Erfahrungen mit dem Amiga

Der Amiga und der ST nebeneinander. Während es für den ST schon hunderte von Programmen gibt, ist die Auswahl bei Amiga Software noch klein. Der Amiga liefert außergewöhnlich gute Grafiken und einen Supersound während er ansonsten doch noch konzeptionelle Mängel hat.

von Thomas Barndt
Der Amiga ist nun schon seit einiger Zeit ueberall in den Schlagzeilen und wird ausnahmslos hoch gelobt. Meine Erfahrungen mit dem Atari ST haben in mir jedoch ein gesundes Mass an Misstrauen gegenueber allem erweckt, was in irgendwelchen viel verkauften Computerzeitschriften steht. Also habe ich zunaechst bewusst versucht, auch auf dem Amiga so schoene Atompilze oder Bomben zu erzeugen, wie dies mit dem Atari ganz einfach und problemlos möglich ist.

Auf dem Atari geht so etwas am einfachsten mit dem recht fehlerhaften BASIC. Was lag also naeher, als mal in das Amiga-BASIC hineinzuschauen? Bevor ich das jedoch mache, verlasse ich erst einmal das Textverarbeitungsprogramm Textcraft und setze die Schreiberei auf meinem Atari fort. Finden sie den Text mit Umlauten nicht auch schöner? Jetzt kann ich also gleichzeitig auf dem Atari schreiben und den Amiga ausprobieren, ohne daß ich befürchten muß, den Text durch eine Guru-Meditation des Amiga zu verlieren. Sie haben richtig gelesen. Der Amiga kann nämlich gar keine Bomben erzeugen. Satt dessen gibt er am oberen Bildschirmrand eine Meldung nach folgendem Muster aus:

Not enough memory.
Press left mouse button to continue. 
Guru Meditation #82010000.074800FC

Anstelle von "Not enough memory.”, erscheint auch des öfteren "Software failure.”. Wenn man jetzt den linken Mausknopf betätigt, erfährt man auch, was die Leute von Commodore unter continue(fortsetzen) verstehen. Der Amiga fordert dann nämlich die Workbench-Diskette an, und man befindet sich wieder auf Betriebssystemebene. Alle Texte, Programme oder Grafiken, welche man kurz vorher noch bearbeitet hatte, sind damit ”im Eimer”.

Das mit dem nicht ausreichenden Speicher ist sowieso so eine Sache. Der Amiga hat schliesslich nur 256K. Nach dem Booten mit der Kickstart- und der Workbench-Diskette bleiben davon noch etwa 160K übrig. Damit nicht genug: Der Amiga zweigt davon für jedes weitere geöffnete Fenster auch noch etwas ab. Hinzu kommt, daß kaum ein Programm den in Anspruch genommen Speicherplatz wieder vollständig freigibt. Das bedeutet, daß der Speicherplatz während der Arbeit mit dem Amiga immer weniger wird. Es kann einem also passieren, daß plötzlich nur noch 54K(oder noch weniger) frei sind, obwohl gar kein Programm mehr läuft und der Bildschirm völlig aufgeräumt ist.

Wenn man Glück hat, erscheint bei dem Versuch, ein Programm zu starten, auch nur ein kleines Fenster, in welchem man lesen kann:

Software Error:
Not enough memory 
Select Cancel to exit

In diesem Fall kann man das Unheil noch abwenden, indem man in das Feld mit der Aufschrift "Cancel” klickt. Tut man das jedoch nicht, so kann es passieren, daß der Mauszeiger einfach stehenbleibt und man gezwungen ist, drei bestimmte Tasten zu drücken, um einen Reset auszulösen.

Vielleicht könnte man das Ganze ja noch irgendwie ertragen, aber viele Programme laufen gar nicht erst auf dem 256K-Amiga (z.B. Deluxe Video und Deluxe Print) oder bieten nur eingeschränkte Möglichkeiten (z.B. Deluxe Paint und Textcraft).

Wer also in Erwägung zieht, sich einen Amiga zu kaufen, kann das Geld für eine Speichererweiterung gleich drauflegen, da ohne diese ein vernünftiges Arbeiten mit dem Amiga so gut wie unmöglich ist.

Das BASIC

Aber nun zum BASIC. Nach dem Laden desselben stehen einem dort etwa 14K zur Verfügung. Im System bleiben ungefähr 46K für andere Programme frei. Es soll übrigens schon Taschencomputer geben, die einem im BASIC genausoviel Speicher zur Verfügung stellen.

Das erste, was ich ausprobierte, waren natürlich die Demos, welche sich auf der Diskette befanden. Mal abgesehen davon, daß manche dieser Demos, aufgrund von mangelndem Speicherplatz, recht schwierig zu starten sind, sind die lauffähigen Demos sehr eindrucksvoll. Eines der Demos heißt "Terminal” und brachte mich auf die geniale Idee, den ersten Teil dieses Textes, den ich ja auf dem Amiga geschrieben hatte, mit Hilfe des BASIC auf den Atari zu übertragen. Das Ergebnis sehen Sie am Anfang des Artikels und in dem Listing auf Seite 12.

Nachdem dieser Versuch zum Glück geklappt hatte, wollte ich jetzt selbst einmal den Amiga zum Sprechen bringen. Dies soll laut Handbuch ganz einfach mit dem Befehl ’SAY TRANSLATE$(”Text”)’ möglich sein. Ich habe wirklich alles ausprobiert, aber selbst unter Zuhilfenahme des Demo- Programms auf der Diskette wollte es mir nicht gelingen, den Amiga zum Sprechen zu bringen. Irgendeinen Trick muß es aber geben, denn das Demoprogramm funktionierte.

Ansonsten bin ich mit dem BASIC jedoch einigermassen zufrieden. Der Befehlssatz ist wirklich umwerfend; und gegen das BASIC des Atari kommt es sowieso zehnmal an.

Trotz des kleinen Speichers von nur 256 K, in der Grundausstattung, kann der Amiga Supergrafiken erzeugen. Ein ausgezeichnetes Zeichenprogramm ist das Programm Deluxe Paint. Die anderen Programme der Deluxe-Reihe
laufen leider nur mit 512 K. Besonders vorteilhaft ist die Farbpalette von 4096 verschiedenen Farben für High Resolution Grafik.

Das Laufwerk

Der Amiga 1000 wird bekanntlich in der Grundausstattung mit einem eingebauten 3.5” Laufwerk ausgeliefert. Dieses arbeitete, bis auf die etwas kratzenden Geräusche, einwandfrei. Was mich etwas stört, ist die Tatsache, daß der Rechner dauernd die Workbench-Diskette wiederhaben will. Offensichtlich befinden sich darauf Teile des Betriebssystems, welche, ähnlich wie bei CP/M, nicht resident im Speicher gehalten werden.

Der Amiga kann keine Bomben erzeugen. Satt dessen gibt er am oberen Bildschirmrand eine Meldung nach folgendem Muster aus:

Not enough memory. Press left mouse button to continue. Guru Meditation #82010000.074800FC

Anstelle von ”Not enough memory.”, erscheint auch des öfteren "Software failure.”. Wenn man jetzt den linken Mausknopf betätigt, erfährt man auch, was die Leute von Commodore unter continue(fortsetzen) verstehen. Der Amiga fordert dann nämlich die Workbench-Diskette an, und man befindet sich wieder auf Betriebssystemebene. Alle Texte, Programme oder Grafiken, welche man kurz vorher noch bearbeitet hatte, sind damit ”im Eimer”.

Ein Programm in AMIGA-BASIC

REM — Einfaches Programm zum 
REM - Uebertragen eines Textes vom 
REM - Amiga auf den Atari ST 
INPUT "Dateiname:",datei$
OPEN datei$ FOR INPUT AS #2 
OPEN "com1:300,n,8,1" AS #1
REM - Automatischen Ueberlauf einschalten 
PRINT #1,CHR$(27);"v"
PRINT "Bitte druecken Sie eine Taste,"
PRINT "um die Uebertragung zu starten!"
WHILE INKEY$=""
WEND
WHILE NOT EOF(2)
    LINE INPUT #2,a$
    PRINT #1,a$ 
WEND

Auch muß man, um zu erfahren, was sich wirklich alles auf der Diskette befindet, das CLI laden. Mit dem Command-Line-Interface bekommt man die Möglichkeit, wie bei einem herkömmlichen Computer Kommandos über die Tastatur einzugeben. Dabei kann man auch ein vollständiges Directory anfordern. Auf diese Art und Weise findet man auch die ganzen Kommandos, welche auf der Workbench-Diskette normalerweise verborgen sind. Es sind so viele Befehle vorhanden, daß das entsprechende zweispaltige Unterdirectory nicht auf den Bildschirm paßt. Wenn man sich mit dem Befehl "makedir” eine Ramdisk einrichtet, arbeiten die Befehle natürlich alle etwas schneller. Ich vermute, daß viele Computerfreaks bald auf die grafische Benutzeroberfläche verzichten werden und nur noch das CLI benutzen, mit welchem man wirklich gut arbeiten kann. Insbesondere wenn man sich bereits mit MS-Dos auskennt, denn viele Befehle sind dazu kompatibel.

Mit MS-DOS-kompatiblen Befehlen kann der Amiga die grafische Benutzeroberfläche durch das CLI ablösen.

Da ich den Rechner ja nicht mit aller Gewalt niedermachen will, muß ich auch erwähnen, daß der Amiga hardwaremäßig ganz hervorragend konzipiert ist. Es ist wirklich sehr praktisch, wenn man die Tastatur einfach unter den Rechner schieben kann oder man eine Speichererweiterung, ohne viel Löterei, einfach von vorne einstecken kann. Auch die Maus liegt etwas besser in der Hand als die kantige Atari-Maus. Über die Grafik-, Sprach- und Soundfähigkeiten brauche ich hier wohl nicht mehr zu berichten.

Leider ist mir immer noch nicht ganz klar, für wen dieser Rechner gedacht ist. Für das Büro sicherlich nicht, denn mit einer Tastatur ohne Umlaute kann man ja noch nicht mal Buero vernünftig schreiben. Nur zum Spielen ist der Amiga wohl etwas zu teuer. Und die Computergrafik, die wir jeden Abend im Fernsehen erleben, dürfte wohl schon eine Nummer zu groß für ihn sein. Also mir fällt beim besten Willen niemand ein. Als Homecomputer kommt er auch nicht in Frage. Das jedenfalls hat man uns noch im Februar bei Commodore in Frankfurt erklärt, (tb)



Aus: ST-Computer SH / 1986, Seite 9

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