TWIST, die neue relationale Datenbank von Maxon

Seit unserem Schwerpunkt »Datenbanken« in der TOS 4/92 ist es auf dem Atari relativ still geworden um diese Grundanwendung der Computerwelt. Ist der Markt etwa gesättigt, sind die Räder bereits zur Genüge erfunden, sind alle Anwender mit dem Angebot zufrieden oder will gar niemand mehr Daten mit seinem Atari verwalten? Falsch, ganz falsch, denn Maxon bringt mit TWIST neuen Schwung in die etwas behäbig gewordene »Datenverwaltungs-Szene«.

Eine der kniffligsten und unangenehmsten Aufgabe bei der Arbeit mit Datenbanken ist ohne Zweifel das Anlegen einer neuen Eingabemaske. Wieviele Felder brauche ich, welche Datentypen verwende ich am besten, wie lang sollten die einzelnen Felder sein, welche Daten versehe ich mit einem Index, all das und noch viel mehr beschäftigt den gewissenhaften Datenbanker, will er seine Daten zukunftssicher strukturieren. Und wehe, er hat im Eifer des Gefechts eine Kleinigkeit übersehen und muß dann einige Wochen später noch einmal Änderungen an der Maske vornehmen: Aufwendige Reorganisation des Datenbestands und alarmierende Alertboxen wie »Kompatibilität aufheben« lassen dann den gestreßten Datenverwalter gleich um mehrere Jahre altern.

Nicht so jedoch mit Maxons Twist, die den Anwender bereits bei der Generierung eines neuen Datenbank-Files auf sicheren Pfaden führt. Im Gegensatz zu anderen nehmen Sie nämlich die Auswahl und Konfigurierung der einzelnen Datenfelder und deren optische Gestaltung in zwei verschiedenen Programmteilen vor. Das sichert zum einen auf der technischen Seite die Unabhängigkeit von interner Datenstruktur und deren äußerer Erscheinungsform und sorgt zum anderen beim Anwender für gelösteres Arbeiten. So kann man nämlich erst in Ruhe alle Felder in beliebiger Reihenfolge definieren, ohne dabei gleich wild mit der Maus Ordnung auf dem Bildschirm schaffen zu müssen. Erst anschließend sorgen Sie dann im Menü »Maske ändern« für ein ansprechendes Äußeres, indem Sie beispielsweise weitere erläuternde Texte, beliebige Boxen oder gar Bilder (IMG-Format) und Icons in die Eingabemaske einfügen. Hier legen Sie auch fest, ob die Datenfelder durch »normale« Texteingabe zu füllen oder in Form von Pop-Up-Menüs, Schaltern bzw. Radio-Buttons mit Preset-Werten zu belegen sind. Der Vorteil dieser Fix-Werte kommt natürlich besonders bei Datenfeldern zu Geltung, bei denen ohnehin nur wenige Variationen möglich sind, z.B. beim »Familienstand«. Anstatt jedesmal wieder »ledig, verheiratet oder geschieden« einzutippen, wählen Sie dann einfach den entsprechenden Eintrag per Mausklick, wobei die Pop-Ups die platzsparendere Variante darstellen. Sehr praktisch! Bevor wir uns nun weiter in die Tiefen von Twist wagen, noch eine kurze Anmerkung zu den von Twist unterstützten Datentypen. Natürlich finden wir dort gute alte Bekannte wieder wie Text, Zahl oder Datum. Eine Spezialität von Twist ist jedoch dabei, Datenfelder mit Formeln zu versehen. Diese Formeln ähneln teilweise von Basic oder »C« her bekannten String-Funktionen, gestatten aber auch mathematische und logische Operationen. Anhand dieser Formeln lassen sich dann z.B. entweder die Anwendereingaben gleich auf das gewünschte Format zurechtstutzen oder gar Beziehungen und Verknüpfungen mit anderen Datenfeldern herstellen.

Bild 2. Gute Zusammenarbeit: Dank der Unterstützung von GDOS-Fonts passen bei Twist viele Daten auf den Bildschirm

Starre Masken werden weich

Wie so etwas in der Praxis aussehen könnte, erkennen Sie, wenn Sie Ihren Blick einmal auf Bild 3 schweifen lassen. Dort erspähen Sie in der Adreßdatenbank den leitenden Redakteur der TOS. Da es sich der Autor trotz gelegentlicher Term in Verzögerungen bei der Manuskriptabgabe noch nicht ganz mit ihm verscherzt hat, ist unter Typ das »DU« angekreuzt. Automatisch füllt Twist daraufhin das Feld »Anrede« mit dem vertrauten »Na, Wolfgang«. Welche enormen Vorzüge dieses Vorgehen z.B. beim Entwickeln von Serienbriefen bietet, sehen wir ein wenig später. Eine andere sinnvolle Anwendung des Formelgenerators wäre z.B. in einer Kundendatei alle Außenstände eines Säumigen in einem Datenfeld aufzuaddieren. Als eine der angenehmsten Eigenschaften von Twist empfanden wir, einer einmal entworfenen Maske nicht bedingungslos ausgeliefert zu sein. Twist gewährt Ihnen nämlich zu jedem Zeitpunkt über den Menüpunkt »Felder ändern« Zugriff auf die Datenstruktur und erlaubt so problemloses Anpassen der Datenbank an die jeweilige Situation. So spielt es keine Rolle, ob Sie neue Datenfelder einfügen, deren Typus von Text nach Zahl ändern oder einfach nur die Formel eines Feldes aktualisieren möchten. Ebenfalls die nachträgliche Indizierung von Datenfeldern stellt Twist von keine unlösbare Aufgabe. Zwar muß auch Twist nach derartiger Umgestaltung den Daten bestand den neuen Bedingungen gemäß umrechnen, doch wirkt dieser Prozeß für den Anwender weit weniger dramatisch und deutlich unkomplizierter als bei der Konkurrenz. Eine Spezialität von Twist in diesem Zusammenhang sind die »Updates«. Mit den Updates lassen sich auch kompliziertere Datenbank-Umstrukturierungen vollautomatisch vornehmen. Zu diesem Zweck erstellen Sie einfach im Update-Generator mithilfe der bereits erwähnte Formelsprache die benötigten Arbeitsvorschriften, und schon beginnt Twist mit der Neugestaltung. Häufiger benötigte Updates lassen sich auf Festplatte oder Diskette sichern und als Icon zum bequemen Abruf auf den Twist-Desktop legen.

Bild 3. Grafisch ansprechende Eingabemasken, für Twist kein Problem

Zu den wichtigsten Funktionen einer Datenbank zählt sicherlich das Suchen nach Datensätzen, bei unserem Probanden schlicht »Auswahl« genannt. Twist zeigt sich auf diesem Gebiet, wie nicht anders zu erwarten, bestens gerüstet und überrascht mit einigen pfiffigen Optionen. Neben den »standesüblichen« Joker- und Wildcard-Symbolen gestattet wiederum Twists umfangreiche Formelsprache gezieltes Suchen nach komplexeren Zusammenhängen. Da so etwas natürlich recht umfangreich ausfallen kann (suche alle säumigen Kunden mit blauen Augen über 1,90 m, die im April Geburtstag haben und nicht verheiratet sind...), speichert Twist eine solche »Auswahl« und stellt sie für die weitere Arbeit als simpel zu bedienenden Eintrag in einem Pop-Up-Menü zur Verfügung. Sie müssen also oft anfallende Suchvorschriften nur ein einziges Mal definieren und rufen sie dann in Zukunft einfach per Mausklick ab. Bemerkenswert ist in jedem Fall auch die Freitextsuche, mit der Sie alle Datenfelder nach einem beliebigen Textstring durchsuchen lassen.

Bild 4. Ein Report »in der Mache«. Lieferscheine einmal einfach...

Zur Zeit konkurrenzlos präsentiert sich Twists Reporteditor. Ein Report stellt eine sozusagen »in Form gebrachte« Auswahl dar, die zumeist zur Ausgabe auf einem Drucker bestimmt ist. Reports nutzen Sie unter anderem, um Ihren kompletten Daten bestand formschön auszudrucken, Adreßaufkleber zu erstellen usw. Natürlich müssen Sie nicht immer eine komplette Datei ausdrucken, sondern können über die Formelsprache ganz gezielt Ihre »Wunschdaten« selektieren. Sie sind ferner auch nicht auf die in der Datenmaske vorgegebenen Datenfelder beschränkt, vielmehr lassen sich wiederum über die Formeln neue Felder für die optimale Datenausgabe definieren. Beispielsweise fassen Sie so über eine einfache String-Operation den Vor- und Nachnamen aus Ihrer Adreßdatei in einem Feld zusammen oder berechnen das Gesamtauftragsvolumen aller Großkunden im Raum Hamburg. Einen solchen Report erstellen Sie übrigens ohne große Mühe: Report-Editor öffnen, die gewünschten Felder mit der Maus an die gewünschte Position bugsieren, eventuell noch ein, zwei Formeln eintragen, das war's! Und wie es sich für echtes WYGIWYW (What you get is what you want) gehört, entdecken Sie bei Twist nicht erst nach dem ersten Ausdruck, was mit dem Report schiefgelaufen ist, sondern Sie dürfen das Ergebnis in aller Ruhe vorher im integrierten Texteditor begutachten. Da Sie Ihre Reports sicherlich des öfteren benutzen wollen, lassen diese sich, wie auch schon die Updates, speichern und als Icon auf dem Desktop ablegen. Denkbar einfach realisieren Sie in Twist die beliebten Serienbriefe. Sie kreieren einfach im Texteditor das benötigte Formschreiben und fügen dort, wo später individuelle Daten wie z.B. Name, Säumnisbeträge, Geburtstage etc. erscheinen sollen, entsprechende Variablen ein. Erkennen Sie jetzt den Vorteil des automatischen »Anrede« -Feldes in unserem Beispiel weiter oben? Ganz ohne zusätzliche Tipparbeit läßt sich nämlich so auch ein an sich recht formeller Serienbrief per Knopfdruck etwas persönlicher gestalten. Praktisch, oder? Ach ja, da ein Serienbrief ja nicht zwangsweise immer alle »Teilnehmer« einer Datenbank erreichen soll, läßt sich für ihn noch eine individuelle »Auswahl« definieren. Sicher haben Sie es schon erraten: auch ein Serienbrief.

Bild 5. Der Lieferschein-Report im Preview

Datenbanken, die mit einer Fülle von Funktionen glänzen, gibt es einige auf dem Atari ST. Maxons Twist kann aber nicht nur außerordentlich viel, sondern ist dabei auch noch ausgesprochen anwenderfreundlich. Während sich Benutzeranderer Datei Verwaltungen noch mit Textverarbeitung und Serienbrief-Export die Zeit um die Ohren schlagen oder gar beim Versuch, einen gut gestylten Report zu erzeugen, verzweifelt vor dem Computer zusammenbrechen, reiben sich Twist-Anwender vergnügt die Hände und erledigen diese Aufgaben in Windeseile, ohne dabei einmal das Programm wechseln zu müssen. Besonders erwähnenswert ist sicherlich auch die gut durchdachte »Update«-Funktion. Da Twist zudem noch für erstaunlich günstige 299 Mark über den Ladentisch wandert, können wir unseren Testkandidaten eigentlich jedem empfehlen, der eine leistungsstarke Datenbank für seinen Atari ST sucht und nicht unbedingt auf Netzwerk-Betrieb angewiesen ist. Ein besonderes Lob zum guten Schluß geht übrigens noch an Ingo Brümmer, der für das locker geschriebene und sehr instruktive Handbuch verantwortlich zeichnet. (wk)

Maxon Computer, Schwalbacher Str. 52, 6236 Eschborn

WERTUNG

Name: Twist
Hersteller: Maxon Computer
Preis: 299 Mark

Stärken: Äußerst flexibles Maskenhandling □ bequemes Datenbank-Update □ guter Reportgenerator □ Volltextsuche □ intuitive Beutzeroberfläche □ Unterstützung von GDOS-Fonts

Schwächen: Kein Zeilenumbruch von langen Datenfeldern □ noch nicht Netzwerk-fähig □ kein Paßwort-Schutz

Fazit: Moderne, leistungsfähige Datenbank zum günstigen Preis


Kai Schwirzke
Aus: TOS 06 / 1993, Seite 28

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