Dass es noch immer brandneue Software für ATARI-Computer geben kann, stellt die Fa. Application-Systems Heidelberg in regelmäßigen Abständen unter Beweis. Ihr neuster Streich ist "Texel", eine Tabellenkalkulation.
Wozu eine neue Tabellenkalkulation für den Atari? ... es gibt doch schon eine. Vielen Anwendern wird diese Frage durch den Kopf gehen, denn ein großer Teil derselben weiß mit einer Tabellenkalkulation wenig anzufangen. Wer sich jedoch intensiver mit den Rechenblättern beschäftigt, wird sich fragen, ob man außer einer Tabellenkalkulation überhaupt in anderes Programm braucht.
Die Tabellenkalkulation Texel schickt sich nun an, den treuen Atari-User mit der Farbenvielfalt und den Gestaltungsmöglichkeiten auszustatten, die "Stand der Technik" sind. Dabei werden sinnvolle Betriebssystemerweiterungen wie NVDI, SpeedoGDOS und andere gern genutzt.
Geliefert wird Texel auf einer DD-Diskette mit einem nur knapp 60 Seiten starken Handbuch. Trotz des geringen Umfanges reicht es für einen Einstieg vollkommen aus, zumal noch einige Ergänzungen auf der Diskette zu finden sind. Besonders hervorzuheben ist, dass die hinter den Funktionen stehenden Berechnungen angegeben werden.
Die Installation ist kinderleicht. Man startet das Installationsprogramm, wählt das Zielverzeichnis und die zu installierenden Programme aus. Ja, richtig gelesen, Programme. Im Lieferumfang von Texel befinden sich noch einige Zusatzprogramme, die das Arbeiten mit dem Computer ein wenig angenehmer gestalten sollen. Dazu gehört zum Beispiel auch eine Hypertext-Hilfefunktion, die dafür sorgt, dass auch der weniger sichere Anwender immer einen rettenden Hinweis bekommt. Wer keinen Wert auf die Zusatzprogramme legt, kann sie bei der Installation einfach deselektieren.
Doch nun zum Kern der Sache: dem Programm
Mit dem Untertitel "die wunderbare Tabellenkalkulation" erhebt Texel bereits in der vorliegenden Version 1.02 einen ganz besonderen Anspruch, da doch gerade der Bereich Tabellenkalkulation ein besonders weitgefächertes Anwendungsspektrum darstellt. Genau dies ist auch der Grund, warum sich Tabellenkalkulationen nicht so ohne weiteres testen lassen. Allein die Konstruktion realistischer Anwendungsbeispiele könnte schon einen Dauerarbeitsplatz sichern. Wir wollen deshalb auch nur einmal kurz anreißen, was uns an Texel Besonderes oder gar Wunderbares auffällt.
Nach dem Start präsentiert sich Texel zeitgemäß mit einer Menüleiste, über die der Anwender die ersten Aktionen tätigen kann. Ganz GEM-konform liegen die Menüpunkte dort, wo sie hingehören, so dass man sich gleich zuhause fühlt. Nach dem Öffnen eines Rechenblattes steht eine weitere, dem Rechenblatt zugeordnete Menüleiste zur Verfügung. Auf diese Weise lassen sich für jedes Blatt ganz spezifische Operationen durchfuhren. Eine darunter befindliche Werkzeugleiste, ähnlich den Smarticons auf anderen Rechnerplattformen, erlaubt schnellen Zugriff auf wichtige Funktionen, die zum Teil auch über die Funktionstasten erreichbar sind. Ein Nachteil dieses Komforts sei nicht verschwiegen: in der hohen ST-Auflösung sind dadurch nur 14 Zeilen auf dem Bildschirm sichtbar. Ebenso, wie die schnelle Funktionsanwahl über die Werkzeugleiste besticht die konsequente Nutzung der rechten Maustaste. Bei Betätigung erscheint ein Pop-Up-Menü, mit dem schnell und sicher wichtige Vorgänge , wie beispielsweise das Ausschneiden, Kopieren oder Löschen von Rechenblattbereichen möglich sind.
Doch auch eine Tabellenkalkulation lebt letztlich von den gebotenen Möglichkeiten, Berechnungen durchzuführen. Texel bietet hierzu eine Vielzahl von Funktionen, die dem Anwender die Arbeit mit Zahlen und Formeln erleichtern. Im Vergleich zu bereits etablierten Programmen dieser Art ist uns keine Einschränkung aufgefallen, bis auf die bedauerliche Tatsache, dass keine Datenbankfunktionen zur Verfügung stehen. Dieser Anwendungsbereich ist in der vorliegenden Programmversion (noch?) nicht implementiert. Ebenso ist das Fehlen der Automatisierungsmöglichkeit von Arbeitsabläufen, sprich Makroprogrammierung, ein Kritikpunkt.
Laut Handbuch lassen sich mit Texel auch Präsentationen und wissenschaftliche Auswertungen durchführen. Die Zusammenarbeit mit SpeedoGDOS, empfohlen ist eine Version >5.0c, bzw. NVDI, ab v3.02, erlaubt in Texel die Verwendung eines gigantischen True-Type und Vektorfontpools mit allem was dazugehört. Durch die Möglichkeit, Zellen oder Blöcke farbig zu umrahmen und mit ebenso farbigen Rastern zu unterlegen, lässt sich ein unter Texel erstelltes Rechenblatt schnell zu einem eindrucksvollen Dokument wandeln. Für eine Präsentation oder wissenschaftliche Auswertung ist es unabdinglich, die berechneten Ergebnisse in Form eines Diagramms verständlich darzustellen. Zu unserer Verwunderung konnten wir in Texel keine Möglichkeit finden, unser Zahlenmaterial auf diese Weise zu präsentieren. Ein eingehendes Studium des Handbuches konnte da auch nicht weiterhelfen. Während die Mehrzahl der Anwender sicherlich auf Datenbankfunktionen und Makrofähigkeit verzichten kann, stellt die fehlende Möglichkeit, ein Diagramm zu erstellen, eine drastische Einschränkung bei der Verwendbarkeit des Programms dar. Leider erreichte uns Texel erst kurz vor Drucklegung, so dass eine Rücksprache mit dem Anbieter nicht mehr möglich war.
Ein weiteres Haar in der Suppe ist, dass Texel sich auf einem TT mit NOVA-VDI und dem, zugegebenermaßen betagten, AMCGDOS bei Druckversuchen (reproduzierbar) mit einem Laufzeitfehler verabschiedet.
Die Tabellenkalkulation Texel ist ein Programm, das die Möglichkeiten des Atari exzellent nutzt und durch seine Fähigkeiten bei der Rechenblattgestaltung glänzt. Doch bis das Attribut "wunderbar" gerechtfertigt ist, dürften noch einige Versionsnummern nötig sein.
Auch erinnert der Name Texel zwangsgedrungen an den großen Bruder Excel, der auf PC-Systemen Maßstäbe gesetzt hat. Ein reeller Vergleich ist jedoch sehr weit hergebracht.
Anwender, die mit Ihrer Tabellenkalkulation professionell arbeiten müssen, sollten sich also zunächst anhand einer Demoversion von der Eignung des Programms für Ihre Belange überzeugen.
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