) zur Verfügung, die überall dort einsetzbar sind, wo SIGNUM! Fonts verarbeitet werden können. Bei Tempus Word gehören diese beiden Font-Disketten zum Originallieferumfang.

Schlußbemerkung

Dieser auf einer optischen Täuschung beruhende Trick ist nur bedingt auf andere Laserdrucker zu übertragen. - Entgegen der Aussage von Atari druckt der SLM 605 anders als der SLM804. - Aufgrund des fetteren Drucks der "normalen" Laserdrucker (hierhin gehört der 605) schlägt der Effekt bei falscher Anwendung in das Gegenteil des Gewünschten um.

Falls Sie sich mit Fragen, Wünschen, Infoanforderungen an mich wenden wollen, vergessen Sie bitte nicht das Rückporto von 2,40 DM. Telefonanrufer sollten sich in der Regel an die Zeit von 18-20 Uhr halten.
Veit Brixius Römerstr. 48
W-6501 Budenheim

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Bild 3: Times 8 in der aktuellen Form Mit Einbau des "600 dpi "-Tricks



Aus: ST-Computer 03 / 1991, Seite 52

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