Samplebearbeitung mit dem ATARI: ZeroX v2.0

Das Schweizer Offiziersmesser fürs Tonstudio zu sein, dazu war der Falcon von Beginn an prädestiniert, weil er einfach alles ab Werk schon an Bord hat, was ein Musikrechner braucht: einen DSP, ein 8kanaliges Audio Subsystem, MIDI-Ports sowie einen SCSI-Bus.

Das Programm "ZeroX" aus Schweden könnte man als die entsprechende Multifunktionssoftware betrachten. Es nutzt die Falcon Hardware, um Audiodateien aufzunehmen, abzuspielen, Loops zu suchen, Samples mit DSP Effekten zu bearbeiten und für den Austausch von Audiodaten mit anderen Programmen und angeschlossenen Samplern über Diskette/Festplatte, SCSI und MIDI.

Was ZeroX alles kann

Allgemein

Beat Loop Modus:

Im Beat Loop Modus teilt ZeroX ein Drum Loop in die einzelnen Schläge auf. Diese einzelnen Schläge werden danach als individuelle Samples an einen Sampler übertragen. Aus den Positionen der Samples relativ zum Anfang und Ende der Drumloop erstellt ZeroX ein Standard MIDI-File, das von einem Sequencer abgespielt werden kann, um die einzelnen Drumloop-Schläge im Sampler zu triggern. Der Vorteil ist dabei, dass das Tempo der Drumloop im Sequencer ohne Änderung der Tonhöhe der Drumloop manipuliert werden kann. Außerdem können die einzelnen Schläge individuell nachbearbeitet (z.B. verhallt) werden.

Sample Transfer

Handling

Die unter "allgemein" aufgeführten Features haben die meisten Sampler ab Werk schon an Bord. Hier ist der Vorteil von ZeroX die grafische Darstellung des Samples als Wellenform mit einer Zoomfunktion von "Overview" bis auf die Darstellung einzelner Abtastwerte eines Samples.

Das Programm ist vollkommen durch die Maus steuerbar. Die meisten Tastaturkommandos entsprechen dem de Facto-Standard des Falcon (z.B. Ziffernblock "Enter" = Abspielen). Eine ständig sichtbare Toolbar mit Symbolbild Schaltflächen sorgt für den Überblick über die zur Verfügung stehenden Funktionen. Rechts oben in der Ecke erscheint eine kurze Erklärung der Funktion einer Schaltfläche, wenn der Mauszeiger sich auf ihr befindet. Über Pull-down Menüs sind noch weitere Funktionen anwählbar.

D2D

Neu in der Version 2 von ZeroX ist die Möglichkeit, mit dem Falcon direkt auf Festplatte aufzuzeichnen. Audiodateien, die größer als der Arbeitsspeicher des Rechners sind, können bearbeitet werden, indem sie in Teilen ins RAM geladen, bearbeitet und auf die Platte zurückgeschrieben werden.

Looping

ZeroX kann zu einem bestimmten Loop Endpunkt aus einem markierten Block den am besten passenden Loop Startpunkt finden. Das Programm kann aus einem markierten Bereich auch beide Looppunkte suchen, wobei der Benutzer einen Mindestabstand zwischen den Looppunkten festlegen kann. Wenn keine zufriedenstellende Loop gefunden wird, bleibt immer noch die Angleichung von Loopende und Loopbeginn durch Überblendung (Crossfade). Um Pegelunterschiede zwischen Loopende und Loopanfang auszugleichen, stellt ZeroX eine "Gate" Funktion bereit, die diese Unterschiede nivelliert.

Die Ergebnisse seiner Bearbeitungen kann Zero X auf Massenspeicher ablegen. Das ermöglicht den Austausch von Daten mit anderen Programmen. Von den Loop Funktionen in ZeroX kann zum Beispiel Cubase Audio profitieren, da ZeroX ein Sample mit "Copy Block" physisch loopen und als AIFF Datei exportieren kann. So kann in Cubase ein Gesangston künstlich in übernatürliche Längen gestreckt wiedergegeben werden. Die unter "Beat Loop" und "Sample-Transfer" aufgelisteten Funktionen stellen die Besonderheit von ZeroX dar. Entscheidend für die Nützlichkeit des Programms ist, wie gut der Sample Transfer funktioniert.

Sample Transfer über MIDI

Unsere Tests mit Akai und Ensoniq Samplern haben ergeben, dass die Übertragung von Sampledaten beim Falcon über MIDI immer funktioniert. Dabei sollte man beachten, dass immer die Falcon-eigenen MIDI Ein- und Ausgänge benutzt werden müssen. Es werden keine MIDI Port Erweiterungen unterstützt.

Sample Transfer am Beispiel "Ensoniq"

Wenn sich ZeroX ein Sample von einem Ensoniq Sampler mit der "Get Sample" Funktion holen soll, sind prinzipiell zwei Versuche nötig. Beim ersten Versuch lädt der Ensoniq Sampler ein spezielles Overlay von der Betriebssystemdiskette. Erst beim wiederholten "Get" Befehl erfolgt die Übertragung. Wenn der Ensoniq Sampler sein Overlay einmal geladen hat, genügt ab dann ein einziger "Get Sample" Befehl.

An diesem Beispiel ist zu erkennen, mit welchen Problemen sich die Programmierer von ZeroX beschäftigen müssen. Jeder Sampler hat seine Eigenheiten, jeder Hersteller kocht sein eigenes SCSI-Süppchen, und eine Norm deutet sich in Form des Peavey Protokolls so langsam erst an. Vor diesem Hintergrund ist die Zahl der unterstützten Sampler ganz beachtlich.

Sample Transfer über SCSI

Sampleübertragung über die SCSI Schnittstelle testeten wir bei Akai und Ensoniq Samplern. Damit die SCSI Übertragung funktioniert, muß bei ZeroX der Falcon auch über MIDI mit dem Sampler verbunden sein. Länge und Beschaffenheit von SCSI Kabeln sind kritisch. Um auf "Nummer Sicher" zu gehen, besorgten wir für den SCSI Test mit einem Ensoniq EPS 16 + ein spezielles "HD SCSI II Stecker auf 25 Pin D-Sub" Kabel. Mit diesem Kabel funktionierte die SCSI Übertragung. Einziger Nachteil: Das Kabel war ziemlich kurz. Deshalb mußte der Sampler von seinem angestammten Platz im Studio in die unmittelbare Nähe des Falcon gerückt werden. Es sind also nicht nur softwaretechnische Überlegungen anzustellen, wenn eine SCSI Übertragung erfolgen soll! Die SCSI Sampleübertragung zwischen einem Akai S1100 und einem Falcon verlief ebenfalls in beiden Richtungen erfolgreich.

Doch bei aller Liebe zu SCSI: Wenn man mit Samples arbeitet, die nicht über die 500 kB Marke gehen, wie es bei Drum Loops im allgemeinen der Fallist, kann man auch mit der MIDI Übertragung glücklich werden. Für die MIDI Übertragung spricht ein einfacherer Anschluß und größere mögliche Kabellängen.

Die Arbeitspausen, die während der MIDI Übertragung auftreten, können mit Körperlockerungsübungen oder der Beschaffung frischen Kaffees genutzt werden. Wer viele große Samples über SCSI übertragen muß, sollte sich gut überlegen, wo er seinen Falcon und seinen Sampler physisch aufstellen will. Racksampler sind hier eindeutig im Vorteil.

ZeroX auf TT und ST

ZeroX ist auch auf ATARI STs lauffähig. Import von Audiodateien ist bei diesen Rechnern nur über Diskette/Festplatte oder über einen mittels MIDI angeschlossenen Sampler möglich. Probleme stellten sich bei der MIDI Übertragung mit einem ST mit TOS 1.02 ein. TOS 1.04 sollte es schon sein. Rechner der STE Klasse können Samples im 8 Bit Modus über ihre Audioausgänge wiedergeben.

Würdigung

Richtig schön ist die Arbeit mit ZeroX auf dem Falcon, weil dieser spontanes Kontrollhören beim Klangtüfteln in hervorragender Klangqualität bietet. ZeroX ist ein praktisches Werkzeug für Leute, die mit dem Falcon und Samplern Musik machen.

Hardwarevoraussetzungen: Falcon, TT, Mega STE, Mega ST, ST mit mindestens 1 MB RAM

Besonderheiten: lizensierter Kopierschutzstecker

Preis: DM 299,-

Hersteller: Copson Data & HB Button, Schweden

Vertrieb: Sound Pool GmbH Postfach 1112 74373 Zaberfeld

Unterstützte Sampler

Unterstützte Soundformate


Max Parkdauer
Aus: ST-Computer 03 / 1998, Seite 44

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