Sample-Wizard STE

Der Wizard STE sampelt in hervorragender Soundqualität

Noch immer kostet es konservative Musiker Überwindung, einen Sound-Sampler überhaupt als Musikinstrument anzuerkennen. Dennoch, die tastenlose Blechschachtel ist heute der vielseitigste Klangerzeuger überhaupt.

Wahrhaft galaktisch gigantisch klingt das neue Angebotspaket der Firma Galactica für die STE-Serie: polyphones Stereo-Sampling, eine professionelle Sample-Rate und die Ansteuerung über MIDI-Keyboard oder Sequenzer — alles für unter 300 DM!

Die Firma Galactic hat sich offensichtlich auf preiswerte Sampler-Versionen spezialisiert. Da sich das Innenleben eines Computers nur geringfügig von handelsüblichen Hardware-Samplern unterscheidet, hält sich bei einer Umrüstung der Materialaufwand im Rahmen. Die Hauptarbeit steckt hier in der Software. Der Volks-Sampler (für nur 129 Mark!) war bereits ein erster großer Erfolg für Galactica, nun wurde die Angebotspalette um ein recht bemerkenswertes Modell, den »Sample-Wizard« erweitert.

Frequenzgang wie bei den CDs

Das aktuelle Galactica-Modell zielt auf die STEs: Der Sample-Wizard STE verblüfft dabei mit der ungewöhnlich hohen Sample-Rate von 46,5 kHz. Dies bedeutet, daß in jeder Sekunde 46500mal die Spannung des Eingangspegels gemessen wird. Damit können aufgrund des Abtasttheorems Frequenzen bis zu 23,25 kHz wiedergegeben werden, also auch Töne, die weit über die Hörgrenze hinausgehen.

Wer Tausende von Mark für seinen Hardware-Sampler bezahlt hat, kann sich schwer vorstellen, wie der Sample-Wizard professionelle Klangqualität für knappe 300 Mark bieten will. Zugegeben, mit Einschränkungen muß man sich beim Sample-Wizard schon abfinden. Gespart wurde vor allem bei der Auflösung der eingescannten Klänge: eine 8-Bit- oder gar die alternativ einstellbare 4-Bit-Auflösung ist bei hohen Ansprüchen schlicht unbefriedigend. CDs rastern die Tonschwingungen bekanntlich mit 16-Bit-Werten, damit können 32768 Lautstärkestufen unterschieden werden. Wieviel vom Originalsignal verlorengeht, wenn nur 16 bzw. 256 verschiedene Positionen der Amplitudenschwingung registriert werden, kann man sich leicht vorstellen. Dies wirkt sich auf den Rauschpegel und natürlich auf die Klangreinheit aus. Manche Feinheiten entgehen einem groben Raster gänzlich, und das bedeutet verminderte Brillanz. Freilich hat dieser Spareffekt auch seine guten Seiten: Der Computer hat weniger zu rechnen und bei geringerem Speicherbedarf Zeit für andere Aufgaben.

Zum Trost: Auch die ersten großen Hardware-Sampler, wie der legendäre Mirage, waren 8-Bit-Sampler. Der Mirage reichte damals durchaus, um Fachwelt und Laien gleichermaßen in Erstaunen zu versetzen.

Vorsicht geboten: beim Anschluß

Jedes MIDI-Keyboard kann die aufgenommenen Stereo-Samples über die gesamte Tastatur hinweg transponieren. Dabei kann man bis zu vier Stereostimmen gleichzeitig wiedergeben, was insgesamt acht Kanälen entspricht. Die zusätzlichen Hardwareteile, die aus dem Atari letztlich einen Sampler machen, sind allesamt in einem winzigen Modul untergebracht. Dieses Kästchen wird einfach in den Drucker-Port des STE eingesteckt. Das Netzteil muß man sich, ebenso wie ein Adapterkabel für die Aufnahme, selbst besorgen. Das Modul erwartet für beide Anschlüsse seltsamerweise identische 3,5-mm-Mini-Klinkenstecker. Wer die Buchsen im Eifer des Gefechts einmal verwechselt, kann sich gleich einen neuen Sampler kaufen. Der Hersteller haftet trotz dieser fahrlässigen Konstruktion für keine daraus folgenden Schäden.

Die beiden Eingangskanäle sind hochohmig ausgelegt, für die Aufnahme eignet sich also jedes Mischpult oder eine normale Heimstereoanlage. Zur Not tut es auch ein regelbarer Kopfhörerausgang. Mikrofone benötigen allerdings einen entsprechenden Vorverstärker bzw. einen Impedanzwandler. Ein Kippschalter am Modul wechselt zwischen Stereo- und Mono-betrieb. Im Monobetrieb ist der Sample-Wizard STE praktisch identisch mit dem Volks-Sampler, ist also auch zu allen kleinen STs kompatibel.

Mühe gab man sich bei der Software. Für die erste Session bietet sich vorerst die einfachere Version an: der Volks-Sampler. Das alternative Programm für Fortgeschrittene nennt sich Pro-Sampler. Auf der Volks-Sampler-Diskette finden sich neben der Textdatei mit einer Kurzanleitung auch der dokumentierte Sourcecode. Daneben gibt es einige Demosounds, ein separates Wiedergabeprogramm und das eigentliche Programm für den Volks-Sampler mit den passenden Ressourcen.

Bereits beim Aussteuern wird das gewandelte Signal präsentiert, wodurch eventuelle Störungen durch Über- oder Untersteuerung vor dem eigentlich Sample-Vorgang hörbar sind. Aufgenommen wird so lange, bis der Speicher voll ist, oder bis die Leertaste gedrückt wird. Bei einer Sample-Rate von 40 kHz und einer 8-Bit-Auflösung werden pro Sekunde auf jedem Kanal 40 000 Messungen durchgeführt, wovon jedes Ergebnis 1 Byte belegt. Damit füllt sich der Speicher in jeder Sekunde um rund 80 KByte. Die Anzahl der Messungen kann man zwar stufenlos reduzieren, doch als Faustregel gilt: Die Sample-Rate muß mindestens doppelt so hoch, wie die im Klang enthaltenen Frequenzen sein. Das menschliche Ohr schafft zwar in der Regel kaum mehr als 12 kHz, allerdings wirken auch Obertöne auf den Gesamtklang, die, isoliert betrachtet, überhaupt nicht zu hören sind! Die Sample-Rate sollte eigentlich nur in Ausnahmefällen kleiner als 30 kHz sein.

Damit man aber dennoch mit kleineren Sampling-Raten noch brauchbare Ergebnisse erzielt, hat sich Galactic einige Tricks einfallen lassen: Bei Sample-Raten unter 20 kHz hat der Rechner genug Zeit für einen Oversampling-Durchgang. Dabei werden die Messungen einfach doppelt so schnell ausgeführt und aus mehreren Werten ein Mittelwert gebildet. Je geringer die Sample-Rate, desto höher darf der Oversampling-Faktor sein. Darüber hinaus unterstützt ein gefilterter Ausgangskanal die saubere Wiedergabe.

Abspielen kann man die aufgenommenen Klänge dann von vorne nach hinten, von hinten nach vorne oder auch in Endlosschleifen. Ein Fenster stellt die Klänge grafisch dar. Für jeden Klang lassen sich neben Start- und Endpunkt acht weitere Marken frei definieren, wobei zwischen beliebigen Marken Blöcke bestimmt werden können. Blöcke sind für die weitere Bearbeitung, wie Schneiden, Drehen, Zusammenkleben oder nachträgliche Amplitudenanpassung, zweckmäßig — sie können zu diesem Zweck auch in einer eigenen Datei abgespeichert werden. Eine Zoomfunktion sorgt für den richtigen Blick und die passenden Dimensionen. Samples oder Blöcke davon können direkt mit Standardeffekten versehen werden. Dazu zählen Blend- und Mischeffekte sowie Echohalleffekte.

Das alternative Programm, der Pro-Sampler, bietet sogar noch mehr: Eine besondere Speicherverwaltung sorgt dafür, daß auch bei großen Datenmengen der Überblick nicht verlorengeht. Dieses Konzept unterscheidet zwischen Stücken, Blöcken und Sounds. Ein Stück ist dabei ein eigenständiges Sample, das bis zu zehn Marken besitzen kann. Der Speicher kann beliebig viele Stücke halten, die jeweils unabhängig voneinander abgespielt oder bearbeitet werden können. Ein Sound ist demgegenüber eine Art Schnipsel, der als Makro im Speicher sitzt. Ein Stück kann ohne zusätzlichen Speicherverbrauch mehrere Sounds anmelden. Ein interessantes Werkzeug, um zwei Samples zu kombinieren, ist der Megamischer. Samples kann man hier mit verschiedener Gewichtung und mit verschiedenen Überblendfunktionen verbinden. Der eingebaute Sequenzer arbeitet mit einer Soundliste. Daraus stellt man eine oder maximal vier verschiedene Sequenzerlisten zusammen. Leider läßt sich die Sequenz nur beschränkt ti-men. Der Startpunkt der einzelnen Samples ist nicht frei definierbar und ebensowenig ist es möglich, Pausen zu programmieren. Auch der MIDI-Teil bleibt hinter den Erwartungen zurück. Wer seinen Synthie mit dem Sample-Wizard koppeln und beide Geräte über den internen Sequenzer ansteuern möchte, wird enttäuscht. Lediglich die Tasten des Keyboards lassen sich mit Sample-Sounds belegen und diese dann maximal vierstimmig abspielen. Überhaupt ist hier der Begriff Sequenzer verwirrend, da man allgemein darunter ein Tool für MIDI-Daten versteht. Besser würde man diesen Programmteil schlicht als Playlist bezeichnen.

Zusätzlich zu den Digital Analog-Wandlern bietet dei Sample-Wizard ein hochwertiges Klangregelmodul, das Microwire-Interface. Damit läßt sich die Wiedergabequalität deutlich hörbar manipulieren.

Fazit: Leider ist der Sample-Wizard ein recht eigensinniges Produkt, das sich mit der übrigen MIDI-Welt nicht gerade gut versteht. Wer heute ein MIDI-Produkt ohne jegliche Synchronisationsfähigkeiten anbietet, muß sich zudem unangenehme Fragen gefallen lassen: Will man nicht oder kann man nicht? (mn)

Sample-Wizard STE

Hersteller: Galactic Panorama: Stereo

Polyphony: vierstimmig

Frequenzrate: bis zu 5 Volt

Auflösung: 8 Bit, 4 Bit Effekte: Stereohall, Klangregler

Eingangssignal: bis zu 5 Volt

Impedanz: 20 bis 50 kHz
Software: Pro-Sampler, Volks-Sampler

Preis: 298 DM

Stärken: breiter Frequenzgang; Halleffekte; 4stimmig polyphon; Stereo-Sampling; beliebig viele Samples; Oversampling; hochwertige Ausgangsfilter

Einschränkungen: keine externe Synchronisation möglich; kein MIDI-Out; nur 8 Bit Auflösung; kein Multitasking möglich


Manfred Neumayer
Aus: ST-Magazin 04 / 1991, Seite 32

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