Die Arche des Captain Blood

Der (Alp-)Traum jedes Hobby-Programmierers wird wahr: Eine Reise in den eigenen Computer. Entdecken Sie in Ihrem ST Welten, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat.

Noch vor ein paar Tagen war Bob Morlock ein erfolgloser Programmierer. Auf der Suche nach dem ultimativen Spiel kam ihm die Idee seines Lebens: Er programmierte sich mit einem genialen Trick (den wir hier leider nicht verraten dürfen) in seinen ST. Der Computer entpuppte sich als riesiges Universum, das er mit einem Raumschiff bereisen kann (die NASA hätte ihre helle Freude daran).

Fatalerweise hat sich Morlock, der sich jetzt Blood nennt, in Klones aufgespalten. Er hat nur noch wenige Tage zu leben, wenn er nicht bald seine Doppelgänger findet und absorbiert.

Blood muß das Reich in seinem Computer erforschen, doch die Galaxien sind so groß, daß er ohne fremde Hilfe wohl nie zu seinen Doppelgängern kommt. Viele Planeten sind bewohnt: Man begegnet algigen und pockigen Croolis, Izwals, Ondoyantes, Tromps und Robheads. Zum Landen steuert der Spieler eine Flugdrone über die Planetenoberfläche. In dieser Szene zeigt der ST, was er kann: fließende, dreidimensionale Frak-talgrafik. Mit ein wenig Einfühlungsvermögen hat man das Gefühl, durch ein Apfelmännchen zu fliegen — in Echtzeit allerdings. Erwähnenswert ist noch die Funktion, Planeten in die Luft zu blasen. Der arme Planet zerbirst in einer 30 Sekunden langen Farborgie im Stil von Kubriks »2001« — ein Fest für Grafikfreaks, das man gerne wiederholt.

Auf dem Planeten landet man in einem bestimmten Canyon und trifft dort auf ein fremdes Wesen. Jetzt wird es interessant — das Programm aktiviert den Kommunikationscomputer »Upcom«. Mit ihm kann der Spieler mit dem fremden Wesen reden. Man setzt einfach aus 120 verschiedenen Icons einen mehr oder weniger sinnvollen Satz zusammen. Wenn man beispielsweise gefragt wird: »Ich Izwal. Wer sein Du?« friemelt man sich seine Antwort zusammen, die so ausfallen könnte: »Ich Blood. Ich nett. Du mir sagen wo Klones?«. Darauf rückt der Izwal weitere Informationen über die Klones heraus (hoffentlich). Jedes Wesen spricht in einer anderen Sprache, die laut und deutlich aus dem Monitor schallt (allerdings noch unübersetzt). Mit dem Upcom lassen sich richtige kleine Konversationen führen. Gesprächsstoff bieten neben den Klones Kriege, Koordinaten und natürlich die intergalaktischen Frauen.

Wer gerne in Begleitung fliegt, kann sich seine Gesprächspartner an Bord beamen und in Tiefschlaf versetzen. Manche Kreaturen wollen sogar zu anderen Planeten trampen und gehen bereitwillig mit. Man kann aber immer nur einen Gast an Bord haben.

»Die Arche des Captain Blood« erschien vor einigen Monaten in einer französischen Version. Jetzt liegt eine erweiterte Version vor, die ins Deutsche übersetzt wurde. Neben dem Handbuch sind alle Symbole des Sprachinterpreters »Upcom« übersetzt, so daß man sich nicht mit Wörterbüchern plagen muß. Außerdem sind ein paar Rassen und Klones dazugekommen, was dem Spiel einen zusätzlichen neuen Reiz gibt.

Spielerisch ist die Arche des Captain Blood auf Dauer etwas langatmig. Auf den ersten Eindruck wirkt das Programm imposant und sehr reizvoll — vor allem wegen der Grafik und den exzellenten Effekten. Doch leider genügt das Spielprinzip den hohen Ansprüchen nicht: Bei längerem Spielen schleicht sich Langeweile ein. Das liegt vor allem am Ablauf, der sich im ganzen Spiel nicht ändert: Planet suchen, hinfliegen, landen, palavern und weiter geht's. Wegen der mangelnden Abwechslung muß man sich von der geduldigsten Seite zeigen, um das Spiel zu lösen. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, bekommt ein Spiel mit einer faszinierend dichten Atmosphäre, einer tollen Titelmusik von Jean Michel Jarre in CD-Qualität und einer ganzen Masse imposanter Grafik geboten, die Freunde und Eltern von den imposanten Fähigkeiten des ST überzeugen, (am)

Die Arche des Captain Blood
Preis:70 Mark
Hersteller:ERE Informatique
Funktioniert mit:
Monochrom:ja
Farbe:ja
Blitter-TOS:ja
Stärken:
* neuartige Spielidee mit dichter Atmosphäre * imposante und schnelle Grafik * exzellente digitalisierte Musik (Jean Michel Jarre) * deutsches Handbuch * komplett mausgesteuert
Schwächen:
* auf Dauer wenig Abwechslung

Anatol Locker
Aus: ST-Magazin 07 / 1988, Seite

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