Mega STE - Evolution statt Revolution

Kurz nach seiner Einführung in Amerika soll der »Mega STE« nun auch in Deutschland bei den Händlern stehen. Wir haben eines der ersten Exemplare unter die Lupe genommen.

Will man heute noch jemanden mit einem neuen Computer hinter dem Ofen hervorlocken, muß man sich schon etwas Besonderes einfallen lassen. Da genügt es nicht, lediglich die Taktfrequenz hochzuschrauben, die Festplatte mit ins Gehäuse zu hängen oder einfach die Soundfähigkeiten des Geräts ein wenig zu verfeinern. Auch das Atari-Entwicklerteam wußte das wohl und verpaßte dem »Mega STE« einige technische Leckerbissen. So befindet sich, wie beim großen Bruder TT, unter dem schon bekannten Gehäuse auch ein VMEbus-Steckplatz. Ebenso kann der CPU (Zentralprozessor) eine FPU (Floating-Point-Unit) bei endlosen Rechnereien unter die Arme greifen. Zwar liefert Atari den Rechenknecht leider nicht mit dem Grundgerät aus, doch das Einstecken des Chips in eine vorbereitete Fassung genügt, um ihn ins System zu integrieren.

Ein »Apple-Talk«-kompatibler LAN-Anschluß (Local Area Network) vereinfacht den Anschluß an lokale Netze - allerdings fehlt dazu noch die Software.

Schon beim Einschalten erkennt der aufmerksame Beobachter, daß der Mega STE einige Unarten des Vorgängermodells abgelegt hat und dafür Verbesserungen vom großen Bruder TT mit in die Wiege gelegt bekam. So gibt der Computer z. B. beim Booten der Festplatte ein paar Sekündchen zum Hochfahren, bis er auf sie zugreift. Die Wartezeit kann der Benutzer verkürzen, indem er eine beliebige Taste betätigt. Nach dem Bootvorgang präsentiert sich der STE mit dem vom TT bekannten Desktop mit allen seinen Vorteilen. So kann der Anwender nun Dateien oder Ordner auf dem Desktop ablegen, Programme von dort starten, eine Vielzahl unterschiedlicher Icons verwenden, usw.

Daß die STE-CPU mit 16 MHz durch die Programmlandschaft rauscht, verrät ein bisher freier Platz im erweiterten Kontrollfeld. Durch Anklicken erfährt man, daß der Prozessor auch noch über einen Cache verfügen kann. Er besitzt 16 KByte Speicherkapazität und wird ebenso wie der Prozessor mit 16 MHz getaktet. Im Kontrollfeld läßt sich die Taktfrequenz - z. B. für Spiele mit Zeitschleifen auf 8 MHz zurückschalten. Ebenso kann hier der Cache deaktiviert werden. Leider bekommen z. B. die RAMs von der 16-MHz-Taktfrequenz nur die »Hälfte« mit, d.h. sie laufen mit 8 MHz. Der Cache kann hier aber wieder einiges wettmachen, wie der »Quick Index« Test beweist: Der Computer arbeitet bei prozessorinternen Operationen etwa doppelt so schnell wie ein ST, wenn er externen Speicher braucht, bringt er es auf über 150 Prozent.

Auch über die TOS Version gibt das Kontrollfeld genaue Auskunft: In unserem Testgerät befand sich eine Version 2.05 vom 5. 12. 1990.

Natürlich dürfen Speicherausbau und adäquate Massenspeicher nicht fehlen: Deshalb liefert Atari Deutschland den STE vorerst mit 4 MByte RAM und einem eingebauten 48-MByte-Festplatten-Laufwerk aus. Leider haben die Entwickler eine Kleinigkeit übersehen: Heutzutage sind Floppy-Laufwerke mit max. 720 KByte Kapazität nicht unbedingt der letzte Schrei. Jedenfalls war der zuständige Controller-Baustein bei unserem Testexemplar interessanterweise gesockelt - sollten die Konstrukteure in nächster Zukunft etwa doch in Richtung 1,44 MByte...?

Alles in allem ist der Mega STE eine sinnvolle Abrundung und Ergänzung der ST Serie. Gerade höhere Geschwindigkeit, VMEbus, LAN-Anschluß und die einfache FPU-Nachrüstung prädestinieren ihn für anspruchsvollere Aufgaben

Atari Computer GmbH, Frankfurter Str. 89-91, 6096 Raunheim

Name: Atari Mega STE
CPU: MC 68000
Taktfrequenz CPU und Cache: 16 MHz
Speicherausbau: 4 MByte
Festplatte: 48 MByte (eingebaut)
Sound: 8-Bit-Stereo Ton
Preis: 2998 DM (mit SW-Monitor)

Stärken: VMEbus * Cache * Taktfrequenz wählbar * Cache abschaltbar * Blitter * größerer Tastenabstand auf der Tastatur * LAN-Anschluß * Coprozessorsockel * schneller als »normaler« ST

Schwächen: * nur Cache und Prozessor laufen mit 16 MHz * kein SCSI-Ausgang * fehlender Mega ST Bus * 720-KByte-Floppy * LAN-Software noch nicht verfügbar

Fazit: sinnvolle Ergänzung der ST Familie. Der Mega STE zeigt sich auch anspruchsvolleren Aufgaben gewachsen.


Uwe Wirth
Aus: ST-Magazin 02 / 1991, Seite 8

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