RaySTart 2.0

Vor einem halben Jahr präsentierten wir die erste Version von RaySTart, die erstaunlich gute Ergebnisse zu einem günstigen Preis lieferte (1). Programmänderungen und neue Funktionen sollen in diesem Bericht kurz belichtet Herden.

Nach dem Erscheinen des letzten Berichtes hat sich der Autor hingesetzt und ein paar Kritikpunkte beseitigt. Nach dem Programmstart findet der Anwender nun im Dateimenü die Einträge Sichern und Laden. Die Dialoge wurden etwas überarbeitet und erscheinen dem Neueinsteiger etwas logischer; die Handhabung ist intuitiver. Als zweites fallen die geänderten Tastaturkombinationen auf die nun nicht mehr durch einen großgeschriebenen Buchstaben erkennbar sind, sondern überall durch einen Unterstrich gekennzeichnet sind. Wer jetzt aber erwartet, daß sich die Dialoge auch auf Wunsch im 3D-Look präsentieren, hat sich getäuscht; vielleicht kommt dies mit dem nächsten Update. Eine erfreuliche Änderung indes ist das Zusammenlegen der Kamera und Arbeitsmenüleisten. Dadurch ist nun ein flotteres Arbeiten möglich.

Geänderte Neuerungen

In der Version 2 liegt die frei wählbare maximale Auflösung bei 4000 * 4000 Bildpunkten. Des weiteren werden alle True-Color-Karten über das VDI unterstützt. In diesem Zusammenhang sollte die folgende Neuerung nicht unbeachtet bleiben; wird ein Bild unter 256-Farben-Auflösung berechnet und später abgebrochen, kann eine Fortsetzung der Berechnung unter einer anderen Auflösung mit anderer Farbanzahl (TrueColor, HiColor, Monochrom) erfolgen. Aber wer eine Farbgrafikkarte besitzt, wird diese wohl auch in einer Farbauflösung benutzen, denn dann kommt er auch in den Genuß der geänderten Farbfunktionen. Eine längst überfällige Erweiterung war das farbige Licht. Ein weiterer Kritikpunkt aus der alten Version wurde beseitigt. Die umständliche Materialhandhabung anhand der Farbsätze ist grundlegend geändert worden (Bild 3). Den Objekten wird die Farbe nun über Farbregler zugewiesen. Hierbei kann zwischen drei verschiedenen Farbmodellen gewechselt werden: das altbekannte RGB, dann noch HLS (Hue-Farbton, Lightness-Helligkeit, Saturation-Farbsättigung) oder man entscheidet sich für CMY. Die einmal definierten Materialeinstellungen können in einer Datei gesichert werden. Dadurch kann sich mit der Zeit eine Bibliothek entwickeln, in der jede Datei eine Materialeinstellung hat. Schöner wäre noch eine Bibliotheksliste, in der die Materialien per Mausklick ausgewählt werden könnten. Dadurch würde ein Ansammlung von vielen einzelnen kleinen Dateien auf der Festplatte entfallen. Des weiteren könnte in solch einer Liste eine genauere Definition des Materials stehen, als dies in den acht Buchstaben eines Dateinamens möglich ist. Denn neben den Farben werden auch die Textureinstellungen in der MAT-Datei gesichert.

Bild 1: Ein Globus, berechnet von RaySTart

Kreuz und Quer

Neben den Farbeinstellungen sind auch die Effekte (Texturen) erweitert worden. So findet man im 'Texturen I‘-Dialog Einstellungen zu prozeduralen Texturen (2). Im Dialog kann zwischen Block-, Streifen-, Ring- oder Kugeltextur gewählt werden. Eine Erklärung der Unterschiede und der Beeinflussung durch die verschiedenen Parameter findet ausreichend gut im Handbuch statt. Der 'Texturen 2‘-Dialog beherbergt Wellenfunktionen und Bump-Mapping. Mit der Wellenfunktion kann sich nun jeder seinen eigenen Traumstrand auf den Bildschirm zaubern inkl. dem türkisfarbenden Meer. Das prozedurale Bump-Mapping ist schon eine sehr seltene Funktion, die sich nur in wenigen Programmen findet. Ein Beispiel findet sich in Bild 2. Aber auch kachelbare Bitmaps können auf Objekte gelegt werden, wobei das Format ein (X)IMG oder ein TIC (farbiger TIFF Block) sein muß. Sehr gut ist dem Programmierer gelungen, die verschiedenen Textur-Funktionen zu mischen. Dadurch lassen sich alle Effekte gleichzeitig für ein Objekt benutzen. Dabei sind die Bitmaps und die prozeduralen Texturen ineinander überblendbar und die Texturachsen dabei frei dehnbar. Die umfangreiche Erweiterung der Objektgestaltung ist an den Hintergrundmodellen nicht spurlos vorbeigegangen. Im Vorgänger noch vermißt, bietet RaySTart 2.0 jetzt einen Himmel mit oder ohne Wolken an. Auch eine Ebene ist selektierbar. Durch Farbverläufe und deren Gewichtung sind schon etliche Variationen möglich. Selbst eine Spiegelung des Himmels ist möglich.

Update oder Upgrade?

Dies ist eine häufig gestellte Frage, deren Berechtigung aber durchaus besteht. Ist bei einem Update lediglich ein geringer Kostenaufwand vom Anwender an den Vertrieb zu entrichten, da im wesentlichen nur Fehlerbereinigung betrieben wurde, so rechtfertigt ein Upgrade meist eine größere Preiserhöhung, weil hier der Funktionsumfang wesentlich erweitert wurde. Sage und schreibe 71% teurer ist RaySTart seit der letzten Version geworden. Mit 299,- DM ist für manch einen der Traum schon wieder zu Ende, da dieser Preis ein gewisse Hemmschwelle (kaufen und mal ausprobieren) überschritten hat. Nichtsdestotrotz ist das Programm sein Geld wert. Denn neben den neuen Funktionen ist eine weitere Neuerung hinzugekommen: RaySTart berechnet seine Bilder jetzt im Hintergrund, so daß unter einem Multitasking-Betriebssystem der Rechner nicht unnötig blockiert wird. Zudem ist RaySTart in der Berechnung von polygonalen Objekten um bis zu 200% schneller geworden. Durch die vielen Änderungen ist RaySTart allerdings auch hungriger in bezug auf RAM geworden. 2 MB werden mindestens benötigt, um in die Raytracing-Welt mit RaySTart einzusteigen. Allerdings ist weiterhin eine Arbeitsauflösung von 320 * 200 Punkten (ST-niedrig) möglich.

Bleibt zum Schluß noch der Blick ins Handbuch. Die Aufmachung gleicht der ersten Version, allerdings ist der Druck (Kopie) schlechter geworden, so daß sich kein schönes Bild ergibt. Die Gliederung ist nach der letzten Kritik überarbeitet worden, aber immer noch nicht perfekt: Der Anwender lernt zuerst, wie er ein Objekt ändern kann, und danach erst, wie er eines erzeugt. Wünschenwert ist für die nächste Handbuchversion ein besserer Druck, in dem auch die Texturbeispiele besser zum Vorschein kommen und ein Schlagwortverzeichnis für das schnelle Suchen. Ansonsten ist RaySTart 2.0 ein Upgrade, das sich die zusätzliche halbe Maus verdient hat.

JH

Literatur:

(1) ST-Computer 10/93, Seite 134 ff. „Auge um Auge, Strahl um Strahl"

(2) ST-Computer 10/93. Seite 136 „Fachbegriffe aus dem Themenbereich Raytracing und Rendering“

Bezugsquelle:

Reinhard Epp Software Donauschuabenstr. 75a 33609 Bielefeld

Bild 2: Mit den prozeduralen Bump-Mappings lassen sich wunderschöne Texturen erzeugen.

Bild 3: Die Dialoge für die Materialfarben und Texturen sind völlig neu programmiert worden.

Positiv:

diverse neue Funktionen viele Schwachpunkte überarbeitet mitgelieferter Materialen-Dateien inkl. Beschreibung

Negativ:

schlechter Druck des Handbuchs



Aus: ST-Computer 03 / 1994, Seite 40

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