Einkommensteuer 1991: Wie schlage ich dem Finanzamt ein Schnippchen?

Alle Jahre wieder plagen sich zu Beginn eines neuen Jahres viele Steuerzahler mit ihrer Einkommensteuererklärung herum, denn einmal im Jahr muß jeder gegenüber dem Finanzamt sein Einkommen offenlegen. Doch der Gang unserer steuerehrlichen Mitbürger zum Steuerberater ist oftmals nicht ganz billig, kostet sehr viel Zeit und bringt leider häufig auch nicht die erwartete Steuerersparnis.

Wie gut, daß es diverse Steuerberatungs-Software gibt, die das Ausfüllen und Berechnen der Einkommensteuer im Heimstudium ermöglicht und sich dazu auch noch von der Steuer absetzen läßt.

Vor kurzem erhielt ich das Programm ‘EINKOMMENSTEUER 1991’, das bereits seit 1985 vom Dipl.-Finanzwirt Uwe Olufs aus Niederkassel vertrieben und alljährlich den neuen Einkommensteuer-Richtlinien und -Gesetzen angepaßt wird. Das Programm gibt es sowohl für Atari ST als auch für MS-DOS, Amiga, Apple und sogar den altgedienten C-64 und C-128.

Installation und Handbuch

Zum Test lag mir die Atari-ST-Version für 10 verschiedene Mandanten vor, die auf Diskette mit einem ca. 80 Seiten umfassenden Handbuch geliefert wird. Das Programm ist nicht kopiergeschützt, muß aber vor der ersten Nutzung durch Aufruf der Datei INSTALL.PRG installiert werden. Bei der Installation kann man das Programm auch automatisch auf Festplatte einrichten und Daten aus den Vorjahren übernehmen. Das im Hochglanzumschlag eingebundene Handbuch macht einen hervorragenden Eindruck und bietet weit mehr als eine reine Programmbeschreibung. Zum einen erläutert es knapp und präzise Installation, Bedienung und Funktionen des Programms, zum anderen macht es einen Streifzug durch die verschiedenen Einkunftsarten und übertrifft in gewissen Details sogar die alljährlich vom Finanzamt verschickte Anleitung zur Einkommensteuererklärung. So habe ich hier den für mich sehr interessanten Hinweis gefunden, daß Dienstreisen in das Beitrittsgebiet, die länger als drei Monate dauern, laut einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums trotzdem nach den Regeln der Dienstreise abgerechnet werden können. Damit steht sich ein Steuerpflichtiger erheblich günstiger. Auch auf die auslaufenden Steuervergünstigungen des Berlindarlehens und des § 82a EStDV zur Modernisierung von Heizungsanlagen geht das Handbuch ein. Ferner bietet es ein ABC der Werbungskosten und gibt hier und da den einen oder anderen kleinen Tip. Im Anhang findet man dann noch ein sehr ausführliches Stichwortregister und einen Auszug zur Steuerklassenwahl für Arbeitnehmer-Ehegatten.

Bild 1: Hier werden die persönlichen Daten erfaßt.

Leistungsmerkmale

EINKOMMENSTEUER 1991 kann Steuerberechnungen unter dem Gesichtspunkt der Einzel-, Zusammen- und besonderen Veranlagung sowie unter Einbeziehung aller sieben Einkunftsarten berechnen. Ferner werden Berlinpräferenz, § 10e, Baukindergeld, Progressionsvorbehalt, ausländische Einkünfte, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Sonderberechnungen, ermäßigte Einkünfte und Einkünfte aus den neuen Bundesländern berücksichtigt. Das Programm kann die komplette Steuerberechnung mit Hinweisen formlos ausdrucken. Außerdem können der Mantelbogen Seite 1 bis 3, die Anlage N, die Anlage V und die Anlage KSO der Steuererklärungsvordrucke beidseitig bedruckt werden. Zusätzlich druckt das Programm auch eine Zusammenstellung von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit und Kapitalvermögen und eine Zusammenstellung von Spenden und außergewöhnlichen Belastungen aus. Je nach Version hält EINKOMMENSTEUER 1991 persönliche und Daten zu vermieteten Gebäuden und Wohnungen von 10 bis zu 500 Fällen bereit. Bei der großen Mandantenversion empfiehlt sich aus Speicherplatzgründen allerdings der Einsatz einer Festplatte. Das Programm kann nicht Fälle des § 10a EStG und einer möglichen Kirchensteuerkappung berücksichtigen. Ferner werden auch Fälle, bei denen ein Steuerpflichtiger während des Kalenderjahres aus der Kirche austritt, und Fälle der getrennten Veranlagung, wenn beide Ehegatten Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen hatten, falsch berechnet.

Bedienung

Nach dem Installations vorgang startet man das Programm durch Anklicken der Datei EST_91 .PRG. Dem Anwender stehen nun zwei Möglichkeiten für die Dateneingabe zur Verfügung. Bei der sogenannten Schnelleingabe werden nur die Daten abgefragt, die unbedingt zur Erechnung der Steuerschuld erforderlich sind. Daher ist ein Formulardruck hier auch nicht möglich; außerdem stehen nur die zuletzt bearbeiteten Daten für eine erneute Bearbeitung zur Verfügung. Bei der normalen Eingabe werden die Daten aller Mandanten abgespeichert und für eine Überarbeitung oder für die Folgejahre bereitgehalten. Je nach Programmversion können bis zu 500 Datensätze abgespeichert werden. Alle für die Berechnung erforderlichen persönlichen Daten, die in der Regel alljährlich gleichbleiben, werden über fünf hintereinandergeschaltete Bildschirmseiten eingegeben.

Auf der ersten Seiten erfaßt man die höchstpersönlichen Daten (Bild 1), z.B. Adresse, Geburtsdatum und Bankverbindung, auf der zweiten Seite werden Angaben zum Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort im Beitrittsgebiet verlangt, auf der dritten Seite beantwortet man Fragen zu den Kindern, auf der vierten Seite stellt das Programm Fragen zum Grad der Körperbehinderung, und auf der letzten Seite gibt man Daten zur Vermietung von Häusern und Wohnungen ein. Hat man diese Prozedur überstanden und die Eingaben gespeichert, geht es ‘in medias res’. Auf der dann folgenden Bildschirmmaske wählt der Anwender mit der Maus diejenigen Eingabemasken aus, von denen er glaubt, daß diese für ihn in Betracht kommen, z.B. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bild 2), Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Sonderausgaben. Hat man dann umsichtig alle Eingaben getätigt und die Daten abgespeichert, erwartet einen endlich die langersehnte Berechnung der Einkommensteuer. Falls man den dann wahrscheinlich folgenden Schreck überwunden hat, stehen einem noch Möglichkeiten zum Ausdruck der Berechnungen zur Verfügung.

Bild 2: So sieht die Erfassungsmaske für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit aus.

Alternativen

Nach jeder Ausgabe bietet das Programm die Möglichkeit, die eingegebenen bzw. gespeicherten Daten gezielt abzuändern. Dies ermöglicht einem die Überprüfung, ob bestimmte Aufwendungen überhaupt zu einer Steuerermäßigung führen (z.B. Bausparbeiträge als Sonderausgaben). Auch kann man überprüfen, ob es sinnvoll ist, andere Wahlrechte auszuüben (z.B. Spendenabzug mit 0,2 % der Summe der Löhne und Gehälter statt 5 % der Einkünfte) oder bestimmte Kosten auf spätere Jahre zu verschieben. So lassen sich alle später festgestellten Fehler bei den Eingaben auf einfache Weise korrigieren, und in den Erläuterungstexten wird die Steuerdifferenz zur vorhergehenden Berechnung angegeben.

Sinn oder Unsinn

Nun stellt sich abschließend die Frage, ob sich der Kauf von EINKOMMENSTEUER 1991 lohnt. Das Programm gibt einem die Möglichkeit, noch vor Abgabe der Einkommensteuererklärung bzw. des Lohnsteuerjahresausgleichs zu errechnen, was man vom Finanzamt erstattet bekommt oder gegebenenfalls muß.

Das Programm gibt einem aber leider keine Rechtshilfe zur Steuerberechnung, hier muß ansonsten zur Not immer noch der Steuerberater eingeschaltet werden.

Der Steuerpflichtige muß also für sich entscheiden, ob er gewisse Aufwendungen überhaupt geltend machen kann. Ich denke hier zum Beispiel an das Problem der Absetzbarkeit eines Computers von der Steuer, wo es letztendlich doch nur auf die Argumentation des Steuerpflichtigen ankommt, ob das Finanzamt eine berufsbedingte Nutzung anerkennt. Wohl aber hat man die Möglichkeit, die Daten aus der Steuererklärung unter verschiedenen Aspekten berechnen zu lassen, um so entscheiden zu können, welche der verschiedenen gesetzlichen Möglichkeiten die größte Steuerersparnis bringt.

Fazit

EINKOMMENSTEUER 1991 macht im täglichen Betrieb einen absturzsicheren Eindruck. Der Programmierer hat gänzlich auf GEM-Fenster verzichtet und bedient sich einer eigenen Benutzerführung. Negativ fällt auf, daß der Bildschirmhintergrund bei Benutzung eines Accessories nicht erneuert wird und die Steuerung der Menüleiste oftmals Fehler aufweist. Hier merkt man, daß das Programm für verschiedene Computertypen erstellt wurde und die Fähigkeiten des Atari-ST nicht ausschöpft. Hier sollten für den Kaufpreis von 99,- DM noch Verbesserungen zu erwarten sein. Störend fiel mir auch auf, daß das Programm aus mir unerfindlichen Gründen einen Arbeitslohn für eine Beschäftigung im Beitrittsgebiet nicht akzeptiert und in die Berechnung einfließen läßt. Ein Nachschlagen im Handbuch half mir hier auch nicht weiter. Auf Grund des kurzen Praxiseinsatzes kann ich natürlich die Richtigkeit der Berechnungen nicht überprüfen, da meine Steuererklärung gerade beim Finanzamt liegt. Trotzdem ist das Programm rundherum empfehlenswert und hilft einem doch erheblich bei der Anfertigung der Einkommensteuererklärung, und, nicht zu vergessen, der Kaufpreis läßt sich von der Steuer absetzen.

Bezugsquelle:

Uwe Olufs Bachstraße 70 W-5216 Niederkassel


Rainer Wolff
Aus: ST-Computer 04 / 1992, Seite 36

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