LineArt 1.5 - Das neue Update des Vektormoduls

Bild 1: Die neuen LineArt-1.5-Menüs. Auch in den vielen weiteren Menüs wurden wichtige Optimierungen vorgenommen, z.B bei der Anlage von Pfadtext.
Bild 2: Spielereien mit Füllverläufen und Beziers. Im Formular für Farbverläufe lassen sich vielfältige Einstellungen vornehmen und auf alle selektierten Vektorobjekte anwenden; Farbverläufe als Füllfarbe.

Wohl den meisten, die mit Calamus SL arbeiten, ist das LineArt-Modul bekannt, das nun in der 1.5-Version vorliegt. Es erweitert nicht nur den Funktionsumfang des Publishers im Bereich vektororientierter Illustrationen, es ersetzt auch das SL-eigene Vektormodul und macht manchen Wechsel in andere externe Vektoreditoren unnötig.

Eigentlich sind es nur zwei neue Werkzeuge, die den Versionssprung von der 1.0 zur 1.5 ausmachen. Zum einen wurden die Verlaufswerkzeuge kräftig erweitert und durch ein neues Menü mit vielen Einstellmöglichkeiten auch deutlich anwenderfreundlicher angelegt. Das zweite sind die neu hinzugekommenen Toolbox-Funktionen. Wer das Calamus-Toolbox-Modul bereits kennt, weiß, was für eine Arbeitserleichterung dieses Modul bietet. LineArt übernimmt diese Möglichkeiten der Toolbox nun in einem eigenen Menü auch für Vektorobjekte, geht dabei aber noch einige deutliche Schritte weiter.

Neu hinzugekommen ist auch die Möglichkeit, Textrahmen direkt in den Vektormodus zu übernehmen und mit LineArt als Vektorgrafik weiter zu verarbeiten. Für diese Anwendung benötigte man bei der 1.0-Version noch das ClipArt-Modul; diese Einschränkung ist nun erfreulicherweise weggefallen.

Die Verlaufsfunktionen

Die mit LineArt erzeugten Färb- oder Grauverläufe sind reine Vektorverläufe, bei denen zwischen Start- und Zielfarbe die benötigten (und in LineArt auch einstellbaren) Zwischenstufen errechnet und durch zusätzliche Vektorobjekte dargestellt werden. Insgesamt ist die Arbeit mit den Vektorverläufen LineArts jedoch deutlich komfortabler, umfangreicher und schneller geworden. Um die Arbeit mit besonders zeitkritischen Vektorverläufen flüssiger zu gestalten, läßt sich die Anzahl der Verlaufsstufen für den Ausdruck getrennt von der Bildschirmausgabe einstellen. Und auch die Anzahl der Verlaufsstufen hat sich deutlich erhöht. Konnte die 1.0-Version mit lediglich 256 Verlaufsobjekten aufwarten, was sich besonders beim nachträglichen Skalieren unschön bemerkbar machte - die Verlaufsstufen werden dann ja mit vergrößert können in LineArt 1.5 maximal 32000 Verlaufsobjekte für die Ausgabe eingestellt werden. Und das heißt: butterweiche Vektorverläufe!

Alle für die Verlaufsarbeiten relevanten Einstellungen werden in einem neuen LineArt-Formular vorgenommen. Hier kann auch in einem Preview (Vorschau)-Fenster das zu erwartende Endergebnis bereits vor der eigentlichen Berechnung in den eingestellten Farben und Formen beurteilt und gegebenenfalls wieder korrigiert werden. Das Preview wird dabei, auch das ist von Vorteil, bei jeder Änderung im Formular automatisch aktualisiert. Besonders an den Formularen des neuen LineArt kann man erkennen, daß diese der Dialoggestaltung von Calamus NT angeglichen wurden. Bei der ATARI-Version des Moduls handelt es sich dann auch um eine Rückportierung des für den NT entwickelten Line-Arts.

Auf die Verlaufsformen, deren Farbgebung und Positionierung innerhalb eines Objekts kann sehr genau Einfluß genommen werden. So können auf einfache Art und Weise feine Schwankungen im Verlauf eingestellt werden, wenn zum Beispiel bei einem Verlauf von Rot nach Blau das Rot mehr zur einen oder anderen Seite tendieren soll. Da sich diese Feineinstellungen auf alle Verlaufsformen anwenden lassen (Linear, Radial, Rechteck, Konisch), sind deren praktische Anwendungsmöglichkeiten überaus vielfältig. Für fast alle Verlaufstypen lassen sich zudem auch noch Winkelungen in Prozentschritten eingeben. Lichtreflexe oder reliefartige Strukturen, ein Bereich, in dem Vektorverläufe wegen ihrer leichten Handhabung und nachträglichen Editierbarkeit häufig Anwendung finden, können so spielend einfach und präzise erzeugt werden.

Verlaufsgruppen waren bereits in der alten LineArt-Version vorhanden. Wurden mehrere Objekte mit diesem Werkzeug angewählt, so wurden die einzelnen Objekte mit Farbflächen entsprechend des eingestellten Verlaufsspektrums versehen. Die Abstufungen wurden also zwischen den einzelnen Objekten und nicht innerhalb eines solchen errechnet. Das ist jetzt nicht mehr so. Nun können beliebig viele Vektorobjekte selektiert werden, woraufhin innerhalb der angewählten Objekte ein echter Verlauf generiert wird, quasi als Füllfarbe z.B. für einen Text. Ist der Text ein in LineArt erzeugter Pfadtext, kann auch noch nachträglich eine Editierung des Textes vorgenommen werden.

Toolbox

Die Toolbox-Funktionen des LineArt-Moduls erlauben die automatische Positionierung von Objekten innerhalb einer Vektorgrafik. Für diese Positionierung von Objekten steht gleich eine ganze Reihe von Funktionen zur Verfügung.

So können Objekte automatisch auf die gleiche Breite oder Höhe gebracht, auf einen gleichmäßigen horizontalen oder vertikalen Abstand gesetzt oder auch relativ zueinander positioniert werden. Dieses letztere bedeutet eine prozentuale Plazierung von ein oder mehreren Objekten. Ein Wert von 50% würde das Objekt dann beispielsweise in der Mitte zentrieren.

Die Handhabung dieser Funktionen ist denkbar einfach und läßt sich durch den Calamus-internen Tastaturrekorder sogar automatisieren. Um Objekte auf den gleichen Abstand zu setzen, werden alle Objekte, die positioniert werden sollen, selektiert. Nach Klicken auf das entsprechende Icon werden die Objekte sofort auf den gleichen Abstand gesetzt, wobei das imaginäre Rechteck, welches alle selektierten Objekte umgeben würde, ausschlaggebend für die Abstandsberechnung ist. LineArt berücksichtigt also nicht die Reihenfolge, in der die Objekte erstellt wurden, sondern deren aktuelle Lage innerhalb des Grafikrahmens.

Bild 3 und 4: Beliebig angeordnete Vektorobjekte und eine Linie. Mit den neuen Toolbox-Funktionen können alle selektierten Objekte auch auf beliebige Pfade ausgerichtet und gleichmäßig verteilt werden.

So wie man in LineArt Text auf beliebige Vektorpfade setzen kann, kann dies nun auch mit beliebigen Vektorobjekten geschehen. Na ja, nicht ganz - alle angewählten Objekte lassen sich jedoch exakt an einen gewünschten Pfad positionieren. Da wird zunächst ein Pfadobjekt angewählt, daß die Objektpositionen bestimmen soll. Nun können alle Objekte selektiert werden, die entlang dieses Pfades ausgerichtet werden sollen. LineArt berücksichtigt automatisch die Positionen der Objekte und sortiert diese von links nach rechts und von oben nach unten.

Ein weiteres Hilfsmittel zur Objektbehandlung ist da schon hilfreicher und sicher häufig einzusetzen. Bis jetzt war es nur möglich, Objekte entweder in den Vordergrund oder in den Hintergrund zu legen. Mit einer neuen Funktion, die vielleicht schon durch das Toolbox-Modul bekannt ist, ist man jetzt in der Lage, Objekte Ebene um Ebene in den Vordergrund oder in den Hintergrund zu verschieben.

Offene Wünsche

Schon LineArt 1.0 war beim grafischen Arbeiten im Calamus nicht mehr wegzudenken. Das neue LineArt 1.5 bietet da natürlich noch mehr an Möglichkeiten, läßt aber immer noch einige Wünsche offen. Die Neuerungen, die LineArt 1.5 im Vergleich zur 1.0-Version bietet, beschränken sich deutlich auf die Objektbearbeitung - für mein Empfinden etwas zu deutlich. Auf der Pfad-Ebene, also da, wo die Grafiken erstellt und modifiziert werden, hat sich eigentlich nichts Wesentliches getan, obwohl sicher auch hier einige "Aktualisierungen" angesagt gewesen wären.

Ein Vektormodul ist ja nicht nur zum Editieren kleinerer Illustrationen gut, LineArt schon gar nicht. Pfadarbeiten werden im Calamus auch für z.B. Maskierungen mit dem Masken-Modul benötigt, wo ein flexiblerer Umgang mit den Vektorpfaden gut tun würde (z.B. Pfade beliebig schneiden, nachträglich optimieren).

Es ist immer das gleiche: da hat man ein vorzügliches Werkzeug für die grafischen Arbeiten im Calamus, und schon überlegt man sich, was da trotzdem noch fehlt! Wer den Calamus häufig im grafisch-illustrativen Bereich einsetzt, findet in der neuen LineArt-Version auf jeden Fall das adäquate Werkzeug. LineArt kostet 398,- DM. Als Upgrade auf LineArt 1.0: 99,- DM.


Jürgen Funcke
Aus: ST-Computer 12 / 1994, Seite 60

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