Safety First: Was die Softwarehäuser vom Kopierschutz halten

Kopierschutz-Chaos und kein Ende: Hardware- oder Software-Schutz, Handbuch-Abfrage, Seriennummern oder gar keine Vorkehrungen gegen Raubkopierer? TOS befragte die Softwareanbieter für den ST.

Das Spektrum reicht von Kopierschutzverweigerern aus Gewissensgründen bis zur Beton-Fraktion, die Vorne-Verteidigung mit schwerstem Gerät zum Schutz ihrer Programme praktiziert. Wir stellen eine Auswahl unterschiedlicher Sicherheits-Philosophien gegenüber. Steinberg und C-Lab, führende Softwarehäuser im MIDI-Bereich, befragten wir zur mangelhaften Kompatibilität ihrer ROM-Port Expander.

Die Antworten geben allen MIDI-Musikern Anlaß zur Hoffnung. Als beispielhafte Kopierschutz-Lösung sprachen wir mit Fast Electronic über das »Hardlock E.Y.E.«-Modul. Das wirkungsvolle Funktions-Prinzip zeigt, wo es in Sachen Kopierschutz langgeht.

Erik Simon von Thalion Software:

»Bei den jetzigen Verkaufszahlen lohnt sich Spiele-Software für den ST in Deutschland nicht mehr. Der Amiga hat da eindeutig die Oberhand gewonnen. Raubkopien tragen ein übriges zu der schlechten Situation bei. Ein Disketten-Kopierschutz wird immer geknackt. Wir stecken daher auch keinen großen Entwicklungsaufwand mehr in den softwaremäßigen Kopierschutz und setzen nur noch einen relativ harmlosen Diskettenschutz ein. Mittelfristig wollen wir weg von kopiergeschützten Disketten. Größere Projekte schützen wir dann nur noch mit Handbuch-Abfragen vor den Raubkopierern.«

Karl-Heinz Hopbach von EMC-Software:

»Wir sichern unsere Programme mit einem Software-Kopierschutz. Unsere Strategie ist es, MIDI-Software besonders günstig anzubieten. Bei einem Verkaufspreis der Programme zwischen 30 und 150 Mark kommt kein anderes Kopierschutz-Verfahren in Frage. Ganz darauf zu verzichten, halte ich für unrealistisch. Wenn jemand ein Programm umsonst haben kann, dann nimmt er es auch umsonst. Mit unserer MIDI-Software sind Raubkopien für uns auch gefährlicher als für die Anbieter von universellen Programmen wie 'Calamus' oder 'Adimens'. Dort haben Raubkopien einen beträchtlichen Werbe-Effekt und regen gar den Verkauf erst an, wie es zum Beispiel bei 'GFA-Basic' gut zu beobachten war.

Unsere Zielgruppe weiß aber genau, was sie will. Raubkopien reduzieren da nur die potentielle Käufergruppe. Mit Sicherheit steigen wir aber nicht auf Dongles um. Denn viele Leute haben von der Steckerei mit den Dongles die Nase voll.

Unser Verfahren funktioniert wie ein Software-Dongle: Das Programm läßt sich auf der Festplatte installieren, nach dem Start fragt es den Kopierschutz nur einmal von der Diskette ab.«

Oliver Joppich von Application Systems Heidelberg:

»Wir verzichten im Interesse der Anwender auf einen direkten Kopierschutz. Jedoch läßt sich jeder Käufer unserer Programme durch eine verdeckt eingebaute Seriennummer identifizieren. Einen Dis-ketten-Schutz halte ich für ziemlich veraltet, denn er behindert die Anwender. Hardlocks gehören zu den sinnvolleren Kopierschutz-Methoden. Momentan sehen wir aber nicht ein, die ehrlichen Benutzer mit den 50 bis 60 Mark Mehrkosten zu bestrafen. Das müßte sehr viel billiger werden. Außerdem sollte ein Dongle an der Drucker-Schnittstelle arbeiten und sich in Reihe schalten lassen. Noch ein Hardlock am ROM-Port würde niemand akzeptieren. Gute Hardlocks wie das von Fast sind leider zu teuer. Ganz ohne Kopierschutz sichern nur sehr gute Programme einem Softwarehaus das Überleben. Langfristig hält wohl aber kein Kopierschutz den Crackern stand. MIDI-Firmen haben den Vorteil, daß potentielle Knacker an ihrer Software nicht interessiert sind.«

Carsten Dierksen Verkaufsleiter Deutschland C-Lab Software:

»Ein Kopierschutz ist schlecht für den Hersteller und für den ehrlichen Anwender, aber zum Glück besonders schlecht für den Raubkopierer.

Er bedeutet für den Programmierer zunächst mal Zeitverschwendung. Daß Softwarehersteller ohne diesen Schutz jedoch leider nicht aus-kommen, belegen beispielsweise Fälle aus der Vergangenheit. Wir haben uns für einen Hardware-Schlüssel (Dongle) als Schutz entschieden, der durch das Programm abgefragt wird.

Die Einführung der Mega ST 2/4-Serie ermöglichte Entwicklungen von Realtime MIDI-Multitasking Systemen wie unserem SOFTLINK, bei dem sich mehrere Programme gleichzeitig im Speicher befinden und dabei MIDI-Funktionen immer erhalten bleiben. Diesbezüglich haben wir bereits vor 1 1/2 Jahren bei Steinberg eine Kooperation zur Kompatibilität angeregt, die jedoch für uns unverständlicherweise abgelehnt wurde. C-Lab ist zur Kompatibilität bereit und stellt interessierten Entwicklern die SOFTLINK-Dokumentation zur Verfügung. Unserer Meinung nach hätte Kompatibilität allen genützt und niemandem geschadet.«

Manfred Rürup Geschäftsführer von Steinberg:

»Kopierschutz ist ein notwendiges Übel. Jedes unserer Programme besitzt einen Hardware-Kopierschutz, ohne den wir die Software in vielen Ländern gar nicht verkaufen könnten. Bei einem Auslandsanteil von 70 Prozent des Umsatzes wollen wir das Risiko massenhafter Raubkopien nicht eingehen. Trotzdem schätze ich, daß die Hälfte der von uns verkauften Programme noch einmal als Raubkopie existiert. Der Kopierschutz soll im Interesse unserer Kunden stehen. Sie würden sich angeschmiert fühlen, wenn es die Software an jeder Ecke als Raubkopie gäbe.

Im spezialisierten MIDI-Markt reagieren wir außerdem sensibler auf Raubkopien, weil die Stückzahlen sehr viel geringer sind als bei Standard-Software. Schließlich schaut unsere Zielgruppe auch eher auf den Preis als Firmen oder Verwaltungen, die solche Investitionen einfacher absetzen können als einzelne Musiker.

Es läßt sich an den Verkaufszahlen deutlich sehen, wann ein Kopierschutz geknackt ist. Das ist etwa nach einem Jahr der Fall. Kompatibilitäts-Bemühungen bei den verschiedenen ROM-Port Expandern würden wir in jedem Fall unterstützen. Der 'Combiner' von C-Lab und unser 'Midex'-Expander sind kompatibel, bei der Software gibt es Probleme. Derzeit laufen Gespräche mit C-Lab, um zu einer Kompatibilität zu gelangen.«

Herr Greb und Herr Daurer von Fast Electronic:

»'Hardlock E.Y.E.' (HE) ist ein Kopierschutz-System, das Programme mit Hilfe eines ver- und entschlüsselnden Custom Chips besonders sicher schützt. HE läuft an der Drucker-Schnittstelle und wurde weltweit bereits über eine halbe Million Mal verkauft. Der Chip ist nicht nachbaubar und nicht zu knacken. HE ist im Prinzip eine Entschlüsselungsmaschine. Programmdaten wie Konstanten, Schleifen, Variablen oder Strings legen unsere Kunden verschlüsselt in ihrem Programm ab. Alle Daten entschlüsselt HE während der Laufzeit des Programms. Je mehr Daten verschlüsselt sind, desto sicherer ist das Programm. In puncto Sicherheit sind nur Programme bedenklich, die ausschließlich abfragen, ob das HE vorhanden ist und die Chiffrier-Fähigkeiten des Moduls gar nicht nutzen. Fast liefert den Kunden die HE-Rohlinge und verwaltet die Basis-Codes der Kunden. Jeder Kunde bekommt einen spezifischen Basis-Code. Mit Hilfe des Basis Codes auf einer einmaligen 'Crypto-Programmer-Card' ist der Kunde in der Lage, bis zu 43000 Subcodes zu erzeugen und individuelle Dongles zu produzieren. HE gibt es in MS-DOS-, OS/2-, Windows- und UNIX-Anpassungen. Das System läuft auch auf dem ST und kostet pro Modul etwa 100 Mark (gestaffelt bis 62 Mark). HE enthält außerdem einen kleinen nichtflüchtigen Speicher, der sich zum Beispiel als Zähler für sogenannte 'dead counter'-Demo-Versionen einsetzen läßt (beispielsweise maximal 20 Aufrufe eines Demo-Programms).«


Tarik Ahmia
Aus: TOS 05 / 1991, Seite 110

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