Der Engel als Dolmetscher: Arthur'98

Übersetzen mit dem Atari: Nachdem die Weiterentwicklung des Programmes „Locate-it" eingestellt wurde, schien eine große Lücke im Softwareangebot für TOS-Rechner zu entstehen, doch mit Arthur steht ein neues Top-Programm zur Verfügung.

Die Geschichte dürfte hinlänglich bekannt sein: Da die Bewohner zu Babel dem Herrn mit ihrem Turm bedenklich nahe auf den Pelz rückten, verwirrte dieser nachhaltig die Sprachen - und wir dürfen die Suppe heute auslöffeln. Je internationaler der tägliche Schriftverkehr durch E-Mail und Fax geworden ist, umso gravierender wird die Sprachbarriere. Damit der leidgeplagte ATARI-User nun aber nicht den Spaß an der Freude verliert, entwickelte Richard Gordon Faika zwar keinen neuen Turm, aber immerhin ein sehr gutes übersetzungs-Tool mit dem Namen Arthur. Die 98er- Version (1.8) wollen wir uns einmal genauer anschauen. Wir alle kennen das Problem: Da lesen wir ein Buch oder schreiben einen Brief in einer fremdem Sprache und schon fehlen uns einige Wörter, die zum Verständnis eigentlich notwendig sind.Theoretisch könnten wir nun aufstehen und den gesuchten Begriff in einem Fremdsprachenlexikon nachschlagen, was aber leider mit einiger Mühe verbunden ist. Je umfangreicher das Wörterbuch, umso länger wird die Suche dauern. Genau hier setzt Arthur an: Das Programm ist immer dann zur Hand, wenn es darauf ankommt, einzelne Wörter oder ganze Phrasen von einer Sprache in eine andere zu übersetzen.

Wichtigster Teil des Arthur-Programmpaketes sind somit auch die Sprachbibliotheken, die die Grundlage zu Arthurs Wortschatz bilden. Mitgeliefert werden Bibliotheken für die Sprachen Englisch und Französisch, wobei auch eine Wortsammlung zur Übersetzung englischer Texte ins Französische und umgekehrt zur Verfügung steht. Am umfangreichsten ist erwartungsgemäß die englische Bibliothek, die immerhin über 2 MB umfaßt.

Die Arbeit mit Arthur

Nach dem Programmstart öffnet Arthur ein übersichtliches und optisch sehr gelungenes Eingabefenster (siehe Bild) für zu übersetzende Wörter.

Nachdem alle notwendigen Pfadangaben zu den Bibliotheken vorgenommen sind, muss man sich nun für die Sprache entscheiden, von der oder aus der heraus übersetzt werden soll. Darüber hinaus können einige Voraussetzungen festgelegt werden, die bestimmen, wie Arthur bei der Suche vorgehen soll.

Standardmäßig unterscheidet das Programm bei dem eingegebenen Suchbegriff nicht zwischen Groß- und Kleinschreibung. Deaktiviert man diese Einstellung allerdings, wird nur nach einem Begriff gesucht, dessen Schreibweise mit der des eingegebenen Wortes identisch ist.

Ist die Option "lokale Suche" aktiviert, wird nicht die gesamte Bibliothek, sondern nur jene durchsucht, die mit dem Anfangsbuchstaben des Begriffs übereinstimmt. Natürlich wird die Übersetzungsarbeit dadurch erheblich beschleunigt.

Interessant ist auch die anzuwählende "intelligente" Suchoption. Ist diese aktiviert, sucht Arthur ergänzend auch nach Anlehnungen an den eingegebenen. Gibt man nun z.B. den Begriff "Fahren" ein, liefert Arthur unter anderem die Phrase "Fahren Sie langsamer/Slow down!" zurück.

Abschließend kann noch die Anzahl der Begriffe festgelegt werden, die Arthur zurückgibt. Wer schon einmal mit anderen Übersetzungs-Tools gearbeitet hat, dürfte von der angenehm hohen Suchgeschwindigkeit Arthurs angetan sein. Als Beispielbegriff haben wir einmal das Wort "Apfel" eingegeben und haben es vom Deutschen ins Englische übertragen lassen. Bei eingeschalteter intelligenter Suche lieferte uns Arthur auf einem Hades 040 innerhalb von nur 1.36 Sekunden immerhin 11 Ergebniseinträge zurück. Der Begriff "Auto" lieferte 16 Einträge in 0.44 Sekunden. Die zugegebenerweise kleinere französische Bibliothek wurde nach demselben Wort in sogar nur 0.1 Sekunden durchsucht und konnte immer noch 16 Einträge zu Tage fördern. Arthur lässt sich also ohne weiteres als schneller Übersetzer praktisch nebenbei betreiben. Die Ergebnisrückgabe kann wahlweise in einem GEM-Fenster oder auf einem angeschlossenen Drucker erfolgen. Wählt man die Darstellung in einem Fenster, öffnet Arthur einen Ergebnisdialog, in dem man sich mittels eines Scrollbalkens die übersetzten Begriffe anzeigen lassen kann (siehe Bild). Alternativ können diese jedoch durch den Menüpunkt "Anzeigen" auch in einer übersichtlichen Liste dargestellt werden.

Interessant ist auch die Option, übersetzte Begriffe auf das GEM-Clipboard auszugeben, so dass diese per "Cut & Paste" direkt in eine parallel laufende Applikation übernommen werden können. So kann man z.B. mit qed einen englischen Brief schreiben und sobald ein unbekanntes Wort auftaucht, von Arthur übersetzen lassen. Dieser Vorgang funktioniert übrigens auch umgekehrt: Arthur übernimmt aus dem Clipboard einen Begriff, übersetzt ihn und liefert das Ergebnis postwendend auf demselben Wege zurück. Mit etwas übung und einer an die eigenen Bedürfnisse angepaßten Bibliothek lässt sich hier schon bald effektiv arbeiten. Sinnvollerweise können zu übersetzende Wörter auch per "Drag & Drop" an das Eingabefenster übergeben werden. Hierzu markiert man in einem externen Texteditor ein Wort oder einen ganzen Satz und zieht diesen einfach auf den Suchdialog von Arthur. Hier wird er in das Editfeld eingefügt und kann nun übersetzt werden. Der wohl am meisten verbreitete Editor qed unterstützt das Ziehen von markierten Blöcken allerdings nicht, weshalb man hier weiter mit dem Clipboard arbeiten muss. Die mitgelieferte Online-Hilfe im ST-Guide-Format empfiehlt in diesem Zusammenhang übrigens den Texteditor "Fred" von Dirk Steins.

Auch die optische Gestaltung der Oberfläche verdient besondere Erwähnung: Der Programmierer hat es sich nicht nehmen lassen, einige optische und funktionelle Extras in die saubere GEM-Applikation einzubauen. Mit einem Klick auf ein Fadenkreuz-Icon wird z.B. der gewählte Dialog automatisch zentriert. Sogar das Aussehen der Grow- und Shrinkboxen lässt sich zwischen mehreren Optionen auswählen. Diese optischen Effekte hinterlassen einen so positiven Eindruck, dass man sie sich schon bald für alle Programme wünscht. Noch positiver wäre es allerdings, wenn diese Spielereien noch etwas ausgereifter wären, denn beim Schließen einiger Dialoge stürzte Arthur unter N.AES kurzerhand ab.

Die dicke Berta

Berta ist der zweite Teil des Arthur-Programmpaketes. Es handelt sich dabei um ein externes Bearbeitungsprogramm für die Sprachbibliotheken des Hauptprogramms. Mit Hilfe dieser Applikation lassen sich also Begriffe aus den Bibliotheken entfernen sowie neue hinzufügen.

Nach dem Laden einer Bibliothek öffnet Berta eine Liste der darin enthaltenen Begriffe (siehe Bild). Am rechten Rand des Dialogs finden sich verschiedene Buttons zur Bearbeitung der angezeigten Wörter. So kann hier nach einem in der Bibliothek enthaltenen Wort gezielt gesucht werden. Ist dieses gefunden, öffnet sich ein Bearbeitungsdialog, der Änderungen möglich macht. Auch in Berta kann mit dem Clipboard gearbeitet werden, womit Begriffe an externe Applikationen weitergegeben bzw. von diesen importiert werden. Natürlich können auch komplett neue Wörter eingegeben werden, die dann in der Bibliothek gespeichert werden. Denkbar wäre hier zum Beispiel das Anlegen eines Fachwötterbuches.

Fazit

Sicherlich darf das Arthur-Paket nicht mit großen maschinellen Übersetzungsprogrammen verglichen werden, die ganze Texte komplett in andere Sprachen übertragen (interessanterweise gibt es hier auch auf anderen Plattformen noch keine wirklich professionell einsetzbaren Lösungen). Trotzdem erfüllt es die vorgegebene Aufgabe, Begriffe schnell und flexibel zu übersetzen und auf verschiedenen Wegen auszugeben, hervorragend. Die hohe Arbeitsgeschwindigkeit und die durchdachte Oberfläche machen die Arbeit mit Arthur zur reinen Freude, wenn man von den leichten Problemen mit N.AES einmal absieht. Besonders unter Multitasking-Systemen kann das kompakte Programm unauffällig im Hintergrund lauern und immer dann zur Hand sein, wenn man es gerade braucht. Vielleicht sollte man für SingleTOS-User sogar andenken, Arthur auch als ACC verfügbar zu machen. Ich persönlich greife in letzter Zeit jedenfalls immer häufiger beim Bearbeiten meiner täglichen E-Mail auf Arthur zurück und möchte dieses ebenso mächtige wie praktische Tool nicht mehr missen. Wer sich die Mühe macht, die schon recht umfangreichen Bibliotheken selbst zu erweitern, kann schon sehr bald komfortabel und zweckgebunden mit Arthur arbeiten.

Testkonfiguration

a) Hades 040,16 MB RAM, Nova PCI Grafikkarte,N.AES 1.1.6,Speedo G.3
b) ATARI MegaSTE 4,4 MB RAM, Crazy DotsII, MagiC 6,NVDI ET4000

Preis: 39 EUR inkl. Versand

Bezugsquelle:
Richard Gordon Faika Softwareentwicklung
http://www.rgfsoft.com


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 10 / 1998, Seite 19

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