Falcon-Scene: Fried Bits III

Knapp vorbei, Nikos Bild im „RA-Pixel-Style“, schön.

Während alle anderen Leute bunte Schokoladeneier suchen und sich ein entspanntes Wochenende gönnen, konnte wieder mal ein merkwürdiger Haufen weltfremder Freaks nicht wiederstehen. Statt etwas Frühlingsluft zu schnuppern, sitzen sie eng gequetscht in stickigen Räumen und lauschen verzückt dem Surren ihrer Computer. Das Schlimme ist: Es werden jedes Jahr mehr!

Wer aufmerksam die Falcon-Scene verfolgt hat, erinnert sich vielleicht an den Bericht über die „Fried Bits 2". Tatsächlich ist schon ein Jahr vergangen, und die „FB" hat auch in Version 3 bewiesen, daß sie den Höhepunkt des Scene-Geschehens rund um unseren Raubvogel darstellt. Die Wellen der „FB2" schwappten wohl damals über ganz Europa, so daß diesmal deutlich mehr Gruppen aus dem „Ausland“ anrückten. Leider war nicht genug Platz für alle Freaks, die kommen wollten, da, trotzdem verdoppelte sich die Anzahl der Teilnehmer im Vergleich zur „FB2“. Die ca. 220-230 Menschen verteilten sich in 2 großen Sälen und vielen, vielen kleineren Räumen. Also die Säle waren wirklich nur etwas für Computerpartyextremisten, der Geräuschpegel verhielt sich umgekehrt proportional zum Sauerstoffgehalt der Luft. Aber offensichtlich setzt dieses Umfeld bei den meisten Freaks erst die kreativen Energien frei.

Und hier ist mein fertiges SUBWATER-Bild (s. letzte Falcon-Scene).

Wer zum erstenmal auf der „FB“ war, konnte nicht umhin, sich zu wundern, und auch ich staune jedesmal wieder über die positive Atmosphäre auf ATARI-Scene-Partys; es gleicht wirklich einem Familientreffen, Konkurenz-gebaren ist den ATARIanern fremd. Da sitzen die Coder und geben sich Tips, wie man den DSP besser nutzt, Grafikermalen abwechselnd an einem Font, und die Musiker „hängen" zusammen vor einem Soundtracker. Erstaunlich ist auch das mittlerweile erreichte „Know-how“ der Leute; noch vor einem Jahr machten die meisten Gruppen ihre ersten Gehversuche auf der „frischen“ Hardware, und jetzt jonglieren sie mit den Falcon-Fähigkeiten, daß einem schwindelig werden könnte. Da ich den Ablauf so einer Party schon beschrieben habe und sich grundsätzlich nichts ändert, komme ich gleich zu den Infos. Interessant ist, daß auch Mitglieder der Archimedes-Scene auf der FB3 zu sehen waren. Auch die Arcon"isten" können mittlerweile auf sehr leistungsfähige Hardware zugreifen, und so habe ich mir mal die Fähigkeiten eines RISK-PCs vorführen lassen. Gute Software ist allerdings knapp, und die Scene ist bei weitem nicht so groß wie auf dem Falcon oder gar Amiga. Apropos Amiga - aus dem „kleinen“ A1200 kitzeln die Amigacrews auch erstaunliche Demos heraus, denen man die lange Amiga 500 Erfahrung anmerkt. Natürlich sah man auch an vielen Ecken PCs stehen, die aber meist als Spielekonsole für irgendeinen DOOM-Verschnitt benutzt wurden.

Am schönsten war es aber, mal ein paar „Ureinwohner“ der ATARI-Scene zu sehen. Tatsächlich spazierte Daryl von der legendären Gruppe „The Exceptions“ herum. Da TEX nicht mehr aktiv ist, wurde er unter dem kuriosen Label „EX-TEX“ gehandelt. Aber Daryl ist ATARI treu geblieben und arbeitet jetzt an Jaguar-Projekten. Im Gespräch offenbarte er mir eine erfreuliche Neuigkeit - Jochen Hippel (Mad Max of TEX) macht wieder Spielemusik! Jetzt auf dem Jag, man darf gespannt sein!

Bleiben wir beim Thema Jaguar. Ein Alteingesessener der Scene durfte natürlich auch nicht fehlen, Marc Rosocha (Eclipse), der sich inzwischen mit „Iron Soldier“ auch auf dem Jaguar einen guten Namen gemacht hat, spazierte mit Michael Bittner auf der FB3 rum.

Action in "Wotanoid" von EKO

Leider war die Zeit viel zu kurz und die Hektik zu groß, so daß man sich unmöglich mit allen Leuten unterhalten konnte. Aber Wotan von der französischen Gruppe EKO konnte ichfürein kurzes Interview gewinnen. Sein nahezu fertiges Spiel „Wotanoid“ durfte ich antesten und erfuhr ein paar Details. Bei diesem Falcon-only-Asteroids-Remake ballert man auf ge-raytracete Sprites vor schönen TrueColor-Hintergründen, der Jaguar-Pad wird unterstützt, und für satten Sound ist gesorgt. Lustig (und wie mir erstaunte Co-der versicherten, äußerst knifflig zu programmieren) ist, daß die „feindlichen“ Meteore wie Gummibälle aneinander abprallen, wobei viele der simulierten „physikalischen“ Parameterfrei einstellbar sind. Das Game müßte in Bälde zu haben sein.

Das Bild von JMS

Weiter führte ich ein Gespräch mit Frontier Software (DUNE). Das schon mal erwähnte Zeichenprogramm „Dgraf“ wird wohl in der Endversion einen anderen Titel bekommen, außerdem ist Frontier für die Falcon-Version von Obsession verantwortlich und kündigte sie für Ende Mai an. Und auch von den Machern des STE-Obsessions gibt es Neuigkeiten, sie schlagen mit einem neuen STE/Falcon-Spiel zu, von dem man eine Menge erwarten darf. „Substation“ (so der Titel) spielt in einer Realtime-3D-Welt, und die Vorankündigungen sind beeindruckend. Es gibt gouraud-shaded Vektorgrafik, die schon auf dem STE mit 25 Frames/s läuft, also flüssig ist. Dazu soll ein 3D-Soundsystem für Stimmung sorgen, und auch an Multiplayer-Spaß via MIDI wurde gedacht. Auch diesmal wird es eine aufgebohrte Falcon-only-Version geben, so daß „Substation“ wohl der nächste vielversprechende Titel für alle ATARI-Gamer ohne Jaguar (aber mit Jaguar-Pad) wird.

Einige deutsche Freaks haben sich zu „DIGITAL VISION“ zusammengeschlossen und kümmern sich gerade um den Vertrieb ihres ersten Falcon-Knobelspieles. „Platonix“ gab es in der ST-Version schon als Poolware, wo es gute Wertungen erhielt, es kommt nun in der „Profi Edition“ mit Falcon-Grafik und -Sound sowie mehr Levels. Auch die Maker von „Dynabuster+“ (TSCC) werkeln an einem reinen Falcon-Spiel für 6 Player, Näheres gibt es in folgenden Artikeln.

Die Competition

Die Gewinner LAZER, mit ihrem Video-Star „Martina“ Gratulation.

Doch nun zum Party-Highlight, der Competition! Gespannt drängelten sich die Freaks vor dem Vorführraum, bis sich die Türen öffneten und die Stimmzettel verteilt wurden. Alles begann mit dem Wettbewerb der Musiker. 22 Meister des Tones traten an, jeder Titel wurde 2 Minuten angespielt, wobei ein eindeutiger Trend zum „Trance-techno-dance“ nicht zu überhören war. Kein Wunder, daß einem mächtig die Ohren rauschten und dem erschöpften Publikum nach der Musikcompetition erstmal eine Atempause gewährt wurde. Danach kamen die Grafiker zum Zuge, 16 „Künstler“ stellten ihren Beitrag zur FB3 vor, und ein deutlicher Qualitätszuwachs gegenüber früheren Partys war zu verzeichnen. Ich werde wohl die meisten Bilder hier in der Falcon-Scene nach und nach ab-drucken, damit sich jeder einen eigenen Eindruck verschaffen kann.

Die Freaks können es kaum erwarten, Gedrängel vor dem Competition-Raum.

Beim darauffolgenden Shortro-Wettbewerb ging es qualitativ sehr gemischt zu. Shortros sind Demos, die nicht größer als 96 KB sein durften. Von Spitzeneffekten über lustige Gagdemos bis zu „schnell zusammengebackenen" Oldieeffekten konnte man alles „bewundern“. Nach einer weiteren Pause gab es dann „das Beste“ (aus einem halben Gigabyte Festplatte), die „Democompetition“!

Leider hatte keine einzige Gruppe ihr „Werk“ zu 100% fertig, es wurden „nur“ Previews gezeigt, deswegen werde ich die Demos erst im nächsten Artikel „genauer“ vorstellen. Aber was da zu sehen war, ließ den Leuten die Kinnladen runterklappen und sorgte für euphorische Begeisterung. Neben Lazer, EKO und Avena stellten die unbekannteren Gruppen „Impulse“ und „Therapy“ ihre Erstlingswerke vor, mit denen sie aber leider gegen die „Riesen der Branche“ wenig Chancen hatten.

Mittlerweile war es weit nach Mitternacht, und die Auszählung der Stimmzettel sollte noch ein paar Stunden in Anspruch nehmen. Zeit, um mal den Gastgebern der Party „heftig“ für die brillante Organisation zu danken, tatsächlich gab es dieses Jahr nur Lobeshymnen. Die Competition wurde sehr professionell durchgezogen, und auch sonst waren alle Teilnehmer sehr zufrieden. Also, kräftiges Schulterklopfen für: Tom G, Mr. Coke (Avena), Bull , Smart (Channel 38) und besonders StaLLion (AURA) (der mir die statistischen „Ergebnisse“ der Party „zugespielt“ hat und auch die Kontakte zu den Sponsoren knüpfte).

Eine erstaunliche Leistung lieferte dieses Trio ab, Respekt!

Ok, der spannendste Teil für alle Competition-Teilnehmer begann im Morgengrauen des 17. April, die Bekanntgabe der Gewinner! Die erschöpften Freaks schleppten sich ein letztes Mal in den "Präsentationsraum“, um ihre Favoriten zu „bejubeln“. Mr. Coke (der Schlingel) hatte ein kleines Programm geschrieben, welches die Punktezahlen der Teilnehmer in Form von Balken auf die Endmarke zulaufen ließ. Macht einen ganz hippelig, wenn man seinen „Balken“ beobachten muß und verzweifelt hofft, daß er nicht stehenbleibt.

Bei den Musikern ergatterte STAX (Lazer) mit 69 Punkten den 3. Platz, den 2. bekam FXL (TNB)/112 Punkte, und an erster Position landete Tommy (Avena) mit 152 Punkten.

Den 3. Platz der Grafiker besetzte JMS(Newline) / 125 Punkte, den 2. Niko (EKO)/189 Punkte, und knapp davor auf dem 1. grinste A.-t-(Cream/AVENA) /207 Punkte ins Publikum (he, das bin ja ich ... juhu, jubel... ganz großes Danke an Euch alle!).

96k-tro: 3. Platz: STAX mit einer 3D-Fahrt durch ein DOOM-Gelände (150 Punkte); 2. Platz: „The Chaos Engine“ mit schönen Effekten und toller Musik (194 Punkte); und ungeschlagen auf dem 1. Platz ein Konglomerat aus Lucky of ST (Inter), Synacore (TSCC) und Inovator (Newline) mit ihrem „Terrorise your Sour-Demo, daß einfach unbeschreiblich war. In nicht mal 100k brachten sie fast 20 Supereffekte in technischer Perfektion unter (391 Punkte).

Bei den Demos gab es Gedrängel, da die ersten 3 Plätze einfach alle hervorragend waren, aber vom Stil her absolut unterschiedlich. Aus Platzgründen werde ich sie im nächsten Artikel ausführlich beschreiben. Den 3. Platz (245 Punkte) belegte AVENA mit einem Superdemo in konventioneller Machart. Knapp darüber lagen EKO (275 Punkte), die mit unglaublicher, DSP-berechneter Vektorgrafik protzten. Und wie schon letztes Jahr lagen LAZER auf dem ersten Platz (292 Punkte). Sie hatten eigentlich kein Demo gemacht, ihr Beitrag stellte eher ein komplettes Musikvideo dar. Zur Belohnung für die Mühe gab’s eine brandheiße Playstation von Sony.

An dieser Stelle sollte auch mal der Dank aller Gewinner an die Sponsoren: „...Compo/Overscan, R.O.M-Logicware, WBW-Service, KGC-Studio, Frontier-Software, Digital-Data-Deicke, Spielraum, Akzente, Team-Computer, Jobis und CSCN-Europe...“, stehen.

So, das nächste Mal geht es dann also nahtlos weiter, meine persönlichen Grüße an alle Freunde, die ich auf der FB3 traf (speziell AVENA, für den Spaß), an Silli und ein „Danke!“ an Jannien.

Bleibt gespannt,

Euer A.-t- of Cream



Aus: ST-Computer 06 / 1995, Seite 112

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