Der V.I.P.-Kurs fährt ab: Bitte einsteigen

Tabellenkalkulationsprogramme für den ATARI ST erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit, für manchen Anwender geht kein Weg an solch einem Rechen-, Datenbank- und Grafikprogramm vorbei. Die sogenannten integrierten Programmpakete sind jedoch durch ihren sehr großen Befehlsumfang nicht immer leicht zu bedienen. Unser Kurs soll den NEULING oder “absolute Beginner” (David Bowie möge es mir verzeihen) auf dem Gebiet der Tabellenkalkulation, Schritt für Schritt an die Bedienung von VIP PROFESSIONAL, einem LOTUS 1-2-3 ähnlichen Tabellenkalkulationsprogramm, heranführen.

Was’n V.I.P ?

Der Kenner würde VIP mit “very important programm” übersetzen. Unser Vip-Professional wird in Deutschland von der Computertechnik Kiekbusch GmbH seit 1984 auf dem deutschsprachigen Markt angeboten. Seit der Programmfreigabe ließen sich immerhin 4500 Pakete dieses Tausendsassas veräußern, eine wohl unbekannte Menge zusätzlicher gravitationsloser Freundschafts-Sicherheitskopien wird die Zahl der Anwender wohl auf über 10000 schnellen lassen.

Gut finde ich, daß nur registrierte Anwender von dem reibungslos laufenden Update-Service der Kiekbusch-Mannen Gebrauch machen können, denn inzwischen kann man das Programm mit der Freigabe 1.4 in zwei Programmversionen erwerben oder updaten lassen.

Die TEXT-VERSION, auch Turbo-Version genannt, zeichnet sich durch (MS-DOS-Anwender bitte überlest diesen Absatz) relativ hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit gegenüber der GEM-Version aus. Die GEM-Version (das ist die, mit der man die Mäuse hüpfen lassen kann) hat leider nur das GEM aufgesetzt bekommen und ist nicht, wie es sich heutzutage gehört, völlig dem GEM-Zauber verfallen.

Das Vip Professional kann seine Verwandtschaft mit dem Top-Renner der Tabellenkalkulationsprogramme, dem LOTUS 1-2-3, nicht verschweigen. Mit den ersten Versionen von 1-2-3 setzte man mit der Einführung von macro-programmierbaren Tabellenkalkulationen einen neuen Trend. LOTUS 1-2-3 wurde allerdings ausschließlich für die MS-DOS-WELT geschaffen und befindet sich heute schon in der 3.Generation.

Die Atari-Anwender schauten recht lange neidvoll auf dieses 1 -2-3, so daß sich die VIP TECHNOLOGIES in Santa Barbara, Kalifornien, an die

Entwicklung eines Clone-Ablegers von 1-2-3, ausschließlich für die 68000-Welt machten. Das gelang den Entwicklern nach einigen Anlaufschwierigkeiten recht gut und nach nunmehr 3 Jahren seit der Programmeinführung erhält man ein fast fehlerfreies Programm, das es einfach in sich hat.

Anfänger aufgepaßt!

Den Fans von alten Heinz-Rühmann-Filmen empfehle ich, die “Feuerzangenbowle” nochmals Revue passieren zu lassen, sagte da nicht ein Professor: “Soo, nu stelle MIR uns mal janz doof. Doch nun genug mit diesem Smalltalk, fangen wir an!

Am besten läßt sich eine Tabellenkalkulation, auch Rechenblatt genannt, mit einem Blatt Papier vergleichen. Teilen Sie Ihr Blatt in Spalten und Reihen auf.

Beschriften Sie die Spalten mit Buchstaben von A bis H, die Reihen numerieren Sie mit Ziffern von 1 bis 19. Wenn wir nun die Spalten und Reihen durch Linien trennen, erhalten wir ein Koordinatensystem mit Zellen. Diese Zellen werden durch ihren Platz im Koordinatensystem unseres Blattes mit den Koordinatenschnittpunkt benannt.

Bild 1: Leeres Koordinatensystem

Also nochmal ganz langsam: die Zelle im linken oberen Eck erhält den Namen A1 die Zelle im linken unteren Eck den Namen H19 und so weiter, und so weiter.

Eine Zelle hat also immer einen festen Namen in unserem Rechenblatt, zusätzlich kann sie unterschiedliche Attribute erhalten, die sich aus Zellenname, Zellenbreite, Text- oder Labelvorgabe, Schutz-Bemerkung and so weiter zusammensetzen können. In unserem Bildchen sehen wir eie Zelle C6 mit einer Zellenbreite von 9 Stellen, wir haben nur Texteingaben für diese Zelle vorgesehen und haben den Zellen-Schutz mit U (für unprotected = ungeschützt) vereinbart. Das war jetzt ein wenig kompliziert, aber dazu noch später.

Hurra, unser Baby lernt laufen!

Ich gehe davon aus, daß Ihnen das Papierkritzeln zu langweilig geworden ist und Sie Ihr Vip-Professional bereits geladen haben.

Das leere Arbeitsblatt enthält in der TEXT-Version keine Trennlinien von Zelle zu Zelle, GEM-Vips können mit GRID Ihr Gitter zu- oder abschalten.

Doch es dürfte auch dem Laien nicht schwerfallen, sich solch ein Koordinatensystem sinnbildlich dazuzudenken. Der schlaue Anwender wird schnell feststellen, daß mit einem Arbeitsblatt dieser abgebildeten Größe nicht viel anzufangen ist. Begeben wir uns doch auf die Reise, lernen wir die Grenzen des VIP-Universums kennen.

Versuchen Sie mit der CURSORTASTE (SÜD) über die 20 Reihen-Grenze hinauszupreschen. Siehe da, unser Blatt wird größer. Doch jetzt runter von der Cursortaste, unser ATARI puffert nämlich bei gedrückter Taste jeden Intervallanschlag, und es kann passieren, daß die Bildschirm-Expedition zu einem endlosen Marathonlauf ausartet.

Unser 2. Versuch soll uns nun seitenweise an das Reich der Mitte heranführen. Halten Sie die SHIFT-Taste und die CURSORTASTE (SÜD) gemeinsam einmal gedrückt. Wir stellen fest, unser Marsch wird nicht so anstrengend.

Im 3. Versuch hören wir auf zu marschieren und nehmen das Flugzeug. Drücken Sie bitte die INSERT-Taste; auf der rechten Bildschirmunterseite erscheint das Wörtchen “END”, danach die CURSORTASTE (SÜD) und siehe da - wir haben die Grenze unseres Universums schon erreicht. Immerhin liefert unser Blatt 8192 Zeilen!

Doch wie sieht’s denn mit unserer Orientierung nach “rechts” aus, also in Richtung der Buchstaben X,Y,Z ? Die Tastenbedienung haben wir ja mit unterschiedlichen Kombinationen schon kennengelernt, auch hier nehmen wir das Flugzeug: mit der Taste INSERT (END-Anweisung) und der CURSORTASTE (OST) fliegen wir gen Osten.

Bild 2: Koordinatensystem mit Zelle C6

Bis zur Spalte IV reicht unser Sprit, also 256 Spalten ! Lassen wir uns nicht von dieser Doppelbuchstaben-Spaltenbezeichnung (uhh, langes Wort) verwirren, denn Vip zählt seine Spalten wie folgt:

X, Y, Z, AA, AB.....IV (Ganz einfach oder ?) Ich empfehle Ihnen dringend etwas Bewegung, damit meine ich natürlich Bildschirmbewegung in unserem Vip. Bei großen Anwendungen sind die nun mal eingeprägten Tastenkombinationen sehr hilfreich. Hier nochmal die Zusammenfassung unserer Trimm-Dich-Aktion:

a) reihen-/spaltenweises Fortbewegen
= CURSORTASTEN

b) seitenweises Fortbewegen

c) Sprung an den Rand
= INSERT-TASTE. CURSORTASTE

d) Sprung auf A1
= CLRHOME-TASTE

So, nun müssen wir uns aber beeilen, unser Atari läuft so langsam aber sicher warm, und wir haben noch nichts Produktives erreicht. Tragen Sie in Ihr Vip-Blatt nun in der Zelle A1 den Wert 100, in Zelle A2 den Wert 230, in Zelle A3 den Wert 400, in Zelle A4 den Wert 400, in Zelle A5 den Wert 900 ein.

Man kann diese Eintragung auf zwei Arten durchführen:

  1. Wert eingeben, mit Return bestätigen, CURSORTASTE (SÜD) zur nächsten Zelle.

oder

  1. Wert eingeben, CURSOR TASTE (SÜD) drücken und schon sind wir in der nächsten Zelle.

Sie sehen VIP interpretiert im Eintragungsmodus für Zellen auch die CURSORTASTEN als RETURN (Enter)+Richtung.

Leider müssen wir bei der Addition unserer eingetragenen Zellenwerte unser Gehirn anstrengen, bis wir in der Zelle A6 die Summe 2030 eintragen können.

Damit unser Gehirnschmalz nicht zum Sieden kommt, ließe sich nun im Rechenblatt in der Zelle A6 ein Befehl zur Summenbildung eintragen. Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten:

a) Schreibe in die Zelle A6 folgende Befehlsfolge:

+A1+A2 +A3+A4+A5( Return)

Wir teilen unserer Zelle A6 mit, daß in ihr die Zellen A1, A2, A3, A4 und A5 miteinander addiert und mit dem Ergebnis am Bildschirm angezeigt werden sollen.

b) Wesentlich eleganter kann man diese einfache Addition mit dem Summenbefehl des Vip-Sprachschatzes durchführen.

Schreibe in die Zelle A6 folgende Befehlsfolge:

@SUM(A1..A5) (Return)

Sie sehen, auch mit der Formel @SUM(Bereich) lassen sich Additionen durchführen.

Bei großen Bereichen empfiehlt sich als oder Summenbefehl schon von selbst.

c) Die 3. Variante der Zellenbereichserfassung ist das “Lassowerfen” oder “Einkreisen”, wie es die alten Trapper unter den Vips bezeichnen.

Stellen Sie mit den CURSORTASTEN Ihren Zellenzeiger wieder auf Zelle A6 und führen die Eingabe nach Tabelle 1 durch:

Klappt doch schon ganz gut, oder? Üben Sie jetzt kräftig bis zum nächsten Teil unseres Programmierkurses, denn dann werden Ihnen die Formeln und Befehle nur so um die Ohren fliegen, als Vorgeschmack hier eine kleine Hausaufgabe. Geben Sie in eine beliebige Zelle nachfolgende Formeln ein:

  1. +314+((7*1,987)^3)1765
  2. +2I0.J85*(1258I8)
  3. in Zelle A1 15667 eingeben, in Zelle A2 eingeben: +A1*(678/4)+(A1/2)

HDS

Bild 3: Summenbildung im VIP

Zur Person des Autors:

Name: Heinz Dieter Schultz
Alter: 33
Ausbildung: Betriebswirt(VWA) VIP-VIRUS: seit 1983 mit Lotus 1-2-3, über Symphony, dann zu Hause auf ATARI umgestiegen, Vip von Anfang an. Bei Problemfragen: Heinz D. Schultz Ingersheimer Str. 12 7140 Ludwigsburg

Bitte Versionsnummer VIP nicht vergessen.

(GEM oder TEXT, VI. 1, VI.2 etc.)

TASTE: Bemerkung:
@ Anweisung für Formel
S der
U Summen-
M Befehl
( Klammer öffnen, für den Bereich
Taste INSERT END-Anweisung
CURSORTASTE (NORD) Cursortaste und Sprung auf Al
Punkt (Anker) setzen
CURSORTASTE (SÜD) Cursortaste
CURSORTASTE (SÜD) Cursortaste
CURSORTASTE (SÜD) Cursortaste
CURSORTASTE (SÜD) Cursortaste
) Klammer schließen, für den Bereich
RETURN Mit Return die Eingabe abschließen.

Tabelle 1



Aus: ST-Computer 04 / 1988, Seite 160

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