ABBUC-Talk

Wenn man von Ataris 8-Bit-Reihe spricht, wird meist der „Atari Bit Byter User Club“ in einem Atemzug gleich mit genannt. Dies ist kein Wunder, denn schließlich ist nahezu jeder aktive XL-/XE-Fan in dem Verein eingetragen. Kaum eine andere Stelle hat einen so genauen Überblick über die Aktivitäten in der immer noch quicklebendigen Szene. Thomas Raukamp unterhielt sich daher mit Wolfgang Burger, Vorsitzender des ABBUC e.V. (www.abbuc.de)

Das Herz der 8-Bit-Bewegung

Obwohl Atari die Unterstützung der 8-Bit-Reihe schon vor einem Jahrzehnt aufgegeben hat, gibt es immer noch Fans der Maschine. Woher kommt die hohe Popularität der XL-XE-Reihe von Atari?

Ganz einfach, weil es wirklich gute Maschinen sind. Außerdem hat sich -nach meiner Meinung - ein gewisser Menschentyp für diese Maschinen interessiert - nicht einfach nur Consumer, sonder Leute, die sich für das Innenleben der Maschine interessierten. Die haben dann versucht, das Letzte herauszukitzeln. Solche Leute gibt es heute immer noch. Als Beispiele seinen hier nur aufgezählt: Anschluss einer IDE -Festplatte, USB für den Atari und Nutzung von handelsüblichen Flash-ROMs als Speichermedium.

Was kann ein Anwender noch mit 8-Bit-Computern anfangen, wenn nun schon bald 64-Bit-Maschinen bereit stehen?

Eigentlich alles. Es gibt Textverarbeitungen, Grafikprogramme, Tabellenkalkulationen, Spiele und vieles mehr. Eigentlich ist auf diesen Computern alles umgesetzt worden, was es auch in der PC-Welt zu finden gibt. Natürlich nicht so schnell und so toll, aber wenn man zum Beispiel BOSS XE, eine grafische Oberfläche, betrachtet, fehlt es weder an Icons, Hintergrundbildern noch an Bildschirmschonern. An einen HTML-Interpreter mit ausführbaren Links wird gerade gebastelt. Es muss eben nicht immer „schöner, schneller, weiter“ sein.

Wann wurde der ABBUC gegründet?

Der „Atari Bit Byter User Club“ wurde im Jahre 1984 von ca. 10 Leuten gegründet. Er bekam dann 1985 seine Rechtsform als eingetragener Verein. Dies geschah nach langen Diskussionen, da man erst über eine kommerzielle Form als Verlag oder Ähnliches nachdachte. Bis heute bin ich persönlich davon überzeugt, dass gerade die nichtkommerzielle Form das Überleben gesichert hat.

Wer ist im ABBUC willkommen?

Im ABBUC ist jeder willkommen, der ein Herz für die 8-Bit-Rechner von Atari hat - egal, ob er Programmierer oder nur Nutzer der veröffentlichten Programme ist. Auch passive Mitglieder halten den Verein am Leben.

Was für Vorteile hat ein ABBUC-Mitglied?

Ein vierteljährliches Magazin auf Diskette mit Programmen und Infos von Mitgliedern aus allen Bereichen, sowie Wettbewerben, seit 1990 zusätzlich mit gedruckter Textbeilage, schriftliche und fernmündliche Beantwortung von individuellen Fragen zu Soft- sowie Hardware, Literatur, Händlern etc., eine PD-Bibliothek mit über 600 Disketten à EUR 0.50 plus Versand, Kontaktförderung zwischen Mitgliedern, eigenverantwortliche Arbeitsgruppen und Regionaltreffen, Informationsaustausch mit anderen Vereinen insbesondere in den USA, Deutschland, Kanada und Benelux (wobei dieses so langsam schwieriger wird, da sich die Vereine auflösen), kostengünstiger Reparaturservice für Floppies, Computer und Monitore durch Mitglieder zum Selbstkostenpreis, Vermittlung preisvergünstigter Soft- und Hardware, eine eigene Webseite und Community. Eine E-Mail-Adresse ist nach dem Muster „name@ abbuc.de“ möglich. Hinzu kommt ein Hardwareservice, der zum Beispiel fertig aufgebaute Interfaceschaltungen zu günstigen Preisen, vielfältige Eigenentwicklungen, einen Bauplanservice und Literatur im Eigenverlag (zum Beispiel TurboBasic-Handbuch). Diverse Treffen und Events zur Aufrechterhaltung der Kontakte zu und zwischen den Mitgliedern werden abgehalten. Es gibt eine Rückvergütung von erwirtschafteten Überschüssen an die Mitglieder, zum Beispiel in Form von zwei Sondermagazinen jährlich sowie einer Jahresgabe.

Wie hoch ist der Jahresbeitrag?

EUR 31.- - Übrigens unverändert seit der Gründung!

Was sind die Ziele des ABBUC?

Atari-8-Bit Fans zu helfen und den 8-Bit Rechner vor dem endgültigen Gang in das Computermuseum zu bewahren.

Beschränkt Ihr Euch auf die 8-Bit-Reihe oder sind auch ST-Anwender bei Euch willkommen?

Ja, wir sind auf die 8-Bit-Rechner beschränkt. Dieser Wille wurde mehrfach in den letzten Jahreshauptversammlungen bekräftigt worden. Leider sind fast alle ehemaligen 8-Bit Clubs, die den ST mit aufgenommen haben, an den verschieden Interessenskonflikten (8-Bit <-> 16 Bit) zu Grunde gegangen.

Wie viele Mitglieder hat der ABBUC derzeit?

Am heutigen Tage genau 400. In den 80er Jahren waren wir 980.

In den letzten zwei Jahren wird viel über die Welle des „Retro-Computings“ gesprochen. Merkt Ihr im ABBUC wieder ein aufkeimendes Interesse an den „alten“ Maschinen?

Ja das merken wir. Ob es ehemalige Mitglieder sind, die sich am damaligen „Weihnachts-PC“ ausgetobt haben und reumütig zurück kehren, oder Leute, die auf dem Speicher gegangen sind und dort einen Atari gefunden haben. Hinzu kommen die Anwender, die bei eBay ein Schnäppchen gemacht haben.

Wie setzt sich derzeit die Anwenderschaft zusammen? Habt Ihr hauptsächlich Leute, die seit Jahrzehnten mit dem 8-Bittern arbeiten oder kommen auch völlig neue Anwender hinzu?

Natürlich gibt es den „harten Kern“, der die überwiegende Anzahl der Mitglieder stellt. Diese Leute sind aus den „Gründungszeiten“ übergeblieben. Ich schätze die völligen Neulinge auf ca. 10 Prozent ein.

Für was für Aufgaben werden die 8-Bitter heute konkret eingesetzt?

Eigentlich für alle Computeranwendungen, wobei natürlich Spiele und Demos einen Großteil abdecken. Es gibt aber auch Leute, die ihre Modelleisenbahn damit steuern, ihre Heizungsanlage überwachen und andere, die die Maschine als Wetterstation mit ausführlicher Statistik einsetzen.

Unsere älteren Mitglieder benutzen den Atari als Schreibmaschine und zur Buchhaltung, da sie keine Lust haben, sich mit Betriebssystemen wie Windows auseinanderzusetzen.

Gibt es tatsächlich noch Anwender, die nur mit dem XL/XE arbeiten?

Ich habe zur Zeit keine aktuelle Umfrage vorliegen. Aber ich kenne wirklich noch viele Leute, besonders die lebensälteren, die keinen Trend zum Zweit- oder Drittrechner haben.

Wie gebräuchlich sind Emulationen mittlerweile unter XL-/XE-Freaks?

Emulatoren sind sehr verbreitet. Viele Leute nutzen den PC um ihre Datenbestände dort zu sichern und mit den Emulatoren dort kontrollieren. Aber wenn es um echtes Atari-Feeling geht, dann kann das keiner der Emulatoren so wiedergeben, wie es die originale Hardware macht.

Wie sieht es derzeit mit der Software-Entwicklung aus? Gibt es grössere Projekte aus dem Club, die derzeit in der Mache sind?

Ja, wir bereiten gerade einen Programmierwettbewerb mit EUR 1000.- Preisgeld vor. Näheres demnächst in dem neuen ABBUC-Portal. Leider sind in den ehemaligen Ostblockstaaten die Programmierer in den PC-Sektor abgewandert. Schade um diese wirklich guten Potenziale...

Man hört auch von der Hardware-Front so einiges. So soll eine USB-Erweiterung für die kleinen Ataris in der Mache sein?

Ich habe die USB-Entwicklung ja bereits am Anfang dieses Interview erwähnt. Der Entwickler liegt nach seinen Angaben „voll im grünen Bereich“. Vielleicht wird es etwas problematisch, mit der Digitalkamera gemachten Fotos in annehmbarer Qualität auf dem Atari zu betrachten. Aber machbar wird es sein.

Wie sieht derzeit überhaupt das Setup eines echten 8-Bit-Fans aus? Wieviel RAM wird durchschnittlich benutzt, sind Festplatten weit verbreitet?

Der echte Fan hat natürlich mindestens einen unveränderten Rechner jeden Typs, also einen Atari 400, 800, 600 XL oder 800 XL zu Hause. Die meist gebräuchliche Speichererweiterung ist 320 KBytes groß. Aber auch die 1-MBytes-Erweiterungen sind verbreitet. Festplatten sind nicht so stark verbreitet. Aber vielleicht ändert sich das durch das MYIDE-Interface von Sijmen Shouten aus den Niederlanden, das preislich wirklich für jeden erschwinglich ist.

Welche Hardware-Ausstattung könnt Ihr einem Neustarter oder Wiederkehrer empfehlen? Wonach soll er bei eBay Ausschau halten?

Zunächst sollte der Wiederkehrer in den Inseraten auf der Homepage des ABBUC nachsehen. Dort gibt es immer wieder Komplettsystem zu fairen Preisen zu ergattern. Ansonsten empfehle ich einen 800 XL und eine 1050. Sollte die Speedy fehlen - kein Problem, beim ABBUC gibt es sie nagelneu!

Welches DOS ist heutzutage beim Atari Standard? Wird hauptsächlich immer noch mit DOS 2.5 gearbeitet?

Ja, eigentlich ist DOS 2.5 der Standard, weil es mit jedem Diskettenlaufwerk läuft. Damit ist auch unsere Magazindiskette bestückt. Aber auch das BEWE DOS (ein Sparta DOS-Clone, nur besser) und das Bibo DOS (Rechte liegen beim ABBUC) sind gut verbreitet.

Wie sieht es mit der Verbreitung von grafischen Benutzeroberflächen aus? Werden Sie angenommen oder bevorzugen die Anwender eher kommandozeilenorientierte Systeme?

Grafische Oberflächen, wie das schon erwähnte BOSS XL, sind nicht so stark in der Benutzung. Eigentlich ist das auch klar, denn der Rechner ohne Speichererweiterung muss bei seinen 64 KBytes natürlich immer nachladen, das fördert ja nicht gerade die Arbeitsgeschwindigkeit und den Komfort. Also benutzt man das DOS oder den „LOAD "D:.""-Befehl

Der Commodore 64 bekommt ja mit dem CommodoreOne mittlerweile einen Quasi-Nachfolger. Könnt Ihr euch so etwas auch für den XL/XE vorstellen - oder gibt es bereits konkrete Überlegungen?

Nein, solche Überlegungen sind mir nicht bekannt. Aber die Atari-Welt ist groß. Ich denke, dass sich so ein System nicht durchsetzen wird. Dazu gibt es zu viele gute Emulationen, die sich auf fast allen Betriebssystemen einsetzen lassen.

Die 8-Bit-Reihe gibt es ja nun schon seit quasi 20 Jahren. Könnt Ihr Euch vorstellen, dass es auch in 20 Jahren noch XL-/XE-Freaks gibt?

Ups, da bin ich ja 73... Wenn es dann den Atari Bit Byter User Club noch gibt, kann ich mir das schon vorstellen. Ein gemütliches Altersheim für alle Atari-Freaks...

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für den ABBUC.


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 12 / 2002, Seite 12

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