Smurf 1.06 - Zwischenetappe der EBV

Lange Zeit war es still um die Bildbearbeitung Surf aus dem Hause Therapy Seriouz Software. Nun ist als Zwischenschritt zur Version 1.1 das Release 1.06 erschienen. Matthias Jaap schaute sich den EBV-Profi näher an.

Etwas über zwei Jahre ist es her, da sorgte Smurf in der Atari-Welt für Aufsehen. Nach ein paar Zwischenupdates wurde es jedoch etwas ruhiger um den Grafikschlumpf. Jetzt ist mit der Version 1.06 wieder ein Lebenszeichen von dem Programm zu vernehmen, die Version 1.1 ist ebenfalls in Arbeit.

Wer den Testbericht in der st-computer 5/98 nicht gelesen hat und Smurf nicht kennt, dem sei gesagt das es sich bei dem Programm um einen Grafikkonvertierer und eine ambitionierte Bildbearbeitung handelt, der in allen Farbtiefen arbeitet. Nebenbei hat das Programm auch einen eigenartigen Einfluss auf diverse Autoren in der Atari-Welt ausgeübt und so bestanden manche Berichte über Smurf aus mehr Schlumpf-Wörtern als sonstigen Begriffen.

Testumgebung

Für den Test stand die Version 1.06 zur Verfügung, die in True Color unter MagiCPC betrieben wurde.

Installation

Zur Installation des Programms dient das bekannte GEM-Setup. Viel zu installieren gibt es nicht, neben dem Hauptprogramm gibt es die Module/Plugins sowie die Dateien für BubbleGEM. Da GEM-Setup ein ausgereiftes Installationsprogramm ist, geht die Installation entsprechend problemlos vonstatten.

Look & Feel

Nach dem Start von Smurf erscheint ein kleines Statusfenster und die Menüleiste. Ein witziges Detail des Statusfensters ist der Balken, dessen Aussehen verändert werden kann. Ebenso viel Aufwand wurde in die Gestaltung der Dialoge gelegt, zwar werden die klassischen Bedienelemente verwendet, aber diese wurden neu gestaltet, getreu dem Motto "Dies ist Design". Für die Ästheten stehen drei verschiedene Looks zur Auswahl, wobei "abgefahren" seinem Namen nicht unbedingt gerecht wird. Es gibt allerdings keine Möglichkeit den Smurf-Look zugunsten der Betriebssystem-Bedienelemente auszuschalten.
Für ein Kreativ-Programm ist das Design vom Smurf sehr gut gelungen, besonders wenn man sich im Vergleich den Photoshop anschaut. Noch schöner wäre es, wenn das Aussehen beliebig anpassbar wäre, wie es z.B. Adamas gestattet.

Der Optionsdialog bietet nun alle Features übersichtlich in Karteikastenreistern.

Optionales

Zugelegt hat Smurf bei den Optionen. Der Dialog ist nun in vier Dialogkarten aufgeteilt. Den einzelnen Preview-Funktionen lassen sich jetzt verschiedene Dithering-Methoden vorgeben. Die Methoden selber sind die gleichen wie in der ersten Smurf-Version (Fast Diffusion, Floyd Steinberg, Nearest Color...), an Previews unterscheidet Smurf zwischen den Modul-Previews, Previews beim Verschieben und den Thumbnails des Bildmanagers.
Besonders wichtig für die automatische Konvertierung ist die Karte "Wandlung" in der die Dithering-Methode und die Palette eingestellt wird.

Konvertierungsarbeit

Smurf bietet eine Fülle an Import- und Export-Modulen, die den Urahn GemView deutlich übertreffen. Mittlerweile hat auch der wichtige GIF-Exporter Einzug gehalten.
Der GIF-Export verfügt über einen zusätzlichen Dialog, in dem man die GIF-Version (87a/89a) und die Transparenzfarbe bestimmen kann. Seltsamerweise war beim Testexemplar die Option "interlaced" angekreuzt aber ausgegraut (und somit nicht anwählbar) angezeigt. Zwar spricht im praktischen Einsatz nichts gegen interlaced GIFs, aber die Option sollte dennoch anwählbar gemacht werden. Die Transparenz lässt sich über den Palettenindex bestimmen. Optimaler wäre sicherlich ein eingebauter GIF-Optimierer mit Preview-Funktion, die auch gleich zeigt, wie das Bild nach der Transparenzschaltung aussieht. Zwar lässt sich beim GIF-Format nicht direkt die Qualität reduzieren, aber durch die Reduktion der Farben erhält man kleinere Dateien. Dazu muss aber auch zugelassen werden, auch auf "krumme" Farbpaletten zu reduzieren (z.B. eine Palette mit 14 Farben). Verbessert wurde auch der TIFF-Import, der nun auch mit problematischen TIFFs zurecht kommen sollte.

Was bei der Farbreduktion auffiel ist, das diese nicht direkt im Programm möglich ist, sondern erst durch das erneute Speichern des Bildes. Aber auch dann hat man keine direkte Kontrolle über die Farbzahl, es sei denn, man geht über die Multikonvertierung. Eine Einzelkonvertierung inkl. einer Palettenreduktion à la Photoshop wäre wünschenswert. Bei der Gelegenheit könnten auch systemspezifische Paletten (Mac/Windows) und die sogenannte Web-Palette (216 Farben) eingebaut werden.

Im GIF-Exporter kann der GIF-Typ und die transparente Farbe bestimmt werden.

Als sehr mächtig hat sich die Konvertierung ganzer Pfade erwiesen. Per Extension und Wildcard lassen sich die gewünschten Dateien automatisch von Smurf in ein anderes Grafikformat konvertieren lassen. Von diesen Export-Format existieren dann auch eine ganze Menge, selbst ins "Atari Public Painter"-Format lassen sich die Bilder exportieren. Der wichtige GIF-Export ist zwar vorhanden, aber dafür fehlen JPEG und PNG. Für diese Formate muss also weiterhin ein Grafikprogramm oder GEMView bemüht werden, wobei die bisherigen JPEG-Exporter auf dem Atari kaum beeindrucken können. Mit Smurfs Preview-Funktionen wäre sicherlich ein guter JPEG-Export realisierbar.
Kommandoshell-Fetischisten könnten sicherlich noch bemängeln, das keine regulären Ausdrücke als Wildcards möglich sind.

Effekt-O-Mat

Smurf hat mit seinen Effektmodulen einen neuen Standard gesetzt. Fast jeder Effekt verfügt über einen eigenen Dialog mit einem (sehr schnellen) Preview-Fenster und zusätzlichen Optionen. In der Testversion standen "nur" die bekannten Effekte zur Verfügung, es können jedoch jederzeit zusätzliche Effekte hinzugefügt werden.
Vergleicht man die Geschwindigkeit in den Preview-Fenstern zwischen Smurf und Photoshop 5 so lagen beide Programme auf dem Testsystem etwa gleich auf. Auch die Berechnung erfolgt ähnlich schnell. Erfreulicherweise bleibt aber Smurf selbst auf einem alten Falcon ordentlich schnell, ab 68040 (Milan) lässt sich Smurf auch prima zur Demonstration der Leistungsfähigkeit eines TOS-kompatiblen Rechners. Viele Effekte sehen aber erst richtig beeindruckend ab einer Farbtiefe von 15 Bit (32000 Farben) aus - wer also nach einem Grund für den Kauf einer Grafikkarte oder eines TOS-Clones sucht, Smurf ist einer. Etwas längere Berechnungszeiten fallen erst bei etwas größeren Grafiken (z.B. Scans) an.

Die Module in sich sind relativ flexibel, jedoch werden sie immer auf das gesamte Bild angewendet, selbst wenn ein Block markiert ist. In diesem Fall hilft nur, den gewünschten Block freizustellen, den Effekt anzuwenden und ihn dann in das Ursprungsbild zu kopieren.
Die besten Effekte lassen sich durch Kombination erreichen, viele Tips wurden bspw. in alten Ausgaben der st-computer gegeben. Leider müssen diese Kombinationen jedoch immer wieder eingegeben werden und lassen sich nicht als neuer Effekt oder Makro speichern. Ebenso wäre ein mehrfach Undo für lange Effektorgien wünschenswert.

Bei der Modulauswahl gibt es nicht viel zu meckern. Nur die Rendering-Filter (Beleuchtung, Blenden, Wolken) des Photoshops wurden vermisst.

Blockbildung

Smurf verfügt über einfache Blockfunktionen. Der Block wird wie bei Atari-Programmen üblich markiert und kann dann über das "Bearbeiten"-Menü verändert werden. Nachdem der Block aufgezogen ist, lässt er sich noch an den Seiten in der Größe weiter verändern. Nun kann man den Block entweder kopieren oder ausschneiden. Eine Spezialfunktion ist das Freistellen, die den Block vom Rest des Bildes "befreit". Leider neigte diese Funktion beim Test zum Abstürzen.
Um den Block aufzuheben muss man die linke Maustaste außerhalb des Blockes gedrückt halten. Leider sind die Blockfunktionen nur für eher einfache Arbeiten geeignet. Da auch keine Lupe vorhanden ist, lassen sich auch rechteckige Blöcke nur ungenau markieren. Wer pixelgenaue Blöcke markieren muss, sollte also auf eine externe Fenster-Lupe zurückgreifen.
Schön wäre es auch, wenn sich der Dialog "Neues Bild" nach der Größe des Bildes auf dem Clipboard richten könnte. Umfangreichere Blockfunktionen wären sicherlich nicht verkehrt, denn schließlich ist Smurf auch ein idealer Zulieferer für Grafikprogramme.
Ebenso müssten die Effekte sich jeweils auf den aktuellen Block beziehen.

Smurforama

Es gibt sicherlich noch eine ganze Reihe von Wünschen, die man an Smurf stellen kann. Es ist auch die Frage, inwieweit sich die Anwendungsgebiete von Smurf und einem klassischen Grafikprogramm wie Pixart überschneiden sollen. Vielleicht können sich die Programmierer der beiden Programme über eine gegenseitige Unterstützung per GEMScript verständigen.
Noch besser wäre es, wenn es nur noch ein programmübergreifendes Plugin-Format für Grafik-Effekte geben würde, denn die große Anzahl von Photoshop-Plugins auf dem Mac/PC liegt nicht zuletzt daran, das dieses Format von allen größeren Grafikprogrammen unterstützt wird. Ähnliches gilt für Import/Export-Treiber, denn potentielle Treiber-Programmierer müssen sich erstmal die Frage stellen, für welches Grafikprogramm der Treiber überhaupt programmiert werden soll. Das M&E-System von PARX ist in diesem Zusammenhang ein Lösungsansatz und könnte auch von Smurf unterstützt werden.
Prädestiniert wäre Smurf für eine Snapshot-Funktion. Die zwei auf dem Atari vorhandenen Programme - Snapper und JML-Snapshot - sind beide nicht mehr zeitgemäß. Die Snapshot-Funktionen von Snapper mit den Export-Möglichkeiten von Smurf würde einiges erleichtern.

Konkret in Arbeit sind laut der Smurf-Website "Click", ein Buttondesigner mit zwölf verschiedenen vorgegebenen Grundformen oder einer eigenen. Garniert soll das ganze mit schicken Effekten wie Textur und Beleuchtung. Als zweites wird dort der JFIF/JPEG-Export erwähnt. Die dritte Ankündigung mit dem verdächtig bekannt vorkommendem Namen ist IntelliSave, eine Preview-Funktion für alle Export-Formate.

Fazit

Smurf schickt die schon altersschwachen Konvertierprogramme wie GrafTool oder GEMView in Rente, wenn man nicht gerade auf JPEG-Export angewiesen ist. Fairerweise muss man dazu sagen, das selbst die Grafikschwergewichte auf dem PC eine ganze Zeit gebraucht haben, um einen vernünftigen JPEG-Export (mit Preview und Optimierung) zu integrieren.
Etwas irritierend ist es im systemübergreifenden Vergleich schon, das man in Smurf nicht direkt malen kann. Dafür gehört die Oberflächengestaltung mit zum besten, was ich bei einem Grafikprogramm gesehen habe - grafisch ansprechend, ohne allzu verspielt zu wirken. BubbleGEM wird durchgehend unterstützt.

Insgesamt sollte sich jeder grafisch interessierte Atari (oder Clone) Besitzer Smurf nicht entgehen lassen. Wenn die angekündigten Features ihren Weg in die bereits angekündigte Version 1.1 finden, kann man sich neidische Blicke in Richtung Photoshop & Co weitestgehend sparen.


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 10 / 2000, Seite 24

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