CeBIT '92: Sparrow - Spatz oder Star

Jetzt ist es heraus: Der unter dem Decknamen »Sparrow« entwickelte Rechner von Atari heißt jetzt offiziell »Falcon 30«, so Atari auf dem Presseabend der CeBIT '92. Dieser verbindet sich mit einer zweiten Neuheit zu einem dynamischen Duo, denn: Das Betriebssystem von Falcon heißt voraussichtlich »MultiTOS« und ist die konsequente Weiterentwicklung der TOS-Versionen 2.06/3.06: Das neue MultiTOS gilt zu 90% kompatibel zum alten TOS. Sauber geschriebene Programme, die schon jetzt mit Multitasking-Umgebungen für den Atari ST/TT zurechtkommen, haben gute Chancen auf die korrekte Zusammenarbeit mit MultiTOS. Die Anzahl der gleichzeitig laufenden Prozesse ist nur noch durch die Größe des Hauptspeichers begrenzt. Die nebeneinander arbeitenden Programme können untereinander Daten austauschen. Damit lassen sich zum Beispiel Programme durch Programme steuern. MultiTOS arbeitet auf allen Rechnern von Atari mit einem Prozessor aus der Familie des 68000er. Somit bleiben auch ältere Modelle der ST-Reihe weiterhin voll im Trend. Natürlich nutzt das neue Betriebssystem Vorzüge eines 68030 aus.

Ein Falke lernt fliegen

Wilde Gerüchte um Ataris neuen Rechner kursierten ja bereits seit längerem in den Fachkreisen. Nachgeplapperte Weissagungen über vermutete Spezifikationen eines Rechners namens »Sparrow« sorgten für mehr Aufregung als Klarheit. Erst zur CeBIT öffnete schließlich Atari die Informationsschleusen einen kleinen Spalt, für viele Gemüter ein wenig zu klein. Doch wir wissen: Das neue Gerät aus dem Hause Atari heißt offiziell »Falcon 30«. Die Präsentation der neuesten Technik aus »Sunny California« wirkte kümmerlich und unbefriedigend. So lautete die Antwort auf die Frage nach der Geschwindigkeit des Prozessors schlicht: »Genug.«. Der gleiche Satz folgte dem Wunsch nach mehr Informationen zur Anzahl der Farben und den unterstützten Auflösungen. Auch über die Art der seitens Atari erwähnten neuen Schnittstellen herrschte Schweigen. Daß Atari diese Antworten parat hat, dürfen wir dem genannten Auslieferungstermin an die Entwickler entnehmen, die schon seit längerem über konkrete Unterlagen verfügen. Wie weit der Falke jetzt sein Territorium ausdehnt, liegt voll und ganz in den Händen von Atari. Hält sich die Gesellschaft an den angekündigten Auslieferungstermin im Herbst, dürfte diese Markteinführung gleichzeitig eine neue Ära im Bereich Heimcomputer einläuten.

Mit Hilfe der MMU (Baustein zur Speicherverwaltung) vergeben Sie Zugriffsrechte auf einzelne Speicherbereiche an Programme Ihrer Wahl.

Kern der Hardware im Falcon bildet ein MC68030 in Zusammenarbeit mit einem weiteren Prozessor vom Typ DSP56001, so Jack Tramiel in einem persönlichen Gespräch mit TOS. Der Einsatz dieses Signalprozessors (siehe Bild 3) zählt zu den absoluten Innovationen der Computertechnik und ist derzeit nur in Rechnern der Workstation-Klasse - beispielsweise NeXT-Computer - zu finden. Weitere Informationen zu diesem Baustein finden Sie im Textkasten. Das Gehäuse des Falcon ist altbekannt. Es handelt sich hier um das Outfit eines 1040er. Änderungen gibt es nur an der Tastatur, die ein gutes Stück verbessert wurde. Die auf der Pressekonferenz in Hannover gezeigten Grafik- und Musikdemos des Falcon waren absolut hochwertig und brauchen keinen Vergleich mit weitaus kostspieligeren Geräten zu scheuen. Bilder in Fotoqualität und Musik im CD-Qualität sind das absolute Nonplusultra für Computer in der von Atari angestrebten Preisklasse. Der Falcon 30 ist als Workstation für den Heimbereich gedacht und soll für jedermann erschwinglich sein. Zudem ist er der Bruder des Falcon 40, einem Rechner mit MC68040-Prozessor, der jedoch nicht auf der Messe zu sehen war. Die Auslieferung des Falcon 30 an die Entwickler beginnt in sechs Wochen. Im Herbst diesen Jahres soll sich der Falke in die Regale der Kaufhäuser schwingen. (ah)

Der DSP 56001

Im Oktober 1986 stellte Motorola den digitalen Signalprozessor DSP56001 vor. Die Besonderheit dieses Chips liegt vor allem in seiner hohen Geschwindigkeit, mit der er etwa 16 Millionen Befehle pro Sekunde (32 MHz-Version) bearbeitet. Als Signalprozessor sind seine Einsatzgebiete weit gestreut: Sprachanalyse und -Synthese, (De)-Kompression von Daten aller Art, Bildverarbeitung, Musikeffekte und vieles mehr. Als Multi-Talent erfreut er sich deshalb bereits großer Beliebtheit in den Bereichen Industrie, Medizin, Telekommunikation und HiFi. In Steve Jobs neuem Computer NeXT ist er mit für den hervorragenden 16-Bit-Sound verantwortlich.
Als vollständiger Prozessor untersteht dem DSP56001 natürlich auch RAM. In der Grundausstattung verfügt er über zwei Datenspeicher mit je 256 x 24-Bit und über einen 512 x 24-Bit großen Programmspeicher, die durch externes RAM größer ausfallen dürfen. Zwei spezielle Daten-ROMs unterstützen ihn zudem bei der Berechnung komplexer Aufgaben.
Seine Befehle ähneln teilweise denen eines MC68xxx, sind jedoch in der Regel um einiges leistungsfähiger und schneller. Durch mehrere integrierte Schnittstellen tritt er mit der Außenwelt - etwa einem DMA-Controller - in Kontakt. Für die Programmierung eines DSP56001 gibt es bereits für verschiedene Betriebssysteme wie MS-DOS oder UNIX C-Compiler, Emulatoren und Assembler. Anpassungen für den Falcon 030 unter MultiTOS werden nicht lange auf sich warten lassen.

CEBIT IM ÜBERBLICK

Application Systems Heidelberg präsentierte als Neuheit »Pure Pascal«, das Turbo Pascal 6.0-kompatibel ist. Der Compiler übersetzt 1000 Zeilen pro Sekunde, ein Sourcelevel-Debugger ist integriert. Die neue Version 2.0 von »Phoenix« ist nun programmierbar, der Listengenerator wurde verbessert. »Signum 3« druckt jetzt auf Textebene in Farbe, in der Grafikebene läßt sich jedem Objekt eine eigene Farbe zuordnen. Als Literatur bietet Application Systems das etwa 500 Seiten starke »Signum 3-Buch« an. Am Arbeitsplatz von Compo war »That's Write«, »PPM«, der PostScript-Interpreter »Composcript« und der alternative Desktop »Co-Com« zu sehen. »That's Write PostScript« wurde in einer neuen, erweiterten Version vorgestellt. Als weitere Neuheiten konnte man »That's Address II« und »Combase«, eine Datenbank mit Flash Access-Kern, bewundern. Farbenfroh zeigte sich der Arbeitsplatz von Matrix. Die neue True-Color-Grafikkarte »MatGraph TC1208« stellt 256 Farben bei einer Auflösung von 1280 x 1024 Punkten und 70 Hz bzw. 16.7 Millionen Farben bei 832. x 624 Punkten und 75 Hz Bildwiederholfrequenz dar. Unter dem Namen »Matsys 030 Workstation« bietet die Firma ein formschönes Tower-gehäuse für den TT an. »MoniBo«, die universelle Monitor-Box, ermöglicht den Anschluß verschiedener Videoquellen, wie Grafikkarten oder TT-Auflösungen, die sich dann auf einem analogen Farb-Großbildschirm darstellen lassen. Ebenfalls zu sehen war ein universeller Mono/Graustufenmonitor, der am TT 1280 x 960 Punkte (monochrom) darstellt. In Verbindung mit der Grafikkarte »MatGraph C110ZV« erreicht der Monitor 256 Graustufen, bei gleicher Ausflösung. Die Farbsignale des TT sind am Kabel durchgeschleift, so daß der Anschluß eines zusätzlichen VGA-Farbmonitors möglich ist.

Maxon zeigte »MultiGEM II«, bei dem jetzt die Anzahl der laufenden Prozesse keiner Beschränkung mehr unterliegt. Neu ist auch, daß sich Programme ausblenden lassen. Am Preis hat sich nichts geändert, als Liefertermin wurde April genannt. Im Sommer bringt Maxon die Datenbank »Spirit« auf den Markt. Die Massenspeicher-orientierte Applikation läuft sowohl als Accessory als auch als Programm. Spirit unterstützt GDOS, verfügt über einen flexiblen Maskeneditor, der auch Grafiken einbindet, und ist leicht zu bedienen. Shift zeigte eine neue Version der Textverarbeitung »Cypress«, die jetzt auch auflösungsunabhängig arbeitet, multitaskingfähig ist und CEM sowie FSM-GDOS voll unterstützt. Weiter waren an diesem Arbeitsplatz die Programme »Interface«, »ConvectorZwei« und »Arabesque«, das nun mit dem alten »Convector« vertrieben wird, zu sehen. Die neue Version von »Themadat« ist jetzt auch TT- und Großbildschirmtauglich.

TKR stellte die neue Grafikkarte »Crazy Dots 15« vor, die jetzt bis zu 32768 Farben gleichzeitig darstellt. Ein Upgrade von Crazy Dots auf die Crazy Dots 15 ist jederzeit möglich. Crazy Dots 15 wird ab Anfang April ausgeliefert. TKR verlangt für Crazy Dots 998 Mark und für Crazy Dots 15 1198 Mark. Auch abseits vom Atari-Stand fand man Neuheiten für den ST und TT. So zeigte Epson mit dem »SQ-870« einen neuen Tintenstrahldrucker, der nach der modernen Piezo-Technologie arbeitet. Das knapp 2000 Mark teure Gerät schafft mit 48 Düsen eine Auflösung von 360 dpi und besticht durch sein überzeugendes Papiermanagement. Für Anwender, deren Budget etwas geringer ausfällt, bietete Epson den neuen 24-Nadler »LQ-100« für 798 Mark an. Mit dem etwa 2300 bis 2500 Mark teueren 6-Seiten Laser »EPL-4000« startet Epson einen Angriff auf die günstigen 4-Seiten-Drucker der Mitbewerber. Ebenfalls von Epson kommt der der neue Flachbettscanner »GT-8000«. Er ereicht bei einer Hardware-Auflösung von 400 dpi eine Ausgabeauflösung von 800 dpi bei 256 Graustufen bzw. 16.7 Milionen Farben. Wegen seiner hohen Auflösung und Geschwindigkeit ist dieses Profigerät ideal für Schrifterkennung, Grafik und anspruchsvolles DTP. Sein Preis liegt bei 5000 Mark.

Die Firma FSE erweiterte ihr Massenspeicherangebot für den TT um die Gemini-Platten von Quantum. Die 120 und 240 MByte umfassenden SCSI-Laufwerke arbeiten mit einem 256 KByte großen Cache, haben eine mittlere Zugriffszeit von 16 ms und kosten 1198 bzw. 1 798 Mark. FSE liefert die Festplatten mit einer eigenen Treibersoftware.

Auch Seikosha zeigte neue Drucker. Der »OP-108«, ein 8-Seiten-Laser, verfügt standardmäßig über drei Emulationen und überzeugt mit seiner Druckqualität dank »Edge Enhancement Technology«. Das Gerät bietet für 4225 Mark 14 Bitmap- und 8 skalierbare Fonts. Auf Wunsch lassen sich die Zeichensätze über zwei Einschübe mit HP-kompatiblen Fontkarten erweitern. Der OP-108 zeichnet sich außerdem durch seine leise Arbeitsweise und seinen geringen Platzbedarf aus. Als weitere Neuheit präsentierte Seikosha mit dem »SL-90« einen sehr günstigen 24-Nadler für 599 Mark. Weitere Neuerungen der CeBIT stellen wir Ihnen ausführlich in der nächsten Ausgabe vor. (uh)



Aus: TOS 04 / 1992, Seite 6

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