papyrus in der Praxis

Etwa ein halbes Jahr nach dem Erscheinen der Version 5.5 erschien Anfang April auf der ATARI-Messe in Neuss die Version 6 der Dokumentenverarbeitung Papyrus. Die Berliner "Software-Schmiede" ROM-Logicware hat in diesem halben Jahr einiges an dem Programm getan.

So wurden nicht nur kleine seltene Bugs entfernt, sondern auch eine Menge neue Features eingebaut, und das neue Dokumentenformat HTML, dessen Papyrus nun mächtig ist, hat eine ganze Reihe Neuheiten mitgebracht. Neues Hauptlineal im Dokumentenfenster Schon nach dem ersten Start von Papyrus 6 fällt das optisch veränderte Hauptlineal (Bild 1) auf. Die tristen schwarz-grauen Icons wichen farbigen oder überarbeiteten. Neu sind in dem Lineal vier lcons zum Erstellen, Öffnen, Speichern und Drucken eines Dokuments. Wahrscheinlich aus Platzgründen wurden die alten Icons zur Anwahl der Stil- und Absatzformatdialoge durch kleinere ersetzt und die Tabulator-Auswahl entfernt. Der PopUp-Button für die Textausrichtung wurde durch vier zusammengefaßte Zustandsanzeigen ersetzt.

Online-Hilfe

Die Online-Hilfe, für die schon seit der Version 4 ein Eintrag im Menü vorhanden gewesen war, ist nun endlich auch im Lieferumfang der ATARI-Version von Papyrus enthalten. Hier können viele der Informationen nachgelesen werden, die ansonsten auch im Handbuch zu finden sind. Voraussetzung für die Verwendung dieser Funktion ist die Installation des ST-Guide-Hypertext-Systems, das Papyrus beiliegt. Alle Dialoge haben einen "Hilfe"-Button erhalten, mit dem man zu der Stelle im Hilfe-Hypertext gelangt, an der etwas zu den Funktionen des gerade aktuellen Dialoges steht. Auch wenn der Hypertext eine große Hilfe bei Wissenslücken darstellt, ist sie teilweise für ATARI-OnIy-Benutzer etwas verwirrend, da der Text dem der Windows-Hilfe entspricht und sich somit im größten Teil an der Windows95-Version von Papyrus orientiert.

HTML

Nachdem Papyrus seit der Version 5 bzw. 5.5 des Lesens und Schreibens von Word-Dateien mächtig ist und der RTF-Im- und Export weiter verbessert wurde, ist zur neuen Version jetzt das HTML-Format hinzugekommen. Das HTML-Format ist das im Internet verwendete Dokumentenformat, das schon heute von einigen Firmen für ihre papierlosen Dokumentationen anstelle von Handbüchern benutzt wird. HTML hat durch Sprungmarken, ähnlich, wie aus den ST-Guide-Hypertexten bekannt, den Vorteil, dass man nicht erst durch den ganzen Text blättern muß, um an eine bestimmte Stelle zu gelangen.

Wozu aber benötigt Papyrus das HTML-Format? Dieses hat laut Ulli Ramps von ROM-Logicware mehrere Gründe: Zum einen ist HTML der erste Schritt zum zukünftigen Dokumentenformat XML, das auch Microsoft für die nächste Version von Word als internes Format angekündigt hat. Somit ist HTML auch heute schon ein wichtiges Dokumentenaustauschformat; und zum anderen besteht mit HTML die Möglichkeit, Dokumente, z.B. eine Diplomarbeit, ins Internet zu setzen, ohne dass erst Veränderungen an dem Papyrus-Dokument vorgenommen werden müssen.

Im Gegensatz zu anderen Programmen, die unbekannte HTML-Tags (Steueranweisungen) importierter HTML Dateien ignorieren, d.h. löschen und somit das ursprüngliche Dokument verändern, behält Papyrus diese Informationen bei und markiert solche Stellen im Dokumentenfenster mit einem blauen Fähnchen (Bild 2). Markierung unbekannter HTML-Tags Papyrus ist zur Zeit auf dem Stand von HTML 3.2, soll aber bis zum Sommer HTML 4 erreichen und somit dann auch Frames darstellen und editieren können. Transparente GIF87a-Bilder und animierte GIF89-Bilder kann Papyrus zur Zeit noch nicht darstellen.

Neue Funktionen durch HTML

Durch den Einbau von HTML hat Papyrus eine Menge neuer Funktionen bzw. Erweiterungen von alten Funktionen erhalten.

Im Bildkatalog besteht nun die Möglichkeit, die eingelesenen Bilder gezoomt darzustellen (Bild 3). Eine Lupenfunktion ist hierfür auch noch geplant. Damit der Austausch von Grafiken kompatibler wird, wurde das interne Grafikformat auf das true-color-taugliche PNG-Format (Portable Network Graphic) umgestellt. Hierdurch können nun auch farbige Grafiken im Dokument gespeichert werden. Des Weiteren existiert jetzt ein Kontextmenü, mit dem man zum einen die Funktionen der Buttons des Bildkatalogs erreicht und zum anderen ein Bild als Hintergrundbild setzen kann.

Bei installiertem NVDI5 besteht dann auch die Möglichkeit, dem Dokument eine beliebige Hintergrundfarbe zu geben.

Auch die Tabellenfunktionen wurden um einige Funktionen erweitert, weshalb der Tabellensatz-Dialog jetzt in 2 Dialoge unterteilt wurde (Bilder 5 und 6).

Die Tabelle lässt sich nun linksbündig, mittig oder rechtsbündig an der Textspalte ausrichten. Dadurch entfällt nun endlich das Probieren der Einstellung des Abstands vom Papierrand, wenn man eine Tabelle zentrieren möchte.

Nachdem sich der Text in Tabellenfeldern bisher nur wie normaler Text, also linksbündig, mittig, rechtsbündig oder als Blocksatz ausrichten ließ, besteht nun die zusätzliche Möglichkeit, den Text auch am oberen oder unteren Feldrand bzw. mittig auszurichten. Eine einstellbare Mindesthöhe für Tabellenfelder ist ebenfalls neu.

Rechenfeldfunktionen

Schon in Papyrus 5.5 und kleiner gab es eine Menge Rechenfunktionen für die Tabellenfelder. In Papyrus 6 sind die Funktionen für die Anzahl der Zellen eines Bereiches, Anzahl gültiger Werte eines Bereiches, Anzahl der leeren Zellen eines Bereiches, Anzahl der Zellen mit ungültigen Werten, Mittelwert der gültigen Werte eines Bereiches, Standardabweichung für die Werte eines Bereiches, Varianz für die Werte eines Bereiches und mittlere Quadrate der gültigen Werte eines Bereiches hinzugekommen.

Weitere Neuerungen in Kürze

Neben den genannten großen Neuerungen kamen auch viele kleinere, gute Funktionen hinzu, die ich hier nicht alle aufzählen kann. So wurde z.B. der Textstatistik-Dialog um eine Anzeige der eingelesenen Bilder erweitert, in der man auch festlegen kann, ob ein Bild im Dokument oder nur dessen Dateipfad gespeichert werden soll (Bild 7). Die Kontextmenüs sind jetzt sehr umfangreich, wodurch man so gut wie nie an die Menüleiste oder irgendeine Tastenkombination auswendig lernen muß. Das in Kürze erscheinende NVDI 5 wird schon jetzt von Papyrus unterstützt und bietet dann weitere Vorteile wie z.B. den Druck im Hintergrund.

Schade ist nur, dass Funktionen wie das Erstellen von prozentualen Rasterflächen nicht mehr vorhanden sind, und dass für viele Farbeinstellungen NVDI 5 vorausgesetzt wird. Da aber viele User das bemängelt haben, wird auch diese Funktion wohl wieder eingebaut werden.

Fazit

Papyrus ist in der aktuellen Version 6.05a ein sehr ausgereiftes und stabiles Programm. Die wenigen kleinen, noch vorhandenen Fehler, die bei einem so großen Programm nun mal nicht ausbleiben und von den Programmierern schnell behoben werden (an der Versionsnummer ersichtlich), führen nicht zu Abstürzen bzw. behindern das Arbeiten kaum, da man schnell raus hat, wie man sie umgehen kann.

Ein Kauf bzw. ein Upgrade lohnt sich in jedem Fall für jeden, der eine leistungsfähige, gut und einfach bedienbare Textverarbeitung benötigt.

Papyrus kostet DM 198,-, und das Upgrade ist ab DM 69,- erhältlich. Studenten- und Schülerversionen sowie Crossupgrades sind ebenfalls zu günstigen Preisen erhältlich.


Torsten Runge
Aus: ST-Computer 06 / 1998, Seite 48

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