Briefe an die stc

Tempus Word 4 für den Atari als Shareware?

Im 09-02-Heft der st-computer hat Thomas Raukamp im Editorial gefragt, weshalb der Atari-Markt im Schwinden sei. Seine provozierende Antwort war, es werde von den Anwendern auf diesem Gebiet nichts mehr erwartet.

Ich kann seine Einschätzung insoweit teilen, als natürlich die Glanzzeiten vorüber sind. Mehr oder weniger hat man sich vielfach mit anderen Programmen arrangiert - bisweilen zum Leidwesen des Nervenkostüms. Ich selbst kann mir jedoch nicht vorstellen, die von mir derzeit laufenden und abgeschlossenen Projekte ohne Tempus-Word 4 (1) durchzuführen. Es war beinahe ein reines Kinderspiel, eine eigene Promotion sowie die eines Freundes sowie zwei weitere Habilitationen (im Durchschnitt reichliche 400 Seiten) und endlich ein 1000 (!) seitiges wissenschaftliches Handbuch mit 5.500 Referenzen druckfertig zu erstellen. Bekanntermaßen braucht man hier keine Aufteilung in mehrere Dokumente, alles lässt sich in einem einzigen und mit sehr guter Performance handeln. Ich kann daher nur sehr dafür werben, dieses Produkt weiter zu pflegen!

Genau an dieser Stelle möchte ich gerne wissen, wer dieses Produkt mit seinen (hoffentlich noch) bekannten Fähigkeiten beziehen möchte?

Zu Rückfragen: Die letzte größere Änderung war die Schaffung sogenannten Kommentarrahmen (bekannt unter dem Stichwort "Postlt") und Tabellenfunktion sowie kleinerer Arbeiten "im Inneren" inklusive der obligatorischen Beseitigung aufgetretener Bugs, die bei oben genannten Projekten zu vermelden waren. Eine deutlich erweiterte Funktionalität zur Version 2.92 ist somit zu verzeichnen, weitere neue Funktionen sind für die Abschlussversion vorerst nicht geplant, wiewohl natürlich Ideen vorliegen und Anregungen seitens der Nutzer herzlich willkommen sind.

Zur Zukunft: Wenn Tempus-Word veröffentlicht wird, soll es neben der klassischen AtariVersion (MagiCMac/MagiC Mac X, Magic PC etc.) eine Runtime-Version für Windows geben (T_WORD.EXE). An einer solchen für Magic X wird hier in Halle gearbeitet. Kostenpunkt soll eine Shareware-Gebühr sein, die in etwa bei EUR 30.- liegen wird.

Zum Anfang: Wer schickt mir eine Mail, worin Interesse an diesem Produkt bekundet wird? Das wäre ein weiterer Beweis, wie lebendig besagter Markt ist!

Dr. Manfred Lang, Halle

Tales Of Tamar

Die Zukunft des Atari ist ein kontroverses Thema. Es sieht für mich als Entwickler so aus, als wollten die Leute zwar alles mit Atari-Computern machen, aber keinerlei Einsatz dafür zeigen.

Viele Leute sagen zu Beispiel, das es keine neuen Spiele mehr für den Atari geben würde. Ich arbeite allerdings schon seit 1.5 Jahren an Tales Of Tamar für den Atari, wie die stcomputer ja bereits berichtete. Dies alles ist sehr zeitaufwändig und ich habe in dieses Spiel nicht nur meine Zeit investiert. ToT wird kommerziell, man kann es also nur Kaufen. Nur die, die das Spiel gekauft haben. können auch am Spiel teilnehmen. Es ist ein Online-Spiel, es gibt also keine Raubkopien. Alles muss offiziell erledigt werden, sonst gibt es keine Zugänge zum Server usw.

Die Amiga-Version ist bereits zu bestellen. Die Versionen für PC und Mac sind ebenso weit wie die Atari-Version. Wenn es um den PC- und Mac-Markt geht, machen sich die Entwickler keine Sorgen. Aber wenn es um Atari und Amiga geht... Die Amiga-Version hat immerhin viele Tester. Das kann ich leider nicht einmal sagen. Um ehrlich zu sein, habe ich 3 bis 4 Tester. Die Amiga-Version hat 20 Tester, PC und Mac auch. Ich frage mich daher nun, ob ich weiterarbeiten oder meine Zeit besser anders nutzen sollte. Vielleicht sollte ich mehr an MYPDF arbeiten? Oder sind beide Projekte den Atari-Anwendern am Ende gar nicht mehr wichtig?

Genauso sah es vor knapp einem Jahr auch bei meiner Internet-Seite "Polish Atari News" aus. Erst auf meine Drohung hin, die Seite einzustellen, bekam ich einige Leserbriefe...

Rafal Kawecki, Mannheim

Atari ein Rest-Biotop?

Seit es den Atari 260 ST in Deutschland zu kaufen gab, wird er in meinem Büro benutzt, es wird immer mal wieder am TT gebastelt und MagiC läuft auf meinem G4-Macintosh.

Der Grund dafür liegt nur im Atarianer-Herz, denn einen praktischen Grund dafür, die Hardoder Software zu benutzen, finde ich nicht mehr. Mit dem TT und einem spartanischen Browser noch einmal zu surfen oder in Code des Jahres 1992 zu wühlen, das ist ähnlich wie ein altes BSAMotorrad noch einmal auf die Straße zu bewegen oder an Feiertagen eine Ente zu fahren.

Könnte das "Konzept Atari" der Verwandlung in einen Oldie-Markt technologisch und ökonomisch entgehen? Dazu fehlt aus Anwendersicht wohl ein portierbares, frei herunterladbares System, das ähnlich wie Linux von verlockenden und frisch aussehenden Applikationen begleitet, für eine bestimmte Nutzungsnische prinzipbedingte Vorteile überzeugend ausspielt. Ein neuer Atari-Clone mehr oder weniger ändert an diesem Mangel nichts. Wer kennt sich auf dem Atari-Markt aus und ist sicher, dass so etwas mit der verbliebenen atarianischen Manpower möglich ist? Wenn nicht, dann das Bestehende intelligent abzurunden und im Rahmen des Möglichen auszubauen.

Wenn Atariland eine Art Rest-Biotop der Computergeschichte ist, dann soll dort weiterhin schönere Software geschrieben und auf dem neuesten Stand gehalten werden. Aber mit dem Gedanken, historisch zu sein, lässt sich das Elend der falschen Hoffnungen, Enttäuschungen und nutzlosen Diskussionen beenden. Der Anspruch, für mittelständische Unternehmen eine alternative Plattform brauchbar zu halten, kann abschmelzen.

Sich als Rest-Biotop zu begreifen, schafft auch Raum für neue Ideen: Exotische wahnsinnige Clones in kleiner Auflage, Anwendungen an die noch niemand gedacht hat, weil immer der Vergleich mit anderen Systemen im Vordergrund stand. Die Idee mit dem TOS-System im Monitor (http://lacs.onlinehome.de/atarirebirth/hard011.html) ist ein Beispiel für derartige Kreativität. Von unrealisierbaren Hoffnungen haben wir nicht viel, aber es wäre köstlich, wenn hier und da ein kleines, gewitztes Atari-Projekte gelingen würde, das uns über die Monströsität der heutigen Codes lachen lässt.

Volker Hamann, per E-Mail

Zukunftsdiskussion Atari

Seit 10 Jahren habe ich einen Falcon als Heim-Computer und bin damit sehr zufrieden. Die Grafikleistung könnte etwas besser sein und der Prozessor schneller. Dann wäre es noch schön, wenn ich für meinen HP Deskjet 710C einen NVDI-Druckertreiber bekäme, und ich USB-Geräte anschließen könnte. Ein Palm-Desktop wäre ganz toll! Aber für MIDI ist der Falcon immer noch erste Wahl. Leider gibt es keinen JV-1010 Editor, obwohl es einen JV1080 Editor gibt. Es ist aber ziemlich ärgerlich, JV-1010 Sounds mit diesem editieren, aber nicht abspeichern zu können.

Ich kaufe aber seit ca. 2 Jahren kaum neue Software für den Atari. Der Falcon geht irgendwann kaputt, und dann will ich keine 10 Jahre alten Ersatzteile einbauen müssen. Es muss dann eine aktuelle Hardware geben. Solange keine Hardware in Sicht ist, solange investiere ich nicht Zeit und Geld in Software, die ich nach einem Ableben meines Falcon nicht mehr sinnvoll nutzen kann.

Eine Nutzung unter einem Emulator für Windows oder Linux empfinde ich dabei nicht als sinnvoll, denn man müsste die Vorteile des Atari dabei aufgeben. Ich kaufe mir garantiert keinen Rechner, der 3 bis 5 Minuten nach dem Einschalten benötigt, bis er sich ansprechbereit fühlt. Der dauernd aus mysteriösen Gründen auf der Festplatte herumkratzt, um das System auszubremsen. Der mit der Zeit immer mehr Müll auf der Platte ansammelt, den man zum Teil nur durch Neuinstallation des Betriebssystems wieder weg bekommt. Der bei schlechter Laune 10 Sekunden oder 10 Milliarden Anweisungen verbrät, um ein einziges Fenster zu öffnen. Der ein Bügeleisen als Prozessor braucht, das nebenher auch noch ein bisschen rechnen kann. Der auf meine Telefonrechnung persönliche Daten nach Redmond sendet. Bei dem man seine Festplatte nicht einfach dadurch sichern kann, dass man alle Dateien davon kopiert. Oder dessen Betriebssystem man ständig selbst neu kompilieren muss. Und bei all diesen Nachteilen soll man dann auch noch auf das Booten eines Emulators warten?

jetzt noch ein Wunsch eines Entwicklers: der neue Rechner wird einen 68k-Prozessor emulieren müssen. Die TOS-APIs könnten jedoch parallel dazu auch noch nativ angeboten werden. Dann könnte man vorhandene Sources einfach neu kompilieren, und hätte sie nativ ablauffähig.

Dieser Brief wurde übrigens auf einem Palm Organizer geschrieben. Ein Palm funktioniert genauso genial einfach und zuverlässig wie ein Atari.

Harald Rieder, per E-Mail



Aus: ST-Computer 12 / 2002, Seite 6

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