Kaufen ohne Katzenjammer: Für jeden der richtige Massenspeicher

Festplatte, Wechselplatte oder gar eine Magneto-Optische? Wer sich einen Massenspeicher anschaffen möchte, steht vor einem verwirrenden Angebot. Wir bringen Licht ins Dunkel der verschiedenen Platten-Konzepte, damit es nach dem Kaufrausch nicht zum Kater kommt.

Vor noch nicht allzulanger Zeit konnten engagierte Hobbyisten wegen der hohen Preise nur neidvoll auf die Festplatten von Profi-Systemen blicken. An Popularität gewannen diese Speicherriesen erst, als die Preise kräftig sanken. Heute bekommt man eine 30 MByte-Platte für rund 1000 Mark, und die Preisentwicklung zeigt weiter nach unten.

Festplatten sind vom Arbeitsprinzip nahe mit Diskettenlaufwerken verwandt. Der Hauptunterschied besteht darin, daß das Speichermedium nicht biegsam wie eine Diskette ist und daß die Scheibe mit etwa 3600 Umdrehungen pro Minute rotiert. Um die Daten zu lesen oder zu schreiben, schwebt der Schreib-/Lesekopf auf einem Luftpolster etwa 0,5 /um über der Platte. Bei diesem geringen Abstand verwundert es nicht, daß bereits ein Staubkorn zum berühmt-berüchtigten Headcrash (der Schreib-/Lesekopf kratzt auf der Platte) führt. Daher montieren die Hersteller die Scheiben in einem absolut staubfreien Raum.

Da beim Ausschalten der Platte die Köpfe in bestimmten Zonen landen, entsteht im Laufwerk doch Staub durch den Abrieb. Daher wird ein Filter eingebaut, der selbst kleinste Partikel fernhält. Der Luftstrom, den die sich drehende Platte erzeugt, drückt die Staubpartikel zum Filter. Die Technik ist auf diesem Gebiet bereits soweit fortgeschritten, daß Fremdkörper kaum noch Daten zerstören. Jedoch darf der Anwender nie eine Festplatte öffnen. Dies würde sie unwiderruflich zerstören.

Anschluß finden Festplatten am ST über den ACSI-Bus, auch DMA-Schnittstelle genannt. Leider hielt sich Atari nicht an den bereits 1985 weitverbreiteten SCSI-Standard, sondern entwickelte einen eigenen, gegenüber SCSI etwas abgespeckten Bus.

Trotzdem kommen am ST überwiegend SCSI-Platten zum Einsatz, die einen intelligenten Controller besitzen. Wegen Ataris Eigenentwicklung muß ein Hostadapter die ACSI-Befehle ins SCSI-Format übersetzen. Erst am TT lassen sich SCSI-Laufwerke ohne Adapter betreiben, da Ataris Flaggschiff über einen echten SCSI-Bus verfügt.

Welche für wen?

Nach diesem kurzen Ausflug in die Theorie wenden wir uns der Praxis zu. Die wichtigste Frage beim Kauf eines Massenspeichers ist: Welcher ist der richtige für mich? Zuerst sollten Sie sich Klarheit darüber verschaffen, wofür Sie den ST hauptsächlich einsetzen. Ist Ihr Hauptanwendungsgebiet die Textverarbeitung, genügt in der Regel eine 30 MByte-Festplatte, da sich die Datenmengen in Grenzen halten. Auch brauchen Sie zum Verfassen von Texten nicht unbedingt die schnellste Platte, was sich günstig auf den Anschaffungspreis auswirkt. Bei Anwendungen, die häufig auf den Massenspeicher zugreifen, wie beispielsweise Compiler oder Datenbanken, ist die Geschwindigkeit ein wesentlicher Aspekt für die Kaufentscheidung. Eine Festplatte mit weniger als 20 ms Zugriffszeit genügt hier den meisten Ansprüchen.

Eine interessante Alternative für Anwender, die mit sehr großen Datenmengen jonglieren oder aber mit sicherheitsrelevanten Dateien arbeiten, sind Wechselplatten. Diese Laufwerke arbeiten nach dem selben Prinzip wie Festplatten, jedoch speichern sie die Daten auf einem Medium, das sich aus dem Laufwerk entnehmen läßt. Bemerkenswert ist, daß die Platte nach dem Einlegen erst einmal sehr stark beschleunigt, um Staub und andere Fremdkörper aus dem Inneren der Cartridge zu schleudern. Konstruktionsbedingt ist nämlich die rotierende Scheibe nicht hermetisch von der Aussenwelt abzuschließen, wie dies bei Festplatten der Fall ist. Das Fassungsvermögen eines Mediums beträgt 44 MByte. Zur Zeit arbeiten aber verschiedene Firmen an einer Verdoppelung der Kapazität auf 88 MByte.

Das SQ555-Laufwerk von Syquest setzte sich als Standard am ST, PC und Macintosh durch. In der Anschaffung kostet es zwar mit einer Platte rund 1700 Mark und ist damit nicht wesentlich billiger als eine 40 MByte-Festplatte, aber bereits nach dem Kauf einer zweiten Scheibe erhöht sich die Speicherkapazität auf stolze 88 MByte. Diese Aufrüstung kostet aber nur noch etwa 250 Mark. Weiter spricht für Wechselplatten, daß sich die Daten leicht in einem Tresor vor unberechtigten Zugriffen schützen lassen. Dazu nehmen Sie einfach das Medium aus dem Laufwerk -wie eine Diskette.

Bei riesigen Datenmengen bieten sich MO-Platten an

Der relativ günstige Preis von Wechselplatten inspirierte zahlreiche Hersteller, Kombistationen anzubieten. Diese Subsysteme bestehen meistens aus einer schnellen Festplatte mit hoher Kapazität und einem Syquest-Wechselplattenlaufwerk. Mit der Festplatte arbeiten Sie und auf den Wechselplatten sichern Sie Ihre Daten. Bequemer lassen sich Backups kaum anlegen. Auch ist die Wechselplatte schnell genug, so daß das Anfertigen der Sicherheitskopien in einem vertretbaren Zeitrahmen über die Bühne geht. Aber selbst zum »normalen« Arbeiten ist das Wechselplattenlaufwerk schnell genug. Besonders im Grafik- und DTP-Bereich stoßen Sie selbst bei einer 200 MByte-Festplatte schnell an die Speichergrenzen. Hier bieten sich, falls Sie über das nötige Budget verfügen, magneto-optische Laufwerke an. MO-Platten, wie die »CSS Gigafile 650« der Firma CSS präsentieren sich in einem etwa 20x30 cm großen Gehäuse. Das Speichermedium ist wie bei einer Wechselplatte austauschbar und verbirgt sich in einer Plastikkassette, die etwa so groß wie eine 5,25 Zoll-Diskette ist. Auf ein Medium passen pro Seite 297 MByte.

Das Speicherverfahren einer MO-Platte unterscheidet sich grundlegend von dem einer herkömmlichen Festplatte. Das Medium besteht aus einer Plastikscheibe, die eine dünne Magnetschicht trägt. Alle Elementarmagnete dieser Schicht zeigen in die gleiche Richtung. Nur wenn die Temperatur dieser Magnetschicht über einen bestimmten Wert steigt, läßt sich die Ausrichtung der Elementarmagnete ändern. Dazu erhitzt ein Laser einen Punkt auf der Platte. Ist die nötige Temperatur erreicht, dreht ein Magnetfeld den Elementarmagnet. Nach dem Abkühlen bleibt die Drehung erhalten.

Beim Auslesen der Informationen kommt eine zweite Eigenschaft der Magnetschicht zum Tragen: Je nachdem wie die Magnete liegen, reflektiert sie polarisiertes Licht in unterschiedliche Polarisierungsebenen. Ein Detektor stellt beim Lesen der Daten fest, ob ein Bit nun gesetzt ist oder nicht.

Wie schon diese oberflächliche Beschreibung vermuten läßt, sind MO-Platten sehr komplizierte HighTech-Geräte. Dies schlägt sich auch im stolzen Preis von annähernd 10000 Mark für das Laufwerk nieder. Günstig ist hingegen der Preis für ein Medium mit knapp 700 Mark. Rechnet man sich den Preis pro MByte aus (Ergebnis: rund 1,18 Mark), dann wird diese neue Technik für alle interessant, die häufig mit sehr großen Datenmengen hantieren müssen. In der Geschwindigkeit liegen MO-Laufwerke etwas hinter SCSI-Festplatten, zum zügigen Arbeiten reichen sie aber vollkommen aus. Beim Kauf einer Festplatte sollten Sie sich nicht nur die original Atari-Produkte in die engere Wahl ziehen. Drittanbieter liefern vergleichbare Platten häufig günstiger. Ein nicht zu unterschätzendes Kriterium bei einem Gerät, das ständig in Betrieb ist, ist seine Geräuschemission. Und in diesem Punkt haben die Produkte der Fremdanbieter meist die Nase vorne, da nur hochwertige Ventilatoren zum Einsatz kommen.


Ulrich Hofner
Aus: TOS 05 / 1991, Seite 43

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