papyrus 9

Lange mussten Atari-Anwender warten auf die Version 9 des Office-Vorzeigeprogramms Luna. Nun endlich wurde das Programm ausgeliefert. Wir stellen Ihnen papyrus nochmals von Grund auf vor.

Was lange währt...

Langsam aber sicher begannen Atari-Anwender schon an der Version 9.x des Office-Pakets papyrus für ihr Lieblingssystem zu zweifeln. Nachdem die Version für Windows-Systeme schon lange auf dem Markt war, wurden Atari-Fans immer wieder vertröstet. Die Gründe dafür dürften offensichtlich sein: papyrus für den Atari ist schon lange nicht mehr das Hauptstandbein der Berliner Entwicklungsschmiede R.O.M. logicware. Während die WindowsVersion laufend verbessert werden muss, um z.B. auf Cover-CDs etablierter PCFachzeitschriften zu erscheinen, kann an der Atari-Variante immer nur gearbeitet werden, wenn darüber hinaus wieder einmal Kapazitäten frei sind. Sowieso ist die Pflege der Atari-Version für R.O.M. mittlerweile ein reiner "Liebesdienst" zur Mutterplattform, denn immerhin wurde papyrus vor knapp 10 Jahren auf dem Atari geboren.

Doch genug des Trübsinns: papyrus OFFICE für den Atari ist da, und es läuft - das ist es schließlich, worauf es ankommt.

Nur noch für Büromäuse

Konnten bis zur Version 8.x noch reine Textverarbeitungsversionen von papyrus bezogen werden, so ist das Programm derzeit nur noch als komplettes Office-Paket (also inklusive Tabellenkalkulation und Adressverwaltung) zu haben. Dies liegt wiederum daran, dass die reine Textvariante nicht mehr oft genug gefordert wurde. Und tatsächlich macht eine Komplettversion Sinn, da hiermit auch für den Atari eine topaktuelle Suite bereitliegt.

papyrus OFFICE sollte nach wie vor auf jedem Atari-System seinen Dienst verrichten. Viele Teile sind in Assembler geschrieben worden, damit auch auf 68k-Rechnern noch eine möglichst hohe Performance erreicht wird. Und tatsächlich ist selbst das Arbeitsgefühl auf einem Atari Falcon 030 noch als "ganz gut" zu bezeichnen. Neue Geschwindigkeitsrekorde können auf klassischer Hardware zwar nicht erzielt werden, jedoch ist es einmal mehr erstaunlich, dass der Atari immer noch für die meisten Office-Aufgaben durchaus einsetzbar ist.

Richtig flüssig ist das Arbeitsgefühl auf einem 68040- oder 68060-Rechner bzw. unter einer Emulation auf Macintosh oder PC auf heutiger Hardware. Auf einem modernen Power Macintosh G4 z.B. ist papyrus plus MagiCMac wohl eines der schnellsten OfficeApplikationen, die je auf diesem Rechner zu finden waren. Wer hier schon einmal unter Mac OS mit dem ärgerlich trägen Office von Microsoft gearbeitet hat, wird den Geschwindigkeitsunterschied und einfache Handhabe des Atari-Programms sofort vermisst haben.

Erster Eindruck

Nach dem ersten Programmstart öffnet papyrus ein Arbeitsfenster, in dem zunächst die recht übersichtlich gelungene Oberfläche mit einer Piktogrammleiste über dem eigentlichen Eingabefeld auffällt. Hier sind die wichtigsten Funktionen des Programms nochmals innerhalb von Icons dargestellt. Etwas schade ist, dass der Anwender diese Piktogrammleiste nicht selbst erweitern kann, um sich ein individuelles Arbeitsumfeld zu schaffen.

Text

papyrus ist den allermeisten Anwendern wohl in erster Linie als Textverarbeitung bekannt. Und das ist natürlich kein Wunder, denn papyrus startete vor vielen Jahren immerhin als Textverarbeitung - damals eine von vielen. Und so ist der TextverarbeitungsTeil wohl immer noch derjenige, der in erster Linie genutzt wird.

Zu den Grundfunktionen muss wohl nicht mehr sonderlich viel gesagt werden: Alles, was von einer modernen Textverarbeitung zu erwarten ist, wird von papyrus geboten. Dazu gehört selbstverständlich die volle Unterstützung von Vektorzeichensätzen, ständige Rechtschreibkorrektur nach IntelliViewStandard, Textrahmen, Grafikunterstützung usw.

Tatsächlich geht papyrus weit in den Bereich des Desktop Publishing, obwohl natürlich professionellen Lösungen wie Calamus SL keine Konkurrenz gemacht werden kann und soll.

Desktop Publishing

Reiten wir aber aber noch etwas auf den besprochenen Desktop Publishing-Funktionen von papyrus herum. Diese umfassen nämlich noch mehr als die bloße Verwaltung von Textrahmen und Grafiken. Auch Stammseiten (ab der Version 9 auch globale Stammseiten) und Seitenoffsets können editiert und verwaltet werden. Ebenso selbstverständlich ist die Arbeit mit Hilfslinien und grafischen Elementen. Farben können sowohl für Füllmuster als auch für Texte definiert werden.

Fast jede Textverarbeitung hat heute einen fließenden Übergang zum Desktop Publishing. papyrus jedoch macht nicht den Fehler vieler anderer "Monsterapplikationen", unendlich viele Funktionen einfach nur anzukleben. Der Funktionsumfang im textlichen Bereich ist nicht unüberschaubar gestaltet, sondern erschließt sich auch ohne Handbuch relativ schnell. Hier sei wieder der Vergleich mit MS Word gestattet: Das Einfügen von Bildern oder das Arbeiten mit Textrahmen wirkt beim Programm aus Redmond nicht wirklich intuitiv. Ganz anders bei papyrus: Grafiken sind schnell geladen und verschoben, um Umrandungen etc. muss sich der Anwender keine Gedanken machen. Ebenso einfach ist die Handhabung von Textrahmen. Texte können hier direkt editiert und verschoben werden, Überschriften etc. sind unkompliziert setzbar. Alles in allem macht die Arbeit mit papyrus einfach sehr viel Spaß.

Wie weit die Möglichkeiten gehen, dokumentieren eindrucksvoll einige Beispieldokumente, die mit papyrus ausgeliefert werden. Von der Buchvorlage über Etiketten bis hin zur kompletten Speisekarte mit Grafikeinbindung reichen hier die Beispiele.

Zur wirklich professionellen Verwendung von papyrus fehlen allerdings Ausgabemöglichkeiten für Belichter doch wie gesagt: papyrus will hier nicht mit professionellen Programmen wie Calamus konkurrieren, sondern dem Anwender einige einfach zu bedienenden Möglichkeiten zur Gestaltung von Dokumenten geben. Der Privatanwender wird hier vielleicht einfacher zurechtkommen als mit Programmen wie Calamus.

Tabellensatz

Außerordentlich angenehm ist auch die Handhabung von Tabellen realisiert worden. In einer übersichtlichen Dialogbox werden Umrahmungstyp, Anzahl der Zeilen und Spalten sowie Ausrichtung innerhalb des Textflusses festgelegt. Mittels eines Aufklappmenüs blättert sich der Anwender durch weitere Einstellungsoptionen wie z.B. die Textausrichtung. Damit aber nicht genug: Ist die Tabelle erst einmal gesetzt, können die Spaltenbreiten problemlos mittels der Maus größer und kleiner gezogen werden. Auch der Export von Tabellen ins HTML-Format klappt problemlos.

Datenbank

Zu einem kompletten Office-Paket gehört eine Datenbank. papyrus bietet einen eigenen rationalen Datenbankteil, der sowohl im privaten Bereich wie auch im professionellen Bürobetrieb einsetzbar ist. Besonders auffällig ist auch in diesem Punkt die einfache Bedienung sowie hohe Geschwindigkeit des Programms. Die gesamte Oberfläche erschließt sich erfreulich schnell, für Eingabemasken ist die Zusammenarbeit mit dem TextTeil. Die hohe Arbeitsgeschwindigkeit zahlt sich besonders in den Suchfunktionen aus. Weiteres Highlight ist der Import vom Ist Base-Dateien. Viele Atari-Anwender haben lange Jahre nach wie vor mit diesem Programm gearbeitet und werden sich freuen, ihre Daten weiterzuverwenden.

In der Version 9 wurde der Datenbank-Teil erheblich erweitert. So wurden neue Rechenfunktionen für die zusammenfassende Auswertung von Daten auch über mehrere oder alle Datensätze einer Datenbank hinweg geschaffen. Relationen können jetzt über mehrere Tabellen hintereinander verknüpft sein, auch können von den Daten her passende Werte (z.B. zwei Tabellen, deren Datensätze über eine Index-Nummer logisch zugeordnet sind) nachträglich reiational automatisch verknüpft werden. Außerdem übernimmt papyrus 9 jetzt auch den Typus der "klassischen" Relation, wie sie beim Einlesen von anderen Datenbank-Programmen vorkommen (z.B. die über eine Kennziffer rein numerisch geschaffenen Relationen von dBASE-Datenbanken).

Export

Prunkstück von papyrus sind die umfangreichen Im- und Exportfilter, die in der neuen Version 9 wieder einmal auf den neuesten Stand gebracht wurden. Da Microsoft nicht gerade um die "Reinhaltung" seiner Formate im Office-Paket bemüht ist, kommt es immer wieder zu Problemen für Programme, die die entsprechenden Formate unterstützen. papyrusAnwender können ein Lied davon singen. So war nicht gewährleistet, dass ein mit Office 2000 erzeugtes Dokument auch in papyrus zu lesen war, obwohl hier eigentlich entsprechende Filter für Word und Excel vorliegen.

Die Version 9 bietet nun verbesserte Filter für Word-Dokumente, sodass auch mit Office 2000 erzeugte Dokumente gelesen werden können. Neu ist hier besonders, dass nun mit der integrierten Tabellenkalkulation auch Excel-Daten im- und exportiert werden können. Der Atari schließt also auch in diesem Bereich weiter auf und bietet eine hohe Kompatibilität.

Assistenten

Aber auch im Bereich der Online-Hilfe wurde einiges getan. Ab sofort stehen für die verschiedenen Programmbereiche Assistenten bereit, die den Anwender Schritt für Schritt in die Erzeugung von Dokumenten einführen. Ziel ist es dabei immer, ein bestimmtes Ergebnis, also z.B. die Erzeugung von Etiketten oder einer Datenbank. Der Anwender wird hier praktisch an die Hand genommen, um möglichst schnell zu Ergebnisse zu gelangen.

Fazit

papyrus 9 bestätigt einmal mehr, dass für den Atari eines der besten Office-Applikationen überhaupt vorliegt. Die neue Version untermauert ihren guten Ruf durch absolute Stabilität, verbesserte Anbindung an Standard-Pakete wie MS Office usw.

Traurig stimmt, dass die Version 9 vielleicht die letzte Version ist, die im vollem Leistungsumfang für den Atari umgesetzt wurde. R.O.M. gibt an, dass nach der Umstellung auf C++ vielleicht kein wirklich geeigneter Compiler für den Atari mehr vorliegt. In sofern ist nun auch die Weiterentwicklungsgarantie am Ende.

Vielleicht gerade deshalb: Wer bisher noch kein vernünftiges Office-Paket für den Atari besitzt, sollte die Gelegenheit benutzen, nun das weiter perfektionierte papyrus zu installieren. Es lohnt sich in jedem Fall. Wer dann mit dem Gedanken an einen Umstieg spielt, erhält von R.O.M. interessante Crossgrade-Angebote.

Preise:

Vollversion: EUR 129.-
Upgrade von Version 8.x: EUR 49.-

R.O.M. logicware, http://rom-logicware.com


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 09 / 2002, Seite 20

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