Editorial: So wird das Jahr 1996 für ATARI-User

Ein neues „ATARI-Jahr“ hat begonnen und viele von Ihnen fragen sich, wie es denn in Zukunft weitergehen wird. „Genau so, wie bisher auch!“, können wir Ihnen dazu nur antworten. Wenngleich vielfach vom Ende des ATARI-Marktes geredet wurde, so ist dieses auch in diesem Jahr noch nicht in Sicht. Wieso das so ist? Ab und an verschwinden doch Soft- und Hardwareanbieter von der Bildfläche oder mutieren zu PC-Anbietern. Der Grund hierfür ist relativ einfach zu beschreiben. Man könnte provokativ sagen „der ATARI-Markt ist halt zu gut zum Weiterleben“; aber was verbirgt sich dahinter?

Nun, seit über 10 Jahren existieren in unseren (und auch anderen) Breitengraden ATARI-Computer mit dem TOS-Betriebssystem. Innerhalb dieser 10 Jahre wurde viel Software entwickelt und verbessert. Heute hat der Markt einen Stand erreicht, bei dem man sagen könnte, dass die ATARI-Systeme in fast allen Teilbereichen nahezu ausgereizt worden sind. Der Otto-Normalverbraucher besitzt die Software, die er benötigt und sieht daher auch keinen Grund, neue anzuschaffen. Hieraus resultiert natürlich, dass die Nachfrage bei den Herstellern sinkt, wenngleich der Markt an sich noch sehr aktiv ist. Wem kann man hierfür die Schuld geben?

Um es wiedereinmal provozierend zu sagen „ATARI, denn sie waren zu gut für diese Welt“. Der ganze Stolz ATARIs ist zum Verhängnis geworden:

Die ATARI-Rechner sind bis auf einige Ausnahmen stets kompatibel zueinander gewesen, egal ob der Rechner von 1985 oder von 1993 stammt. Wozu sollte sich also der Besitzer eines 1040STF einen Mega ST oder sogar TT kaufen, sofern die gute alte Textverarbeitung auch auf dem alten Gerät in ausreichender Qualität läuft? Nur des Geschwindigkeitsvorteiles zuliebe?

So dachten und denken viele ATARI-User, die den Computer lediglich als bessere Schreibmaschine oder als komfortablen Aktenordner verwenden. Da hat der PC-Markt unter der Leitung „Gates“ es doch viel geschickter gehandhabt. Wenn neue und schnellere Rechner produziert wurden, haben sich die Softwarehersteller schnell an die Arbeit gemacht und die alten Programme entweder so dem Stand der Dinge angepaßt, dass sie eine höhere Rechenleistung benötigten, oder sie haben Software entwickelt, die nur auf dem jeweils schnellsten Rechner vernünftig lief. So ist es nicht verwunderlich, dass ein solider PC- User viele Stadien, angefangen vom 286er, bis hin zum Pentium durchlaufen hat und auf diesem Wege viele tausend DM investieren musste, ohne dass ein Ende des stätigen Aufsteigens abzusehen wäre. Heute sieht es nicht viel anders aus:

Nachdem mit dem Pentium das Ende der Fahnenstange erreicht worden ist, zumindest was die Bedürfnisse des Heimanwenders betrifft, wurde ein Produkt namens „Windows\’95“ entwickelt, welches mit nicht weniger als 8 MB RAM-Speicher arbeitet - vernünftig aber erst ab 16 MB RAM zum Zuge kommt. Und das alles nur dafür, dass der PC auch endlich einen Mülleimer auf dem Desktop besitzt. Um das ganze ein wenig abzurunden und insbesondere speichermäßig aufzublähen, werden beim Kopieren von Dateien kleine Animationen eingeblendet. Welche Vorteile bringen mir der PC oder der Apple denn nun wirklich?

Es gibt z.B. schnelle und flüssige Video-Animationen, die in einem kleinen Fensterchen mit der Größe von 6 cm x 4 cm ablaufen. Diese kann man dem staunenden Freund oder Nachbarn vorführen, da aber die Bildfläche so klein und der Speicherverbrauch so groß sind, nutzt man längerfristig lieber doch die gute alte VHS-Videokassette. Selbstverständlich gibt es auch viele sinnvolle PC-Anwendungen.

Wir haben bei ersten Auswertungen der Leserumfrage 1995/1996 erkennen können, dass inzwischen viele ATARI-Anwender neben dem alten ATARI inzwischen auch einen PC besitzen. Dies ist häufig unumgänglich, da man in Beruf, Studium oder im Freundeskreis mehr und mehr mit diesen Geräten konfrontiert wird und nicht selten darauf angewiesen ist, Daten auszutauschen. Warum wird der ATARI denn überhaupt noch behalten und nicht verkauft oder verschenkt? Wer erst einmal mit dem ATARI-Betriebssystem gearbeitet hat, möchte es einfach nicht mehr missen. Haben Sie einmal einen PC selber so konfiguriert, dass Sie eine Maus, eine Grafik- und eine Soundkarte installieren mussten? Es ist das wahre Grauen. Diese Bedienung setzt sich natürlich durch den gesamten Betriebskomfort fort. Wer dennoch das Geld aus dem Erlös des ATARI-Rechners dringend zur Anschaffung eines PC benötigt, der hat die Möglichkeit, sich einen der nunmehr drei ATARI-Emulatoren für den neuen PC- oder Apple anzuschaffen. Über alle Produkte wird in unserer Zeitschrift regelmäßig berichtet, so dass Sie auch als Auf-, Ab- oder Umsteiger nicht im Regen stehen müssen.

Außerdem:

Mittlerweile ist die Zahl der bei uns eingetroffenen Umfragebögen sehr hoch, so dass wir einen ersten Eindruck haben gewinnen können. Für diese Umfrage ist nicht nur die Bekanntgabe der Gewinner, sondern auch eine genaue Analyse der einzelnen Fragen und Aussagen geplant. Bereits jetzt lässt sich jedoch z.B. erkennen, dass im Vergleich zu unserer Leser-Umfrage letzten Jahres inzwischen mehr ATARI-Anwender ein CD-ROM-Laufwerk, eine größere Festplatte oder ein Modem besitzen.

Doch auch die Extraspalte, die nach Ihrer persönlichen Meinung fragte, hat sich schnell ausgezahlt. Immerhin können wir nun statistisch auswerten, welche Themen Sie sich für die ATARI-Inside vermehrt wünschen und welche Themen Sie eher uninteressant finden. Hiernach wollen wir uns in Zukunft richten. Die erste Ergänzung, die wir für die Zukunft geplant haben, ist die Einrichtung einer Programmierer-Rubrik. Doch auch Hilfestellungen bei der Anschaffung von Festplatten, neuen Gehäusen und anderen Umbauten sind für die Zukunft geplant. In der Hoffnung, die ATARI-Inside mehr und mehr zu Ihrem Wunsch-Magazin entwickeln zu können, verbleiben wir mit den besten Wünschen für das laufende Jahr 1996


Ihre Redaktion
Aus: Atari Inside 02 / 1996, Seite 3

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