Planen mit BECKERcalc

Seit ewigen Zeiten hilft sich der Mensch bei rechenaufwendigen Kalkulationen mit Geräten, die das intensive Rechnen stark vereinfachen. Der Einsatz des Abacus’ vor ‚zig Jahren oder die Tabelliermaschinen zu Anfang dieses Jahrhunderts sind Beispiele dafür, wie verschiedene Maschinen bei der Auffassung und Manipulierung von Zahlen und Daten eine große Hilfe darstellen. Der massive Einsatz von Computern bedeutete in diesem Bereich eine Revolution. Seit deren Einführung wurden eine Menge verschiedener Programme angeboten, die das Rechnen von Zahlenkolonnen automatisieren. Im Bereich Personalcomputer ist Multiplan mit Sicherheit ein etablierter Begriff. Für den ATARI ST wurden ebenso von Anfang an verschiedene Tabellenkalkulationsprogramme angeboten. Wir werden uns in diesem Artikel mit dem BECKERcalc beschäftigen, einem Spreadsheet-Programm aus dem Hause Data Becker.

Data Becker hat mit den Jahren das Aussehen seiner Software verändert. Aus dem weißen Hintergrund mit roter Schrift wurde jetzt weiße Schrift auf rotem Hintergrund. Nichts auf dem Cover des Schubers verrät, daß sich innen eine Tabellenkalkulation befindet bis auf den Firmennamen und den großen Schriftzug ‚Software’. Sieht nicht schlecht aus. Man hat gelernt, daß auch Anwender ‚mit den Augen essen’. Aber was gut aussieht, muß nicht unbedingt gut schmecken, deshalb vergessen wir die Äußerlichkeiten und probieren lieber ein Stück GEM-Menü.

Ein Tabellenkalkulationsprogramm ist nicht für jedermann zu gebrauchen. Wenn sie nur wenige Werte zu addieren haben, sind Sie sicher mit einem Bleistift und einem Stück Papier besser bedient als mit irgendwelchen Programmen. Sollen aber mit einer großen Anzahl von Werten nicht nur Summen, sondern auch verschiedene und aufwendige mathematische oder wirschaflliche Operationen durch geführt werden, ist eine Tabellenkalkulation ein besseres Werkzeug als die Kombination von Bleistift und Papier.

Damit stellt sich die erste grundlegende Frage: Was soll ein solches Programm können? Die zweite Frage ist: Was kann BECKERcalc? Ich gebe zu. daß man den Fragenkatalog auch anders gestalten könnte. Zum Beispiel: Was brauche ich? Und dann die andere Frage, die nächste usw. Aber das könnte dazu führen, alles so zu relativieren, daß wir irgendwann zu dem Schluß kämen, daß dieser Bericht keinen Grund hat. geschrieben zu werden. Aber so weit möchten wir es nicht treiben, sondern fangen wir endlich an.

Bild 1: Das Arbeitsblatt von BECKERcalc

Das Fenster zum Hof kann rechnen

Es handelt sich hier um GEM und Programme, die diese umsonst mitgelieferte Bedienungsoberfläche verwenden. Bei BECKERcalc wurde von der leistungsstarken Oberfläche reichlich Gebrauch gemacht, was in meinen Augen auch richtig ist, da schon zu viele Softwarehersteller ihr eigenes Süppchen kochen.

Das Programm präsentiert sich in bester GEM-Manier mit vielen Icons und Pull-Down Menüs. Die Arbeitsblätter, die Daten aufnehmen sollen, sind Einzelfenster. die man sowohl verschieben als auch in ihrer Größe verändern kann. Mehrere dieser Arbeitsblätter kann man gleichzeitig verarbeiten, wobei jedes eine maximale Kapazität von 200 Spalten und bis zu 1000 Zeilen hat. Verwenden Sie aber gleichzeitig mehrere Arbeitsblätter, kann es vorkommen, daß Ihr Arbeitsspeicher für diesen Aufwand nicht ausreicht.

Ein Arbeitsblatt ist in viele Felder aufgeteilt, die man mit Text, Zahlen oder Formeln belegen kann. Die Felder lassen sich ebenso in verschiedenen Modi manipulieren. Zum Beispiel kann man eine ganze Spalte in der Breite vergrößern oder verkleinern oder für ein Feld alle Textausgaben zentrieren lassen. Die Formatoption beherrscht wichtige Merkmale für die Nutzung dieser Tabelle in verschiedenen Bereichen. So kann man unter anderem zwischen Integer- oder Festkommadarstellung (hier kann zwischen einer, zwei, drei oder vier Stellen nach dem Komma ausgewählt werden), Exponentialdarstellung, Währungssymbol (man kann beliebige Währungssymbole eingeben), Datum- und Zeitdarstellung wählen. Möchte man eine eingegebene Formel vor einem versehentlichen Löschen schützen, kann dies ebenfalls unter der Formatoption geschehen. Damit hätten wir das Minumun von dem, was eine Tabellenkalkulation kann. Bis hierher unterscheidet sich BECKERcalc auch nicht besonders von anderen Programmen dieser Art. Kulinarisch ausgedrückt, sind wir bei der Vorspeise. Nach einer Pause, in der alles gut verdaut wird, machen wir mit der Hauptspeise weiter.

Bild 2: Die Druckdialogbox

Von Formeln, Bereichen, Grafiken und vom Drucken

Sie werden sicherlich fragen: “Wieso werfen die alles in einen Topf?“. Na ja, damit es besser schmeckt. Aber Spaß beiseite. Dies sind wichtige Teile eines solchen Programmes, und sie müssen so flexibel sein, daß jeder Anwender sie für seinen eigenen Fall so konfigurieren kann, daß ein richtiges und problemloses Arbeiten ermöglicht wird. Betrachten wir uns die verschiedenen Bereiche, in denen es zum Einsatz kommen könnte, müßten wir zu dem Schluß kommen, daß es eine riesige Menge von eingebauten Formeln brauchte, oder daß es so gebaut sein müßte, daß durch Kombination einzelner Operationen die gewünschte Formel erreicht wird.

BECKERcalc verfügt über eine große Menge von fest eingebauten Funktionen, die folgendermaßen aufgeteilt sind:

Grundfunktionen: Hier findet man die üblichen Operationen wie Addition. Subtraktion, Multiplikation und Division. Es sind auch die Vergleichsfunktionen eingebaut sowie andere Funktionen wie Prozentrechnung, Modulo, Fakultät, Exponential, Quadratwurzel etc. Alle aufzulisten, würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen, hier nur einige von ihnen. Klammerrechnung sowie Rechenhierarchie beherrscht BECKERcalc ebenfalls.

Trigonometrische Funktionen: Auch hierbei sind die üblichen und meist gebrauchten Funktionen enthalten. Man muß aber nebenbei darauf hinweisen. daß für die meisten Anwender diese Funktionen nicht sehr wichtig sind.

Bereichsfunktionen: Bei diesem Teil der Funktionsbeschreibung komme ich ziemlich ins Schleudern. Zum einen weiß ich nicht genau, was ich mit dem Begriff “Bereiche“ eigentlich darstellen wollte, und zum anderen, weil ich die hier enthaltenen Funktionen zumindest teilweise als statistische Berechnung einordnen könnte. Sie werden mir sicher Recht geben, wenn Sie sich einige der Funktionen anschauen: Varianz, Standardabweichung, Maximum, Minimum etc.

Finanzfunktionen: Das sind sicherlich mit die wichtigsten Funktionen von BECKERcalc, und gerade in diesem Bereich wird eine Tabellenkalkulation am häufigsten gebraucht. Eine Fülle von Funktionen zur Berechnung von beispielsweise Darlehen, Renten, Zinsen und Cashflows stehen dem Anwender zur Verfügung.

Logische Funktionen: Bis auf wenige Befehle, die sich aus der Überprüfung ergeben, ob ein Feld numerisch oder textmäßig belegt ist, sind auch hier die üblichen Funktionen wie Oder, Und, Falsch etc. vorhanden.

Bild 3: Es lassen sich Diagramme und das Arbeitsblatt gleichzeitig darstellen.

Außerdem gibt es Zeit- und Textfunktionen, die die gesamte Arbeit erleichtern. Ich glaube, nicht zuviel versprochen zu haben, als ich oben erwähnte, daß BECKERcalc eine ausreichende Menge an Funktionen zur Verfügung stellt.

Wir haben bei der Darstellung der verschiedener Funktionen über Bereiche gesprochen. Da diese bei BECKERcalc eine große Rolle spielen, werden wir uns sie aus der Nähe betrachten. Bei einem bestehenden Arbeitsblatt kann man eine gewisse Menge an Spalten und Zeilen markieren und als Bereich definieren. Diesen kann man kopieren, verschieben, auf ein anderes Arbeitsblatt übertragen oder damit eine Grafik erstellen.

Der zuletzt genannte Bereich ist bei BECKERcalc sehr wichtig. Dabei wäre es aber nicht sinnvoll, von einem ganzen Arbeitsblatt eine Grafik herzustellen, weshalb man einen oder mehrere bestimmte Bereiche ausschneidet.

Auch für die grafische Darstellung gibt es bei BECKERcalc eine Fülle von Funktionen. Man kann prinzipiell zwischen 2D-und 3D-Darstellungen wählen, neun verschiedene Bereiche lassen sich gleichzeitig darstellen (ob das sinnvoll ist, bleibt jedem selbst überlassen) und fünf verschiedene Arten von Grafiken kann man insgesamt darstellen:

Balkengrafik
Limendiagramm
Tortengrafik
Funktionsgraph
Hilo-Chart

Ferner läßt sich die erstellte Grafik manipulieren. Die verwendete Skalierung läßt sich ändern. Texte, Rahmen oder Fläche lassen sich einfügen, einzelne Objekt können gelöscht werden etc. Ebenso läßt sich die fertige Grafik ausdrucken. Der Ausdruck erfolgt über das Menü “Drucken-Ausgabe” auf Metafile. Für eine Grafik, die im Metafile-Format vorliegt, braucht man das Programm GDOS. Es ist im Lieferumfang enthalten und sollte jedesmal mitgebootet werden, wenn man mit BECKERcalc arbeiten und eine Grafik ausdrucken möchte.

Will man eine Tabelle ausdrucken, kann, aber muß dies nicht über GDOS erfolgen. Wenn Sie das Drucker-Icon wählen, er scheint ein neues Poll Down-Menü, und Sie können jetzt einen markierten Bereich entweder als Metafile ausdrucken oder auf einem gewöhnlichen 24-Nadeldrucker. Es werden verschiedene Druckeranpassungen mitgeliefert. Es existiert aber auch die Möglichkeit, sich eine Anpassung für seinen eigenen Drucker selbst herzustellen. Ein extra Druckerprogramm mit dem Namen Pretty-Printer erlaubt unter anderem den Ausdruck im Querformat. Wie Sie wahrscheinlich bemerkt haben, sind die Druckmöglichkeiten bei BECKERcalc sehr vielfältig.

Automatisierung durch Makros

“Makros?” werden Sie vielleicht fragen, “wozu brauche ich Makros, wenn ich nicht programmieren möchte?” Ja, das mag in vielen Fällen vielleicht auch richtig sein. Aber was machen Sie, wenn Sie ein sehr aufwendiges Datenblatt mit vielen Zahlen und sehr vielen Parametern haben, die sich ständig ändern? Dann müssen Sie immer suchen, wo Ihre neuen Daten eingegeben werden müssen, und wenn Sie mal vergessen haben, wohin sie gehören...

Man kann sich aber alles ein wenig erleichtern, wenn man eine Tabelle durch ein Makro automatisiert. Ein Makro ist eine Folge von Befehlen, die man beliebig oft wiederholen kann. Es läßt sich sehr einfach erstellen, und man braucht keine besonderen Programmierkenntnisse. An den Anfang eines jeden Makros gehört ein sogenannter ‚Makrokopf’, der es als solches definiert. Dahinter kommen die Befehlsfolgen, die man für die Berechnung des Arbeitsblattes benötigt. Auch hier stehen dem Anwender wieder eine Fülle von Befehlen zur Verfügung, mit denen man fast jede denkbare Aufgabe lösen kann.

Zum Starten eines Makros braucht man nichts anderes zu tun, als die Icons, die mit dem Namen Makro versehen sind, anzuklicken. Es erscheint eine Tabelle mit allen vorhandenen Makros, und durch ein weiteres Anklicken des gewählten Makros startet der gewünschte Ablauf.

Fazit

Wie oben erwähnt, ist die Berechnung großer Zahlenkolonnen neben der Textverarbeitung mit Sicherheit eine der am häufigsten vorkommenden Aufgaben, die ein Rechner zu erledigen hat. Logischerweise sucht der Anwender das Programm, das am meisten anbietet. BECKERcalc bietet mit seiner Menge an Funktionen, Möglichkeiten und Bedienungsfreundlichkeit ein sehr günstiges Arbeitsfeld.

Eine Sache hat mich allerdings gestört: Bei jeder Eingabe muß die Return-Taste gedrückt werden, statt dafür die Pfeiltasten zu benutzen. Bei BECKERcalc muß man nämlich Return drücken und zusätzlich eine der Pfeiltasten, um in ein anderes Feld zu gelangen. Wenn man sich daran gewöhnt hat, ist es nicht mehr so tragisch (wie alles, an das man sich gewöhnt), aber am Anfang bedeutet es schon eine Umstellung.

Das Handbuch ist jedoch sehr positiv aufgefallen. Es beinhaltet ausführliche Informationen für Anfänger wie für Fortgeschrittene. Viele Beispiele in verschiedenen Bereichen helfen dem Anwender, sich einen besseren Überblick zu verschaffen.

Das Programm ist durch die Möglichkeiten, Dateien zu importieren in der Lage, Daten von Lotus 1-2-3 und Multiplan zu verarbeiten. So hat man mit diesem Programm auch die Kompatibilität zu anderer Software, die schon lange auf dem Markt etabliert ist. Wenn Sie auch vor der Aufgabe stehen, oben beschriebene Kalkulationen durchzuführen, empfehle ich Ihnen, sich dieses Programm anzuschauen.


Jutta Krill
Aus: ST-Computer 07 / 1989, Seite 33

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