MagiC 6 - Innen hui, außen ... jetzt auch hui

Zwar ist MagiC 6 schon seit geraumer Zeit auf dem Markt, doch gerade mit Hinblick auf die steigende Popularität von N.AES und dem Auftauchen von "Billig"-Mitstreitern wie Geneva 7 ist die Nachfrage nach einem objektiven und kompetenten MagiC 6 spürbar gewachsen.

Kaum ein anderes Produkt hat in den letzten Jahren so zum Überleben des ATARI-Marktes beitragen können wie das Multitasking-Betriebssystem MagiC. MagiC 5.x hat sich mittlerweile zum Quasi-Standard "gemausert", und somit war die Erwartungshaltung an einen "Versionssprung" zur Version 6 natürlich entsprechend hoch.

Schön, schöner, MagiC

Während die vorangegangenen kleineren Updates eher auf den ersten Blick unauffällige Verbesserungen "unter der Oberfläche" einführten, hat sich Andreas Kromke bei der neuen Version 6 auf eine verbesserte Benutzeroberfläche und einen daraus resultierenden höheren Bedienungskomfort konzentriert.

Und so offenbaren sich die Veränderungen auch gleich nach der Installation und einen darauf folgenden Systemstart auf den ersten Blick: MagiC präsentiert sich in einem deutlich veränderten Look, der sich ganz nach alter Tradition am besten als "The Best of both Worlds" beschreiben läßt.

Der Reihe nach: Schon beim Booten sieht man, daß man eigentlich nicht mehr vielsieht - und das mit gutem Grund. MagiC präsentiert sich beim Systemstart endlich mit einem frei definierbaren Boot-logo (ein MagiC-Logo wird übrigens mitgeliefert).

Die "wilden" Ausgaben diverser Autoordner-Programme, die zu den Zeiten, als man den ATARI noch gemütlich von einer Bootdiskette gestartet hat, einigermaßen nachvollziehbar über den Bildschirm flimmerten und uns seit der Einführung von Festplatten aber zum "Schnelleser" erzogen haben, werden unterdrückt und gehören somit endlich der schwarz-weißen Ur-TOS-Vergangenheit an.

Wer aber auf diese Wert legt (zum Beispiel zum Kontrollieren der korrekten Abarbeitung des Autoordners), kann die Ausgaben auch in eine Log-Datei umlenken, die dann in einem Texteditor der eigenen Wahl in aller Ruhe betrachtet werden kann.

Zusätzlich zum Bootlogo kann der auf Ästhetik bedachte MagiC-Fan den Bildschirm mit einem ebenso frei einstellbaren Kachelmuster versehen - das hebt die Stimmung und macht den Nachbarn neidisch.

Die nächste Änderung präsentiert sich spätestens beim Öffnen eines Fensters: Wer mindestens eine 16-Farben-Auflösung nutzt, kommt in den zweifellosen Genuß der sehr ansprechenden und optisch durchaus gelungenen neuen 3D-Optik der Fenster, die wie eine Mischung aus MacOS und Windows wirkt.

Aber nicht nur für das Auge wurde durch den neu programmierten Fenstermanager etwas getan. Ein Fenster kann nun an jeder beliebigen Stelle im Rahmen mit der Maus angepackt und verschoben werden. Außerdem werden die Fensterstrukturen dynamisch verwaltet und die reinen Fensteroperationen nochmals beschleunigt. Da MagiC schon vorher das gesamte Arbeiten mit dem ATARI merklich beschleunigte, kann man hier also nur von einer weiteren Optimierung sprechen, von der besonders Besitzer älterer Modelle profitieren werden.

Apropos ältere ATARIs: Der Speicherverbrauch von MagiC hat sich trotz neuer Features nicht sonderlich erhöht. Das Betriebssystem selbst findet weiterhin auf einer einzigen HD-Diskette Platz (zusätzlich liegt eine Diskette mit einigen Tools bei), ein im Vergleich zu anderen Plattformen (Amiga einmal ausgenommen)gera-dezu unglaublich erscheinender Wert. Zur Erinnerung: Bei MagiC handelt es sich um ein eigenständiges Betriebssystem, das theoretisch auch komplett ohne das Original-TOS auskommen würde, was dadurch bewiesen wird, daß es von Bastlern auch in ROM-EPROMs geladen wird, die die TOS-ROMs ersetzen. Beim Gespann ATARI/MagiC handelt es sich also um ein vorbildhaftes System ohnegleichen.

Wer bisher Besitzer anderer Computer Plattformen wie Windows, Amiga oder Apple um die Möglichkeit der Einbindung proportionaler Schriftsätze ins System beneidete, hat mit MagiC 6 endlich das richtige OS gefunden. Ab sofort ist nämlich die Schrift für Menüleiste, Dialogboxen und Fenstertitel frei wählbar. Zur Auswahl stehen nun nicht mehr nur Rasterzeichensätze, sondern auch von NVDI eingebundene Vektorfonts. Die Schriftarten von Menüleiste, Dialogboxen und Fenstertiteln können sogar unabhängig voneinander gewählt werden. Kommt ein Programm mit proportionalen Fonts nicht klar, kann man diese separat abschalten. Die Abwärtskompatibilität wurde also nicht aus den Augen verloren, was einen weiteren Pluspunkt darstellt.

Die Konfiguration der neuen Systemschriftsätze muß erfreulicherweise nicht umständlich per Hand in einer Einstellungsdatei (in diesem Fall die Datei MA-GX.INF) vorgenommen werden, sondern ASH stattet sein OS nun mit dem Programm "MagiC-Configurator" aus, das eine komfortable Installation ermöglicht.

Auch das Aussehen der Menüs wurde im Zuge der optischen Auffrischung nochmals verbessert. Wahlweise können Menüs und Submenüs nun im modernen 3D-Look dargestellt werden - passend zum sonstigen Aussehen der Oberfläche.

Änderungen "unter der Motorhaube"

Ansonsten fanden einige kleine aber durchaus interessante Veränderungen statt, die vom Benutzer nicht unbedingt auf den ersten Blick zu erkennen sind. MagiC nutzt nun erwartungsgemäß konsequent das von ASH eingeführte "Shared-Libraries"-Konzept. So stellt MagiC eine Bibliothek zur Anzeige von Grafiken zur Verfügung, die von jedem Programmierer genutzt werden kann und deren Dokumentation im Internet herunterladbar ist. Auch die Druckdialoge für NVDI werden als Libraries bereitgehalten, womit WDIALOG im Autoordner überflüssig gemacht wird. Dieses Konzept trägt weiter zur freundlichen Behandlung des zur Verfügung stehenden Speichers bei -bei maximal 4 MB auf einem Standard-ST bestimmt immer wieder Grund zu einem Freudentanz zwischendurch.

MagiC Desk hat keine sonderlich großen Fortschritte gemacht, was in Anbetracht des parallel angebotenen Desktops jinnee (immerhin will man diesen durch einen allzu ausgefeilten MagiC Desk nicht überflüssig machen) auch nachvollziehbar erscheint.

Erwähnenswert ist aber in jedem Fall, daß nun auch MagiC Desk mit einem von jinnee oder auch Gemini bekannten Rückwärtspfeil im Verzeichnisfenster, der in das jeweils übergeordnete Verzeichnis wechseln läßt, ausgestattet ist. Außerdem bewirkt ein Klick auf den "Volle Größe"-Knopf eines Verzeichnisfensters, daß dieses in Optimalgröße dargestellt wird, so daß nun nicht mehr unbedingt der gesamte Bildschirm in Anspruch ge-nommem wird, um alle enthaltenen Dateien darzustellen.

Fazit

Die Veränderungen zwischen den Versionen 5 und 6 des Multitaskingbetriebssystems MagiC sind mit Sicherheit nicht so bahnbrechend wie die zwischen den Revisionen 4 und 5. Die aufpolierte Oberfläche sowie die Möglichkeit der Einbindung proportionaler Fonts lassen den ATARI aber weiterhin "State-of-the-Art" erscheinen, was ja auch nicht ganz unwichtig ist. Außerdem tragen durch diesen Sprung endlich alle MagiC-Revisionen (MagiC ATARI, MagiC Mac und MagiC PC) auch dieselbe Versionsnummer, was die Orientierung bei einem Umstieg wesentlich vereinfacht.

Besonders für die Zukunft könnte das Konzept der "Shared Library" interessant sein, bietet es doch ein Konzept, auf das andere Programmierer aufsetzen können. Hoffen wir, daß nun auch reger Gebrauch davon gemacht wird.

Durch die Version 6 kann ASH seiner Vorbildrolle in Sachen Multitasking auf dem ATARI also durchaus gerecht werden. In naher Zukunft wird sich sicher nichts daran ändern, daß MagiC das zu Recht meistverkaufte alternative Betriebssystem auf dem ATARI bleiben wird. Die einzige Gefährdung dieser Vormachtstellung könnte seitens des Milan kommen, der ja ein auf N.AES basierendes OS einführt, das auf einer derart schnellen Plattform praktisch keine Nachteile gegenüber MagiC bieten wird und leistungsmäßig schon bald vorbeiziehen könnte. Um dieses zu verhindern, sollte ASH sein beliebtes OS möglichst schnell an den Milan anpassen, was sicher auch im Sinne vieler Milan-Neukäufer wäre.

Testkonfiguration:
ATARI MegaSTE, 4 MB RAM, 540 MB HD, NVDI ET-4000, Crazy-Dots II Grafikkarte

Preis:
Neuversion: DM 199,-
Update von Version 1, 2, 3, 4, 5 oder 5.1: DM 69,-
Update von Version 5.2: DM 49,-

MagiC wird auf HD-Disketten ausgeliefert, wenn Sie DD-Disketten benötigen, kostet dieser Service DM 20,- extra.

Bezugsquelle: Application Systems Heidelberg Postfach 10 26 46 D - 69016 Heidelberg



Aus: ST-Computer 11 / 1998, Seite 9

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