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ATARI Works - Das langersehnte Multitalent ist da

Schon lange war die ATARI-Gemeinde in Erwartung des ersten großen Multitalents für den ATARI, nach dem glücklosen Steve-Programm aus den Anfangstagen des Rechners. Der Name Works allein erinnert schon an ähnlich klingende Vorbilder aus anderen Rechnersystemen, und wir dürfen gespannt sein, ob eine der ersten deutschen Versionen des Programmes halten kann, was der Name verspricht.

Zunächst fällt die einfache Installation des Programmes auf. Endlich, wie in bester Windows-Manier, genügt der Aufruf des Installationsprogrammes nebst Eingabe des gewünschten Zielpfades, den Rest erledigt das Programm von selbst. Lediglich das lästige Diskettenwechseln unterbricht den etwa zehnminütigen Einrichtungsvorang. Während der Installation läßt sich ein Hilfefenster aufrufen, und via Mausklick auf fette Textstellen lassen sich Unterpunkte an- wählen - ebenfalls eine Anregung aus der Windows-Welt. Ein Blick in die Informationen zu dem Programm scheint die Gerüchte zu bestätigen, daß das Programm für ATARI in Indien programmiert wurde. Doch das Wichtigste überprüfen wir zuerst, das Zusammenspiel mit den SpeedoGDOS-Fonts. Es klappt tatsächlich auf Anhieb problemlos. Damit lassen sich nun die Fonts wirklich zeitgemäß nutzen, und die Druckerausgabe in exzellenter Qualität wird es uns danken. Allerdings nimmt diese dann auch ungewöhnlich viel Zeit in Anspruch. Die nahe Verwandtschaft, die ebenfalls in ihrem Namen die Bezeichnung Works trägt, verbindet in einem Programm normalerweise die Programmteile Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Dateiprogramm; je nach Zusatznamen des Herstellers liegen dabei die Schwerpunkte beliebig verschoben. Das eine Programm wartet mit hilfreichen Assistenten auf, das andere verweist auf ein besseres, eingebautes Grafikprogramm. Auch ATARIs Works gesellt sich nahtlos in diese Reihe, das Programm umfaßt die Teile Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Datei- programm. Ebenfalls, wie bei Programmen dieser Art üblich, erlauben die einzelnen Programmteile zwar eine ordentliche Hilfe bei der Lösung von Alltagsproblemen, beim Lösen speziellerer Probleme stößt man schnell an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Ohne dem Test vorwegzugreifen: dies gilt ebenfalls in vollem Umfang für ATARIs Sprößling. Unterziehen wir jetzt die einzelnen Programmteile einer näheren Betrachtung.

Die Textverarbeitung

Texte zu erstellen und zu verarbeiten ist eine der häufigsten Anwendungen, die heute fast ausschließlich mit Computerhilfe verrichtet werden. Die ersten Gehversuche im Textteil verlaufen erstaunlich problemlos - Wir haben Works für den Test auf zwei Rechnersystemen installiert, einem ATARI ST und einem ATARI TT. Dabei zeigten sich allerdings geringe Geschwindigkeitsprobleme bei der Bildschirmausgabe der SpeedoGDOS-Fonts beim einfachen 8MHz-ATARI-ST. Beim TT verlief die Texteingabe erwartungsgemäß deutlich zügig ab. In einem zweiten Schritt überprüfen wir die Markierungsmöglichkeiten mit der Maus. Blöcke sind leicht von einer Textstelle mit der Maus bis zu einer anderen Textstelle markiert, kopiert und wieder eingesetzt. Auf solche Blöcke lassen sich jederzeit auch andere Schriftarten und -größen festlegen. Der Bildschirm ist klar gegliedert, wie von anderen Programmen bekannt, kann man in einer Schalterleiste viele Einstellungen für den Text oder Tabulatorfunktionen vornehmen. Die Schrifteinstellungen fett, kursiv, subscript etc. sind ebenfalls über solche Symbole einstellbar. Häufige Schriftart- oder Stilwechsel lassen sich als einfaches "Pseudomakro" auch auf die Funktionstasten legen. Als besonderes Schmankerl finden wir in der Symbolleiste Einstellmöglichkeiten für den Cursor, die häufigsten Grafiksymbole und für die Linienstärke. In der Tabulatorleiste sind per Maus Tabulatoren jeglicher Art oder Einzüge links und rechts zu setzen.

Doch gar nicht so selbstverständlich für eine einfache Textverarbeitung sind die Fähigkeiten von Works, mit Grafiken umzugehen. Einerseits bietet Works die Möglichkeiten an, einfache Grafiken innerhalb von Works zu erstellen. Die Betonung liegt hier deutlich auf einfache Grafiken, doch innerhalb einer Textverarbeitung sollten diese vollkommen ausreichen. Dabei lassen sich die Grafikelemente nach feinster Vektormanier im nachhinein in der Größe verändern. Ebenso bietet Works dazu die Möglichkeit, Grafiken zu importieren. Als Grafikformate werden das GEM-Metafile-Format sowie das IMG-Format unterstützt. Doch nur die GEM-Grafiken werden auch auf dem Bildschirm angezeigt und sind in der Größe variierbar. Für die IMG-Grafiken verbleibt lediglich ein Rahmen als Zeichen für die Größe des Bildes.

Während Kopf- und Fußzeilen noch von Works unterstützt werden, sucht man eine Fußnotenverwaltung oder Indexerstellung vergebens. Trennungen vollführt Works nur nach manueller Eingab. Dafür freut sich der Anwender über eine einfache Rechtschreibkorrektur und einen mitgelieferten Thesaurus, der für einige Begriffe alternative Vorschläge parat hat. Ein Blick in den Thesaurus und das Lexikon legt die Vermutung nahe, daß diese bei einer deutschen Firma eingekauft wurden.

Eine Besonderheit findet sich für alle Works-Benutzer mit DMA-Sound-Möglichkeiten. An den Textrand können Sounddateien gelegt werden. Es ist doch etwas Nettes, wenn ein anderer einen WorksText einlädt und mit "Hallo, wie geht's?" begrüßt wird. Ganz neue Textgestaltungsmöglichkeiten verbergen sich hinter dieser Option. Multimedia läßt grüßen.

Der Tabellenkalkulationsteil

Für die Untersuchung der Möglichkeiten des Tabellenkalkulationsteils mußte Works zwei Tabellen erstellen. Die Savage-Tabelle soll die rechnerischen Möglichkeiten des Tabellenteils ausleuchten, die zweite Tabelle die Eingabe einer alltägliche Anwendung mit Grafik widerspiegeln. Das Spreadsheet verfügt über die etwas ungewöhnliche Größe von 9999 Zeilen auf 256 Spalten und beschränkt sich auf zwei Dimensionen. Wie von den Works- Tabellenkalkulationsteilen aus der MS-DOSWelt bekannt, eröffnet ATARIs WorksVersion ebenfalls eine Formel mit dem Gleichheitszeichen als Formelerkennungszeichen statt des Klammeraffens. Lotus- und LDW-Liebhaber werden dies mit Bedauern feststellen. Demgemäß fallen die Importier- und Exportierfunktionen äußerst spärlich aus und beschränken sich auf das ASCII-Format und das wenig gebräuchliche RTF-Fortnat. Doch bei der Arbeit fallen einige Besonderheiten des Tabellenteiles angenehm auf. Die Spaltenbreite läßt sich mit der Maus einstellen. Zell- und Blockinhalte können mit der DEL-Taste gelöscht werden. War man etwas zu schnell mit dem Löschen, verfügt das Programm, als einzig mir bekanntes ATARI-Tabellenkalkulationsprogramm, über eine UNDO-Funktion! Bei der Eingabe in die Tabelle merkt sich Works die Richtung der Eingabe und behält diese auch bei der Betätigung der RETURN-Taste bei. Als äußerst nützlich bei der Arbeit muß man die schnellen Kopierfunktionen "nach rechts ausfüllen" und "nach unten ausfüllen" nennen. Ebenfalls läßt sich beispielhaft einfach eine Sortierfunktion aufrufen. Für den späteren Ausdruck ist es besonders angenehm, die Seitengrenzen jeweils im Arbeitsblatt markiert zu finden. Doch bei soviel Licht müssen auch die Schattenseiten des Kalkulationsprogrammes genannt werden. Die Ärgerlichkeiten beginnen bei den Kommazahlen, denn das Komma wird nur als Dezimalpunkt akzeptiert. Während K-Spread mit 125 und LDW-Power-Calc mit 92 eingebauten Funktionen aufwerten, bietet Works lediglich 53 eingebaute Funktionen an. Auf Makros, gerade in einer Tabellenkalkulation sehr hilfreich, muß man ganz verzichten. Titel lassen sich nicht einfrieren, und für das Fenster gibt es keine Teilungsmöglichkeit. Im Gegensatz zum Textteil lassen sich Fonts nicht für einzelne Tabellenbereiche festlegen, nur verschiedene Schriftstile lassen sich für bestimmte Bereiche unterschiedlich einstellen. Beim SavageTest, bei dem mehrere verschachtelte Funktionen, die sich gegenseitig aufheben, eingegeben werden, benötigt Works 130 Sekunden, während die Konkurrenten K-Spread (35,2 s) und LDW (36,8 s) deutlich schneller abschneiden. Der Rechenfehler beträgt dabei 8,2E-8, ein Wert, der etwa im Mittelfeld der Tabellenkalkulationsprogramme für den ATARI anzusiedeln ist. Works bietet dabei die Möglichkeit, bis zu 15 Nachkommastellen anzuzeigen.

Im zweiten Tabellenbeispiel sollte Works unser Zahlenmaterial vornehmlich in Grafiken umwandeln. Bei den Grafikfunktionen blieben wir auf fünf verschiedene Typen des zweidimensionalen Bereiches beschränkt. Lediglich Linien, Balken, gestapelte Balken, Kombigrafiken und Tortendiagramme sind implementiert. Ansonsten ging die Tabellenerstellung erfreulich leicht von der Hand, auch wenn die Darstellung der Währungsbeträge mit vorangestelltem DM-Betrag nicht überzeugen konnte.

Der Datenbankteil

Eigentlich sollte dieser Teil eher die Bezeichnung Dateiprogramm tragen. Eine Datenbank muß ganz anderen Anforderungen genügen als das, was Works hier zu leisten vermag. Unser Ziel sollte die Erstellung einer Adreßdatei sein. Die Eingabe der Feldnamen, der Bildgröße und des Formates der Datenzelle geschieht mit deren Maus in kürzester Zeit. Als ebenso problemlos erweisen sich die Dateneingabe und der Wechsel zwischen Listen und Formulardarstellung. Daten lassen sich schnell neu sortieren, und je nach verwendeten Datentypen können auch einfache Berechnungen durchgeführt werden. Einfache Suchfunktionen sind schnell über Dialogfelder in Klartext ohne Formeln erstellt und durchgeführt. So könnte eine Suche lauten: Ort ist Frankfurt und Umsatz ist größer als 100000. Datenfelder lassen sich sowohl in der Formularmaske als auch in der Listendarstellung leicht mit der Maus verschieben. Selbst Reports sind schnell angelegt.

Wie im Tabellenteil gilt jedoch auch hier: da alles wirklich sehr einfach ist, müssen Abstriche in der Leistungsfähigkeit hingenommen werden. Die Verzweigungen aus Datenfeldern zu anderen Dateien ist nicht möglich, und auch die Abfragemöglichkeiten, obwohl sehr ansprechend in Text gekleidet, bieten nur eingeschränkte Möglichkeiten. Dennoch stellt der Datenbankteil in seiner einfachen Bedienung ein Musterbeispiel für andere Programme dar, wie leicht sich doch die Bedienung derartiger Programme gestalten läßt.

Das Zusammenspiel

Der wichtigste Hintergedanke der integrierten Pakete liegt in dem Zusammenspiel der einzelnen Komponenten. Zunächst ist hier zwischen den Programmteilen über Block ausschneiden und Block einfügen ein sehr einfacher und leistungsstarker Datenaustausch möglich. Ähnliches findet sich beispielsweise in der Windows-Zwischenablage wieder. Eine weitere häufig verwendete Möglichkeit des Zusammenspiels von Textverarbeitung und Datenbank findet man bei der Serienbrieferstellung. Hierfür zeigt sich Works ebenfalls bestens gerüstet.

Fazit

Sieht man einmal von zwei Abstürzen während der Testphase ab, und ignorieren wir die etwas langsame, aber exzellente Druckerausgabe, die SpeedoGDOS zu verantworten hat, kommen wir zu folgendem Schluß: ATARI Works stellt ein wichtiges Programm für den Rechner dar. Einerseits verfügt nun auch dieser Sektor über ein integriertes Paket, das sich in keiner weise hinter anderen Programmen mit der Bezeichnung Works zu verstecken braucht. Somit hätte der ATARI alle Berechtigung, auch im schulischen Bereich, der häufig Works durch Vorschriften der Kultusministerien fordert, wieder zu mehr Geltung zu gelangen. Andererseits verhindert solch ein Komplettprogramm Raubkopien. Hat man ein einfach zu bedienendes Programm mit einer durchaus lesenswerten 190seitigen Dokumentation, wird man von der Verwendung dubioser Raubkopien ohne Anleitung sicherlich gerne absehen. Doch wie bei allen integrierten Paketen gilt auch für ATARI Works: hat man sich einmal mit einem Programmteil auseinandergesetzt und ist mit seinen gestiegenen Fähigkeiten im Umgang mit dem Programm an dessen Grenzen gestoßen, wird man sich dafür ein entsprechendes Spezialprogramm zulegen. Dies sollte also durchaus als ein positives Signal für die Software-Häuser gewertet werden. Und schließlich können sich die Händler freuen. So wie die ganz großen Computerdiscounter in Deutschland die Rechner mit immer größeren Software- Paketen über die Ladentheke schieben, kann nun auch dem ATARI eine Komplettlösung beigelegt werden.

Christian Opel

Bezugsquelle:
Compo-Software
Vaalser Str. 540
52074 Aachen

Preis: DM 299,-

Positiv:
SpeedoGDOS wird genutzt
Textverarbeitung mit hoher Funktionalität
gutes Zusammenspiel der einzelnen Komponenten gutes Handbuch
preiswert

Negativ:
Tabellenkalkulation etwas langsam
Datenbank nicht relational


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