Linux 68k - ALD 2.0 (1): Grundlagen, Tips und Tricks

Aller Anfang ist ... Nun ist es endlich so weit. Delta Labs me-dia hat auf der Atari-Show im Frühjahr eine neue ALD vorgestellt.

Doch - wie dies bei neuen Produkten scheinbar leider gang und gäbe ist - gibt es leider auch hier einiges an Steinen, die dem Endanwender in den Weg gelegt werden, bevor er ein neues, mächtiges Betriebssystem samt Programmen auf seinem Rechner bewundern kann.

Viele der Probleme wurden - dank der Rückmeldungen von einigen Usern -schnell eingekreist und sind mit dem nächsten Update behoben. Zu allererst möchte ich darum um Verständnis dafür bitten, daß es bei einer derartig komplexen und umfangreichen Distribution (>600MB!) schon einmal dazu kommen kann, daß es Probleme gibt, die nicht rechtzeitig vor der Erstellung der Master-CD bekannt und behoben werden konnten. Dazu kommt, daß es aufgrund eines Hardwaredefekts beim federführenden Autor (mir) zu einem Datenverlust kam, bei dem u.a. auch die ausführliche Installationsanleitung betroffen war. Ich möchte mich dafür an dieser Stelle ausdrücklich entschuldigen.

Ich werde nun die häufigsten Probleme aufzählen und hoffe, daß damit denen geholfen werden kann, die bisher noch kein Update der ALD oder der Dokumentation erhalten konnten.

Ich kann keine Start-/ Rootdisketten erstellen:

Dies ist kein a) Problem und b) auch nicht tragisch. Leider kamen die Ordner auf der CD ein wenig durcheinander, aber folgende Lösung behebt das Problem: Man erstelle auf einer Atari-Partition einen Linux Ordner (z.B. "linux") und kopiert den Inhalt des Atari Ordners dort hinein. Dazu kopiert man nun den Inhalt des "common" Ordners (ebenfalls im disks-m68k Verzeichnis). Nun startet man ataboot.ttp und - violä erhält man einen Startbildschirm.

Ich kann mein installiertes System nicht booten / keine Bootdisketten erstellen:

Dafür benötigt man keine Startdisketten, auch ist der Atarililo noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt (beta-test), so daß man am besten (und bequemsten) auf folgende Möglichkeit ausweicht: Man erstellt einen Linux Ordner auf einer Atari Partition (z.B. "linux") und kopiert nun den Inhalt des disks-m68k/atari Ordners dort hinein.

Nach der Installation ändert man die Datei "bootargs" folgendermaßen ab:

	-k vmlinux root=/dev/xxxn ro 

Das "xxx" steht dabei für die Festplatte (z.B. hda für die erste IDE oder sda für die erste SCSI Platte) und "n" für die Partition. Während der Installation wird von dinstall allerdings auch mitgeteilt, welche Partition man als "root filesystem" mounted - dies wird die Startpartition.

Ich möchte eine TOS Partition "mounten".

Das ist recht einfach: Egal, ob man bei der Installationsramdisk ist oder bereits ein lauffähiges System hat, kann man folgendermaßen eine TOS Partition mounten:

	mount -t msdos /dev/xxxn /zielverzeichnis 

Besonders gerne wird "/mnt” als Zielverzeichnis genommen, da dies ein leeres Verzeichnis ist, welches genau für diesen Zweck gedacht ist. Möchte man ein Minix Filesystem mounten (lange Dateinamen), dann ist das -t msdos durch ein -i minix zu ersetzen bzw. das -t ganz auszulassen. Für die langen Dateinamen untei Magic benutzt man das VFAT Dateisystem (-t vfat), welches auch für Windows95 Festplatten genutzt wird.

Darf ich die ALD 2.0 in die USA importieren/exportieren?

Ja, die ALD 2.0 ist eine internationale Version. Seit Version 2.0.1 wird zwischen einer internationalen und einer US Version unterschieden. Dabei werden in der US Version einige Pakete (z.B. PGP) fehlen, da diese unter das Waffenexportverbot der USA fallen.

Welche Pakete soll ich installieren?

Das hängt ganz davon ab, wozu der Rechner dienen soll. Als Beispiel sei hier meine Konfiguration genannt, wo ein Apache HTTP Server (nach Apache kann man in dselect suchen, indem man "/" drückt und dann apache eingibt) für "WWW Seiten" läuft, sendmail als MTA (mail transport agent, das ist das Programm, welches die E-Mail weitertransportiert), wuftp als FTP Server (für Filetransfer), samab für den transparenten Zugriff auf Dateien von Windows95 aus (und umgekehrt; ich empfehle, daß smbmount Paket zusätzlich zu installieren), ircd als IRC Server und schließlich mgetty für Faxe und Einwahl über Modem. (Wer das testen möchte, kann meinen Rechner unter 02501-2765124 erreichen). Nicht zu vergessen cucipop, damit man z.B. auch von einem Windows Rechner mit Netscape oder Eudora komfortabel seine E-Mails abrufen kann (mittels POP3 Protokoll). Als E-Mail werden einem auch automatisch die Faxe, die mgetty empfangen hat, zugesandt, so daß man den Linux-Rechner auch in eine ruhige Ecke stellen und ihn als Fax und Intranetserver stehen lassen kann.

Als Editor kann ich empfehlen, "joe" zu installieren - er ist leicht zu erlernen, klein und handlich. Wer möchte, kann natürlich auch den "vi" benutzen, der ist aber für Anfänger recht schwer zu erlernen.

Hier einige weitere Tips

Eine SQL Datenbank ist dabei (mSQL), die zwar eine eingeschränkte kommerzielle Version darstellt, aber dennoch sehr brauchbar ist. Außerdem ist Xll, die grafische Benutzeroberfläche, mitgeliefert und damit auch die bekannten Fenstermanager (fvwm). Am besten schaut man in die Beschreibungen der Pakete, die dselect ausgibt, oder auf die Liste der verfügbaren Pakete.

Wieviel Pakete gibt es?

Der Umfang der ALD 2.0 CD entspricht in weiten Teilen der Debian/68k Distribution. Diese hat den Status von ca. 90% der Intel-Pakete erreicht. Nun mag mancher fragen: Warum gibt es nicht alles für den Atari/Amiga? Die Antwort ist folgende: Erstens gibt es nicht genügend Freiwillige, die alle Pakete aus der Intel Distribution übersetzen bzw. entsprechend anpassen, auf der anderen Seite sind viele Pakete aber auch hardwarenah geschrieben (Assembler!), so daß deren Portierung auf die Linux/68k Plattform nahezu unmöglich ist (sie basieren z.B. auf der libsvga oder spezieller PC-Hardware - Fritz ISDN Karten o.ä.).

Welche Module muß ich installieren?

Das ist auch ganz verschieden. So ist z.B. der Support für Lance-basierende Ethernetkarten (PAMs Karten am VME Bus des TT beispielsweise) im Kemel bereits fest eingebunden, während PPP als Modul geladen werden muß. Am besten, man schaut sich hierzu die Hilfe der Module an oder probiert ein wenig aus. (Nicht vergessen: Linux ist ein komplett neues Betriebssystem, man kann einfach nicht erwarten, daß man sich an den Rechner setzt und alles für einen erledigt wird - das wäre ja wie bei Windows, wo man nicht einmal etwas machen muß, um einen Absturz frei Haus zu bekommen!)

Ich habe seltsame Abstürze/ Fehlverhalten auf meinem TT

Es kann sich hierbei um ein bekanntes Hardwareproblem mit dem TT-Daughterboard (der FPU Ansteuerung) handeln. Für weitere Informationen schreiben Sie mir bitte eine E-Mail.

Ich habe eine Grafikkarte angeschlossen, ...

— und nun sehe ich nichts! Dies liegt darin begründet, daß Linux seine eigenen Treiber für alle Geräte mitbringt und bisher nicht erkennen kann, ob man eine externe Grafikhardware verwendet (gerade beim Hades ist das im Moment sehr äiger-lich). Aber dem kann abgeholfen werden, indem man Linux dies von Hand mitteilt: Wieder ist ein Ordner auf der Festplatte mit den Tools aus dem "atari" und "common" Verzeichnis zu erstellen. Die Bootargsdatei muß dazu folgendermaßen verändert werden:

	video=external:<x-auflösung>;<y-auflösung>;<farbtiefe-in-bit>;<art-des-grafik-speichers>;
	<bildschirmspeicher>;;<vga-basisadresse>;<größe-der-farbregister> 

Eine Beispielkonfiguration (von meiner SuperNova; Falcon!) wäre folgendermaßen:

	video=external: 1024;768;8;p; 0xffc00000;;0xfib00000;8 

Dabei wird eine Auflösung von 1024x768 pixel in 8bit Farbtiefe ausgewählt. ACHTUNG! Diese Werte stimmen nur für die genannte SuperNova mit 2MB Speicher. Für andere Karten und Rechner sind hier andere Werte einzutragen!

Wie kann ich denn die Partitionskennungen umstellen, ...

... dinstall sagt immer, daß er keine Li-nux/Swap Partition finden kann! Dies ist im Moment nur mittels eines geeigneten (leider kommerziellen) Harddisktools möglich (HD-Driver Paket; SCSl-Tools). Dabei müssen die Kennungen von GEM/BGM auf LNX (Linux Partition) bzw. SWP (Swap Partition) umgestellt werden. Demnächst wird dies mittels eines eigens mitgelieferten GEM Programms, wie dies der eine oder andere von der ALD 1.0.x gewöhnt sein mag, möglich sein! Das Programm befindet sich zur Zeit in Entwicklung und sollte gegen Ende des Jahres verfügbar sein. Ebenfalls wird dies über ein spezielles Harddisktool, welches über dinstall aufgerufen werden kann, möglich sein. Zur Zeit ist von diesem Menüpunkt abzuraten.

Muß ich vorher ein Backup der (Atari-)Festplatte machen?

Auch wenn das System sehr sicher ist und mir selbst auf einem instabilen Rechner (Afterburner) bisher noch keine Datenverluste auf den TOS Partitionen vorgekommen sind, so empfehle ich doch dringend, von einer Backupmöglichkeit VOR der Installation Gebrauch zu machen.

**Ich habe kein Bild bei der Verwendung eines SM 124 am Falcon. **

Bitte die Bootargs folgendermaßen editieren: "video=keep". Damit sollte auch der Raubvogel wieder ein ordentliches Bild liefern - allerdings auf diesem Gerät nur schwarzweiß ;-)

Wie sieht die Zukunft aus?

Auch in Zukunft wird die ALD auf einem aktuellen Stand gehalten und nach Möglichkeit an neue Hardware angepaßt (Milan, ...). Dies hängt jedoch ganz davon ab, wie viele Entwickler sich weiterhin um den (sehr kleinen) Atari Sektor im 68k Kernelbereich kümmern werden. Bis jetzt besteht jedoch kein Grund zur Sorge, daß die Entwicklung ins Stocken geraten könnte. Der Kemel ist auf dem Stand des Intelzweiges, die Debian Pakete sind auf einem recht aktuellen Stand und auch delta labs media arbeitet an neuen CDs. So wird eine Source CD für all diejenigen verfügbar gemacht, die sich gerne die Pakete oder enthaltene Software (vielleicht speziell auf ihren Prozessor optimiert) selbst übersetzen oder modifizieren möchten, und es wird in Kürze eine weitere CD geben, auf der nützliche Programme und Tools zu finden sein werden. Die Haupt-CD ist einfach so voll, daß in absehbarer Zeit nicht einmal das original KDE Paket darauf passen wird (die Debian Pakete natürlich schon), ganz zu schweigen von den Mozilla (Netscape) Sourcen oder sonstiger interessanter Software.

Wo treten sonst noch Probleme bei der ersten Installation auf?

Der X-Server wird auf dem Falcon seinen Dienst verweigern. Dieses Problem ist bekannt und wird mittels eines einfachen Kernel-Updates (~700kb) behoben sein . Emacs ist leider in der mitgelieferten Version nicht installierbar, weil (fälschlicher Weise) eine Abhängigkeit von anderen Paketen erkannt wird. KDE beta 3 ist nicht installierbar, weil das Qt Paket in einer zu alten Version vorliegt. Dies wird zum einen dadurch behoben, daß eine neue Qt Library ausgeliefert wird, zum anderen aber auch dadurch, daß direkte KDE Debian Pakete existieren werden. LibpamOg läßt sich nicht installieren (und damit davon abhängige Pakete), weil libpamOg-util nicht vorhanden ist. Das Problem wurde bereits gelöst. Zur Zeit treten beim Hades noch Probleme auf. (Floppy wird nicht unterstützt, manchmal scheint es Probleme mit der Grafikhardwareadresse zu geben). Ich empfehle dringend den Start vom ganz normalen TOS aus - kein Magic, Multi-Tos, N.aes oder Vergleichbares - nacktes PlainTOS ist angesagt!

Es gibt für den Falcon Afterbumer keinen stabilen Kemel -eine sichere Funktion kann damit zur Zeit leider fast ausgeschlossen werden;-(

Bis zur nächsten Ausgabe verbleibe ich mit der Hoffnung auf einen Afterbumer Kernel und eine VME-Bus Ethernetkarte (wer verkauft mir eine?).


Thomas O. Kruse
Aus: ST-Computer 11 / 1998, Seite 34

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