STemulator light

Wenn man es genau nimmt, dann ist der STemulator der siebte bekannte ATARI-Emulator für PCs und Macs. Das ist aber nicht weiter beunruhigend, wenn man bedenkt, dass auch er es trotz der starken Konkurrenz schafft, eine echte Neuerung zu bieten.

Diese ist schlicht und wichtig zugleich: Der STemulator ist der einzige ATARI-Emulator auf Softwarebasis, bei dem ein TOS-Betriebssystem standardmäßig im Lieferumfang enthalten ist. Nun werden viele Leser die Frage stellen: Warum bringt die Redaktion einen eigenen Emulator für PCs auf den Markt? Will sie, dass Leser zu anderen Betriebssystemen abwandern?

Diese Fragen sind aber leicht zu beantworten. Die Redaktion möchte sich mit diesem Emulator nicht an die aktiven ATARI-User, sondern an diejenigen wenden, die einen ATARI besessen haben und diesen entweder vermissen oder einfach zusätzlich zum PC betreiben möchten.

Hieraus resultiert, dass der STemulator in absehbarer Zeit auch in Kaufhäusern und PC-Märkten plaziert werden soll. Schließlich gibt ein Kundenpotential von 1 Mio. Menschen, die einen ATARI ihr eigen nennen oder nennen konnten. Hinzu kommt die Zahl derer, die sich einen ATARI gebraucht gekauft haben. Die Kette ließe sich nahezu endlos weiterspinnen, wenngleich sich diese Anhaltspunkte nicht in Relation zu den erwarteten Verkaufszahlen des STemulator setzen lassen.

Dennoch: ln jeder STemulator-Verpackung soll nach Möglichkeit für die ST Computer & ATARI-Inside und einige weitere ATARI-Produkte und Firmen geworben werden. Dies gäbe uns die einmalige Möglichkeit, die Zahl der TOS interessierten Anwender zu steigern.

Mit seinem relativ späten Markteintritt hat der STemulator sowohl Vor- als auch Nachteile. Die Nachteile mögen darin bestehen, dass bereits viele Konkurrenzprodukte an den "Mann" gegangen sind. Vorteil ist aber, dass bei der Entwicklung die Vorteile der jeweiligen Konkurrenten in einem neuen Produkt vereint werden konnten. In dieser aktuellen Ausgabe testen wir die Light-Version des STemulator, die in Anbetracht der Preisniveaus durchaus zum Testen gedacht ist. Für knapp 30,- DM erhält der Käufer einen Emulator, der im Grunde genommen einen reinen ATARI 1040 ST/e auf dem Windows-PC nachstellt. Die Installation erweist sich als denkbar einfach und ist nach wenigen Sekunden abgeschlossen.

Start

Nach dem Starten der Software erscheint ein übersichtliches Menü mit diversen Unterpunkten. Im Bildschirm-Menü können Sie auswählen, in welcher Auflösung Sie arbeiten möchten. Hinzu kommen weitere Optionen wie VDI-TOS, bei dem die Original-Bildschirmausgabe des TOS 2.06 genutzt wird oder VDI-Patched, ein Modus, der bei einigen Programmen mehr Kompatibilität bringt.

In diesem Menüpunkt befindet sich z.B. auch schon eine Einschränkung der "Light"-Version, denn es werden nur die vom ST bekannten Auflösungen angeboten: "ST-high" mit 640x400 Pixeln monochrom, "ST-mid" und "ST-low". Letztere bietet sich z.B. zum Spielen an. Bei unseren Tests konnten diverse Spiele wie Populous, Stuntcar-Racer usw. erfolgreich gestartet werden.

In einem weiteren Menüpunkt kann der Speicherausbau gewählt werden, der sich in dieser Version auf maximal 4 MB beschränkt. Die Pro-Version wird zunächst 14 MB, in einer der späteren Versionen auch TT-RAM über 14 MB ermöglichen.

Die Laufwerksauswahl kann als gelungen bezeichnet werden. Hier hat der Anwender die Möglichkeit, vom PC vorgegebene Laufwerke anzumelden oder dem ATARI-Modus unzugänglich zu machen. Dies ist z. B. dann sinnvoll, wenn man die Betriebssysteme strikt voneinander trennen möchte.

Darüber hinaus können in diesem Menüpunkt diejenigen Pfade eingestellt werden, in denen sich die AutoOrdner Programme und Accessories befinden. Wenngleich es sinnvoll wäre, sind Sie also nicht verpflichtet, den Auto Ordner und die Accessories in ein und demselben Laufwerk unterzubringen. Diese Konfiguration kann selbstverständlich gespeichert werden.

Bei den Schnittstellen werden vom STemulator die bekannten Ports wie z.B. der Parallel-Port (Drucker Anschluß), die serielle Schnittstelle (Modems ...) und die Joystickports unterstützt. Wie bereits erwähnt, eignet sich der STemulator auch zum Spielen.

Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass weder MIDI-Ports noch die Soundausgabe unterstützt werden - auch nicht in der Pro-Version.

Kompatibilität

Diese scheint sehr gut gelungen zu sein, denn bei keinem der uns bekannten Sorgenkinder gab es Probleme. Das soll heißen, dass der STemulator auch unter papyrus drucken kann, NVDI ohne Patches unterstützt (das bringt im TOS-VDI-Modus tatsächlich einen Geschwindigkeitszuwachs) und Calamus ebenfalls problemlos akzeptiert. Hinzu kommt die Kompatibilität zu vielen Spielen, die auch auf dem Mega STE(TOS2.06) laufen.

Geschwindigkeit

Der STemulator macht auch in puncto Geschwindigkeit einen guten Eindruck, wenngleich er in seiner reinen Rechenleistung seinen Konkurrenten noch ein wenig hinterher hinkt. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass dies der Punkt ist, an dem derzeit mit größtem Eifer gearbeitet wird. Schon die Pro-Version ist bereits jetzt deutlich schneller und dürfte den Mitstreitern auch ohne NVDI gut das Wasserreichen.

Fazit

Der STemulator ist eine gelungene Umsetzung des ATARI-Systems auf Windows95. Neben TOS2WIN ist es der einzige Emulator, der nicht zwischen ATARI- und PC-Mauszeiger unterscheidet, so dass ATARI-Programme im Multitasking mit Windows-Software noch besser ins Arbeitsumfeld integriert werden als bei Programmen, die ein Umschalten zwischen den Zeigern verlangen.

Einige Schmankerl hat der STemulator außerdem zu bieten. So z.B. einen Modus, der es erlaubt, den Timer A oder B einzuschalten, so dass man eine größere Kompatibilität zu einigen Spielen erhält. Darüber hinaus hat der Anwender die Option, den STemulator lernen zu lassen, welche Taste des PC-Keyboards die rechte Shift-Taste ist (beim PC wird nicht einheitlich unterschieden), damit auch Programme, die einer Differenzierung bedürfen, bedient werden können.

Ein Wermutstropfen ist und bleibt, dass der MIDI-Port nicht unterstützt wird, und dass der STemulator derzeit noch keine Sound-Ausgabe hat. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, wie man so schön sagt. Erfreulich ist zum einen der ausgesprochen günstige Preis, ohne den eine Platzierung des Produktes in den Kaufhäusern auch nicht hätte realisiert werden können, zum anderen die Tatsache, dass mit einem originalen ATARI-TOS gearbeitet wird, das im Paket enthalten ist.

In der kommenden Ausgabe werden wir die Pro-Version unter die Lupe nehmen. Diese wird auf der ATARI-Messe in Neuss erstmals erhältlich sein und auf CD-ROM ausgeliefert.

Preise:
STemulator light 29,- DM
STemulator pro
STemulator light 1.0

Positiv:

Negativ:


Ralf Schneider
Aus: ST-Computer 10 / 1997, Seite 12

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