Vom Trautonium zum Synclavier: 1. KlangArt-Festival in Osnabrück

»Musik und Elektronik« lautete das kurze aber bedeutungsschwere Motto der »KlangArt«, einer viertägigen Großveranstaltung in Osnabrück. Vom 22. bis 26. Mai gab es Ausstellungen, Konzerte und einen wissenschaftlichen Kongress.

Der Einfluß moderner Technologien auf unser kulturelles Leben stieg in den letzten 50 Jahren ständig. Besonders prägte diese Entwicklung die Musik, die durch die Elektronik völlig neue Effekte erzielt. Gleichgültig, ob E- oder U-Musik, ob professionelle Produktion, Komposition oder Musikwissenschaft, beinahe jede Teildisziplin bezog und bezieht wesentliche Impulse aus der stetig fortschreitenden technologischen Entwicklung.

Dieser Vielschichtigkeit Rechnung zu tragen, war das ehrgeizige Anliegen der KlangArt-Planer. So wollte man einerseits Musik und Elektronik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich und erlebbar machen, andererseits aber auch neueste musikwissenschaftliche Forschungsergebnisse zu diesem Thema auf einem internationalen Forum vortragen. Um eine optimale Bewältigung dieser vielschichtigen Aufgabe zu gewährleisten, entschlossen sich die Organisatoren, KlangArt in drei verschiedene Bereiche zu unterteilen: Festival, Kongress und MusiTec.

Der von der Universität Osnabrück veranstaltete Kongress bot Gelegenheit, sich umfassend über den aktuellen Stand der musikwissenschaftlichen Diskussion zum Thema »Neue Musiktechnologien« zu informieren. Ein internationales Aufgebot an Referenten erörterte nicht nur theoretisch-technische Aspekte, sondern ging ebenso umfassend auf pädagogische und soziale Auswirkungen der neuen Musiktechnologien ein. Auch eine Vorführung des legendären Mixturtrautoniums durch Oskar Sala sowie eine Demonstration des hochmodernen Synclaviers gehörten zum weitgefächerten Programm des Kongresses. Den Kongress begleitend fanden eine Reihe von MIDI-Workshops unter Leitung fachkundiger Dozenten statt, die den Teilnehmern die Gelegenheit boten, Musiktechnologie aktiv am Computer zu erleben und zu erlernen.

Musikelektronik zum Anfassen gab es auf der MusiTec. Auf dieser Fachausstellung präsentierten namhafte Hersteller einen Querschnitt zukunftsweisender musikelektronischer Hard- und Software. Der midifizierte Yamaha Diskflügel, das NED Synclavier sowie die digitale Sakral-Orgel der Firma Ahlborn waren nur einige Highlights dieser Mini-Musikmesse. Einen besonderen Leckerbissen bot die Sammlung historischer

Synthesizer von Matthias Becker. Anhand von etwa 30 Exponaten, darunter auch das inzwischen nur noch selten zu sehende und zu Höchstpreisen gehandelte Moog Modul System 55 und der Korg PS 3300, war die noch junge Entwicklungsgeschichte des Synthesizers anschaulich in Szene gesetzt.

Das Festival bildete schließlich das musikalische Rahmenprogramm der KlangArt. Von Karl-Heinz Stockhausen über die Einstürzenden Neubauten bis hin zu Klaus Doldinger und John Cale bot sich den KlangArt-Besuchern in insgesamt 13 Konzerten ein stilistisch weit gespanntes Programm, das den Einsatz moderner Elektronik eindrucksvoll vor Augen und Ohren führte.

So fällt das Resümee der KlangArt-Premiere außerordentlich positiv aus. Die Organisatoren meisterten ihre selbstgesteckte Aufgabe einer umfassenden Standortbestimmung zum Thema »Musik und Elektronik« mit Bravour. Aufgrund der ermutigenden Resonanz von Ausstellern, Dozenten und Besuchern steht schon jetzt fest: Auch 1993 öffnet die KlangArt wieder ihre Tore in Osnabrück. Ein genauer Termin steht allerdings noch nicht fest. (wk)


Kai Schwirzke
Aus: TOS 08 / 1991, Seite 125

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