Ein starkes Paar: Sequenzer und Notendruck von Hybrid Arts

Die Firma Hybrid Arts bietet ein breites Spektrum an Hard- und Software für den Musikbereich. Vom Hobbyanwender bis zum Profimusiker findet jeder ein interessantes Angebot in dieser Palette. Wir haben in diesem Monat für Sie das Sequenzer-Noten-druck-Gespann »unter die Lupe genommen«.

Bei dem Programm »EZ-Track + « von Hybrid Arts handelt es sich um einen 20 Spur MIDI-Sequenzer, der laut Herstellerangaben eher für den Einsteiger in die MIDI-Welt als für den Musikprofi gedacht ist. Diese Idee verwirklicht das Programm, indem es sich konsequent auf die wesentlichen Funktionen beschränkt und den unerfahrenen Anwender nicht mit unüberschaubarer Funktionsvielfalt verwirrt.

Neben den üblichen Aufnahme- und Wiedergabefunktionen bietet EZ-Track + das Kopieren von Spuren (Tracks). Besonders hervorzuheben ist das Zusammenmischen mehrerer Tracks mit unterschiedlichen MIDI-Kanälen. Dieser »Mix-Down« läßt sich zu jedem beliebigen Zeitpunkt wieder rückgängig machen. So fördert das Programm übersichtliches Arbeiten. Sehr nützlich ist auch der »Track-Import«-Befehl. Hier lädt das Programm einzelne Spuren aus einem anderen Song in den Arbeitsspeicher. Weiterhin definieren Sie mit dem Bandzählwerk einen Songabschnitt als »Section« und fügen ihn mit Hilfe der »Glue«-Funktion an anderer Stelle wieder an.

Den »optimalen Groove« liefert der Befehl »Track Delay«. Er verzögert einzelne Spuren gegenüber dem Metrum und verhilft Ihnen so zu differenzierter Rhythmik. Das Metrum selbst ist vom 3/4 Takt bis zum 13/8 Takt beliebig einstellbar. Takt- und Tempowechsel innerhalb eines Stücks akzeptiert das Programm leider nicht.

Die nachträgliche Bearbeitung der Aufnahme, eigentlich die große Stärke aller Sequenzer, fällt hier leider nicht so üppig aus. Transponieren und Quantisieren der Spuren ist vorgesehen, das Editieren von Einzelnoten jedoch nicht. Auch die Korrektur einzelner MIDI-Events (z.B. Sustain Pedal ein/aus) ist nur in begrenztem Rahmen durchführbar. »Pro-gramm-Change«-Kommandos verarbeitet EZ-Track + ebenfalls nicht, so daß man einige Expander und steuerbare Effektgeräte manuell einstellen muß. Die Einarbeitung in EZ-Track+ ist dank des guten, 150seitigen englischsprachigen Handbuchs einfach. Alle Funktionen lassen sich sowohl mit der Maus als auch über Tastatur aktivieren. Das Bandzählwerk bildet die einzige Ausnahme: Es läßt sich nur umständlich mit der Maus verstellen. Ein Manko, das gerade bei längeren Aufnahmesitzungen zur nervlichen Belastung des Musikers beiträgt. Auch die Aufnahmefunktion ist wenig praxisgerecht. So gibt es keine getrennte Aufnahmetaste. EZ-Track+ nimmt immer auf, sobald der Sequenzer läuft. Erst nach gelungener Aufnahme sichert man die letzte Spur mit dem »KEEP«-Button auf dem gewünschten Track. Vergißt man einmal »den Druck aufs Knöpfchen« und betätigt voller Ungeduld erneut »PLAY«, so löscht das Programm den Aufnahmepuffer ohne weitere Sicherheitsabfrage, und alle Liebesmüh war vergebens. »Keep« überschreibt jeweils die gesamte Spur. Zum Anhängen einer Aufnahme auf eine bereits bespielte Spur ist es nötig, zunächst die Locatormarken entsprechend zu setzen, dann nach gelungener Aufnahme die neuen Takte auf eine unbenutzte Spur zu sichern und schließlich mit »Mix-Tracks« die Spuren zusammenzufügen.

Trotz dieser konzeptionellen Schwächen hat sich EZ-Track + im Test als zuverlässiges, relativ einfach zu bedienendes Produkt erwiesen. Wer zunächst in die MIDI-Welt hineinschnuppern möchte, oder nur ab und zu Musik macht, der sollte sich das Programm genauer ansehen. Planen Sie jedoch einen längerfristigen Einsatz des Programms, sollten Sie die übrigen Sequenzer dieser Preisklasse in Ihre Überlegungen einbeziehen. Vor allem die Nachbearbeitungsformen der Aufnahme sind nach kurzer Zeit sehr wichtig.

Passend zum vorgestellten EZ-Track + bietet Hybrid Arts mit »EZ-Score+« ein Notendruckprogramm an, das auch professionelle Ansprüche erfüllen will. Geliefert wird das Programm im DIN-A5-Ringbuch, ebenfalls mit englischem Handbuch.

Wie bei Programmen dieser Art üblich, gibt es zwei Methoden, ein druckreifes Ergebnis zu erhalten. Entweder Sie geben die Noten Schritt für Schritt mit der Maus ein, oder Sie verwandeln eine mit EZ-Track+ komponierte Songdatei in Notenschrift. Dabei ist die Behalsung der Noten frei wählbar, das Programm unterbreitet nachträglich korrigierbare Vorschläge. Ein Notenblatt ohne Dynamik-, Artikulations- und Tempobezeichnungen ist wie ein Roman ohne Punkt und Komma. EZ-Score+ bietet eine Fülle von Zeichen und Symbolen, mit denen Sie den »trockenen« Notentext in eine aussagekräftige Partitur verwandeln. Vom »Marcato«-Zeichen bis zum frei einstellbaren »Decrescendo«-Pfeil finden Sie alles, was das Herz begehrt.

EZ-Score+: Drei Notensysteme und viele Sonderzeichen

Aber EZ-Score+ hat noch einiges mehr zu bieten. So erlaubt das Programm, für Gitarristen Akkord-Griffbilder zu entwerfen und im Notentext zu positionieren. Auch das Einfügen von Akkordsymbolen bereitet EZ-Score+ keine Schwierigkeiten. Sehr gelungen ist die »Lyrics«-Funktion. Sie erlaubt das bequeme Einfügen von Songtexten unter den Notensystemen. Jeder, der das schon per Hand oder Schreibmaschine versucht hat, weiß diese Erleichterung schnell zu schätzen.

Wer nach vollbrachter Arbeit seine »durchgestylten« Noten auf musikalische Richtigkeit überprüfen will, benutzt einfach den »PLAY«-Befehl. Sie hören das Stück wahlweise über den Atari Soundchip oder die angeschlossenen MIDI-Instrumente. Bei der Wiedergabe über MIDI ordnen Sie zunächst jedem Notensystem einen MIDI-Kanal zu. Auf Wunsch überträgt EZ-Score + auch innerhalb eines Systems nach oben und unten behalste Noten auf unterschiedlichen Kanälen. Die akustische Kontrolle via ST-Soundchip ist nur hartgesottenen Naturen zu empfehlen. Mit viel Fantasie erkennt man, daß es sich bei dem üblen Geplärre aus dem Lautsprecher um das eigene Werk handelt. Selbst für ST-Verhältnisse ist der Sound schaurig.

Trotz der guten Bearbeitungsformen weist EZ-Score+ einige schwerwiegende Einschränkungen auf. Das größte Manko des Programms ist die Begrenzung auf maximal dreizeilige Notensysteme. Eine übersichtliche Darstellung von Chorsätzen oder Big-Band-Arrange-ments ist nicht realisierbar. Schade auch, daß trotz des enormen Zeichenvorrats nur Violin- und Baßschlüssel vorhanden sind. Vermißt haben wir weiterhin das nachträgliche Transponieren einzelner Stimmen.

Besitzer von NEC Px-Druckern bedauern das Fehlen eines geeigneten Treibers. Im Augenblick unterstützt EZ-Score + nur Epson-kompatible 9- und 24-Nadel-Drucker. P6/P7-Treiber sind in Vorbereitung. Im Gegensatz zu EZ-Track+ ist EZ-Score+ kopiergeschützt, was eine Installation auf Festplatte sinnlos macht, da das Programm zum Start zwei einseitige Disketten benötigt. Für beide Programme bietet Hybrid Arts Demo-Versionen an, die jeder Interessierte dort erhält. Diese Demos vermitteln einen guten Eindruck von der Brauchbarkeit der Software. Wer sich also für das eine oder andere Programm interessiert, dem seien diese Demos ans Herz gelegt. (wk)

Hybrid Arts, Eschborner Landstr. 99-101, 6000 Frankfurt/Main 90


Kai Schwirzke
Aus: ST-Magazin 05 / 1989, Seite 44

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