10 Tips rund ums Disketten-Laufwerk

Es ist gerade zwei Jahre her, da führte eine unserer Marktübersichten einfache 3 1/2-Zoll-Disketten-Laufwerke für 758 Mark auf, anschlußfertig, versteht sich (68000er, 10/87, Seite 39). Niemand empörte sich, niemand beklagte Wucherpreise, denn schließlich waren die meisten Anwender froh, durch den ST überhaupt das erste Mal in den Genuß der kleinen Kunstwerke der Feinmechanik zu kommen, die vorher kaum erschwinglich waren. Wen aber kümmert das heute noch? Wer schenkt dem (noch) wichtigsten Ein- und Ausgabegerät auch nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit, die sich früher noch in Bewunderung äußerte? Niemand, und das zu Recht. Denn Laufwerke Anno 1989 sind sehr billig, sehr klein und sehr zuverlässig. Nicht größer als ein Taschenbuch, im Betrieb kaum hörbar und anschlußfertig schon für knapp 230 Mark zu bekommen, so präsentieren sich heute Marken-Laufwerke auch von Drittanbietern. Der Durchbruch von einst wandelte sich zur Selbstverständlichkeit von heute, die sich nur noch bei Defekten im Bewußtsein des Anwenders zurückmeldet. Aber auch hier gibt es Ausnahmen, Unterschiede und vielleicht so manchen Trick, um mehr aus den kleinen Datenschreibern herauszuholen.

#1 Laufwerke vertauschen

MMW ährend die im Zubehörhandel mW gängigen Laufwerke von NEC oder Teac musterhafte Zuverlässigkeit demonstrieren, stehen Ataris Laufwerke in dieser Beziehung schon seit Jahren unter einem ungünstigen Stern. Eine laute Mechanik und konstruktionsbedingte, sporadisch auftretende Lesefehler durch Dejustage der Köpfe oder Überhitzung schickten nicht wenige Disketten auf den direkten Weg ins Datengrab. Während verzweifelte Anwender abenteuerliche Methoden zur Korrektur von Lese-Fehlern ersonnen (wie das »Hochdrücken« einer Diskette während des Lesevorgangs), schlagen wir bei Problemen einen Umbau vor: Dadurch vertauschen Besitzer von Mega STs und 1040 STs auf Wunsch Laufwerk A und B durch Umlegen eines Schalters. (Anleitung für diese Bastelei: »Diskettengeflüster«, ST-Magazin 8/88, Kosten für die Bauteile: 10 bis 20 Mark).

2 Halbstarke verabschieden

Jedes moderne Laufwerk beschreibt Disketten doppelseitig. Sowohl auf der Ober- wie auch auf der Unterseite der Laufwerksmechanik befinden sich also Schreib-Lese-Köpfe. Besitzer einseitiger Laufwerke sollten schleunigst nach solch einem Ersatz Ausschau halten, denn mit der Zeit entpuppen sich die bis vor wenigen Monaten noch selbst von Atari angebotenen »Halbstarken« als wahres Finanzgrab. Da sie nur 50 Prozent der Disketten-Kapazität nutzen, ist meist schon nach 30 Disketten ihr Preisvorteil wettgemacht, danach geht’s in die Miesen. Lästig sind einseitige Laufwerke für die Anbieter kommerzieller Software, denn ihr Kopierwerk muß sich an diesen Speicher-Schwächlingen orientieren, was letztlich die Kosten des Programms in die Höhe treibt. Die Zeche für vier bis fünf einseitig bespielte Disketten umfangreicher Programme müssen nachher aber alle Anwender zahlen. Deshalb unser Appell an die Softwarehäuser: Macht den einseitigen Bremsklötzen den Garaus und bietet Eure Software nur noch auf doppelseitigem Format an. Was bei Autos mit der Katalysator-Pflicht geht, sollte bei Disketten-Laufwerkcn doch nicht unmöglich sein?

3 Ideale Kombination

Empfehlenswert sind anschlußfertige NEC- und Teac-Laufwerke (z. B. NEC 1037A oder Teac 235 F). Ein Eigenbau, vor zwei Jahren noch üblich, ist bei den heutigen Preisen unrentabel. Auch wenn Sie in der Praxis nur ein Laufwerk benötigen: Ein Ausgang Ihrer neuen Floppy für ein weiteres Laufwerk ist erfreulich. Zwei Laufwerke sind allenfalls fürs Kopieren bequem. Mehr als zwei Floppies verkraftet der ST aber sowieso nicht. Wer wirklich ernsthaft mit dem Atari arbeitet, sollte sich lieber gleich eine Festplatte als zweites Speichermedium zulegen.

4 Kopfwäsche einmal jährlich

Heutige Laufwerke sind sehr wartungsfreundlich. In der Regel verrichten sie über Jahre anstandslos ihren Dienst. Sollte tatsächlich einmal ein Defekt vorliegen, lassen Sie ohne entsprechendes Know-how und den nötigen Meßpark ihre Finger von der hochintegrierten Technik und filigranen Feinmechanik. Konsultieren Sie dann lieber Ihren Fachhändler. Aber auch als absoluter »Nur-Anwender« dürfen Sie dem Lesekopf Ihrer Floppy mit einer im Handel erhältlichen Reinigungs-Diskette gelegentlich etwas Gutes tun. Eine Reinigung pro Jahr reicht, da den Kugellagern dabei eventuell Fett entzogen wird.

5 Welten verbinden

Aber nicht nur 3,5-Zoll-, sondern auch die altmodischen 5,25-Zoll-Laufwerke haben auf dem ST ihre Berechtigung. Zwei gute Gründe stechen besonders hervor: Nachdem der ST seit der TOS-Version 1.4 100prozentig MS-DOS-kompatibel formatiert, geben 5,25-Zoll-Disketten ein ausgezeichnetes Bindeglied zwischen der ST- und der MS-DOS-Welt ab. Achten Sie beim Kauf auf die »40/80-Track-Umschaltung«, mit der Sie zwischen der ST- und MS-DOS-Spurenanzahl umschalten.

6 Billige Sicherheit

Aber auch nur mit dem ST dienen die 5%-Zoll-Laufwerke als preiswertes Backup-Medium. Denn die 13 cm großen Wabbelscheiben kosten meist ca. 1 Mark. Fertigen Sie mindestens einmal pro Jahr Sicherheitskopien Ihrer Disketten an. Anschlußfertige 5,25-Zoll-Laufwerke gibt es bereits für unter 300 Mark.

7 Markenquaiität bevorzugen

Oft verkannt, aber für problemloses Arbeiten ausschlaggebend ist die richtige Wahl der Disketten. Auch wenn man es den 3,25 Zoll großen Plastik-Quadern nicht ansieht: Es gibt Qualitätsunterschiede, und die sind nicht klein. Es gilt die Faustregel: No-Names nur für wiederbeschaffbare Daten, alles andere kommt auf Markendisketten. Auch wenn es weh tut: Markenqualität spiegelt sich im Preis wider. Ob Sie sich bei der Markendiskette dann für die »Double Sided«- oder »One Sided«-Variante entscheiden, ist diskutabel. Denn die Hersteller rechtfertigen den höheren Preis doppelseitiger Disketten mit der Mehrarbeit, nicht nur eine, sondern alle beiden Seiten auf mögliche Fehler untersucht zu haben.

8 Keine hoch Beschichteten

»High Density«-Disketten (HD) für den ST sind im besten Fall Geldverschwendung. In diesem Fall heißt »teurer« nämlich nicht gleich »besser«. Denn Ataris Floppy-Controller reizt bestenfalls normale 1-MByte-Disketten aus. Die HD-Diskette benötigt aber aufgrund ihrer Beschichtung einen höheren Schreibstrom als ihre kleinen Schwestern. Schlimmstenfalls kommt es bei HD-Disketten aufgrund unzureichender Magnetisierung zu dem, was Sie eigentlich vermeiden wollten: Lesefehler.

9 Kapazität erweitern

Auch ohne Angst vor diesen Lesefehlern läßt sich die von Atari definierte 720-KByte-Kapazität einer Diskette noch erweitern. Das Speichervermögen Ihrer Diskette legt der ST beim Formatieren fest. Dabei teilt er die Scheibe in Bereiche ein und setzt Orientierungsmarken, damit er die Daten später wiederfindet. Zunächst teilt der ST jede Seite einer Diskette von außen nach innen in 80 kreisförmige Spuren ein. Jede Spur ist nur etwa 0,19 mm breit und setzt sich aus neun Sektoren zusammen. Ein Sektor speichert 512 Byte. Der kleinste ansprechbare Datenbereich besteht aus zwei Sektoren, ein sog. »Cluster«. Auch wenn eine Datei nur ein einziges Zeichen enthält, belegt es also mindestens 1 KByte auf der Diskette. Markendisketten vertragen aber mehr als die Unterteilung in 80 Spuren mit je neun Sektoren. Einschlägige Formatierungs-Programme erweitern die Kapazität von 720-KByte auf 891 KByte (82 Spuren mit je elf Sektoren). Heutige Laufwerke sind in der Lage, bis zu 85 Spuren zu formatieren. Der ST sieht jedoch maximal nur 80 Spuren vor. Darüber hinaus gibt es keine Garantie dafür, wann der Lesekopf an den Poller anschlägt und wie sicher Ihre Daten dabei wirklich sind. Eine höhere Formatierung, z. B. durch zusätzliche Hardware, ist nicht sinnvoll, da sie merklich auf Kosten der Datensicherheit geht. 82 Spuren mit elf Sektoren haben sich jedoch in der Praxis als zuverlässige Formatierung erwiesen.

Zugriff beschleunigen

Einzig die Zugriffszeiten können sich mit 891-KByte-Disketten reduzieren: Liest der ST einen bestimmten Sektor, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß der Lesekopf den Folgesektor bereits überschritten hat, wenn ihn der Prozessor anfordert. Der ST muß dann eine ganze Diskettenumdrehung bis zum nächsten Leseversuch warten. Hier aber gibt es einen Trick: Anstatt die Sektoren in einer 1-2-3-4.. .-Perlenkette anzuordnen, versetzt man die Reihenfolgen ein wenig und verlängert so die Zeitspanne zwischen der Folge zweier Sektoren, also z. B. 1-5-2-6-3-7-4-8. Zwischen zwei Folgesektoren liegt immer ein anderer Sektor. Mit diesem Trick läßt sich die Übertragungs-Geschwindigkeit deutlich steigern. Für das Ganze gibt es natürlich auch ein Fachwort: Es heißt »Interleave«-Faktor. Er gibt über die Anzahl der Sektoren Auskunft, um die aufeinanderfolgende Sektoren versetzt sind. Die »Perlenkette« hat einen lnterleave von 1, unser »versetztes« Beispiel von 2. Dieser Kniff kommt besonders beim Einsatz (von Festplatten zum Tragen. Ein falscher Interleave-Faktor entpuppt sich dort als Klotz am Lesekopf. (ps)

Literatur:

c't 3/89
c't 8/86
Sybex: Atari ST Profibuch
Markt & Technik: Atari ST Programmierhandbuch
ST-Magazin/68000er: 10/87, 11/87, 4/88, 8/88. 5/89.


Tarik Ahmia
Aus: ST-Magazin 11 / 1989, Seite 126

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite