Interview mit Hybrid Arts

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

... könnte man meinen, betrachtet man die Produktpalette von Hybrid Arts Deutschland. Neben dem vielbeachteten Atari Harddiskrecording-System ADAP II ist auch das restliche Angebot nicht zu verachten.

TOS: Wie kam es zur Gründung der deutschen Hybrid Arts Niederlassung?

Kai von Garnier: Oh, da könnte ich weit ausholen. Im Prinzip begann alles 1986. Wir betrieben damals nur ein Studio, als wir von einem Bekannten über fünf Ecken das Angebot erhielten, Hybrid Arts Deutschland zu übernehmen. Mike (Michael von Garnier, Geschäftsführer von HA) ist daraufhin nach Los Angeles geflogen und hat die Sache klargemacht.

TOS: Zunächst führte Hybrid Arts ja nur Software für den ST im Angebot.

KvG: Ja, das waren Programme wie EZ-Track, SMPTE-Track oder DX-Android (einer der ersten DX7 Editoren), diese ganz frühen Geschichten. Auf der Musikmesse 1987 stellten wir dann das erste Mal den ADAP l (sechsstimmiger Stereo-Sampler + Software) vor, der damals sehr gut ankam.

TOS: Mittlerweile hat Hybrid Arts ja auch eine ansehnliche Zahl von Produkten für den Macintosh im Lieferprogramm. Läßt sich hinsichtlich der Verkaufszahlen ein deutlicher Trend erkennen?

KvG: Ja, in jedem Fall. Der Mac legt tüchtig zu, so dass wir uns auch in Zukunft verstärkt um den Apple-Markt kümmern wollen. Wir stellen aber auf der Musikmesse auch einige neue Programme für den ST vor, wie z.B. GenEdit 2.0 oder die Vierspurversion des ADAP II.

TOS: Dann setzt man bei Hybrid Arts doch eher auf den Mac als auf Musikcomputer der Zukunft, oder ändert sich vielleicht mit steigenden TT-Verkaufszahlen das Bild?

KvG: Nein, wir glauben, dass keines der momentan auf dem Markt befindlichen Systeme das Rennen endgültig für sich entscheiden wird. Wir sehen eigentlich auch nicht die günstigen Mac-Maschinen wie z.B. den Classic als Konkurrenz zum Atari. Es sind eher die Rechner, die vom Preis/Leistungsniveau deutlich über den ST/TT Modellen liegen (z.B. Mac-Quadra), die für den professionellen Anwender interessant sind. Der TT wiederum bietet im Vergleich zum Mac einfach nicht dieses flexible Schnittstellenangebot.

TOS: Welche Entwicklung am Musik-Computerarbeitsplatz können wir in der nächsten Zeit erwarten?

KvG: Der Trend geht ganz klar hin zu immer integrierteren Lösungen. Schon jetzt kann man ja Sequenzing, Harddisk Recording, Soundverwaltung etc. gleichzeitig auf einem einzigen Rechner realisieren. Da wird sich in nächster Zeit noch eine ganze Menge tun.

TOS: Wenn man so dicht um die Computer-Hardware herum ein System wie den ADAP II aufbaut, ist man vermutlich besonders auf den Support des Rechnerherstellers angewiesen. Welche Erfahrungen hat Hybrid Arts in dieser Hinsicht mit Atari gesammelt?

KvG: Leider keine besonders guten. Das sieht bei Apple ganz anders aus!

TOS: Gab es zwischenzeitlich Schwierigkeiten durch unangekündigte Designänderungen der Elektronik?

KvG: Oh ja! Es erschien z.B. eine komplette ST-Serie, bei der der ADAP II nicht mehr lief. Da hatte Atari dann plötzlich einen ganz anderen DMA-Chip eingebaut.

TOS: Was tut man in so einem Fall, um seine Kunden nicht zu verärgern?

KvG: Gute Frage! Was kann man tun? Wir haben halt mit Händen und Füßen versucht, in den Besitz der alten Chips zu kommen; bzw. wir mußten auf die nächste Generation warten, bei der diese Inkom-patibilitäten nicht mehr auftraten.

TOS: Das wiegt natürlich um so schlimmer, da in diesem Fall wie immer der Kunde der Leidtragende ist. Wie funktioniert denn eigentlich die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Mutterhaus? Man hört ja gelegentlich, dass die Amerikaner nicht immer so auf die Vorschläge aus Germany erpicht sind.

KvG: In unserem Fall klappt das ganz ausgezeichnet. Wir tauschen unsere Erfahrungen regelmäßig aus, fliegen in die USA und bekommen Besuch aus L.A.. Hybrid Arts Amerika ist immer sehr dankbar für Ideen und Vorschläge unsererseits. Es kam sogar schon mal vor, dass der Vorschlag eines deutschen ADAP-Users bereits acht Tage später Eingang in ein Update fand.

TOS: Gibt es etwas, das Hybrid Arts besonders am Musikgeschäft stört?

KvG: Och nöö, eigentlich nicht. Vielleicht die Raubkopiererei und gelegentlich das Kaufverhalten der Kunden. In dem Bestreben, alles besonders billig zu bekommen, kaufen sie oft den letzten Schrott zusammen und wundern sich dann, wenn nix funktioniert...


Kai Schwirzke
Aus: TOS 04 / 1992, Seite 88

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