»Voilá«: französisches Flair

Haben Sie schon mal in alten Zeitschriften nach einem ganz bestimmten Artikel gesucht, der irgendwann und irgendwo innerhalb der letzten zwei Jahre erschienen ist? Ja, aber wo und wann genau? Die Antwort läßt sich meist nur durch langes und mühsames Wühlen im Bücherregal finden. Um solche Probleme zu beheben, ist Voilá angetreten. Voilá versteht sich als Karteisystem (die Bezeichnung »Datenbank« ist da wohl etwas hochgegriffen), zum einfachen Archivieren von Büchern, Zeitschriften, Videos, Schallplatten und dergleichen.

Nach dem Start präsentiert sich das Programm in gewohnter GEM-Manier mit Pull-Down-Menüs, Fenstern und allem, was dazu gehört. Die ausgeschaltete Accessory-Leiste legt die Vermutung nahe, daß Voilá in GFA-Basic geschrieben ist; ein Druck auf die Kombination < Alt Shift Control > bestätigt diese Annahme und läßt die von GFA bekannte Abbruch-Meldung erscheinen.

Vor die Verwaltung der Daten hat Voilá natürlich die Eingabe gesetzt. Das Programm stellt dazu eine mehr oder weniger starre Maske zu Verfügung, bei der Sie die Anzahl, Länge und Bezeichnung der Eingabe-Felder frei wählen. Das sind zum Beispiel der Name der Publikation, außerdem Autor, Ausgabe und Seitenzahl. Insgesamt sechs Zeilen bietet Voilá dafür an, hinzu kommen noch drei sogenannte Schlüsselfelder sowie je ein Feld für Datum- und Zahleneingaben. Nicht benötigte Felder schalten Sie in der Voreinstellung einfach aus, das spart Zeit und Speicherplatz. Insgesamt geht die Eingabe recht zügig und bequem vor sich: So übernehmen Sie beispielsweise auf Tastendruck die Einträge aus dem vorherigen Datensatz oder verschieben sie per Mausklick. Zusätzlich sind die Funktionstasten frei belegbar. Während des Tests kam es manchmal zu einer wundersamen Zeichenvermehrung, als Bezeichnungen zwei- bis dreimal hintereinander in einer Zeile auftauchten. Mit den komfortablen Editierfunktionen ließ sich das jedoch schnell beheben.

Bis zu 49000 Einträge speichert Voilá — das reicht für alle ST-Magazine bis zum Jahr 2069... Allerdings muß der entsprechende Speicherplatz zur Verfügung stehen. Zur Orientierung: Auf eine normale doppelseitige Diskette passen, je nach Umfang eines Datensatzes, etwa 3000 bis 5000 Einträge. Haben Sie alle Angaben eingetippt, ist die Fundstelle registriert. Voilá bietet nun zu jedem Datensatz ein Schlagwortfeld an, womit Sie dem Eintrag bis zu zehn themenbezogene Stichwörter zuordnen. Will man zum Beispiel diesen Testbericht charakterisieren, so lautet das erste Schlagwort »ST-Testlabor«, das nächste »Software-Test« und das dritte schließlich »Datenverwaltung«. Somit läßt sich zu jedem Datensatz eine Art Mini-Inhaltsangabe anlegen, die das Wichtigste auf einen Blick wiedergibt. Auch hier sollten Sie häufig wiederkehrende Bezeichnungen auf die Funktionstasten legen. Die Tipparbeit reduziert sich dadurch auf ein Minimum.

Komfortabel sind die Hilfsfunktionen des Programms. Ein Druck auf :. < Help > zeigt die Zahl der bereits unter diesem Stichwort vorhandenen Einträge. Ein Fragezeichen oder Sternchen als Joker stehen ebenfalls zur Verfügung. Voilá ergänzt automatisch den Rest des Wortes, sofern es schon einmal vorkam — aus »Soft*« wird »Software«.

Alle Berichte über Tests von Datenverwaltungen erreichen Sie über die entsprechenden Stichwörter (in unserem Beispiel »Software-Test« und »Datenverwaltung«). Voilá durchforstet die gesamte Kartei und zeigt die gefundenen Einträge an. Danach bedarf es nur noch eines gezielten Griffes ins Bücherregal, und schon sind Sie im Besitz der gesuchten Informationen.

Die Suche nach Stichwörtern geht recht flott vor sich, langsamer ist das Programm beim Sortieren der Datensätze. Grundsätzlich sortieren Sie nur nach Schlüsselfeldern — drei ganz normale Eingabefelder, die aber speziell markiert sind. Alternativ ist auch ein Ordnen über das Datum- oder Zahlenfeld vorgesehen, wobei Voilá bis zu drei Prioritäten unterscheidet. Damit ordnen Sie beispielsweise alle Datensätze nach dem Erscheinungszeitraum, wobei Einträge mit gleichem Datum alphabetisch sortiert sind. Pro Datensatz veranschlagt das Programm bei der Bearbeitung zirka eine Sekunde; bei 1200 Einträgen warten Sie schon 20 Minuten — Zeit für eine gemütliche Kaffeepause. Wer gar die Datei bis zum Maximum gefüllt hat, darf auf eine lange Nacht gefaßt sein. Knappe 14 Stunden (!) verabschiedet sich der ST dann und sortiert vor sich hin. Am nächsten Morgen liegt die sortierte Datei zur weiteren Bearbeitung vor.

Ebenfalls über die Schlüsselfelder selektieren Sie Ihre Daten. So finden Sie zum Beispiel alle Einträge, die im Oktober 1986 erschienen sind oder von einem bestimmten Autor stammen — vorausgesetzt, Sie haben die Schlüsselfelder entsprechend deklariert und geführt. Die richtige Planung beim Aufbau des Karteikastens ist sehr zu empfehlen. Wenn alles nicht weiterhilft, durchsuchen Sie die Kartei »zu Fuß«. Beim Durchblättern erlaubt das Programm gleich das Editieren oder Löschen Ihrer Daten.

Die Alternative besteht darin, die Dateistruktur zu ändern und die Schlüsselfelder nachträglich hinzuzufügen, auch das ist bei Voilá vorgesehen. Allerdings empfiehlt es sich dabei, die Datei zu erweitern und nicht zu verkleinern; in letzterem Fall müssen Sie mit der Verstümmelung bereits vorhandener Einträge rechnen. Die von uns getestete Version enthielt darüber hinaus noch einen Fehler, der bei jeder Umstrukturierung für »haufenweise« Datenmüll sorgte und die im Speicher befindliche Kartei samt ihrem Pendant auf der Diskette in die ewigen Jagdgründe schickte; der Hersteller versprach, diesen unangenehmen Fehler schnell zu beseitigen.

Positiv fiel auf, daß Voila die selektierten Datensätze getrennt speichert. Umgekehrt verbindet das Programm einzelne Karteien später wieder. Sortieren und Selektieren ist ebenfalls zu kombinieren: Es ist somit kein Problem, alle Ausgaben des Spiegels, die nach dem Januar '84 erschienen sind, alphabetisch nach Themen geordnet herauszusuchen. Ausdrucken läßt sich die Kartei ebenfalls — von den selektierten Datensätzen über das Schlagwortverzeichnis bis zur gesamten Datei bietet Voilá zahlreiche Variationen. So sperren Sie beispielsweise einzelne Felder für den Druck. Das Programm unterstützt Epson- und IBM-kompatible Nadeldrucker.

Begleitet wird Voilá von einem 30 Seiten dünnen und etwas flattrig wirkenden Handbuch, dessen Inhalt sich darauf beschränkt, der Reihe nach die Funktionen der Pull-Down-Menüs zu beschreiben. Nach dem Motto »In der Kürze liegt die Würze« lassen die recht knapp gehaltenen Erklärungen allerdings einige Fragen offen.

Unter dem Strich hinterläßt Voilá einen durchaus gefälligen Eindruck. Das Programm bietet alles, was für seinen Zweck sinnvoll ist — nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wer Informationen archivieren will, ohne sich dabei mit der aufwendigen Bedienung einer komplexen und meist auch wesentlich teureren Datenbank herumzuschlagen, für den ist Voilá eine echte Alternative. Zusätzlich vertreibt der Hersteller eine bereits fertige Geographie-Datei, die Zugriff auf 1500 Fundstellen aus diesem Bereich bietet und etwa 120 Mark kostet. Ein Datenpool zum Austausch von Archiven ist geplant. Voraussetzung für den Betrieb von Voilá ist ein Monochrom-Monitor; 1 MByte RAM (bei größeren Datenmengen besser noch 2 MByte) sind empfehlenswert, (wk)

Maxisoft, Feldstraßc 27, 3078 Stolzenau

Wertung
Name:Voilá
Preis:99 DM
Vertrieb:Maxisoft
Stärken: * bequeme Eingabe * Suchen nach Schlagwörtern * nachträgliche Änderung der Datenstruktur
Schwächen: * Selektieren und Sortieren nur über Schlüsselfelder * langsame Sortierroutine * dürftiges Handbuch
Fazit: auf ihren Zweck abgestimmte Datenverwaltung, die den Benutzer nicht mit Funktionen erschlägt, mit der sich aber trotzdem komfortabel arbeiten läßt

Marc Kowalsky
Aus: ST-Magazin 05 / 1989, Seite 138

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite