Farbspiele: Color Design mit RETOUCHE PROFESSIONAL CD

Je bunter das Dasein des Desktop-Publishers wird, desto komplizierter wird es auch. Durch den Einsatz des - für ATARI-Anwender -ungewohnten Mediums ‘Farbe’ potenzieren sich Fehlerquellen auf vielfältige Art und Weise, da es vom ersten Farb-Layout eines Dokumentes bis hin zur endgültigen, druckreifen Version ein weiter Weg ist.

Die Beurteilung und Kontrolle der Arbeit gestaltet sich - im Vergleich zu einem reinen Schwarzweißdokument - weitaus schwieriger. RETOUCHE PROFESSIONAL CD schickt sich an, dem Benutzer auf seinem kunterbunten Weg so weit wie möglich hilfreich zur Seite zu stehen. Es gibt dem Benutzer neue Werkzeuge zur Umsetzung seiner farbigen Kreationen in die Hand; Colour-Publishing für jedermann ?! Man sollte nicht vergessen, daß Programme wie RETOUCHE PROFESSIONAL CD vom Benutzer die Einarbeitung in ein Fachgebiet verlangen, für das bis heute außer einer langjährigen Berufsausbildung auch eine Menge Erfahrung nötig ist. Es ist eben noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Alles beim Alten?

Nach dem ersten Programmstart glaubt man zunächst, man befände sich im ‘alten’ S/W-Retouche; wären da nicht im Intro-Bild gerade deutlich die Buchstaben ‘CD’ (für ‘Color Design’) zu lesen. Nun, dieser Eindruck ist auch nicht falsch, entspricht doch der Grauton-Modus von RETOUCHE PROFESSIONAL CD fast exakt dem der Scharzweißversion. Übrigens sind die Funktionserweiterungen, die der Grautonteil der CD-Version erfahren hat, inzwischen auch in der neuen Version 1.3 von RETOUCHE PROFESSIONAL enthalten.

Black Box

In einem stabilen, übergroßen schwarzen Schuber befindet sich neben den zwei Programmdisketten das über 300 Seiten starke Handbuch. Besonders edel präsentiert sich das 24seitige Tutorial, welches komplett 4farbig mit Didot Professional gestaltet und auf hochwertigem Papier gedruckt wurde. Gleichzeitig demonstriert es die Leistungsfähigkeit der zwei ‘Zugpferde’ von 3K-Computerbild: RETOUCHE PROFESSIONAL CD und DIDOT PROFESSIONAL. Als sehr hilfreich bei der Arbeit erwiesen sich die 16 Farbtafeln des Tutorials, mit deren Hilfe man sehr schnell und gezielt auf bestimmte Farben zugreifen kann. Als zwar schön anzuschauen, für viele Anwender jedoch relativ nutzlos, erwiesen sich hingegen die Beispielbilder, auf die sich die Übungen direkt beziehen; denn diese sind nicht im Lieferumfang von RETOUCHE PROFESSIONAL enthalten. Weil die Beispielbilder auch komprimiert nicht auf Disketten passen, besteht die Möglichkeit, sich durch 3K-Computerbild diese auf ein Wechselplattenmedium überspielen zu lassen. Einen Hinweis auf diese Möglichkeit bleibt 3K-Computerbild dem Anwender jedoch schuldig.

Die Pull-Down-Menüs von RETOUCHE PROFESSIONAL CD

Das erste Handbuchkapitel widmet sich sehr ausführlich dem konzeptionellen Aufbau von RETOUCHE PROFESSIONAL und umfaßt wichtige Themenbereiche wie z.B. Programmkonzepte und Bedienerführung, Farbenlehre, Farblithografie, Rasterung, Vierfarbseparation und andere. Es folgt eine sehr ausführliche Beschreibung aller Werkzeuge und Funktionen sowie ein Kapitel, welches speziell die Farbfunktionen von RETOUCHE PROFESSIONAL CD erläutert. Auch optisch ist das Handbuch ansprechend aufbereitet und angenehm zu lesen; insgesamt eine gelungene Sache, die eigentlich nur durch das Fehlen eines Stichwortverzeichnisses getrübt wird.

Die Arbeitsoberfläche von RETOUCHE PROFESSIONAL CD

Gegen die Strömung

Während mehr und mehr Programme ihre Funktionen auf Module verteilen und diese mit Icons ‘pflastern’, geht RETOUCHE PROFESSIONAL CD gänzlich andere Wege. Hier existieren grundsätzlich zwei Programmebenen, zwischen denen man nach Bedarf umschaltet: der Grafik- und der Menübildschirm. Zwar bedient sich auch RETOUCHE diverser Icons, jedoch werden die meisten Funktionen über sog. Pop-Up-Menüs aufgerufen.

Die Verwendung von Drop-Down-Menüs, die in der Handhabung recht umständlich sind, wurde in RETOUCHE PROFESSIONAL CD stark reduziert; so wurden nur die Funktionen dorthin ‘verbannt’ , die man am seltensten benötigt. So fehlen dann auch konsequenterweise im DATEI-Menü Funktionen zum Laden bzw. Speichern von Bilddateien. Ein weiteres Menü widmet sich dem Undo-Puffer. Damit dieser beim Umschalten auf ein anderes Bild nicht automatisch gelöscht wird, läßt er sich auf Wunsch ‘ verriegeln ’. Ebenfalls per Drop-Down-Menü läßt sich zwischen verschiedenen Farbsystemen umschalten, und bei einer Arbeitsunterbrechung läßt sich sogar die gesamte Arbeit inklusive aller Bilder, Masken und Vektorpfade als ‘Job’ speichern, um später blitzschnell die ‘alte’ Arbeitsumgebung wieder herstellen zu können.

Wolf im Schafspelz

Beim ersten Betrachten macht der Menübildschirm einen eher ‘harmlosen’ Eindruck; doch darunter ‘kocht’ es ganz gewaltig! Die Oberfläche von RETOUCHE PROFESSIONAL CD ist in verschiedene Funktionsbereiche unterteilt. Da wären zunächst zehn Felder für Bildminiaturen -in denen später die Bilder jeweils stark verkleinert abgebildet werden - sowie ein größeres Übersichtsfenster, welches das aktuelle Bild darstellt. Weiterhin findet man verschiedene Icon-Blöcke zur Auswahl der Werkzeuge, Radierer und Werkzeuggrößen. Je nach Malmodus läßt sich mit den Werkzeugen ‘freihändig’ bzw. im Linien- oder Bezier-Kurven-Modus arbeiten. Beim Arbeiten mit den Werkzeugen steht jederzeit mit der rechten Maustaste der jeweilige Radierer zur Verfügung. Dies ist gerade im Zusammenhang mit dem für den Anwender sehr flexibel steuerbaren Undo-Konzept interessant. Hierbei wird durch Druck auf die Space-Taste der aktuelle Bildschirminhalt in den Undo-Puffer kopiert, so daß man z.B. jederzeit - ist der Radierer auf ‘Restaurieret geschaltet -unbeabsichtigte Bildmanipulationen auch partiell wieder rückgängig machen kann.

Die Menüzweige des ‘Bild’-Pop-Ups

Die Icons lassen sich wie gewohnt mit der linken Maustaste anwählen. Beim Anklicken eines Instrumenten-Icons mit der rechten Maustaste bzw. bei erneutem Betätigen der entsprechenden Funktionstaste öffnet sich eine Dialogbox, in der - je nach Instrument und Bildart - diverse Parameter eingestellt werden können. Je nach Festlegung des Arbeitsbereiches, wobei von der aktuellen Vorder- und Hintergrundfarbe ausgegangen wird, wirken sich die Instrumente nur auf hellere oder dunklere Flächen, auf den Vorder- oder Hintergrund bzw. auf den eingegrenzten Bereich aus. Ferner läßt sich der Andruck, also die Wirkintensität des Werkzeuges, in 10 Stufen einstellen. Je nach Instrument kann man den Maleffekt z.B. auf konstant und aus- oder einlaufend einstellen. Bei Farbbildern lassen sich Farbauszüge beliebig gegen Manipulationen durch Instrumente sperren.

Je nach Bildart - RETOUCHE PROFESSIONAL CD unterscheidet Grauton-, Farb- und Palettenbilder - erscheinen am unteren Bildrand ein Graukeil bzw. zwei unterschiedliche Funktionsbalken mit Icons für Funktionen zur Farbbildverarbeitung. Allen gemein sind rechts außen zwei Icons zur Einstellung des Bildschirmrasters und zum Errechnen bestimmter Grau- bzw. Farbwerte.

Durch gleichzeitiges Drücken beider Maustasten bzw. durch Betätigen der Escape-Taste schaltet man zwischen dem Menübildschirm und dem Bild um. Ein wirklich professionelles Arbeiten ist mit RETOUCHE PROFESSIONAL CD eigentlich erst durch den Einsatz eines Zwei-Bildschirm-Sy stems mit Grafikkarte möglich, wobei sich der Menübildschirm mit den Bedienungselementen ständig auf einem Monochrom- und das eigentliche Bild ständig auf einem Farbbildschirm befinden. Bei dieser Arbeitsweise entfallen die Wartezeiten durch Bildaufbau und Refresh völlig, und das Arbeiten geht deutlich schneller von der Hand. Auch wird so die spezielle Hardware der Grafikkarte optimal ausgenutzt, wie z.B. blitzschnelles Hardware-Zooming und -Scrolling.

Poppig

Um die enorme Funktionsdichte von RETOUCHE PROFESSIONAL CD so platzsparend und effektiv wie möglich auf dem Desktop unterzubringen, bedient sich das Programm sogenannter Pop-Up-Menüs. Diese Menüs erscheinen immer dort, wo man hinklickt; es klappt also an der Stelle auf, wo man es aufruft und stellt dort seine Funktionen zur Verfügung. Bei einigen Pop-Ups besteht die Möglichkeit, sie mit linker und rechter Maustaste aufzurufen und so Zugriff auf unterschiedliche Funktionen zu haben.

Die Menüzweige des ‘Block'-Pop-Ups

Fünf Pop-Up-Menüs stellen Funktionen zu den Bereichen Block, Maske, Vektorpfad, Verlauf und Effekt bereit. Der aktuelle ‘Betriebszustand’ eines Pop-Ups ist direkt darunter in einer Textzeile abzulesen. Ein Linksklick mit der Maus öffnet zunächst ein Pop-Up-Menü, von dem aus - bei entsprechend markierten Einträgen -in ein Untermenü weiterverzweigt werden kann, das dann neben dem jeweiligen Eintrag ‘aufklappt’. Dieses Weiterverzweigen durch bis zu drei Ebenen erscheint dem ‘Icon-gewohnten’ Benutzer auf den ersten Blick gewiß etwas irritierend, jedoch entpuppte sich im Verlauf des Tests dieses Konzept als eine sinnvolle Alternative zu einer Programmsteuerung über Icons. Beide Arten von Benutzeroberflächen verlangen vom Anwender eine gewisse Einarbeitungszeit. Die Vorteile des Pop-Up-Prinzips liegen auf der Hand: Die Funktionen bleiben so lange ‘unsichtbar’ im Hintergrund, bis man sie wirklich braucht und sind bei Bedarf sehr schnell erreichbar. Hierdurch gestaltet sich dann auch der Menübildschirm recht übersichtlich; von den diversen Pop-Up-Menüs sind nur die ‘Statuszeilen’ zu sehen, und auch die umfangreichen Dialogboxen zur Parametrisierung der Werkzeuge bleiben verborgen. Die Einarbeitung in RETOUCHE PROFESSIONAL fällt durch dieses Konzept relativ leicht, da man den Arbeitsbildschirm recht schnell durchblickt hat, und alle anderen Menüs und Dialogboxen erst dann eingeprägt werden müssen, wenn man sich mit dieser Funktion beschäftigen möchte bzw. muß.

Die Bedienung der Pop-Up-Menüs ist ausgesprochen komfortabel gelöst. Viele der Pop-Up-Einträge lassen sich alternativ mit der Tastatur aktivieren, so daß man sich nicht ständig durch die Menüs ‘hangeln’ muß. Das Bewegen durch die Pop-Up-Menüs hindurch wird dem Benutzer insoweit stark erleichtert, als daß sich die Menüs den zuletzt gewählten Menüpunkt merken. Dieser liegt bei erneutem Aufrufen direkt unter dem Mauspfeil, wodurch Änderungen leichter von der Hand gehen. Hinzu kommt die Möglichkeit, mit wiederholtem Mausklick blitzschnell durch die Pop-Up-Äste zu flitzen.

Zwischen zwei Vektorpfaden lassen sich beliebige Farbverläufe erzeugen.

Open Access

Die Bilddatenein- und -ausgaberegeln bei RETOUCHE PROFESSIONAL CD generell Accessories. Da zum Lieferumfang von RETOUCHE kein Scanner- Accessory gehört, ist man auf externe Scan-Software angewiesen. Als Ideallösung bietet sich hier natürlich ein passendes Scan-Accessory von 3K-Computerbild an, welches die Bilddaten nach dem Scannen direkt an RETOUCHE übergibt. Die Zusatzkosten für ein Scan-Accessory belaufen sich je nach Scanner auf ca. 198,- DM. Übrigens ist auch ein Accessory für den Opto-Tech-Scanner verfügbar, das im Lieferumfang dieses Gerätes enthalten ist.

Die Bildrasterung und -ausgabe übernimmt - nach allen Regeln der Kunst - das mitgelieferte universelle ‘Out Pro CD’-Accessory. Dieses stellt fünf unterschiedliche Ausgabemöglichkeiten zur Verfügung: die direkte Ausgabe auf diverse monochrome und farbige Seitendrucker, den Export als gerasterte Monochromdatei, die Ausgabe als PostScript-Datei sowie die Vorbereitung und Vierfarbseparation der Bilder für die Ausgabe auf Satzbelichter. Beim Rastern greift RETOUCHE PROFESSIONAL CD auf Rasterbibliotheken mit ‘handoptimierten’ Rastern zu. Diese bieten eine große Auswahl an Rastern in verschiedenen Winkeln und Weiten für jede Bildart bzw. für jedes Ausgabegerät. Da ‘Out Pro CD’ das Bild erst rastert, bevor es gedruckt bzw. gespeichert wird, hat man die Möglichkeit, sich das gerasterte Bild auf dem Bildschirm vor der Ausgabe anzuschauen und so die Rasterqualität zu kontrollieren.

In der Regel wird man die Separation zwar erst bei der Ausgabe mit dem Out-Pro-Accessory durchführen. Es ist aber genauso gut möglich, sie innerhalb des Programmes vorzunehmen. Man erhält dann vier Halbtonbilder (CMY u. Schwarz), die mit allen in RETOUCHE PROFESSIONAL CD zur Verfügung stehenden Mitteln nachbearbeitet werden können. Damit stehen (z.B. mit Hilfe der Blockfunktionen und der Gradation) sämtliche klassischen lithografischen Methoden (Maskierungen aller Art) dem geschulten Anwender zur Verfügung. Die drei Farbauszüge lassen sich auch wieder als ‘Echtfarbbild’ zusammenschalten; es ist jedoch nicht möglich, den Schwarzauszug gemeinsam mit den Farbauszügen darzustellen (wohl aber in Form der Endrasterkontrolle mit dem OutPro-Accessory).

Es besteht auch die Möglichkeit, Bilddaten direkt auf Diabelichter auszugeben. Für die Polaroid-Belichter CI 3000 (2000 Linien) und CI 5000 (4000 Linien) sind bereits Accessories verfügbar. Kurz vor der Fertigstellung sind übrigens weitere Accessories; so z.B. ein Filter-Accessory für ausgefeilte Bildeffekte und ein Font-Accessory. Letzteres ist in der Lage, Fonts im Didot-Professional-Format (*.DFN) zu lesen und Textzeilen direkt an RETOUCHE PROFESSIONAL zu übergeben. Ebenso wird natürlich an weiteren Drucker- und Scanner-Anpassungen gefeilt, und auch die Rasterbibliotheken werden erweitert und optimiert.

Diese Dialogbox erscheint beim Laden oder Neuanlegen von Bildern.

Miniaturen

Zum Laden, Speichern und Neuanlegen von Bildern genügt ein Linksklick auf eine der Bildminiaturen. Es kommt ein Pop-Up-Menü zum Vorschein, das neben den Standardfunktionen zum Laden und Speichern von Bildern auch Möglichkeiten zum Beschneiden, Ersetzen, Konvertieren und Farbseparieren des angewählten Bildes bietet.

Beim Anlegen eines neuen Bildes hat man zunächst die Qual der Wahl: Nach der Festlegung von Größe und Bildart sind Entscheidungen darüber zu treffen, ob das Bild bzw. die Farbauszüge und der Undo-Puffer im Arbeitsspeicher des Rechners oder als virtuelle Datei auf Festplatte angelegt werden sollen. Hierbei läßt sich auch manuell die Größe der virtuellen Datei angeben, um einen möglichst großen Teil des Bildes im Speicher halten zu können und somit den Bildaufbau erheblich zu beschleunigen.

Überhaupt ist das Konzept mit den Bildminiaturen eine vernünftige Idee, da man hierdurch eine ständige optische Kontrolle über die Bilder und deren Typ (Graubild, Farbbild, Palettenbild) hat. Außerdem ist hierdurch der schnelle und direkte Zugriff auf die einzelnen Farbauszüge möglich. Ist die Anzahl von zehn Bildminiaturen für die Bearbeitung von Graustufenbildern noch mehr als ausreichend, wird es bei Farbbildern jedoch manchmal etwas knapp, da RETOUCHE PROFESSIONAL CD von jedem Farbbild die einzelnen Farbauszüge verwaltet und somit für jedes Farbbild drei der zehn Fenster belegt werden (auch ein ausgeschnittener Farbblock belegt drei Fenster!). Hier wäre eine Erweiterung in der Art sinnvoll, daß man z.B. über Pfeilsymbole den Bildminiaturenbereich weiterblättern kann und so Zugriff auf weitere ‘Bild-Slots’ hat.

Beliebige Verläufe

Das Verlaufsmenü bietet die Auswahl aus zehn fest vorgegebenen Verlaufsarten, wovon zwei - der Monoton- und der Zufallsverlauf - eigentlich keine richtigen Verläufe sind. Man hat die Auswahl aus verschiedenen horizontalen, vertikalen, diagonalen sowie Kreisverläufen. Die Verläufe lassen sich durch Block und Maske in ihrer Wirkung begrenzen; die Angabe der Werte für Vorder- und Hintergrundfarbe legt das Farbspektrum des Verlaufes fest. Wem diese Möglichkeiten noch nicht ausreichen, dem bietet das Menü für die sogenannten ‘Vektorverläufe’ die Möglichkeit, beliebig geformte Verläufe zu generieren. Hier hat der Anwender die Möglichkeit, Verläufe zwischen zwei beliebig geformten Vektorpfaden, die aus Geraden und Bezier-Kurven bestehen können, zu generieren. Zusätzlich lassen sich noch die Verlaufsformen (konstant, auslaufend, alternierend) und -farben der beiden Pfadteile und der Pfadverbindung festlegen.

Für besondere Hintergrundeffekte bietet RETOUCHE PROFESSIONAL CD das ‘Vektor-Gitter’ an. Nach Angabe der Maschenweite generiert das Programm ein beliebig großes Gitter aus Vektor-Stützpunkten. Auf diese läßt sich dann ein vorher definierter Bildblock ‘stempeln’ und so ein Kachel- oder Tapeteneffekt erzeugen. Interessante Ergebnisse erzielt man auch, wenn man als Bildblock einen Verlauf benutzt; hier ist Experimentieren angesagt.

Das Gradationsformular von RETOUCHE PROFESSIONAL CD

Auf Vektors Pfaden...

RETOUCHE PROFESSIONAL CD bie-tet die Möglichkeit, nahezu beliebig komplexe Vektorpfade aus Linienstücken und Bezier-Kurven anzulegen oder - über ein eigenes Dateiformat - einzulesen und weiter zu verarbeiten. Hier versteht sich RETOUCHE jedoch nicht als Programm, welches Vektorobjekte im herkömmlichen Sinne erzeugt (also mit variabler Linienstärke, Füllraster etc.). Vielmehr erfüllen die Vektorpfade ihren Zweck als Arbeitspfade, auf denen Werkzeuge, Radierer und Maskierstifte beliebig oft entlang fahren können. Auf diese Art und Weise lassen sich z.B. wunderbar die Umrisse eines zwischen zwei Vektorpfaden erzeugten Farbverlaufes mit denselben Pfaden anschließend glätten. Auf diese Art und Weise wurde z.B. auch die Farbpfütze im ‘Color-Design'-Beispielbild erzeugt.

Optimaler Lieferant für Vektorpfade ist natürlich 3Ks Publisher DIDOT PROFESSIONAL. Grafiken und Texte lassen sich von hier aus entweder im monochromen IMG-Format erzeugen, welches RETOUCHE PROFESSIONAL CD für Maskierschablonen verwendet, oder als Vektorpfade im RVP-Format abspeichern und in RETOUCHE einiesen. Obwohl die Beschriftung von Grafiken aus Qualitätsgründen normalerweise im Publisher vorgenommen werden sollte, bieten sich jedoch gerade für Schrifteffekte - wie z.B. in den zwei Beispielbildern - vielfältige Möglichkeiten.

Wenn jedoch 3K-Computerbild ihre Programme RETOUCHE PROFESSIONAL CD und DIDOT PROFESSIONAL schon als ideales Gespann in Sachen Zusammenarbeit und Kompatibilität anbietet, sollte wirklich sehr bald eine direkte Schnittstelle zwischen beiden Programmen geschaffen werden. Hierdurch könnten diese dann z.B. auf dieselben Pfad-Libraries zugreifen. Das gleiche gilt auch - und hier besonders - für die Netzflächen-Library von DIDOT PROFESSIONAL, da in RETOUCHE PROFESSIONAL leider noch immer nicht die Möglichkeit besteht, mühevoll erstellte Bezier-Netzflächen (die der Blockmanipulation dienen) für spätere Verwendung abzuspeichern. Ferner wäre es sehr sinnvoll, neben dem IMG-Format auch das monochrome TIM-Format von DIDOT PROFESSIONAL als Maske in RETOUCHE PROFESSIONAL einlesen zu können.

Die Farbkorrektur dient der Anpassung der Bildschirmdarstellung an das Druckergebnis.

Farbraum

Auch die Funktion der Farbauswahl ist -wie so manches andere Konzept bei RETOUCHE PROFESSIONAL CD - ebenso ungewöhnlich wie effektiv. Nach Anklicken des Icons für den 4 Farbraum’ erscheint in der linken oberen Ecke des Farbbildschirms ein farbiges Quadrat, welches einen kleinen Ausschnitt aus einem dreidimensionalen Farbraum darstellt. Mit kombinierter Tatstatur- und Maussteuerung kann man nun durch diesen Farbraum hindurch’sausen’ bzw. hinein- und soweit herauszoomen, bis das Quadrat als 256-Farbtafel erscheint. Diese Farbtafeln, die übrigens exakt mit denen im Tutorial übereinstimmen, lassen sich durch Änderung des Gelbanteils mit der Maus ‘durch’-schalten, so daß man sehr schnell die gesuchte Farbe findet. Möchte man einen schnellen Blick auf die aktuelle Vorder-und Hintergrundfarbe werfen, ist dieses leider nur umständlich möglich: erst ein Blick mit linkem bzw. rechtem Mausklick in den Farbraum zeigt die jeweils aktuelle Farbe. Die Werte im unteren Funktionsbalken sind hierbei keine große Hilfe und dienen in erster Linie der Feinjustierung der Farbeinstellungen. Übrigens werden bei Einsatz einer 8-Bit-Grafikkarte - ähnlich wie beim Druckvorgang durch das Mischen von Farben - durch ein spezielles Dithering 16 Millionen Farbnuancen auf dem Farbbildschirm dargestellt!

RETOUCHE PROFESSIONAL CD bietet die Möglichkeit, häufig benutzte Farben unter Angabe eines Namens in einer Tabelle abzulegen, um sie von dort aus schnell abrufen zu können. Diese Tabellen mit ‘benannten Farben’ lassen sich natürlich laden und speichern, so daß man sich leicht verschiedene Tabellen mit speziellen Kundenfarben oder Farbsystemen (HKS, Pantone etc.) zusammenstellen kann.

Die Funktion ‘Farbbereiche ersetzen’ dient in erster Linie zum Ersetzen von Farbverläufen. Hiermit läßt sich z.B. sehr schnell ein Rot-Grün-Verlauf in einen Blau-Gelb-Verlauf umwandeln. Unter Angabe eines Toleranzbereiches läßt sich diese Funktion zwar auch zum Umfärben von Gegenständen einset-zen; hierzu ist jedoch die Funktion ‘Farbauszüge tauschen’ weitaus besser geeignet. Hierbei definiert man zuerst die neue Grundfarbe durch Tauschen der Farbauszüge und nimmt anschließend den ‘Feinabgleich’ mit den einzelnen Gradationskurven vor. Auch Farbeffekte lassen sich mit dieser Funktion schnell erzielen.

Die Dialogbox zur Einstellung der Stempelparameter

Paletten- und Duplexbilder

Palettenbilder nehmen in RETOUCHE PROFESSIONAL CD eine Mittelstellung zwischen Halbtonbildern mit 256 Intensitätsstufen und Echtfarbbildern ein. Für den Grafiker sind 256 Farben aus einer Palette von 16 Millionen für freie Gestaltungen, Illustrationen oder Präsentationsdias im Normalfall ausreichend, Palettenbilder brauchen nur soviel Speicherplatz wie ein 8-Bit-Halbtonbild, und auch die Bearbeitung geht wesentlich schneller als bei Echtfarbbildern; sie entspricht der Bearbeitungszeit von Halbtonbildern. 3K-Computerbild dachte dabei vor allem an die geplagten ST-Besitzer, weil die Rechenleistung eines ST mit 8 MHz für die Farbbildverarbeitung eigentlich nicht ausreichend ist.

RETOUCHE PROFESSIONAL CD beherrscht auch die Erzeugung von im Druck kostengünstigen ‘Duplexbildem’. Denn auch dort, wo Vierfarbdruck aus Kostengründen nicht möglich ist, steht oft eine Schmuckfarbe zusätzlich zur Druckfarbe Schwarz zur Verfügung. Man kann diese Schmuckfarbe dazu benutzen, farbige Bilder auch im Zweifarbendruck (Du plex) und im Dreifarbendruck (Triplex) einzusetzen. RETOUCHE PROFESSIONAL CD bietet die Möglichkeit, solche Duplex- oder gar Triplexbilder mit zwei bzw. drei beliebig einstellbaren Farben zu erzeugen und auf dem Bildschirm zu bearbeiten. Duplexbilder werden nicht nur aus Kostengründen häufig verwendet, sondern bieten auch ästhetisch reizvolle Möglichkeiten in der Gestaltung.

Beispiel für Vektorverläufe und verschiedene Blockeffekte

Farbkorrektur

Das Umsetzen von gescannten Farbfotos oder Farbdias in einen hochwertigen Farbdruck verlangt viel Wissen, Erfahrung und handwerkliche Fähigkeiten. Bei 3K-Computerbild hat man sich lange mit der Frage beschäftigt, wie man es ermöglichen kann, daß auch der ‘normale’ DTP-Anwender möglichst professionelle Ergebnisse erzielen kann, ohne tief in die Farbtheorie einsteigen zu müssen. RETOUCHE PROFESSIONAL CD bietet dazu einige bisher einzigartige Hilfsmittel. Dabei bedient man sich eines Rückkopplungs- oder Feedback-Prinzips, wie es auch in technischen Regelkreisen und im wesentlichen auch in der Natur (z.B. auch in den menschlichen Sinnesorganen) zu finden ist. Mit Hilfe der ‘Bildschirmkorrektur’ und der 'Bildschirmgradation’ läßt sich die Farbdarstellung auf dem Monitor an jedes Ausgabemedium anpassen.

Will man z.B. Farbbilder für den Druck aufbereiten, scannt man zunächst die Grundfarben (Cyan, Magenta, Yellow) und gegebenenfalls die weiße Papierfläche dazu ein und mißt sie in RETOUCHE PROFESSIONAL CD aus. Diese Werte sind nun Grundlage für die Bildschirmkorrektur, d.h. für die Darstellung der realen Druckfarben auf dem Bildschirm und für die Farbkorrektur. Diese automatische Farbkorrektur rechnet das Bild so um, daß es mit den verfügbaren Druckfarben optimal wiedergegeben werden kann. Das Ergebnis dieser Farbkorrektur läßt sich durch Zuschalten der Bildschirmkorrektur überprüfen. Im Idealfall erscheint das Bild auf dem Monitor dann genau so, wie es später im Druck erscheinen wird. Nun kann man von Hand - falls nötig - noch weitere Farbkorrekturen vornehmen, wobei man das Ergebnis seiner Korrekturen z.B. durch die einzelnen Gradationskurven stets auf dem Bildschirm in den Farben des Ausgabesystems mitverfolgen kann. So stellen Bildschirm- und Farbkorrektur für den nicht so versierten Anwender eine große Hilfe dar. Doch sollte man von dem Programm alleine keine Wunder erwarten. Es ist noch immer ein gewisses Maß an Erfahrung und Know-How nötig, um hochwertige Farbdrucke produzieren zu können.

Das ursprüngliche Bild vor der ‘Operation’

Masken und Blöcke

Für die manuelle Maskenerstellung stellt RETOUCHE PROFESSIONAL Grundfunktionen wie Freihand, Linie und Bezier-Kurve zur Verfügung. Durch Linksklick in eine geschlossene Maskenfläche bei gedrückter Control-Taste wird dieser Bereich mit Maske gefüllt; ebenso läßt sich ein zusammenhängender Maskenbereich mit Control und Rechtsklick löschen bzw. mit rechtem Mausklick partiell entfernen. Natürlich hat man jederzeit die Möglichkeit, beliebige Vektorpfade anzulegen bzw. einzuladen und diese als automatische Zeichenpfade für den Maskierstift zu verwenden. Für unregelmäßige Flächen bieten sich jedoch noch weitere Methoden zur schnellen automatischen Maskierung an. So können z.B. Flächen ähnlichen Ton wertes unter Angabe eines Toleranzbereiches mit Maske gefüllt werden, oder man läßt Bildbereiche - unter Berücksichtigung der Helligkeit von Vorder- und Hintergrundfarbe - automatisch mit Maske füllen. Beim Einsatz einer Grafikkarte erscheint die Maske rot transparent, so daß Bildteile, die unter der Maske liegen, immer noch gut erkennbar sind.

Blöcke sind neben der Maske - oder auch in Verbindung mit dieser - die zweite Möglichkeit in RETOUCHE PROFESSIONAL CD, Manipulationen auf bestimmte Bildbereiche zu begrenzen. Blök-ke müssen generell als separates Bild vorliegen. Bevor es also an die Manipulation von Blöcken geht, müssen diese aus dem Quellbild ausgeschnitten (hierbei bleibt das Quellbild unbeschadet) und als Block tituliert werden. Dieses ist zwar ein wenig umständlich, doch lassen die Möglichkeiten, die sich im Anschluß daran bieten, kaum noch Wünsche offen: Blöcke lassen sich nicht nur beliebig rotieren oder skalieren; ebenso sind freies Verzerren oder Projizieren möglich, letzteres sogar auf dreidimensionale Bezier-Netze. Diese Bezier-Netze haben die Form eines Gitters, auf dem Greifpunkte vorhanden sind, an denen man das Netz 4 anpacken’ und dreidimensional verformen kann. Ein Rechtsklick mit der Maus startet dann die Berechnung, die - je nach Blockart und -große - eine Zeit lang dauern kann. Nur gut, daß man sich - übrigens bei fast allen Funktionen - durch Betätigen der Space-Taste über den aktuellen Stand der Berechnung informieren und auf Wunsch die Funktion abbrechen kann. Beim ‘Color-Design’-Beispielbild kam neben einer 'normalen’ Projektion - das Profil auf dem kleinen Bildschirm - auch eine Bezier-Netz-Projektion zum Einsatz: der Farbdruck aus dem ATARI-Drucker; leider noch eine Utopie ...

Eine typische Einstellbox zur Effekt-Parametrisierung; hier der Aufweich-Effekt.

Gradation

Im Gradationsformular läßt sich neben der Regelung von Helligkeit und Kontrast auch die Anzahl der Graustufen verringern, was aus gestalterischen Gründen sehr reizvoll sein kann. Die Gradationskurve läßt sich beliebig verformen, indem man sie freihändig ändert oder wie eine Bezier-Kurve verformt. Bei Echtfarbbildern stehen drei Gradationskurven pro Bild zur Verfügung, die sich auf die Farbauszüge für Cyan, Magenta und Gelb beziehen. Auf Wunsch läßt sich aber auch eine gemeinsame Farbgradationskurve editieren.

Bilder lassen sich auf ein dreidimensional verformbares Bezier-Netz projizieren.

Bei Einsatz einer Grafikkarte und eines zweiten Bildschirms sind sämtliche Einstellungen im Gradationsmenü - wie z.B. Ändern von Helligkeit und Kontrast oder Manipulieren der einzelnen Gradationskurven - in Echtzeit auf dem Farbbildschirm zu verfolgen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, für das Bild ein Histogramm errechnen und anzeigen zu lassen, welches über die relative Häufigkeit der Graustufen im Bild in grafischer Form Auskunft gibt. Das Histogramm dient jedoch ebenso der Ermittlung informationsabhängiger Gradationskurven nach verschiedenen Methoden (Gewichtung, Zentrierung, Vergleich). So wird z.B. bei der 'Gewichtung’ die Gradation dem Informationsgehalt des Bildes angepaßt, wodurch in Bereichen mit hohem Informationsgehalt der Kontrast erhöht und in Bereichen mit niedrigem Informationsgehalt der Kontrast abgesenkt wird. Mit dieser Methode lassen sich z.B. schwer erkennbare Details in Fotos sehr wirkungsvoll herausstellen.

Bildbelichtung mit dem Out-Pro-Accessory

Für wen?

Für wen eignet sich das Programm nun? RETOUCHE PROFESSIONAL CD ist universell einsetzbar - sowohl für die Druckvorstufe, für das Herstellen von farbigen Präsentationsdias oder von Farbdias als Druckvorlage. Ein weiterer Anwendungsbereich liegt natürlich in der kreativen Farbgestaltung und dem Erstellen von Farb-Layouts.

RETOUCHE PROFESSIONAL CD erwies sich im Verlauf des Tests als hochprofessionelles Werkzeug mit geringfügigen Mängeln (aktuelle Farben anzeigen, Beziergitter speichern), dessen allgemeine Performance mich durchweg begeisterte. Nicht nur die hohe Betriebssicherheit ist bemerkenswert (während des gesamten Tests stürzte das Programm kein einziges Mal ab!); auch die ungewöhnliche, aber sehr effektive Bedienerführung und die innovativen Konzepte wie z.B. die vektorgesteuerten (Färb-) Verläufe oder die Steuerung über Pop-Up-Menüs überzeugen und machen das Arbeiten mit RETOUCHE PROFESSIONAL CD zur reinen Freude. Mit einem Preis von DM 2.400,- inkl. der Grafiktreiber ist das Programm zwar nicht für jedermann erschwinglich; für den Bildverarbeitungs-PROFI jedoch, für den es in erster Linie gedacht ist, gibt es momentan kaum eine Alternative.

Matthias Ficht

Bezugsquelle:

3K-Computerbild~Systemhäuser

Hersteller:

3K-Computerbild GmbH Im Sassenfeld 71 4054 Nettetal



Aus: ST-Computer 01 / 1992, Seite 47

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