Galenius - Ein großer Helfer in der Pharmazie

In der Pharmazie bestehen strenge Richtlinien, welche die Erstellung von Rezepturen, Herstellungsanweisungen und Chargenberichten betreffen. So müssen Prüfmuster als maschinengeschriebene und handschriftlich nicht veränderbare Herstellervorschrift existieren. Hier setzt Galenius an, indem es die Erstellung von Formausdrucken ermöglicht. welche den Herstellungsweg des Medikamentes vom Abwiegen bis zur Fertigstellung begleiten und den oben erwähnten Richtlinien entsprechen. Diese enthalten zunächst nur die Sollwerte und keine handschriftlichen Fintragungen. Die Istwerte, Doublechecks und Unterschriften kommen während des Herstellprozesses handschriftlich dazu, wodurch diese zu Chargenberichten werden, die jederzeit mit den gespeicherten Daten verglichen werden können.

Galenius wird in einem festen Schnellhefter im Format DIN A4 ausgeliefert. Dieser enthält eine Diskette mit dem Programm, die vorgefertigten Formularrümpfe und einige Hilfsprogramme für die Ansteuerung des Druckers.

Im Programm befindet sich ein Editor, der die einfachsten Grundbedürfnisse erfüllt, trotzdem ist ein zusätzlicher Editor sehr zu empfehlen. Dieser wird auch von Galenius unterstützt.

Das Handbuch ist ausführlich und übersichtlich geschrieben. Es enthält auch leicht nachvollziehbare Ablaufpläne zur Erstellung des Batch-Reportes und eigener Formulare.

Start mit Hindernissen

Ich wollte natürlich das Programm starten. Leider ergab sich dabei mit meinem Mega ST ein kleines, aber einschneidendes Problem. Es erschien immer die Meldung Galenius läuft nur mit 640*400 Punkten. Der Fehler konnte von mir dahingehend verifiziert werden, daß Galenius nur mit dem alten ROM-TOS funktionierte, weil es die Auflösung über Systemvariablen abfragte, die ATARI in neueren TOS-Versionen in andere Speicherbereiche gelegt hat.

Dies führte dazu, die von Softchemie gewährte Qualitätsgarantie in Anspruch zu nehmen. Diese beinhaltet eine kosten lose Fehlerkorrektur für die ersten sechs Monate nach dem Kauf und nach dieser Zeit eine Behebung von Fehlern zum Selbstkostenpreis. Im Handbuch wird gleich ein vorgefertigter Brief mitgeliefert, in dem man den Fehler genau spezifizieren kann. Innerhalb weniger Tage bereits erhielt ich Galenius zurück, und alle von mir gefundenen Fehler sind beseitigt worden. Zwischenzeitlich arbeitet das Programm zur vollen Zufriedenheit. Es ist aber gut zu wissen, daß im Fall des Falles ein guter und schneller Service zu erwarten ist.

Doch nun wenden wir uns dem Ablauf zur Erstellung eines Batch-Reports zu, denn hierzu wird ein Großteil des Programms benötigt.

Der Batch-Report

Der Menüpunkt Lesen beeinhaltet den Nur-Lese-Zugriff auf alle Dateien des Systems. Diese gliedern sich in Formulare *.F, Rezepturen *.REZ, Ansätze *.REC und Reports *.REP. Weiterhin ist es möglich, den Prozeßordner zu öffnen und sich die mit Standardwerten erstellten Prozeßdaten anzeigen zu lassen. Am Anfang eines Batch-Reportes steht immer die Erstellung der Rezeptur und des Ansatzes für die Herstellung. Dazu wird der Menüpunkt Planen angewählt. Das Programm fragt bei Rezeptur- und Ansatzentwicklung nach, ob ein bereits bestehendes File geladen werden soll oder ein neues entwickelt wird. Es erscheint die Eingabemaske in Bild 2. Sie ist für beide Programmpunkte gleich und unterscheidet sich nur in der Mengenangabe bei Rezeptur in mg/Dosis und bei Ansatz in g/Ansatz. Hier ist es auch möglich. Ansätze in kg/Ans. und Stück/Ans. zu machen. Durch Mausklick oder Drücken der Funktionstaste F2 kann eine neue Zeile selektiert werden. Galenius numeriert die Zeilen automatisch durch, so daß nur der Substanzname und die eingesetzte Menge eingegeben werden müssen. Es stehen pro Seite 18 Zeilen zur Verfügung. Die maximale Zeilenzahl liegt bei 38 Zeilen. Eine Fußzeile kann ebenfalls beschriftet werden, und mittels Mark.LM ist es möglich, Lösungsmittel, die nicht in die Summe der Feststoffe aufgenommen werden sollen, zu markieren, damit diese bei Anwählen von Abschluß bei der Berechnung der Feststoffsumme nicht mehr berücksichtigt werden. Zusätzlich lassen sich Berechnungen mit dem Taschenrechner durch Anwählen von F5 durchführen. Ist man mit dem Ergebnis zufrieden, kann es mit Speichern auf Diskette abgespeichert werden.

Bild 1: Die Pull-Down-Menüs von Galenius
Bild 2: Die Rezeptureingabemaske mit einem „todsicheren“ Medikament
Bild 3: Ablauf planen

Es ist auch möglich, Rezepturen aus Ansätzen und umgekehrt berechnen zu lassen. Ebenso können bereits vorhandene Daten miteinander verkettet werden. Es folgt der wichtigste Programmpunkt, die Ablaufplanung. Hier wird aus dem Formularsatz, der Ansatzdatei und den Prozeßmodulen der Report zusammengestellt. Nach Selektion dieses Programmpunktes erscheint eine Maske (siehe Bild 3). Hier kann man die Prozesse, die für die Herstellung eines Medikamentes benötigt werden, selektieren. Es können jeweils zehn Prozesse ausgewählt werden. Eine weitere Möglichkeit ist dabei die Warteschlange (Bild 4). Auch hier können bis zu zehn Prozesse zusammengestellt werden.

Galenius lädt die Dateien nacheinander ein. und diese können auf die benötigten Bedürfnisse geändert werden. Wählt man Ausgang an, wird der nächste Prozeß geladen.

Was nun folgt, ist fast nur reine Mausarbeit. Man klickt Bericht-Batch binden an. Dies bewirkt, daß Galenius die gewählten Formulare aus dem Ordner holt und den noch leeren Formularsatz abspeichert. Es folgt x.REC-Datei aufrufen. Hier wird ein Ansatz geladen, damit dieser den Formularen beigefügt werden kann. Er wird dann mit REC in Bericht einfügen in den Bericht eingefügt.

Das Zusammenbinden der einzelnen Files dauert einige Zeit, ln einer Box läßt sich die Tätigkeit des Computers mitverfolgen. Dort steht dann die Länge des kompletten Files im ersten Feld, im zweiten die bereits gelesenen Bytes. Es folgen dann noch Zeilenzähler für die Batchfiles der Ansatzdatei und der Prozeßmodule. Während dieses Ablaufes blendet das Programm mittels Fileselector-Box die einzelnen Prozeßordner ein. Hier ist es möglich, die speziellen Module für das Medikament anzuwählen. Hat sich Galenius zurückgemeldet und ist kein Fehler aufgetreten, kann der Bericht gespeichert werden. Dabei ist positiv zu bemerken, daß Galenius während des Speicherns die Formulare auf dem Bildschirm in Mikroschrift anzeigt, so daß man eine erste Kontrolle über deren Richtigkeit hat. Sollte eine Korrektur notwendig sein, ist dies natürlich ebenfalls möglich.

Jetzt ist das Batchfile fertig und kann ausgedruckt werden. Dann wird unter dem Menüpunkt Berichte, Batchfile drucken angewählt. Bevor man jedoch den Report ausdruckt, ist der Drucker zu konfigurieren. Galenius bietet hierfür ein Anpassungsprogramm für den NEC P6 an, das vom Programm aus aufgerufen werden kann. Leider befinden sich keine anderen Druckertreiber auf der Diskette, aber ein Versuch mit einem Star NL10 ergab keine Probleme und der Ausdruck erfolgte in ordentlicher Form. Sollte ein ansprechender Ausdruck nicht möglich sein, steht es dem Anwender frei, andere Treiber, wie sie z.B. mit Public Domain zu bekommen sind, zu verwenden. Diese müssen nur in DRUCKER.PRG umbenannt sein. Wichtig ist weiterhin, daß der Drucker auf den deutschen Zeichensatz eingestellt ist. da sonst die Umlaute nicht mitgedruckt werden.

Schwarz auf Weiß sollte es sein.

Nach Anwahl des Menüpunkts Drucken fragt Galenius nach, welche Datei ausgegeben werden soll. Während des Ladens zeigt das Programm an, wieviele Zeilen im Speicher sind. Es erscheint dann der Report auf dem Bildschirm und man kann ihn noch einmal anschauen. Wird die rechte Maustaste gedrückt, erscheint eine kleine Box, die abfragt, ob es sich um die korrekte Datei handelt. Danach folgt noch eine letzte Abfrage ob gedruckt werden soll, und wird diese mit Ja beantwortet, wirft der Drucker regelrecht mit Papier um sich. Der Druckvorgang läßt sich zum Ende jeder Seite abbrechen. In Bild 5 ist ein Teil eines mehrseitigen Reportes zu sehen.

Selbst ist der Mann/die Frau...

...denn meist werden Formulare gebraucht, die nicht vorgefertigt sind. Deshalb können Sie diese auch selbst herstellen . Hier gibt es zwei Wege, die zum Ziel führen. Die erste Möglichkeit ist, vorhandene Formulare zu verändern. Das bietet den Vorteil, daß man nicht mit den Sonderzeichen zu kämpfen hat, mit denen Galenius zu Steuerzwecken arbeitet. Hier kommt auch der eingebaute Editor The Sparrow zum Tragen. Vom Funktionsumfang erfüllt er zwar nur die Grundbedürfnisse, hat aber den Vorteil, daß er alle Steuer- und Sonderzeichen anzeigt. Weiterhin verfügt er über eine Font-Box, mit der diese Zeichen auch genutzt werden können. Der andere Fall liegt vor, wenn gänzlich neue Formulare erstellt werden müssen. Hier muß eng nach den Vorgaben aus dem Handbuch gearbeitet werden. Die Zeilenlänge sollte 74 Zeichen betragen und die Länge des Formulars mindestens 38 Zeilen lang sein. Den Abschluß eines Formulars bildet dann das Zeichen CHRS(218) und CHR$(219) zeigt das Dateiende an. Bild 6 zeigt, wie man sich ein Formular vorzustellen hat. Die Funktion der Sonderzeichen wird in einer Tabelle genau erklärt. Wer einen anderen Editor besitzt, der auch Sonderzeichen verarbeitet wie z.B. Tempus, kann auch diesen verwenden.

Diskettenoperationen

Unter diesem Menüpunkt sind Änderungen der Laufwerke, Anlegen und Löschen von Ordnern, Anzeigen des Inhaltsverzeichnisses, Anzeige des freien Speichers sowie von Datum und Uhrzeit möglich. Interessant ist die Umschaltung zwischen Nur-Lese- und Schreib/Lese Status von Dateien, womit man Dateien vom Programm aus vor ungewollten Überschreibungen und Löschungen schützen kann. Als Nothilfe stehen einige Menüs mit Kurzbeschreibungen zur Verfügung.

Bild 4: Wahlweise mit Warteschlange
Bild 5: Ein Formulargerüst
Bild 6: Als letzte Hilfe, das Hilfsmenü

Fazit

Bis auf das oben erwähnte kleine Problem mit TOS 1.2, das ja behoben wurde, hinterließ GALENIUS einen sehr guten Eindruck. Das Programm ist ausgereift und bietet eine Vielzahl von Funktionen, die bei der Erstellung von Produktionsabläufen die Arbeit sehr erleichtern. Einzig negativ mag sein, daß GALENIUS alle ACC- Einträge deselektiert und diese dadurch nicht aufrufbar sind. Durch den Einsatz des Computers ist eine sehr große Flexibilität gegeben, wie sie in der Forschung und bei öfters durchzuführenden Produktionsänderungen benötigt wird. Die Einsatzbereiche von GALENIUS liegen deshalb vor allem in der Forschung und Entwicklung sowie der Herstellung in der Pharmazeutischen Industrie. Weitere Einsatzbereiche mögen für Apotheker gegeben sein, die Medikamente selbst herstellen und für Studenten der Pharmazie, als flexible Hilfe für durchzuführende Praktika.

Preis: DM 640,-

Bezugsquelle:

Softchemie Postfach 1048940


Rainer Esser
Aus: ST-Computer 06 / 1990, Seite 67

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