DFÜ und der Rest der Welt - Modem oder Akustikkoppler

Der Ausgangspunkt einer spannenden und informativen Reise in die Welt der Datenfernübertragung ist die 25polige serielle Schnittstelle an der Rückseite des Atari-Computers. Nun fehlt nur noch ein Akustikkoppler oder ein Modem, das an diese Schnittstelle angeschlossen wird, um die Daten für eine Übertragung auf dem Telefonnetz aufzubereiten. Diese Geräte setzen die digitalen Daten des Computers in analoge Signale um und umgekehrt. In dieser Folge unserer DFÜ-Ecke wollen wir Ihnen zeigen, welche Vor- und Nachteile die beiden Systeme haben und worauf Sie beim Einkauf eines Modems oder Akustikkopplers achten müssen.

Bis vor ein paar Jahren lief die Datenfernübertragung fast ausschließlich mit Hilfe der Akustikkoppler, da die Modems fast unerschwinglich waren. Besonders das Monopol der Post bei den Telekommunikationsendgeräten blockierte den Vormarsch der Modems. Ein Blick in die USA oder ins europäische Ausland beweist das. Da die Akustikkoppler nicht direkt an das Telefonnetz angeschlossen werden, fielen die Koppler in der Bundesrepublik nicht unter das Postmonopol. Mit dem 1. Juli 1990 trat dann die Wende ein: Die Post verzichtete auf das einträgliche Endgerätemonopol, nicht nur bei den Telefonapparaten. Seit dieser Zeit kann jeder Computer-Anwender mit einem Modem seinen Computer mit dem Telefonnetz verbinden. Allerdings ist die Auswahl bei den Modems noch eingeschränkt. Die Post verbietet, daß Modems angeschlossen werden, die nicht für das Netz der Telekom zugelassen sind und keine ZZF-Prüfnummer haben.

Trotz des erheblichen Preisverfalls bei den Modems sind die Akustikkoppler in der Anschaffung in der Regel deutlich billiger. Dieser Preisvorteil kann aber im Laufe der Zeit durch die höheren Telefongebühren dahinschmelzen, denn mit Akustikkopplern sind nicht allzu schnelle Übertragungsgeschwindigkeiten möglich.

Übertragungsraten von 300 bis 1200 Baud sind üblich, einige wenige Akustikkoppler schaffen auch 2400 Baud. Bei diesen hohen Geschwindigkeiten ist die Übertragung mit dem Akustikkoppler allerdings recht fehleranfällig. Doch die Arbeit mit einem Akustikkoppler hat auch Vorteile: Man braucht keinen besonderen Anschluß für das Telefonnetz, etwa eine eigene TAE-Telefonbuchse, die bei der Post zusätzliche Gebühren kostet. Akustikkoppler sind auch sehr einfach beim mobilen Einsatz zu gebrauchen. Die meisten Koppler kommen mit der Spannung aus, die der Rechner liefert, oder sind mit Batterien für den Einsatz weit weg von einer Steckdose ausgerüstet.

Bei den Akustikkopplern erfolgt - wie der Name es andeutet - Anbindung an das Telefonnetz akustisch; die Signale werden über die Luft als hörbare Töne übertragen. Dadurch ist diese Übertragungsart auch durch Umgebungsgeräusche beeinflußt, so daß man sich auf eine andere Übertragungsart besann. In manchen Akustikkopplern kann neben der akustischen auch eine induktive Kopplung genutzt werden, es werden also nicht die Töne, sondern die magnetischen Felder, die beim Erzeugen der Töne entstehen, ausgewertet. So werden die Störgeräusche, etwa ein Radio im Hintergrund, ausgeschaltet. Bei Kopplern dieser Art kann die Art der Übertragung (akustisch/induktiv) eingestellt werden, da nicht jedes Telefon mit magnetischen Hörkapseln ausgerüstet ist.

Mit Akustikkopplern ist Datenfernübertragung nicht gerade komfortabel: Bevor man die Verbindung zu einem anderen Rechner herstellen kann, muß zunächst der Hörer des Telefons in die Gummimuffen des Kopplers gepreßt werden. Probleme tauchen auf, wenn beispielsweise der Telefonhörer eines modernen Designer-Telefons nicht einwandfrei in diese Muffen paßt. Weiterer Nachteil: Bei den Kopplern muß man die Nummer der Mailbox am Telefon per Hand wählen.

Das Modem bietet eine wesentlich bessere Übertragungsqualität als der Akustikkoppler. Es wird mit einem Kabel mit der Telefonbuchse verbunden und damit direkt an das Telefonnetz angekoppelt. Beim Modembetrieb braucht man nicht mehr (wie beim Akustikkoppler) selbst zu wählen. Nicht nur vergeßliche DFÜler wissen das zu schätzen. Das Modem ist also vom Computer aus mit Befehlen ansteuerbar, und es kann auch selbst die Leitung bei einem Anruf abheben. Durch die größere Datensicherheit sind höhere Übertragungsraten bis hin zu 14.400 Bit/s sowie zusätzliche Sicherungsmechanismen möglich.

Auf dem Computer-Markt, insbesondere in den USA, haben sich die Geräte des amerikanischen Herstellers Hayes durchgesetzt. Inzwischen richten sich auch andere Hersteller nach dem Befehlssatz der Hayes-Geräte, dem sogenannten Hayes-Standard. Dieser Standard ist in den fundamentalen Befehlen (Wählen, Abheben, Auflegen, Reset...) bei jedem Hayes-kom-patiblen Modem gleich. Durch die verschiedenen Erweiterungen, die jeder Modemhersteller bei seinem Modem eingebaut hat, gibt es aber auch Variationen, die im Einzelfall zu Problemen führen können.

CCITT-Normen

Die verschiedenen Übertragungsarten, die ein Modem oder Akustikkoppler beherrschen sollte, sind durch das CCITT genormt. Das Consultative Committee on International Telegraphy and Telephony (CCITT) ist die Unterorganisation der Vereinten Nation für Femmeldefragen, in der Fernmeldeunternehmen aus aller Welt vertreten sind. Das CCITT stellt also eine Art DIN für alles dar, was mit Datenübertragung und Kommunikation zu tun hat. Dort werden beispielsweise in den V-Normen Übertragungsarten für Modems festgelegt. Die V-Normen, mit denen die Modems ausgezeichnet werden, zeigen, welche Geschwindigkeiten und Betriebsarten von dem Modem beherrscht werden. Die wichtigsten sind:

V.17: 14400/12000 bit/s halbduplex für Gruppe-3
Fax V.21: 300 bit/s duplex
V.22: 1200 bit/s duplex
V.22bis: 2400 bit/s duplex
V.23: 1200/75 bit/s bzw. 75/1200 bit/s halbduplex
V.29: 9600/7200/4800 bit/s halbduplex für Gruppe-3 Fax
V.32: 9600/4800 bit/s duplex
V.32bis: 14400/12000/9600/7200/4800 bit/s duplex

Bei mehreren Geschwindigkeitsangaben, etwa bei der Norm V 17, besteht die Möglichkeit eines Fallbacks: Das Modem kann hier bei einer schlechten Telefonleitung etwa von 14400 bit/s auf 12000 bit/s zurückschalten, um dann weniger empfindlich gegen Störungen zu sein. Diese Fallback-Möglichkeit haben viele Modems. Ein Problem ist allerdings, daß die wenigsten Modems in der Lage sind, nach einer bestimmten Zeit (wenn die Leitung wieder besser ist) auch wieder zurück auf die höhere Geschwindigkeit zu gehen.

Die wichtigsten Kommandos der Hayes-kompatiblen Modems

Hayes-Befehle beginnen, von zwei Ausnahmen abgesehen, immer mit den Zeichen AT (von attention= engl.: Achtung)

ATZ Modem-Reset (Modem antwortet mit OK)

ATD Wahlbefehl

ATDP Wählen mit dem (bei uns üblichen) Impulswahlverfahren

Beispiel: atdp066567874 (wählt die Zerberus-Box FULMIN an).

Muß etwa bei einer Nebenstellenanlage erst eine Null vorweg gewählt werden, kann man den Hayes-Befehl W (Warten auf das Freizeichen) einsetzen: ATDP 0 W 066567874. Man kann auch mit dem Befehl 7 (Pause während der Wahl einlegen) arbeiten: ATDP 0 M 066567874.

ATDT Wählen mit dem (besonders in den USA verbreiteten) Tonfrequenzverfahren

ATDS Eine im Modem gespeicherte Telefonnummer wird angewählt.

ATSO=1 Das Modem antwortet nach einem Klingelzeichen.

Die beiden Nicht-AT-Befehle:

A/ Der zuletzt eingegebene Befehl wird wiederholt.

+++ Bricht Online-Modus ab, das Modem kehrt in den Kommandomodus zurück.

Allerdings darf vor und nach der Eingabe der drei Plus-Zeichen eine Sekunde lang kein Datentransfer stattfinden. Das soll verhindern, daß das Modem abbricht, wenn per Zufall drei Plus-Zeichen in einem zu übertragenden Text auftauchen.

Btx-Nutzer aufgepaßt

DFÜ-Einsteiger, die mit dem Modem auch mit dem Bildschirmtext (Btx) der Post arbeiten wollen und nicht in einer größeren Stadt wohnen, müssen besonders darauf achten, daß ein Modem auch die V.23-Norm (1200/75 bit/s) beherrscht. Dieser Btx-Zugang ist in allen Ortsnetzen unter der Nummer 190 (bzw. 01910 in ländlichen Gebieten) zu erreichen.

In den Ortsnetzen von Augsburg, Bayreuth, Bielefeld, Bonn, Bremen, Detmold, Dortmund, Essen, Freiburg, Gießen, Kaiserslautern, Karlsruhe, Kassel, Kiel, Koblenz, Köln, Krefeld, Mainz, Mannheim, Meschede, München, Norden, Offenburg, Osnabrück, Recklinghausen, Regensburg, Saarbrücken, Salzgitter, Singen und Würzburg bietet die Post unter der Nummer 19300 einen Btx-Zugang mit 1200/1200 bit/s und unter 19304 einen Zugang mit 2400/2400 bit/s an. In Münster/Wesf. und Wiesbaden kann man bislang nur mit 1200 Baud den Btx-Rechner anwählen. In den Großstädten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, München, Nürnberg und Stuttgart gibt es einen turboschnellen ISDN-Zugang mit 9600/9600 bit/s (Telefonnummer 19306).

Btx-Nutzer, die in ihrem Ortsnetz keinen 1200- oder 2400-Baud-Zugang haben, können sich natürlich per Ferngespräch in die Ortsnetze einwählen, die diese schnellen Btx-Zugänge bieten. Auf die Dauer treibt aber dieser Btx Betrieb die Telefonrechnung in ungeahnte Höhen. Ein Modem, das den V.23-Modus beherrscht, ist für diese Benutzergruppe ohne direkten 1200/ 2400-Baud-Zugang zum Btx sicherlich die bessere Lösung. Die Post hat versprochen, bis Ende 1992 einen bundesweit einheitlichen Zugang mit einer Telefonnummer für alle Baud-Raten anzubieten.

High-Speed-Modems

Hochgeschwindigkeitsmodems nutzen meist eigene Standards, die nicht vom CCITT genormt sind, und oft nur von den jeweiligen Herstellern selbst genutzt werden. Die Post bietet beispielsweise ein Modem mit 19200 Baud an, das nur bis zu 2400 bit/s der CCITT-Norm entspricht. Eine Verbindung mit höheren Baud-Raten ist nur zwischen den baugleichen Modems möglich oder mit den Geräten der Original-Herstellerfirma Telebit. Mittlerweile setzen sich aber die CCITT-Normen auch in den höheren Übertragungsgeschwindigkeiten durch. Die ersten V.32bis-Modems sind schon kurz nach der offiziellen Verabschiedung der Norm im Frühjahr dieses Jahres auf den Markt gekommen, und sogar die Post will Mitte des Jahres endlich ein Modem mit V.32 anbieten, hat aber bis jetzt noch kein Modem mit V.32bis zugelassen.

Aber nicht nur die Übertragungsraten im Modembereich sind in den V-Normen festgelegt, sondern auch alles andere, was mit nicht-paketvermittelnder Übertragung zu tun hat:

V.25: Modem mit gesonderter Steckverbindung zum Wählen

V.25bis: Modem mit automatischer Wähleinrichtung über serielle Schnittstelle -man kann mit Kommandos wählen.

V.24: Schnittstelle zwischen Modem und Rechner - sie umfaßt etwa 55 verschiedene Leitungen, die zur sinnvollen Steuerung zwischen zwei Partnern bestehen können.

Es werden nicht nur Sende-, sondern auch Steuer-, Melde- und Taktleitungen definiert, alle verwenden aber einen gemeinsamen Rückleiter.

V.28: elektrische Schnittstelle zur Datenübertragung - Länge maximal 15 Meter - Spannung zwischen -15V und 15V - „0“ bedeutet positive Spannung zwischen 5 und 15V beim Senden und zwischen 3 und 15V beim Empfangen - „1“ bei negativer Spannung -Übertragungsrate bis zu 20.000 bit/s

V.42: Fehlerkorrekturverfahren zwischen zwei Modems, gleichzeitig werden die Daten synchron zwischen den Modems übertragen, können aber asynchron zum Modem kommen.

V.42bis: Datenkompressionsverfahren. Man erreicht einen bis zu vierfach höheren Durchsatz bei entsprechenden ungepackten Daten.

MNP und V-Normen

Die gerade erwähnte Norm V.42 ist kompatibel zum MNP-Protokoll der amerikanischen Firma Microcom. Diese Firma hat mit ihrem Microcom Networking Protocol (MNP) auf dem Markt den Standard für die Fehlersicherung Hayes-kompatibler Modems gesetzt. Durch ständige Weiterentwicklung gibt es inzwischen verschiedene Stufen des Protokolls, die allgemein als MNP-Klassen bezeichnet werden. Die MNP-Klassen sind untereinander kompatibel, das heißt, ein Modem der MNP Klasse 3 kann ohne Probleme mit einem MNP-5-Modem kommunizieren.

Im MNP-Modus werden die Daten bitorientiert und synchron übertragen. Wie das funktioniert, haben wir in der Juni-Ausgabe der ST-Computer erläutert. Zur Fehlerkorrektur werden die Daten dann zu Paketen zusammengefaßt und durch eine 16 Bit große Prüfzahl gesichert. Durch dieses Verfahren werden also nicht nur Übertragungsfehler minimiert, sondern wird auch die Übertragungsgeschwindigkeit erhöht. Bei der Klasse 3 wird eine effektive Datengeschwindigkeit von 108 Prozent gegenüber einer Übertragung ohne MNP erreicht. In der MNP-Klasse 4, bei der entsprechend der Qualität der Telefon leitung die Länge der MNP-Pakete angepaßt werden, verbessert sich die Effektivität auf 120 Prozent. MNP-Modems der Klasse 5 schicken die Daten durch eine komplizierte Kompressionsroutine und senden sie blockweise. Dadurch kann sich die effektive Datengeschwindigkeit auf das Doppelte der eigentlichen Übertragungsgeschwindigkeit erhöhen. Inzwischen wird sogar eine MNP-Klasse 7 angeboten, die den Datendurchsatz verdreifacht.

Die CCITT-Norm V.42 ist - wie gesagt - kompatibel bis zur MNP-Klasse 4. Die V.42-Modems arbeiten untereinander aber nicht mit dem MNP-Standard, sondern mit dem vom amerikanischen Kommunikationskonzern AT&T vorgeschlagenen Protokoll LAP-M (Link Access Protocol/ Procedure for Modems). Bei der Normierung der Datenkompression verzichtete die Genfer UNO-Behörde völlig auf eine Kompatibilität mit dem Industriestandard MNP. Vielmehr wurde bei der Norm V.42bis auf den „Ziv-Lempel“-Algorithmus gesetzt, der den Computeranwendern von verschiedenen Packer-Programmen her bekannt ist. Modems dieser Norm erreichen im Vergleich zu MNP 5 eine etwa doppelt so hohe Datenkompression. Außerdem werden von V.42bis-Modem nicht komprimierbare Daten erkannt. Bei MNP versucht das Modem etwa, bereits softwaremäßig „gepackte“ noch einmal zu komprimieren. Ergebnis: Die Übertragungsgeschwindigkeit wird nicht erhöht, sondern es dauert sogar länger im Vergleich zur einfachen Datenübertragung.

Fazit

Die Entscheidung, welches Modem man anschaffen bzw. ob man nicht doch einen Akustikkoppler kaufen sollte, hängt davon ab, welche Aufgaben man mit dem Gerät erledigen will. Computer-Anwender, die nur sporadisch Daten übers Telefon übertragen wollen und etwa mit einem Laptop unterwegs sind, sollten den Kauf eines Akustikkopplers erwägen. Kleine Pocket-Modems machen aber den Akustikkopplern auch beim mobilen Einsatz Konkurrenz.

Alle anderen DFÜ-Einsteiger sollten sich aber auf dem Modem-Markt umschauen, um sich die faszinierende Welt der Datenfernübertragung zu erschließen. Postzugelassene Hayes-kompatible Modems mit einer Geschwindigkeit von 2400 Baud gibt es heute schon unter 500 Mark zu kaufen. Modems ohne ZZF-Zulassung sind deut lieh billiger, doch sollte jeder Computer-Anwender bedenken, daß diese Geräte nach den Bestimmungen der Post (noch) nicht am Netz der Telekom betrieben werden dürfen, obwohl es ganz einfach ist, die Kabel dieser Geräte mit dem Telefonnetz zu verbinden. Wer ganz tief in die Datenfernübertragung einsteigen möchte, sollte sich auch die komfortableren Geräte mit hohen Übertragungsgeschwindigkeiten, Fehlerkorrektur oder Datenkomprimierung anschauen. Hier gilt allerdings eine alte Weisheit. Luxus hat seinen Preis. Inzwischen gibt es auch für den Atari Programme, mit denen man direkt vom Computer aus ein Fax absetzen kann. Wer sich zu diesem Zweck ein Modem anschaffen möchte, muß darauf achten, daß das Modem auch den notwendigen Chip für das Fax-Senden (bzw. Fax-Empfangen) besitzt.

In der nächsten Folge stellen wir an einem konkreten Beispiel das Angebot einer Mailbox vor und berichten, welche verschiedenen Mailbox-Systeme es im deutschsprachigen Raum gibt.

Christoph Dernbach/Bernhard Krönung



Aus: ST-Computer 07 / 1991, Seite 144

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