Meinungen und Ansichten: Eine Welt voller Betriebssysteme?


Es ist schon komisch, wie sich die Computerbranche entwickelt. Noch vor Jahren wies alles auf eine reine Windows-Dominanz hin. Klar, Atari oder Amiga hatten seit Beginn der 90er Jahre kaum noch etwas auf dem Weltmarkt zu vermelden, und auch Apple geriet bis vor drei Jahren so sehr ins Hintertreffen, dass ein Fortbestehen des Unternehmens gefährdet schien.

Bis etwa zu dieser Zeit war das Ziel der Hardwarebranche nicht nur, die Prozessoren immer leistungsfähiger zu gestalten, sondern auch die Flexibilität und Ausbaufähigkeit der Computer kontinuierlich zu steigern. Die Tower-Gehäuse der PCs wurden immer größer und die Anzahl der Einsteckmöglichkeiten permanent erweitert. Ich möchte nicht behaupten, dass dieser Trend nun beendet ist, doch es hat sich innerhalb der vergangenen zwei Jahre eine interessante Tendenz entwickelt, die parallel zum traditionellen PC-Wettrüsten immer größere Bedeutung gewinnt: Computer werden immer kleiner und handlicher und Betriebssysteme verlieren an Bedeutung. Zu verdanken ist das mit Sicherheit dem internet. Denn das Internet hat sich als weltweites und Betriebssystem-unabhängiges Informationszentrum gemausert. Ein großer Teil der privaten und geschäftlichen Korrespondenz wird auf das Senden und Empfangen von eMails verlagert, aber auch klassische Software-Anwendungen werden nun online und auf HTML-Basis angeboten. Und wenn man sich genau anschaut, welche Anforderungen der größte Tei| aller Computer-Anwender insbesondere im Bürobetrieb an seinen Rechner stellt, dann sieht man, dass dieser insbesondere die Kommunikation erleichtern und als Informations-Zentrale dienen soll. Um eben diese Aufgaben zu erledigen, ist es nicht notwendig, eine Auswahl von etlichen Grafik-und Soundkarten zu haben, exzellente Spiele mit filmrealistischen Szenen zu besitzen und Videofilme in Echtzeit zu bearbeiten. Und plötzlich werden Computer wieder kleiner oder sie mutieren gleich zum reinen Internet-Terminal. Führende Hardware-Hersteller wie Compaq oder Intel arbeiten an Net-PCs auf Linux-Basis und erwarten riesige Absatzzahlen. Diese Tendenz ist insofern sehr willkommen, als man durch eine kompakte, aufeinander abgestimmte Hardware und ein ausreichend umfangreiches Betriebssystem eine Lösung erhält, die deutlich absturzsicherer und preiswerter ist, als es herkömmliche PCs sein können.

Und wie profitiert der Atari-Anwender von dieser Tendenz? Nun, zum einen könnte er sagen, er habe es schon immer gewusst: Eine kompakte Office-Maschine ist eigentlich genau das, was ein Großteil der Computeranwender benötigt. Aber das allein wäre ja nicht wirklich befriedigend. Einen viel größeren Nutzen kann jeder von uns aus der neuen Entwicklung ziehen, indem er über einen Internet-Anschluss auf ein exzellentes Informationsangebot zurückgreift, das ihm aufgrund Mangels an passender Software bislang auf seinem Atari verwehrt blieb.

Ich habe Ihnen einmal einige Beispiele herausgesucht. Alles, was Sie zum Nachvollziehen benötigen, ist ein Atari mit einem einem Internet-Zugang, und Sie besitzen unter TOS …

... einen Routenplaner:

Haben Sie sich schon, immer gewünscht, sich die exakte Wegbeschreibung für eine Strecke innerhalb Deutschlands oder Europas ausrechnen und anzeigen zu lassen? Dann probieren Sie es doch einfach mal mit www.falk-verlag.de. Der bekannte Faltkarten-Anbieter stellt unter dieser Adresse einen komfortablen Routenplaner zur Verfügung. Sie geben lediglich Start- und Endpunkt ihrer Fahrt ein und erhalten eine detaillierte Straßen-Liste und auf Wunsch auch sowohl eine Übersichts- als auch eine exakte Zielkarte. Der Seitenaufbau und die Berechnung erfolgen sehr schnell, so dass man mit insgesamt zwei bis maximal drei Minuten ein komplettes Ergebnis erhält.

... die aktuellste Telefon-Auskunft:

Die letzte Telefon-CD für den Atari ist vor über drei Jahren erschienen und verfügt daher über einen stark veralteten Datenstamm. Für den PC erscheinen nach wie vor regelmäßig aktualisierte Telefon-Auskünfte, die teilweise nur noch DM 10.- bis DM 15.- DM kosten. Aber das kann uns egal sein, denn wesentlich cleverer ist es, auf das Angebot von www.teleauskunft.de zurückzugreifen. Hier erhält der Suchende die Möglichkeit, im Bundesweiten Telefonoder Branchenbuch nach Einträgen zu suchen. Der Vorteil der Webauskunft ist auf jeden Fall, dass die Daten stets aktualisiert werden, so dass das regelmäßige Nachkaufen einer Auskunfts-CD entfällt.

... ein Lexikon:

Wer aktuelle Informationen aus einem hochwertigen Nachschlagewerk benötigt, der kann ebenfalls auf ein Online-Angebot zurückgreifen. Unter www.iicm.edu/meyers erhalten Wissensdurstige Zugriff auf die Online-Version von Meyers-Lexikon.

... ein Wörterbuch:

Langenscheidt stellt unter www.langenscheidt.aol.de ein Fremdwörterbuch zur Verfügung. Es lässt sich sehr einfach bedienen und arbeitet schnell.

Der eine oder andere mag nun anmerken, dass das Nutzen des Internets zum Finden einer Rufnummer zu umständlich sei, doch sollte man nicht vergessen, dass man dabei eine Menge Geld sparen kann - und bei Einsatz eines entsprechenden 56K-Modems ist das Arbeiten schon flott möglich. Eine Telefon-CD kostet rund DM 15.- und sollte sinnvollerweise halbjährlich neu erworben werden. Derzeitige Internet-Anbieter ermöglichen das Surfen für 2.9 Pf/Min. Und wenn man davon ausgeht, dass eine Web-Telefon-Auskunft 1-2 Minuten in Anspruch nimmt, dann ist die CD-ROM erst nach 260 Auskünften pro Halbjahr günstiger als die Online-Auskunft.

Denken Sie also daran: Ein neues Modem ist deutlich günstiger als ein neuer Computer. Wagen Sie den Schritt ins Internet, und Sie werden Ihr Softwareangebot kräftig aufpolieren.

Mit den besten Grüßen Ali Goukassian

Die an dieser Stelle geäußerten Meinungen spiegeln nicht unbedingt die Meinung der gesamten Redaktion wieder.



Aus: ST-Computer 05 / 2000, Seite 9

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