Der richtige Ton - Kauftips: Was ein Keyboard können muß

Ein Keyboard, kombiniert mit Sequenzersoftware, reicht, um auf dem ST eigene Hits zu produzieren. TOS nennt die entscheidenden Kriterien, mit denen Sie beim Kauf eines Keyboards den richtigen Ton finden.

Welche Features muß ein Keyboard aufweisen, um unserem Qualitätsanspruch zu genügen? Im Prinzip viel weniger als die Keyboardindustrie immer wieder zu suggerieren versucht.

Da Sie das Keyboard im Verbund mit einem Computer betreiben, ist eine MIDI-Schnittstelle der erste Punkt im Pflichtenheft. Glücklicherweise sind die meisten Geräte MIDI-fiziert, so daß wir uns gleich dem zweiten Punkt zuwenden, der Klaviatur.

Die Klaviatur des Keyboards ist die direkte Schnittstelle zwischen Ihrer musikalischen Idee und dem Computer. Wer sich hier kompromißbereit zeigt und aus Sparsamkeit ein Gerät mit Mini-Tasten erwirbt, verurteilt seine musikalischen Gehversuche von Anfang an zum Scheitern. Selbst geübte Keyboarder sind kaum in der Lage, solchen »Fummeltasten« zusammenhängende musikalische Strukturen zu entlocken. In Frage kommen für uns nur Keyboards mit normal dimensionierter Klaviatur, die einen Bereich von fünf Oktaven einschließt. Tastaturen mit kleinerem Umfang schränken die Spielmöglichkeiten stark ein.

»Multi mode« heißt das dritte Stichwort unserer Checkliste. Multimode-fähig bedeutet, daß ein Synthesizer in der Lage ist, mehrere Klänge gleichzeitig auf verschiedenen MIDI-Kanälen wiederzugeben. Achten Sie darauf, daß die Instrumente nicht nur jeweils einstimmig erklingen, wie dies bei einigen älteren Modellen der Fall ist. Durch den Multimode simulieren Sie mit Hilfe des Computers auf einem einzigen Synthesizer eine komplette Band. Die meisten modernen Geräte, auch die preiswerteren, verfügen über Multimode. Multimode ist der Grund, warum die Begriffe »Begleitautomatik« oder »Rhythmusautomatik« nicht in unserem Pflichtenheft auftauchen. Die meisten Vertreter dieser Gattung entlocken zwar beim ersten Anhören auch so manchem Musikprofi ein erstauntes »Ooh, Aah«, bei dauerhafter Anwendung produzieren sie jedoch gepflegte Langeweile. Mit dem einfachsten Public-Domain-Sequenzer, einem Multi mode-Keyboard und etwas Kreativität entstehen interessantere Arrangements, als diese Begleitautomaten produzieren. Haben Sie keine Ambitionen in dieser Richtung, greifen Sie auf das reichlich vorhandene PD-Angebot zurück. Außerdem vertreiben manche Anbieter komplette Pop-Arrangements im MIDI-File-Format. Die meisten Sequenzer lesen diese Daten, und schon haben Sie Ihre persönliche Hitparade zu Hause.

Punkt 4 unserer Liste ist der Sound des Keyboards. Er hängt in erster Linie von Ihrem Geschmack ab. Dennoch gilt es auch hier, einige Dinge zu beachten: Hören Sie sich die vorgegebenen Klänge (Presetsounds) der Keyboards sorgfältig an und stellen Sie fest, ob eine breite Palette von Klängen (Bässe, Streicher, Bläser, Synthisounds etc.) vorhanden ist. Wichtig: Der Großteil der Sounds muß Ihnen gefallen, nicht nur ein bis zwei Supersounds. Sehr wünschenswert ist die Fähigkeit, Sounds selbst zu programmieren, bzw. Sounds per Software oder Cartridge nachzuladen. Selbst die besten Werksounds unterliegen nach einiger Zeit einem gewissen »ohralen« Abnutzungseffekt. Auch gewinnt ein Instrument durch neue Sounds immer wieder an Aktualität.

Achten Sie unbedingt darauf, daß Ihr künftiges Keyboard ausreichend Drumsounds besitzt, die sich über die Klaviatur einspielen lassen. Die an vielen Billig-Keyboards angebrachten Drumpads sind überflüssiges Spielzeug. Vergleicht man die genannten vier Punkte mit den auf dem Markt befindlichen Produkten, so fällt auf, daß die im unteren Preisdrittel liegenden Einsteiger-Synthesizer (nicht Home-Keyboards) der renommierten Hersteller wie Yamaha, Korg, Roland oder Kawai in idealerweise unseren Anforderungen entsprechen. In vorderster Front sind hier Geräte wie »D5« und »D10« von Roland, »K1« und »K1 II« von Kawai oder »V50« und »SY22« von Yamaha zu nennen.

Diese kurze Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Solche Synthesizer kosten zwischen 1000 Mark und 2000 Mark Neupreis, verfügen teilweise als »Bonbon« über ein eingebautes digitales Effektgerät und haben zusätzlich Spielhilfen wie Pitch-Bender und Modulations-Rad eingebaut. Alle aufgeführten Geräte schlagen die »Konkurrenz« aus der »Alleskönner-Billig-Home- Keyboard - Ecke« klanglich um mehrere Längen, schöpfen aus einem unübersehbaren Angebot an Sounds und Editor-Software und sind auch nach zwei Jahren keine Staubfänger, die wegen Frustration in der Abstellkammer stehen. Der Wiederverkaufswert dieser Instrumente ist vergleichsweise hoch. Gewiefte Sparfüchse halten in den An- und Verkaufsrubriken der Musikfachpresse Ausschau und schlagen auf diese Weise so manches Schnippchen. Viele MIDI-Freaks sind ständig auf der Suche nach dem aktuellen Sound und verkaufen bei jedem neuen Produkt in hektischer Betriebsamkeit ihr altes Equipment, um »up-to-date« zu bleiben. Dies bietet Gelegenheit, gute Instrumente günstig zu erwerben. (wk)


Kai Schwirzke
Aus: TOS 06 / 1990, Seite 84

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